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«r. zr. «lst«r Jahrg Donnerstag, 1. Februar 18-st. c^rschemt: «glich früh 7 Uhr. Inserate «erben aogeoommear gttLbend»«,«»»»- Lag» bi« Mittag» 1L Uhr: Marienstra»« L». >z»z»tg in dies. Blatt«, de« jetzt in ktzernplaren erscheint, Anden eine erfolgreich« Verbreitung, ,s-^' Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drodisch. Aöouuemnktt vierteljährlich 2»Ngr bei uuenrgeldltchrrA^ frrung in', Hans. Lurch dir KSnigl. Pos Vierteljährlich 22 N>» Ltnzrkl« Nummer» 1 Rgr Inseratenpreise: Für den Raum eine« gespaltenen Zetter 1 Ngr. Unter „Stag«« sandt" die Zell, 2 Ngr Druck «ed Uigesthmn der Heranegeber: Eirpsch <k Gleichardt. — veraatwortticher Rrdactenr: IllliNF Neichgrdt. Dre-d-tt, den 1. Februar. — Se. Maj. der König hat den zeitherigen Assessor beim Gerichlsamte Nochlitz, Karl Heinrich Wilhelm Ihle, zum Ge richtsamtmann bei dem Gerichtsamte Neustadt ernannt, und die Beisetzung der Gerichtsamtlcute Karl Moritz von Logau in Neustadt und Kurt Woldcmar von Gottschalck in Rötha in gleicher Eigenschaft, des Elfteren zum Gerichtüaiiite Pegau, des Letzteren zum Gerichtsamte Löbau genehmigt. — Ce. Maj. der König wurde gestern Abend um 7 Uhr hier zurückerwartet. Die Abreise von Leipzig sollte Nachmittags halb 5 Uhr mittelst Extrazuges erfolgen. — Am 30. hat die am 15. Januar zusammengetretene Commission zu Berathung der Frage über die Vereinfachung des Geschäftsbetriebes in der Staatsverwaltung und die hier durch bedingten gesetzgeberischen und sonstigen organischen Maß nahmen ihre Thätigkeit abgeschlossen, — Der am gestrigen Abende von Frau I>r. Herz im Saale der Herren Stadtvcrordnetm gehaltene Vortrag über Verhütung und Behandlung von Rückgratsverkrümmungen bei Kindern und der erwachsenen weiblichen Jugend verlief in jeder Beziehung in einer höchst erfreulichen Weise. Der Saal war vollständig gefüllt und es hatten sich vorzüglich die Herren Aerzte sehr zahlreich eingefunden. Mit gespannter Aufmerk samkeit folgte das Publikum der Rede, in welcher Frau Ur. Herz zuerst den Zweck und die Wichtigkeit ihres Gegenstandes darlegte, hierauf in kurzen, klaren Zügen eine Belehrung über den Bau des menschlichen Körpers gab, soweit dieselbe für das richtige Erkennen und das Berständniß der von ihr behandel ten Uebel nothwendig ist, und zum Schlüsse einen Ueberblick gewährte über das Princip und die Art und Weise ihrer Auf fassung und Behandlung. Letztere erläuterte sie noch durch -einzelne Uebungen mit einem Mädchen, das sie mit den nöti gen Erklärungen de. Versammlung vorführte. — Frau Or. Herz wird von nun an zu Untersuchungen und Behandlungen wöchentlich zweimal in Dresden anwesend sein, und cs ist dein Unternehmen der beste Erfolg zu wünschen. — In Meerane am Rothenberg brannte am 29. vorigen Monats Mittags von 3 Uhr an das Wohnhaus, Scheune, Stallgebäude und Schuppen des Leconom Schleifer, sowie das Wohnhaus der verw. Hslfeld nieder. Um dem Feuer Einhalt zu thun, mußte ein drittes Wohnhaus niedergerissen werden. Die Entstehungsursache ist nicht ermittelt worden; das Feuer soll im Schuppengebäude ausgebrochen sein. — Nachdem schon im vorigen Jahre die geistlichen Aemtcr an der hiesigen Annenkirche vermehrt worden sind, ist jetzt dem Herrn Diaconus Pfeilschmidt der Amtstitet eines „Archidiaco- nus" ertheilt worden. — Zur Berichtigung der in dir. 30 der Dresdner Nach richten enthaltenen Mitthcilungen über den Verlust der Rechte des Kurfürsten von Sachsen auf Erfurt muß bemerkt werden, daß in dem Leipziger Receß vom 20./30. Decbr. 