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Sonnta«, 4. Mär» 188V. Auseraie «erd« a»grn,mm»r Al«drndS6,So«»- t«t» bi, Mittag» 1» Uhr: «arieustral« 18« Hbyrig. iu dt«l Matt», d«, jetzt talLSvo xtz»«plar«u «rschciat, Mdsu »iu« «rstlgrrtch« Mckr^tuug. «ttttiljährüch ro NMi b»i «ttutgtldlicherStzt k»nmg tu', Ha»«. Durch di« «uigl-Paß, vtertrljihrlich -r Ngg Iia»«1o« Nu»»«y» 1 Ngr. Auserateupttift: Für d«u Nam» «t»M grspaltruru Z«i»r 1 Ngr. Unter simdr" dir Achtz L R-r. »ruck und UigtUlhmn d«r H«rau,g«ber: Liepsch 4r Nrichardt« — LrrautworMchtr Rtdactrm: IllkitK Neichardt« Dresden, den 4. März. — Se. Majestät der König hat den Rittergutsbesitzer, Oberleutnant d Ä. von Thielau auf Obcrkemnitz zuin Friedens richter im Amtsbezirke Bernstadt, den Müllermeister, Gemeinde vorstand Pilz in Reichenau zum Friedensrichter im Amtsbezirke Reichenau, den Oeconomieinspector Ohrenberg in Herrnhut zum Friedensrichter im Amtsbezirke Herrnhut und den Ritterguts besitzer Neumann auf MittellcuterSdorf zum Friedensrichter im Amtsbezirke Großschönau ernannt, sowie dem Dirigenten der Hauptsteuerämter Meißen und Riesa, Ober-Steuer-Inspektor Carl Franz Gerinann in Meißen, das Ritterkreuz des Verdienst ordens verliehen. — Se. K. H. der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin ist bereits hier cingetroffen und hat sich unverweilt zum Besuch des Fürsten Neuß nach Schloß Klipphausen bei Wilsdruff be geben. Der Fürst ist bekanntlich der Bruder von des Groß- httzogS erster Gemahlin, der verstorbenen Großherzogin Auguste. — — Dem Vernehmen nach hat der Geheime Rath k)r. Walther das Comthurkreuz des königl. bairischen Ordens vom heiligen Michael erhalten. — — I. Maj. die Königin Wittive besuchte am 3. März den hiesigen Kunstvercin und widmete dem Modell der Vase des Professor Schnorr von Carolsfcld ganz besondere Aufmerk samkeit. — — Wie wir hören, wird der Allerhöchste Hof die heute stattfindende Soiree beim königlich bairischen Gesandten, Baron von Gise, woselbst die Ausführung eines französischen Vaude villes duvch hrchgestellte Dilletanten zur Unterhaltung geboten werden soll, mit seiner G^mwart beehren. — — Die sächsischen Staatseisenbahnen, welche im Jahre 1864 einen Ertrag von 6,013,092 Thlr. gebracht hatten, haben diesen im Jahre 1865 aus 6,631,998 Thlr. gesteigert, also 618,906 Thlr. mehr. — Gewiß wird freudig die Vereinigung von Deputaten und Ausschußmitgliedern der Gesellen Krankenkaffen und Arbei tergenossenschaften vsn Allen begrüßt werden, die es kennen, mit welchen Wirrsalen, jahrelangen Streitigkeiten :c. die meisten Corporationen noch zu kämpfen haben, um eine den Zeitver hältnissen angemessene und dem neuen Gewerbegesetze entsprechende Regulirung ihres Krankenwesens herbeizuführen. Der neue Verein wird dies bedeutend erleichtern helfen, da durch Aus tausch der Ansichten und gegenseitige Unterstützung mit Rath und That bald ein günstiges Resultat zu erzielen sein wird. — Am 28. v. M. Abends wurde in Leipzig ein dort in Arbeit stehender Böttchcrgcselle aus Dresden bewußtlos in sei ner Schlafkammer vorgefundcn. Er hatte gegen einen Freund einige Tage früher geäußert, daß er sich daü Leben nehmen wolle und da man außerdem wußte, daß er sich die Untreue seiner Geliebten sehr zu Herzen genommen habe, so war man der Ansicht, daß er sich mittelst Phosphor, den er von Streich hölzchen sich verschafft, sich zu vergiften versucht habe. Der deshalb herbeigeholte Polizeiarzt fand jedoch seinen Zustand ganz unbedenklich. — Im oberen Saale des Feldschlößchcns fand am Donners tag die Feier eines doppelten Magister- und Doctor-JubiläumS statt. Der hier in Ruhestand lebende vormalige Rector deS Gymnasiums zu Freil>erg, Rüdiger, und der gleichfalls hier lebende emeritirte Pastor Fiedler, gewesener Pfarrer zu Mohorn, hatten am 29. Februar 1816 von der philosophischen Facultät zu