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Rr. 7a. Elster Jahrs klVich stütz 7 Utz^ Suserate «erde» <mgtu»mmi«r tt«Ubr»d»8,So»»- ta,» bi, Mittag» 1» Uhr: Mart«»str«»e 1». iDq,tg ta dits vlatt», ^ sttzt i»L»S«« Hxemtzlare» erscheint, -»be» et», «rsslgretch, Dekbreitunü- Lonutag, 11. März 1868. TagMatt für Uuterhaltuug und Geschäftsverkehr Mitredactmr: Theodor -robisch. Mrmemeitt: «iertrljShrlich LONgk bei uuentgeldlichrrLtt- frrung in'« HE Durch di» «Lntgl Pof virrteljährlich rr Ng, Uiuzilu« Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für dru Raum «Wat gespaltene» Zelle: I «gr. Unter „Stag»> sandt" dir Zetl, »ruck und Uigeattzn» d« H»ran«g«ber: ktrpsch <l Reichardt. — verantworUtcher Nrdactrnrr JuIiUZ ReichÜldt« Dresden, den 1l. März. — Sc. Maj. der König hat genehmigt, daß Allerhöchstscin NAarzt, der Präsident des Landes - Medicinal - Collegiums, vr. Walther, das von Sr. Maj. dem Könige von Bayern ihm verliehene Comthurkreuz des Verdienstordens vom heiligen Michael annehme und trage. — Bei der vorgestern Abend 17 Uhr von hier erfolgten Abreise Ihrer Majestät der Königin-Wittwe hatten sich zur Verabschiedung II. MM. der König und die Königin und II. KK. Hoheiten der Kronprinz und Prinz Georg nebst Gemahlinnen auf dem Leipzig-Dresdner Bahnhofe eingefunden. Die Königin begiebt sich zunächst über Leipzig und Frankfurt a. Ai. nach Straßburg. — — Der König Ludwig I. von Bayem hat seiner Schwester, unserer verwittweten Königin, die ihm zugehörige, reizend ge legene Villa Malta während ihres Aufenthaltes zu Nom zur Aufnahme einrichten lasten — — Eine lange Reihe von Wagen, darunter Hofequipagen, sah man gestern Mittag auf der Landhausstraße sich nach dem Hause der Gesellschaft „Harmonie" bewegen. In dem schönen Saale daselbst hatte Fräulein Elvira Kleinjung eine musi- kalisch-declamatorische Matinee veranstaltet, welche sich eines außerordentlich reichen Zuspruchs erfreute. Die jugendliche Sängerin, eine Schülerin der Frau Börner-Sandrini, gab höchst erfreuliche Beweise ihrer Fortschritte. Sie bekundete dies gleich zu Anfang mit Scene und Cavatine aus „Montechi und Capuleti", besonders aber sodann durch eine Concert-Arie von Beriot, sowie durch einige am Schluß gesungene Lieder. Unter stützt wurde die Matined durch die Mitglieder des Kgl. Hof theaters: Fräulein Ulrich und Herrn von Strantz, sowie dem Pianisten Herrn Jeremias und dem Violoncellisten Herrn Pohl. Fräulein Ulrich erfreute durch den Vortrag einer Hebbel'schen Ballade: „Das Haidekind" und später im Verein mit Herm von Strantz durch eine, in französischer Sprache ausgeführte Seme aus Delavignes: „Schule der Alten". Die treffliche Ausführung fand großen Anklang, wie denn auch die musika lischen Leistungen der Herren Jeremias und Pohl gerechte An erkennung fanden. — Am Donnerstag haben die Mitglieder des Directoriums der Leipzig-Dresdner Eisenbahn Compagnie beim Bezirksgericht den Vertrag wegen der neuen 6 Millionen-Anleihe recognoscirt und es hat dabei der gewiß selten vorkommende Stempelbetrag von fünf Tausend Thalern erlegt werden müssen. In der That ein theurer Stempelbogen! — Im Cyclus finden in diesem Semester noch zwei Vor träge statt, ein geologischer von Geinitz und ein philosophischer von Drechsler. Nach dem Schluß der Vorträge in diesem Semester wird eine Abendgesellschaft (Sonnabend d. 17.März) veranstaltet, an welcher die Vortragenden und die Freunde und Zuhörer der Vorträge theilnehmen können. Es soll dadurch, nach dreijährigem gedeihlichem Bestehen der Cyclus-Vorträge, den Zuhörern Gelegenheit geboten werden, sich mit den Vor tragenden persönlich bekannt zu machen. (Siehe das Inserat.) — In Werdau hat am 7. März Herr Hofopernsängcr Mitterwurzer aus Dresden ein Concert zum Besten der Cholera waisen in so liebenswürdiger und erfolgreicher Weise unterstützt, daß ein Ertrag von 300 Thalern erzielt