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Dresden, den 11. Februar. — Se. Majestät der König hat auf Ansuchen des außer ordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers am kai serlich französischen Hofe, Wirklichen Geheimen Raths, Albin Leo Freiherrn von Seebach, der demselben von meiland Sr. Majestät Leopold I. König der Belgier geschehenen Verleihung des Titels und der Würde eines Grasen, mit deren llebergang auf seine legitime Descendenz, die Anerkennung für hiesige Lande crtheilt. — Ihre K. Hoheiten der Kronprinz und die Frau Kron prinzessin widmeten gestern Herrn Lüdicke's Wintergarten einen längeren Besuch, nachdem die Frau Kronprinzessin bereits vor gestern in Begleitung der Erzherzogin Antoinette, Prinzessin von Toscana, einige Beit in Herrn Lüdicke's Etablissement verweilt hatten, wo gegenwärtig die Blumen, früher als andere Jahre, im schönsten Flor prangen. — Das am 1.'. Februar bei Sr. Cxcellenz dem Herrn Staatsminister Freiherrn von Beeist stattgchabte Ballsest hat zu den besuchtesten und brillantesten des diesjährigen Carnevals gehört und wurde durch die Anwesenheit Er. Maj. des Königs und II. KK. HH. der Prinzen und Prinzessinnen verherrlicht. Sc. Maj. der König eröffnet«: die Ballpolonaüe mit Frau Baronin von Aeust, I. K. H. die Kronprinzessin folgte an der Hand Sr. Cxcellenz des Herrn Ministers. Se. K. H. der Kron prinz führte I. K. H. die Prinzessin Georg und Ce. K. H. der Prinz Georg die französische Gesandtin Baronin v. F-orth- Rsuen. Die höchst belebte Fete hielt die auscrwählte Gesell schaft, in deren Mitte sich ein brillanter Damenslor auszeich nete, bis spät in den prachtvoll dccorirtcn und glanzvoll er leuchteten Räumen in angenehmster Unterhaltung des Tanzes und der Tafel zurück. — — Von Domann's Post- und Eisenbahnbericht erschien soeben die Frühjahrsausgabe 1866 mit den nöthigen Vervoll ständigungen und Abänderungen. — Am Sonnabend Abend fand im Colosseum eine Volks versammlung statt, die für die Zukunft von Wichtigkeit wer den kann, indem in ihr der erste Versuch zur Aussöhnung zwischen den Arbcitcrbildungsoereinen nach Schulze-Delitzsch und den Lassalleaaern unternommen wurde. Ich übergehe die Auslassungen des Hauptredners Fritzsche aus Leipzig über die Zukunst der Arbeiter, sowie die daran sich knüpfende Debatte und Resolution und bemerke nur, daß der neben Finsterling zum Vicepräsidenlen gewählte Knösel diesen ersten Versöhnungs schritt unternahin, indem er daraus hinwies, daß die Zwietracht der größte und schlimmste Feind der Arbeiter sei. Alle strebten ja doch nach dem einen Ziele: ihr Wohlbefinden zu sichern, und je mehr sie sich gegenseitig die Hände reichten, desto siche rer würde man zum Ziele gelangen. Der lebhafte Beifall, welchen der Redner in der Versammlung fand, sprach am deut lichsten von der Geneigtheit zur Aussöhnung und so wurde denn beschlossen die Arbeiter aller Orten auszusordern, zum gemeinsamen Handeln sich zu vereinen. Es steht nun zunächst die Berufung eines sächsischen Arbeitertages bevor, auf welchem die Sache zur weiteren Verhandlung koninien soll. (P. A.) — Wie wir gelesen haben, hat der Stadtrath zu Leipzig cs abgclehnt, eine mikroskopische Fleischschau einzuführcn, weil dieselbe, wenn sie ordentlich durchgeführt werden sollte, der Stadt einen ungeheuren Aufwand verursachen, eine halbe Maß regel aber nichts nützen würde. Wir können dies nur voll kommen billigen, dagegen halten wir das von dem Leipziger Magistrate gewählte Auskunstsmittel, wonach Demjenigen, welcher trichinöses Schweinefleisch nachweist, eine Belohnung von 10 — 60 Thlrn. gezahlt werden soll, ebenfalls für werth los, denn da die Erlangung dieses Preises an die Bedingung geknüpft