Leipzig die Magisterwürde erhalten, und empfingen Beide jetzt von dieser Facultät wohlwollende Beglückwünschungen und Ehrendiplome als Jubel-Magister und Doctoren der Philosophie. Da Heuer kein Schaltjahr ist, mußte der erste März als Jubel lag festgestellt werden. Beide Jubilare gehören dem hiesigen Vereine emeritirter Geistlicher, welcher sich jede Mittwoch auf dem Feldschlößchen versammelt, als hochgeachtete und geliebte Mitglieder an. Darob war dort zu dieser Feier ein Mittags mahl veranstaltet worden. Die innige Liebe und Dankbarkeit, welche sich in seinem Lehramte Herr »r pk. Rüdiger erwarb, sprach sich in einem ungemein edlen Gedichte aus, welches im Namen von 55 ehemaligen jetzt in und zum Theil hohen Aemtern und Würden lebenden Schülern deS GvmnasiumS zu Freiberg dem Jubilar überreicht wurde, und erhielt bei Tafel durch die persönliche Anwesenheit von Deputirten den lebendigen Ausdruck, zunächst durch den Herrn Appellationsrath und Polizeidirector Metzler aus Leipzig, sowie Herrn Hofrath und Ritter Petzold, Herrn RegierunuSrath Vogel von hier und Anderer. Hierauf folgte zur Begrüßung beider Jubilare der Präsident des Vereins, Herr Consistorialrath Vr. Hering, welcher damit begann, den zahlreich mit anwesenden Damen humoristisch zu erklären, was eigentlich die uralte Magisterwürde sei, und wie eS möglich ge wesen wäre, daß so junge Männer, wie doch jedenfalls die ehr würdigen Jubilare vor einem halben Jahrhundert gewesen wärm, schon zu Meistern der sieben freien Künste, nämlich Grammatik, Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik, Dia lektik und Rhetorik, hätten reisen können. — Wie nun die Jubilare und wesentlich Herr Or. Rüdiger mit ernsten und hei teren Toasten das Mahl würzten und in immer wachsender Heiterkeit Rede und Rede sich begegneten, so schied man dann mit dem Hochgefühle mehrfach gewonnener und gesteigerter gegenseitiger Achtung und Theilnahme. — Auch wurde rühmend anerkannt, daß bei großer Billigkeit das Gastmahl sowohl hin sichtlich der Speisen, als ächter, schöner Weirre einem Jubet- mahle entsprach. — Locale Studien! Die Fastenzeit ist herangerückt. Die Ballprogramms bieten nur noch die letzten Ausläufer der Freudenströme; denn schon ertönt in den Kirchen das „ölis^rere ui»i Ilowitt», »ecumill« mi-vricorsism tuu»E. — Der Mensch ruft die Barmherzigkeit Dessen an, der ihm viele Freuden ge geben. Da oben in der stillen Bodenkammer hangt wieder der stolze Marquis Posa, die sternenbesäete Königin der Nacht, die kurzröckige Negimentstochter und der buntflcckigc Harlequin und der Sterbliche, der in ihren bunten Wämsern auf dem Lincke- schen Bade oder in Brauns oder Meinholds Hotel geglänzt, ge schwitzt, getanzt, geliebt und kokettirt, der sitzt vielleicht jetzt ruhig wieder für zwölf Thaler monatlich am Bogenschreiber- tische des Advocatcn, oder schwingt die Schneidernadel über den türkisch gekreuzten Beinen oder er steht im Keller und legt saure Gurken ein, oder fliegt mit der Serviette unterm Arm durch die Gäste, hier und da ein Trinkgeld erheischend. Selbst die Jahrmarkrsmelodieen sind verklungen, um deren Producenten sich die Städter und die Dörfler, die Pirn'schen und die Wils druffer, die Blasewitzcr und Potschappler gcschaart. Die Leier kasten dudeln ihr „Schleswig-Holstein" längst schon wieder auf anderen „Messen" und der Bänkelsänger predigt seine Mord geschichten schon tief unten im Voigtlande den wißbegierigen Völkern vor. Die Lohnkutscher fangm an, ihre Galawagcn zu säubern, die Sitzkissen werden auSgehauen uird der Wagenputzer wischt sich den aufwirbelnden Staub aus dm thränenumflim- merten Pupillen. Die Hoteliers und Besitzer von Tanzlocalen verschwinden mit dem Geldsack in das hinterste Zimmer und zählen beim Glühen der Cubacigarre die harten Thaler, die aus der Tasche der balllustigen Menschheit «r ihre Hand gerollt. Die