wurde. — Wie mir hören, hat der am Kaden'schen Institut in Antonstadt angestellte Oberlehrer Lehmann bei der königlichen Kircheninspection für Dresden (Superintendentur und Stadt rath) um Concession für Errichtung einer „Jugendwehr" nach gesucht. Zu diesem Institute soll derselbe bereits tüchtige Kräfte aus der hiesigen Ganüion für den Unterricht in Exer- ciren, Instrumentalmusik und Trommeln gewonnen haben. Zur „Jugendwehr" sollen nur Knaben zugelassen werden, die über ihren Fleiß und ihr sittliches Betragen nur gute Zeugniste von ihrer Schulanstalt beibringen. Die Uniform soll höchst einfach (grau mit grünen Ausschlägen) sein und die Gewehre nicht mit der geringsten Schußvorrichtung versehen sein. — In diesen Tagen feierte ein Veteran aus einer „sehr großen Armee" sein 50jähriges Jubiläum, und zwar einer schweren Dienstzeit, wie sie wohl selten vorkommt. Es ist dies der Lohnkellner Sondheim, den das Publikum seit Jahren schon wird im Schillergarten zu Blasewitz haben in seinem langen weißen Haar und stets im Trabe von Tisch zu Tisch laufen sehen. Er ist zugleich Bote des Dresdner Lohnkellnervercins, hat also auch noch hundert andere Wege zu machen. Es sind ihm an seinem Ehrentage viere Anerkennungen von Seiten seiner Collegen zu Theil geworden. — Wenn, wie Mozart sagt: Musik Offenbarung ist, so hätten eigentlich die ersten Töne eines großen an vergangener Mittwoch zu Großröhrsdorf abgehaltenen Coneertes wun dersame Dinge aussprechen müssen. Gott Apoll hatte Nichts dawider, daß im Saale der dasigen Mittelschänke die Tonkunst- «erhstätte aufgeschlagen wurde, denn es waren große Dinge im Werke. Großröhrsdorf sollte einen Ohrenschmaus; genießen, wie noch nie. Auswärtige Musiker waren gekommen und die Residenz Dresden hatte zwei Solospieler gelendet. Auf hohem Podium standen die paukenden und blasenden Heerschaaren, die Honoratioren von Grohröhrsdorf schwelgten in den Harmoniken und verfehlten nicht, eigenhändig zu applaudiren. Da wurde Carl Maria v. Weber'S Geist beschworen, es begann die Jubel- Ouverturc. Die Töne rauschen auf; erhaben über allen Erden quark schwingt der Maestro von Großröhrsdorf seinen Taktstab, aber mitten im vollen Tutti — Krach! weichen an einer dünnen Stelle die Breter, welche das Orchester bedeuten und wie der einst die Städte Herkulanum und Pompeji, versinken die große Trommel und zwei Blasinstrumente. Das alte Sprüchwort: der Himmel verläßt keinen Musikanten, sollte sich auch hier auf das Schönste bewähren. Nichts, gar Nichts brachte die Gefallenen aus dem Takte, sie griffen nach ihren Noten und faßten das Werk in der Tiefe auf. Treue Pflichterfüllung bis hin zum Finale. Als die hochherzige Drei wie der Geist von Hamlet's Vater aus der Versenkung Herausstieg, wurden sie allgemein beglückwünscht. Der Fall hatte ihnen Nichts geschadet, denn die große Trommel kann schon einen Puff vertragen. Aber — der Verräther schläft nicht. Um Mitternacht, wo sich Alles den Freuden des Tanzes hingiebt, wo die Polka ihre unverjährbaren Rechte geltend macht, geschieht ein Krach, der allen Tänzern in die Beine fährt. Die starren Blicke wenden sich nach dein Orchester, über dem eine Staubivolke emporwir belt. Die Polka war aufgelöst, wie unlängst die preußischen Kammern, die Musiker warm verschwunden, hinabgcfahren in den Tartarus. Es war diesmal keine partiale, sondern eine totale Versenkung. Aller Augen blickten hinab, da, ein Arm und eine glänzende Posaune wird blos. Es klappt der zweiten Clarinette, zuerst wieder auf die Oberwelt zu kommen, ihr folgt in Terzengängen die Trompete und so nach und nach Alles, was Odem hat. Das Unglück war groß; ein Geiger hatte zwei Wirbel am Halse — seiner Violine gebrochen und der Clarinertist hatte sich seinen Schnabel eingestoßen. Der Di rektor zählt die Häupter seiner Lieben und siehe, es fehlt kein theures Haupt. Weil nun die Braven auf einem