ist, daß das übrige Fleisch desselben Schweines noch nicht verkauft sein darf, so leuchtet es ein, daß sich diesen Preis niemals Jemand Anderes, als entweder der Fleischer selbst, oder ein von ihm besoldeter Mikroskopiker erwerben kann. Wir halten dagegen ein anderes Mittel für sicherer. So gut wie man alle Monate bekannt macht, welche Bäcker das leich teste, und welche das schwerste Gebäck geliefert haben, so mache man es ebenfalls öffentlich bekannt, bei welchem Fleischer tri chinöses Schweinefleisch vorgekommen ist. Dieses einfache Mittel wird die Herren Fleischer schnell dazu bringen, selbst die mikros kopische Fleischschau einzurichten. — Die Direktion der Hamburg-Amerikanischen Packet- sahrt-Actien-Gesellschaft wird, um dem sich immer mehr stei gernden Verkehr zwischen Deutschland und Amerika zu genügen, vom 61. März bis Ende Oktober d. I. vermittelst der der selben gehörigen sechs prachtvollen und rühmlichst bekannten Dampfschiffe Allemannia, Saxonia, Germania, Borussia, Ba varia und Teutonia, deren Zahl noch um zwei vermehrt wird, wöchentliche Fahrten zwischen Hamburg und Newyork Anrich ten. Die bis Ende März festgesetzten Expeditionen erleiden da durch keine Veränderung (siehe Inserat). Die Hamburg-Ame- ' ritanische Compagnie ist von jeher allen Ernstes bestrebt ge wesen, ihre Passagiere in jeder Beziehung zufrieden zu stellen, was ihr auch vollständig gelungen ist und von Denjenigen hinreichend bekundet wird, welche diese Linie benutzten. Im verflossenen Jahre waren die Hamburger Dampfschiffe vom Frühjahr bis zum Herbst regelmäßig Wochen, ja Monate vor her für alle Plätze vollständig besetzt und wird dasselbe in die sem Jahre trotz der vermehrten Fahrten bestimmt wieder zu erwarten sein. Denjenigen, welche gesonnen sind, nach Amerika zu reisen, ist von genannter Compagnie die Bequemlichkeit ge boten, bei deren hiesigen Agenten, Adolph Hessel, große Meiß- nergasse 16, Plätze für jede beliebige Fahrt zu belegen, voll ständig gültige Ueberfahrtscontracte mit demselben abzuschließen, sowie sich jede wünschenswerthe Auskunft zu erholen, ohne daß hierbei mehr als der, von der Compagnie festgesetzte Uebex- fahrtspreis zu zahlen wäre. Der hieraus für die Zinsenden erwachsende Nutzen ist gewiß nicht zu unterschätzen, als die Passagiere, wenn solche mit dem genannten hiesigen Agenten die llcberfahrt abgeschlossen haben, bestimmt bei Ankunft in Hamburg auf ihren Platz zählen können, während wenn die selben hier nicht eonlrahiren, sondern auf's gerade Wohl direct reisen, öfters keine Plätze mehr erhalten, meistens zurückreiscn müssen, oder auch wohl in Unrechte Hände gerathen, was sich Alles recht gut vermeiden läßt, wenn die Bequemlichkeiten, welche eine als solid anerkannte Dampfschifffahrtsgesellschaft bietet und dabei nichts kosten, iu allen Fällen benutzt werden. -— Professor Hettncr hat ben Ruf als Professor der Kunstgeschichte an das Polytechnieum zu Zürich abgelchnt. — — Wie man hört, geht man hier mit Vergrößerung des alten Leihhauses, oder dem Bau eines zweiten um. Diese Art von Instituten will in keiner größeren Stadt mehr zulangen. — — Einem fremden Fuhrwcrksbesitzcr, der in der vorver- gangcncn Nacht seinen Frachtwagen in dem Gehöft eines Gast hauses in Neudorf ausgespannt und mit einer 10 Ellen langen und 3 Ellen breiten Plane überdeckt hatte, ist diese Plane heruntergcrissen und gestohlen worden. — — Der Stadtdecan Gerock zu Stuttgart, welcher einen Nus nach Dresden empfing, hat solchen abgelehnt und ist dafür vom König von Würtemberg mit dem Ritterkreuz des Friedrichs- Orden ausgezeichnet worden. — Ein hiesiger Strohhutwaarensabrikant hatte eine große Kiste mit Kindcrstrohhüten gepackt und dieselbe einstweilen