1665 nur -ie Ausgleichung zwischen Kurmainz und den ernestinischen Für ste« unter Vermittelung von Kursachsen zu Stande kam, der Kurfürst von Sachsen Johann Georg II. aber seine Rechte auf Erfurt, die allerdings factisch schon nach der Einnahme von Erfurt durch den Kurfürsten von Mainz verletzt worden waren, -erst in dem geheimen, hinter- dem Rücken der Minister abge- chlofsenm Pforta'schen Recesse den 22. März (l. April neuen Stils) 1667 förmlich aufgab. Auch hat Ludwig XIV. nicht das rebellische Erfurt erobern lassen, sondern nur dem die kai serliche Execution vollstreckcnden Kurfürsten von Mainz im Ein verständnisse mit dem Kaiser ein Hilfscorps gesendet. Sehr ausführlich habe ich dieses traurige Stück deutscher und speciell sächsischer Geschichte aus dm archival. Quellen im sächsischen Archive Bd. 3, S. 3Vl — 442 behandelt. Prof. llr. Hclbig. — Den sächsischen Arbeitervereinen ist jetzt gestattet worden, sich zu einem Gauverband zusammen zu schließen. — Ein sonderbares Wettrennen fand am Mittwoch früh 9 Uhr (also gestern) auf der Pillnitzerstraße statt Zwei Koh- lenambulancen kämm vom Schlage heraufgerasselt, die von Nohrscheidt und von Richard Schmidt, deicht weit von der Thierarzneischule wollte ein Wagen den andern auSstechen. Nun ging's los! Zuerst siegte der Schmidt'sche Schimmel um «ine Pferdelänge und hemmte seinen Rival mitten in der Bahn. Durch das scharfe Umbiegm aber verlor der Schmidt'sche Wagen sieben Kohlenkastm — und Rohrscheidt hatte freies Feld. Der Schimmel mußte umvrehm und sein verlorenes Gut wieder zusammenraffen, während Rohrscheidt dem unbestimmten Ziele zuräderte. Was doch Alles die Concurrenz macht! — Das Gehöft Nr. 6 an der Kreuzkirche scheint auf einmal eine wichtige Tagesrolle spielen zu wollen. In diesen Tagen lief ein gutgekleideter, schon ältlicher Herr an der Kreuz kirche einem jungen Menschen nach mit dem Rufe: „Halt auf, haltet einmal Dm auf!" Die wilde Jagd ging los. WaS nur Beine hatte, regte sich jn vollem Galopp. Der angebliche ; Flüchtling, in welchem die böse, hinterherjagende Welt einen Karasek zu sehen glaubte, lief nach Nr. 6 hinein und da zu fällig das Hintere, nach der Allee führende Gartenthor ver schlossen mar, so hatte die Flucht ein Ende. Bald war der Brennpunkt aller Gefühle eingeholt. Tie ganze Geschichte klärte sich dahin auf, daß der Verfolger und der Verfolgte sehr nahe Verwandte waren, die unterwegs einen kleinen Fa milienzwist hatten. Beide drückten sich in ein naheliegendes Haus und verschwanden, um der lawinenmäßig herangewach senen Volksmenge die beste Gelegmheit zu geben, sich zu — zerstreuen. — Die Einnahme der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn pro December weist im Vergleich zum sclbm Monat des Vor jahres ein Plus von 25,000 Thlrn. auf. Es beträgt die Mehreinnahme für das ganze Jahr 1865 hiernach 238,000 Thaler. — Ein Oberjägcr der Leipziger Garnison, der sich aus Anlaß eines neulich auf dein Konnewitzer Wege verübten Er- cesses in Untersuchung befand, wurde vorgestern früh im Arrest locale des Kriegsgerichts erhängt aufgesunden. Der Leichnam wurde in das Garnisonhospital transportirt. — Ein erschütterndes Familiendrama entwickelte sich am 26. Abends auf dem Dresdner Bahnhofe in Leipzig: Zwei getrennt lebende Ehegatten stritten sich um dm Besitz ihres Kindes, welches bisher bei dm auswärts lebenden Eltern des Vaters in Pflege gewesen war, nun aber zufolge gerichtlicher Entscheidung von diesen der Mutter ausgeliefert werden sollte. Als zu diesem Ende der Großvater des Kindes und mehrere andere Verwandte auf dem Bahnhöfe daselbst eintrafen, hatte sich dort auch der Vater, derselbe ist Arzt, eingefunden, welcher das Kind durchaus nicht der Mutter überlassen wollte und da durch bei dieser die ergreifendsten Ausbrüche der Verzweiflung hervorrief. Dazu das klägliche Weinen des armen Kindes, die thcils begütigenden, theils erzürnten Aeußerungen der Ver wandten, die Leidenschaftlichkeit, mit welcher der Vater seinen Liebling fest in den Armen barg, und die Härte, mit der er die sich nach dem Kinde ausstreckenden Hände der verzweifelten Mutter zurückstieß, — das alles gab ein Schauspiel, welches auch das härteste Gemüth tief crgwifm mußte. Schließlich wendeten sich die Parteien zur Polizei, wo sich die obigen Semen wiederholten, mußten aber von dieser an die Gerichts behörde verwiesen werden. — Gestern Nachmittag