Anschlagsäulen kleiden sich nicht mehr in die farbigen Stoffe, wie vorher, ihre steinerne Crinoline zeigt so manche Lücke, die ihr die herannahende Zeit der allgemeinen Buße gestoßen. In die Weinkeller ziehen neue lnmtbemützte Flaschen aus der Löß nitz und vom Vater Rhein ein — ihren vorangegangenen Schwestern ist ja in der Jubelzeit der schlanke Hals gebrochen worden. Die Bockfeste sind dahin — die Brauer haben die Reugroschen im Kasten, die Zecher das Bier „im Blagen" — es ist jetzt leichter, ein Plätzchen am Biertisch zu finden. Die Nähterin da oben im Dachkämmerlein hat nicht mehr das Ball kleid der Gouvernante auf dem Schooß liegen — sie flickt am Vorhcmdchen eines BicrauSgebers, oder stopft den Strumpf eines Colporlcurs, oder plattet die Manschetten eines Recensenten, oder sie strickt das Häubchen für den kleinen Julius, der in wenig Monaten anrücken soll als erstes Unterpfand ihrer Liebe. 8ic tr«„«it Zlori«, niunäi! Nur der Bäcker mit seinem umfang reichen Unterleib steht unten im Keller mit seinen wcißbemal- ten Gesellen und knetet und sondirt das schneeweiße Niehl — vorbereitend den Feststollen, der den Lstcrfrühstückstisch der Ne- sidenzlcr zieren soll. Nur die Putzmacherin rollt die schmer seidenen Bänder vom Holze ab und steckt sie an die Brüsseler Spitzen, die einst das Lockenhsupt der Jung'rau am Osterfest beim Kirchgang oder im Eoncert oder im Theater schmücken sollen. Co bereitet sich im ewigen Wechselgange der Mensch auf neue Feste vor, nachdem er kaum kurz vorher das letzte Rasenstück auf das Grab vergangenen Glückes geworfen. Bald werden der Kanonen eherne Schlünde ihre» Donner mit dsm harmonischen Geläute der Glocken aller christlichen Confessionen durch Berg und Thal zu Verkündung des Osterfestes senden — da bricht über alle Lande der Auferstehungsmorgen auf mit sei nen goldenen FrühlingSsonnenstrahlen, der Auferstehungsmorgen der Natur, der Auferstehunzsniorgcn für den Erdenpiiger! Möge dieser Frühlingssonnenstrahl des Osterfestes 1866 ein Gnaden strahl für jedes Menschenherz sein, mag dieses Herz auf dem Fürstenthrone schlagen — oder noch höher — da oben im ärm lichen Kämmerlein! —! — Dem Vernehmen nach werden die Conc-rte in der Liedcrhalle zum Schillerschlößchen den 25. März geschlossen. — Vor einigen Tagen war in hiesiger Stadt eine aus zwölf Mann bestehende Deputation der Bergleute von Brandt und Freiberg, um eine mit 4000 Unterschriften versehane Pe tition, worin dieselben um Verbesserung ihrer gedrückten mate riellen Lage bitten, an Se. Majestät den König gelangen zu lasten. Die Deputation begab sich in das königliche Schloß und übergab Herrn Minister von Vehr diese Petition in feierlicher i Weise, es wurde ihnen die freundlichste Ausnahme und beste i Zusicherung zu Theil. Bekanntlich wurde schon früher eine beim I Landtag in diesem Sinne eingcbrachte Petition nicht berücksich tigt, und haben sich die Bergleute deshalb genöthigt gefeher^ diesen Weg, sich direct an den Thron zu wenden, einzuschlagen. Hierbei muß bemerkt werden, daß diese Leute selbst nichts un versucht lassen, ihre Lage zu verbessern; so besteht in Brandt schon seit l9 Jahren ein Consumvcrein, welcher unter ihrer eigenen Leitung sehr gut dasteht, trotzdem ist die Lage eine s» gedrückte, daß sie schnlichst einer Verbesserung entgegensetzen. — Herr Edmund Kretschmer, dessen Composttion „Die Geisterschlacht" am ersten deutschen Sängerbundesfeste bekannt lich preisgekrönt ivurde, ist vom „Verein der Liederfreunde" in Königsberg zum Ehrenmitgliede ernannt und ihm das Diplom nebst sehr ehrendem Schreiben überschickt worden. Cs heißt in demselben unter Anderem: „Indem wir uns beehren, Ihnen anliegend das betr. Diplom zuzusertigen, sprechen wir im Namen von 200 deutschen Männern die Ueberzeugung aus, daß wkt stolz darauf sind, einen Mann von Ihren Verdiensten um den deutschen