in seine Hausflur gestellt, ivcil er Tags daraus zu einem aus wärtigen Markt fahren und die Kiste nebst Waarcn mitnehmen wollte. Dieselbe ist ihm über Nacht gestohlen worden. — Der vorgestern Abend in Brauns Hotel stattgefundene diesjährige letzte Volksmaskenball ist unter zahlreicher Bethei- ligung zur allgemeinen Befriedigung der Theilnehmer ver lachen. — — Am Sonnabend gegen Abend wurde das über den Pirnaischen Platz gehende Publikum durch einen mitten auf dem Platze gefallenen, ziemlich heftigen, schußartigen Knall er schreckt. Wie die angestelltcn Erörterungen ergaben, war der selbe durch einen Knaben verursacht worden, welcher zwei aus Zinn gegossene, terzerolühnliche Waffen bei sich führte. Der Knall war dadurch hervorgebracht worden, daß eine in den Spielzeugen — denn solche waren die bezeichneten Waffen — angebrachte Feder ein vor ihr eingelegtes Stückchen Knallsilber zerschlug. Wenn schon diese Spielzeuge an und für sich ganz harmloser Natur sind, so ist der durch sie hervorgcbrachte Knall doch so stark, daß er, unerwarlct verursacht, auf die nächsten Personen recht wohl schreckenerregend cinzuwirken geeignet ist, und aus diesem Grunde glauben wir nicht, daß das Gebühren mit derartigen, im Zimmer jedenfalls ganz unschädlichen Spiel zeugen auf öffentlichen Plätzen und Straßen von der Behörde geduldet werden wird. — Das Referat über die Denunciationssache des Schmiedc- meistcrs Borsdorf gegen den Briefträger Jähne hat zu Miß deutungen Anlaß gegeben, der Sachverhalt ist nach Angabe des Herrn Sachwalters folgender. Jähne hatte die erste Anschul digung geleugnet, die zweite zugestanden, daran aber die Be merkung geknüpft, daß Borsdorf ihn gleichmäßig geschimpft. Während nun in erster Instanz die erste Anklage abgewiescn, auf die zweite die bezeichnet«: Verurtheilung ausgesprochen worden war, dafern Jähne seine Behauptung, rviedcr geschimpft worden zu sein, nicht beschwören würde, erkannte die zweite Instanz auch bezüglich der ersten Anklage auf einen Rcinigungseid. Nach Mittheilung des Herrn Borsdorf sollen übrigens die Kinder Jähnc's an Borsdorfs Thüre geklopft haben, worauf von Seiten des Herrn Jähne Schimpfreden fielen, ebenso am lä. August, wo bei Borsdorf ein Bett brannte und man mit Löschen be schäftigt war. — Ein in Friedrichstadt wohnhafter Herr bemerkte in den vergangenen Tagen zu seinem großen Erstaunen, daß sein Weinkeller, der gut verschloss«« gewesen, geplündert und daraus diverse, mit Wein und Hünbeer gefüllte Flaschen gestohlen waren. Der Dieb hatte sich ohne Verletzung des Schlaffes dadurch Eingang in den Keller verschafft, daß er vorher die Thüre aus den Angeln gehoben und nachher in dieselben wie der richtig eingehobcn hat. Der Dieb soll von dcr Behörde in der Person eines im Hause des Bestohlenen wohnhaften Mannes ermittelt worden sein, auf den Anfangs kein Verdacht gefallen war. Thörichter Weise aber hat er den Wein' später ver kauft; dadurch ist die Sache heraus gekommen. Hätte er es damit so gemacht, ivie mit den Himbeerflaschen, die er selbst entleert, weil sie ihm zu gut geschmeckt, so würde er vielleicht unentdeckl geblieben sein. — — Gestern wurde ein Dieb nach der Polizei abgeführt, welchen man beim Stehlen einer Blechkanne und eines Fasses in einem Hause der Schössergasse erwischte. — Seit einigen Tagen erfreut uns ringsum lieblicher Lerchengesang. In der ersten Halste des Februar! — Zu Leipzig starb vorgestern früh der Hofrath Prof. 1>r. Ritterich, Gründer der so wohllhätig wirkenden Anstalt für Augenheilkunde. Er war am -1. Mai '.782 geboren und wirkte seit 1830 an der Leipziger Universität, bis er 1854 in den Ruhestand trat. — Auf der Markgrasenstraße Nr. 10 ist gestern in einer da