Vulkan standen, gingen sie eine Treppe höher und nahmen den alten gewohnten Platz ein, wo sie dann ehrenvoll weiter agirten bis hin zu der Stunde, wo der Kikrihahn im dreimal durch den Hals gestrichenen I seine Cavatine anstimmte. — EsHsoll, wie man sich erzählt, der Fall vorgekommen sein, daß vom Schießplatz auf dem Schützcnplatz neulich eine Kugel über den Viaduct nach den Anlagen in Friedrichstadt geflogm ist. Dieselbe ist hart an dem Kopf eines aus dem Viaduct stationirten Bahnwärters vorbcigepsiffen; hierdurch konnte der Mann leicht gefährlich verletzt, ja sogar getödtet werden. Wie leicht kann im Wiederholungsfälle eine solche Kugel in einen Eisenbahnwagen oder in eine Wohnung auf der Weißeritzstraße hineinfliegcn! Zur Vermeidung derartiger zu be fürchtender Unglücksfälle dürfte es wohl geboten erscheinen, das Fortbestehen dieses Schießplatzes an geeigneter Stelle in baldigste Erwägung zu ziehen. — — Der Viehtransport aus Böhmen nach England, der durch unsere Stadt geht, und sowohl Horn- als Borstenvieh umfaßt, soll jetzt ein ganz außerordentlich starker sein. Täg lich kommen mit der böhmischen Bahn hier Massen Vieh an, die am Ausladeplatze an der Marienbrücke umgeladcn werden, uni darauf mit der Leipzig-Dresdner Bahn weiter transportirt zu werden. — Ein Spitzbube stahl gestern Nachmittag aus einer der Trödelhallen beim Gewandhaus- ein Paar Stiefeln. Dies wurde aber rechtzeitig bemerkt, er wurde verfolgt und auf der Breitestraße festgenommen. — Wie wir hören, steht im Laufe dieses Monats eine Sitzung des Landes-Mcdicinal-CollegiumS bevor, welche sich mit der Frage des Jmpfens und einigen, die Apotheken betreffenden Angelegenheiten beschäftigen wird. — Die Gesellschaft „Heiterkeit" schloß am Freitag Abend im Saal des Belvedere der Brühl'schcn Terrasse ihre Winter vergnügunzen. Getreu der Aufgabe: vor Beginn des Balles ein paar Stunden musikalischen oder dcclamatorischen Vorträgen zu widmen, geschah cs auch diesmal und zwar von Seiten der Herren Eschlcr und Ziesche, wie von Fräulein Stöckhardt. Wie schon oft zu jenen Stunden, gab auch wieder Herr StabS- trompetcr Wagner höchst erfreuliche Beweise seiner anerkannten Virtuosität auf der Trompctinc. In den höchst schwierigen Variationen zeigte er abermals den Künstler, der seinem In strumente höhere Weihe und kunstvolles Leben cinzuhauchen ver steht. Den Schluß bildete die dramatische Scene: „Die Rück kehr des Landwehrmanncs, oder Kurmärker und Picarde", worin Herr Eschler und Fräulein Stöckhardt sich höchst gewandt zeigten. — Da am 1. März wieder ein Hund in der königlichen Thierarzneischule umgestanden ist, der der Tollivulh dringend verdächtig war, so dehnt der Stadtrath den zwölfwöchentlichen Zeitraum, während welchem die Hunde Maulkörbe zu tragen haben, bis zum 24. Mai d. I. aus. — Am 7. d. M. Abends starben plötzlich nach kurzen, aber heftigen Krämpfen der 4 Jahre alte Sohn des Hausbe sitzers S. und der 5 Jahre alte Sohn des Handarbeiters M. in Licbschütz. Beide Knaben hatten im nahen Teiche Wasser schierling gesammelt, um solchen in sogenannten Knallbüchsen zu verschießen; anstatt diese Wurzel mit einem Messer zu Propfen zu schneiden, hatten Beide die Zähne dazu benutzt, und so das schädliche Gist genossen. Eine halbe Stunde darauf gaben die Kleinen unter schrecklichen Schmerzen den Geist auf. ^ Ein schreckliches Unglück hat sich am 8. d. in einem Braunkohlenschachte ereignet, welcher zu der bei Zeitz gelegenen Parassinfabrik von Noßner und Schneider gehört. In dem selben war auf noch unermittelte Weise während der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag Feuer ausgebrochen; um dasselbe zu dämpfen, eilten eine große Anzahl Arbeiter herbei und wurden in den über 100 Ellen tiefen Schacht hinabge schickt; wahrscheinlich sind aber auch die Schachtabsteifungen in Brand gerathen und zusammengestürzt, und das nun