Männergcsang zu dm Mitgliedern unserS Vereins zu zählen." — Die „Geisterschlacht" ist übrigens in vielen deutschen Städten bereits mit großem Erfolge zur Aufführung gelangt und zwar in der Originalbcsetzung, in welcher Weise wir ste bei uns noch nicht gehört. Freilich, der Componist lebt ja in unsrem Dresden. — Der Elavier-Dirtuos C. Taufig ist vom König von Preußen zum Hofpianist ernannt worden. — In einer auf der Ammonstraße befindlichen Küche hatte vorgestern das dort dienende Mädchen ein brennende» Licht unter die dort aufgehängte Wäsche hingcstellt. Natürlich war dieselbe in kurzer Zeit in Brand gerathen. Der Schaden hat sich aber auf diese Wäsche beschränkt, die total ver brannt ist. — — Auf der Marienbrücke ging gestern Vormittag «in Pferd durch, des einem leichten Fuhrwerk vorgespannt war. Der Kutscher sprang vom Wagen herunter, kam aber unglück licher Weile zum Fallen, was zur Folge hatte, daß er unter den Wagen gerieth und ein Wagenrad ihm über das rechte Bein hinwcgging. Inzwischen hatte ein Soldat auch das Pferd aufgefangen und zum Stehen gebracht. Der Kutscher war im Stande, wieder seinen Litz auf dem Wagen einzunehmen und weiter zu fahren. Sonach konnte ihm der Unfall nicht viel ge schadet haben. — — AIS vorgestern Abend ein auf der grünen Gasse wohn hafter Herr gegen 11 Uhr in seine Wohnung zurückkehrte, fiel ihm ein brandiger Geruch auf, der in der Flur und auf den Treppen seines Hauses bemerkbar war. Er legte «der der Sache keine größere Bedeutung bei und ging zu Bett. Als er aber nach Mitternacht gegen 2 Uhr zufällig erwachte, verspürte er einen Rauch und Qualm, der bis in sein Schlafzimmer ge drungen war und unzweifelhaft zu der Befürchtung Raum gab, daß in der Nähe ein Brand entstanden sein muffe. Er machte deshalb in seinem Hause sofort Lärm, weckte seinm Hauowirth und mit diesem wurde das ganze Haus ausgesucht, aber vergeblich nach dem Feuerheerd geforscht. Man kam end lich zu der Vermuthung, daß derselbe in einem Nachbarhause seinen Sitz haben mußte. So war es auch. Dort war i» einer Wohnstube ein unter dm Etubendielen befindlicher Bal ken sammt den Dielen, Thüren und Thürgewänden angekohlt. Di« Entstehungsursache dieses Schadenfeuers ist bis jetzt unbe kannt. Nachdem aber einmal die Bewohner des fraglichen Logis aus dem Schlafe geweckt und auf dm Vorfall aufmerk sam gemacht worden waren, wurde das Feuer mittelst einiger Kannen mit Wasser sehr bald gelöscht — — Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 3. März. Der heurige Tag bringt zivei kleine Hauptverhandlungen. Der erste Angeklagte heißt Carl Gustav Schmidt, ist Ha«d- arbeiler, 24 Jahre alt und zu Neunimptsch gebore». ES ist heute nur ein Zeuge erschienen, der Verletzte, Earl Heinrich Herrmann. Vor nicht langer Zeit stand an der Elbe ei« Mann — cs mar der Angeklagte. Ein anderer Mann trat an ihn heran — es war Herrmann. Der sagte zu Schmidt: „Sind Sie arbeitslos?" — „Jawohl!" sagte Schmidt und nun wurde ihnr angctragen, ein Pferd zu treiben, das ein Schiff auf der Elbe nach Böhmen hinein ziehen sollte. Jeden Tag sollte Schmidt vertragsmäßig 15 Ngr. erhalten, das ihm die Schiffer auszu zahlen beauftragt war; von diesen 15 Ngr. sollte er aber noch das Stallgeld bezahlen. Die Reise ging los. Das Pferd zog und Schmidt Mg peitschend nebenher. Co kämm sie bis Schandau blos Tie Reise ging ohne Schiff wieder zurück und zwar blos bis Pirna. Schmidt sagt: „Das Pferd war z« alt, es konnte nicht mehr fort!" In Pirna will nun Schmidt das Pferd an den Caviller für 3 Thaler verkauft haben — «eil's nicht mehr fort konnte — und dabei verkaufte er auch noch das Geschirr. Er sagt, er hätte das Kummet, Ober- und Bauch- gurt, Stränge, die Halfter mit Ringen, die Roßhaarkissm de« Kummets beim Caviller gelassen, zwei Decken verloren, Säcke und Ortscheit weggeworfen. Die Anklage lautet auf Unter-