selbst vier Treppen hoch gelegenen Kammer durch einen fünf jährigen Knaben in Abwesenheit seiner dort wohnhaften Mutter das Betlstroh mittelst Streichhölzer in Brand gesteckt und da durch ein Schadenfeuer verursacht worden, das die Bcttbreter und mehrere in der Kammer befindliche Kleider ergriffen hat, die denn auch zum großen Theil verbrannt sind. Glücklicher Weise ist das Feuer von dem im Hause wohnhaften Feuerwehrmann Keller noch zeitig entdeckt und unter Beihilfe eines dort wohnhaften Sattlers, Namens Tcnz, gelöscht worden, noch bevor es weite ren Schaden angcrichtct hat. Insbesondere schwebte hierbei der Knabe, der das Feuer angezündct, sowie sein erst 1 l Jahre alter Bruder in Gefahr zu verbrennen, beziehendlich durch den hcrvorgerufenen Rauch zu ersticken. — — In Ockerwitz fand man gestern früh im Garten eines BaucrngehösteS einen Erhängten. Er hatte sich dazu eine« Hollunderbaum auserschcn und soll dem Vernehmen nach auS Gorbitz stammen. — Der Plauensche Lagerkeller ist in der gestrigen Sub- hastation für den Kaufpreis von 20,100 Thttn. vom Nachbar-- besitzcr Privatus Grützner erstanden worden. — Am 0. d. Nt. Abends nach 6 Uhr hatte sich der beim Brunnenbau im Bahnhofe zu Grimma beschäftigte Maurer Hempel aus Böhlen in einem Kübel hcrauswinden lassen und war im Begriff, aus letzterem aus das mit Pfosten überdeckte Gerüst zu treten. Da weicht der Kübel seitwärts und Hempel stürzt hinunter in die Tiefe von gegen 10 Ellen, wo er so zerschmettert angetrosfen wurde, daß der Tod hat augenblicklich * Antreten müssen. Hempel stand in sehr gutem Rufe, hinter- lüßt eine Frau und 6 unerzogene Kinder. — Der am Sonntag in Meinhold'ä Etablissement vom Neustädtcr Bürger-Casino abgehaltcne Maskenball war zahlreich besucht und bot manchen interessanten Maskenschcrz. Vorzüg lich gilt dies von einem Auszug der Tmnerfeuerwehr mit obli gatem Tanz, der von den Betreffenden mit Gewandtheit und Präcision ausgeführt wurde. Die heiterste Earncvallaune herrschte öis in die frühen Morgenstunden. — Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 13. Fe bruar. Von nicht geringem Interesse ist die heutige Haupt verhandlung, zu welcher zwei Angeklagte aus der Haft vorge führt werden, lind welche Angeklagte! Zwei Knaben noch sind cs fast, die aber dennoch schon frühe dem Eriminal- und Polizeistrafgcsetzbuch verfallen sind. Alwin Wellner ist am 8. Januar 18g? in Zwickau geboren, erlernte zuerst die Buch binderprofession, arbeitete aber später bei einem Photographen. Wegen Diebstahls saß er in Sachsen und auch im Kronlande Salzburg schon im Gefängnis;. Sein College Ernst Georg Rcinhold Heber wurde am 2. September 1>17 zu Dresden ge boren. Zuerst erlernte er die Goldschlägerei auf dcr Pillnitzer Straße, später wurde er „Oelschreiber". Auch er hat schon wegen Diebstahls in; Gefängnis, gesessen und ist auch fünfmal polizeilich bestraft. Auf dem Gerichlstisch liegen eine Anzahl neue Hosen und daneben eine lederne Reisetasche und andere Kleinigkeiten. Die Aussagen der beiden Angeklagten sind sehr seltener Art. Was dcr Eine gesteht, widerruft der Andere, und so umgekehrt: nur in wenigen Punkten stimmen sie überein. Wir finden die Diebe zuerst gemeinschaftlich auf der Moritz- straßc thätig, und zwar in dem Laden des Schneidermeisters Johann Philipp Oswald Weber. Beide hatten sich zufällig an der Post getroffen, gingen in der Stadt spazieren und kamen so auf die Moritzstraße. Heber schloß mit einem Schlüffe«, der dem Wellner gehörte, die Thüre auf, Letzterer ging zuerst hinein und stahl dort 4 Paar Hosen und 2 Röcke. Der Schlüssel liegt aus dem AÄcrichtütischc. Wellner hat ihn auf einem Gange nach der Vogelwiese gefunden und ihn sich zurecht feilen lassen.