nicht mehr gehaltene Erdreich ist nachgefallen und hat, dm Schacht verschüttend, 8 Arbeiter unter sich begraben. Ein neunter scheint gerettet werden zu können; er hat sich an einer ziem lich weit entfernten Stelle durch Rufen, welches man aus einem zur Zuführung frischer Luft dienendm Luftlochs er schallen hörte, bemerklich gemacht und man hat ihm durch dieses Loch Speise und Trank hinuntergelassen, so daß man hoffen darf, ihn am Leben zu erhalten und zu retten. An der Unglücksstätte herrscht unter den dort versammelten Volks massen eine ungeheure Aufregung. — Oefsentliche Gerichtsverhandlung vom 9. März (Schluß). Beim Gcrichtsamt Moritzburg ist der Wind müller Carl Leberecht Müller des Hausfriedensbruchs und der Widersetzung gegen erlaubte Selbsthilfe beschuldigt und auch mit. I Woche und 3 Tagen Gefängniß belegt. Er leugnet Alles. Es war am 18. Juni 1865, eines Sonntags, da war in der Nichterschen Schänke in dem Dorfe Cteinbach bei Moritzburg ein Kindtauffest, wo es sehr fröhlich herging. Die Gesellschaft, ? ziemlich zahlreich, hatte sich im Tanzsaal postirt und ein Faß Bier für sich ganz besonders bestellt. Im Büffet stand der Sohn Richters, der 28jährige Arthur Richter, in Vertretung seines Vaters die Getränke an die Gäste verabreichend, da der Vater selbst sich wegen Unwohlseins schon um 7 Uhr ins Bett gelegt hatte. Ta kam auch der Windmüller Müller aus Naun dorf in den Tanzsaal, ließ sich Schnaps geben und da er an getrunken war, benahm er sich schon von vornherein sehr lästig. Er stieß ans Bierfaß der Försterschen Kiudtaufsgäste, so daß es trübe wurde und hinderte auch am Büffet selbst die Gäste, sich ihre Getränke zu bestellen und zu holen. Der junge Richter, der dem Müller erst dann weiteren Schnaps verabreichen wollte, wenn er den früheren bezahlt, wies den Müller fort, da er gar nickt zu den Güsten gehörte, es kam soweit, daß man schrie: „Schmeißt den Schweinhund naus!" Richter faßte nun den Müller an der Rockklappe, da Letzterer nicht gehen wollte, so begann der Kampf, der erst unten am Fuße der Treppe auf hörte, und zwar damit, daß der junge Richter mit einem Rock wieder in den Saal kam, an dem die ganze eine Hälfte von der Achsel bis unten hin fehlte, auch das Vorhemdchen in zwei T heile zerrissen war. Müller war nun zwar unten, sing aber nun mit dem "Nachtwächter Thiele Scandal an und Müller be hauptet nun, daß ihn der Nachtwächter geschlagen. Thiele ist aber todt, kann also seine Unschuld nicht beweisen. Der Wind müller Müller gerirt sich im ganzen Prozeß nur als leidender Theil, nicht als der thätige, ja, er dcnuncirte sogar gegen den aus dem Bett herzugcsprungencn Richter »vi>. und ju». wegen Beleidigung, gegen den Nachtwächter Thiele, gegen die Gebrüder Rothe und einen gewissen Bischof wegen leichter Körperverletzung, kam aber mit der Denunciation nicht durch. Herr Staats anwalt Held beantragt mit kurzen Worten die Bestätigung des ersten Bescheids. Herr Advocat Or Zcrrener ist für Klagfrei sprechung sein-.s Clienten; eigentlich könne compensirt werden, da Müller ja vorher ebenfalls injuriös behandelt worden sei. Es bleibt aber beim Alien. — Zum Schluß noch eine Privat- anklagc, die der Gutsbesitzer Carl Heinrich Schmidt und Ge nossen in Cotta gegen den Maurer Johann Traugott Seidel zu Dresden erhoben. Seidel ist seit Jahresfrist in Cotta im Gemcinderath Vertreter der dasigen Unangesessenen. Am 7. Januar dieses Jahres kam er in die Schankivirthschaft zum Schusterbause, wo sich auch die Grundbesitzer und Gemeinde- rathSmitglieder Schmidt, Junghans und Müller befanden. Er soll gewußt haben, daß die Drei da waren nnd sagte ganz laut: „Ich gebe nichts mehr, ich gebe keine Communalabgaben mehr. Ich werde den Bauern nicht die Wege bessern lassen. Da müßte ick nicht Seidels Traugott heißen, wenn ich das thäte! Und wenn der Vorstand selber da wäre — ich fürchte mich auch