ließ sich ein sonst anständig ge kleideter Mann in der Wilsdruffer Straße verleiten an einem Gewölbe ein tuchenes Frauenjäckchen herabzureißen, das da selbst zur Probe aushing. Seines Raubes sicher, wollte er sich schon langsam entfernen, ein rother Dicnstmanu aber hatte den Diebstahl bemerkt, er hielt den Mann fest und verwahrte selbigen so lauge in dem Gewölbe, bis ein hcrbcigcrufcncr Gensd'arm dm Dieb mit nach der Polizei nahm. — Zweites Theater. Als FaschingSpofse hat Herr Director Ncsmüller mit glücklichem Griff die prächtige Parodie von Eastclli „Roderich und Kunigunde" oder „Der Eremit vom Berge Prazzo" oder rc. oder rc. ausgesucht. Dieser von dem intelligmlm Verfasser selbst so getaufte dramatische GalimathiaS, als Parodie aller Ritter-, Räuber-, Rettungsstücke und aller gewöhnlichen Theatercoups, soll die häufig vorkommenden Fehler bei nicht gut geleiteten Bühnen und die daselbst üblichen Ge wohnheiten persiflirm und errang gleich bei seinem Erscheinen 1807 in Wien den ungetheiltm Beifall aller Gebildeten. Im Jahr 1813 erschien das Stück schon in neuer Auflage und machte besonders während des Wiener Eongresses großen Effect, von wo aus es sich dann über gan, Deutschland höchst nutz bringend verbreitete. Vorzüglich hat es stets dmen gefallen, welche daS Handwerksmäßige der Scmerie kennen, weil es mehrere geheime Triebfedern der sogenannten Thealcrroutine zur öffentlichen belustigenden Anschauung bringt. Die von Holland arrangirte Musik begleitet parodirend die Worte und vervoll ständigt dm Totaleffect. Die Ausführung war recht brav. Frl. Pause und die Herren Himmel, König, Stern, Streit, Fiedler rc. führten ihre Rollen recht gut durch, so daß höchstens noch zu wünschen wäre, daß die Darsteller bei Gelegenheit die Stimme noch mehr fallen und beim Recitiren von Versen die Scansion noch mehr hören ließen. Das Haus war sehr gefüllt und wird, wenn das Publikum sich mehr an dieses ungewöhn liche, aber höchst geistreiche und witzige Stück gewöhnt hat, gewiß stets mindestens eben so viel Zuschauer anziehen. — Auf einem Neubau in der Forstftraße hat vorgestern Nachmittag ein Klempnerlehrling beim Herabspringcn von einem Gerüst dm Fuß gebrochen. Man brachte ihn deshalb in die nahgelegme Diaconifsenanstalt. — Ein Fleischcrlehrling, welcher gestern Morgm gegm 7 Uhr auf dem Ncustädtcr Markt ein beladenes Wägelchen hinter sich Herzog, wurde dabei von einem Droschkenpferde um- gerissm und dadurch zwar mehr beschädigt, aber nicht gefährlich verletzt. — Ist Slenographie eine Kunst oder eine Wissenschaft? Unsere Residenzstadt bietet namentlich im Winterhalbjahre so viel des Sehens- und Hörenswerthm dar, daß es für den Ein zelnen rein unmöglich ist, ohne Zersplitterung seiner Kräfte von Allem genaue Kenntnis; zu erhallen. Das hier mehr wie ander wärts vielfach geweckte und genährte Interesse für Wissenschaft, Kunst und Gewerbe wird durch ein allgemein verbreitetes und anregendes Vereinsleben auf die mannigfachste Weise gefördert und erhöht und haben bei dem mchr ivie je engen Anschlüsse Gleichstrebender und Gleichgesinnter besondere Formen der Mit- theilung, die Vorträge, eine immer größere Beleutung und Wichtigkeit gewonnen. Einen solchen im höchsten Grade span nenden, dm Fachmann wie Laien befriedigenden Vortrag hielt in der letzten Versammlung der erweiterten Sitzung des königl. stenographischen Instituts Herr Itt. Bierey über die Frage: „Ist Stenographie eine Kunst oder eine Wissenschaft?" Als ein Hauptmoinent, daß die Stenographie — und wir reden hier billig von der Gabelsbergerschen, die für Sachsen vorzugs weise durch das hohe Ministerium des Innern im hiesigen k. stenographischen Institute sorglich gepflegt wird — doch noch nicht die gerechte Würdigung insbesondere durch Einführung derselben an höheren Cchulanstalten erfährt, bezeichnte der Redner die fast allgemein verbreitete Ansicht, als sei die Steno graphie eine Kunst, rcsp. Kunstfertigkeit, während sie doch eine Wissenschaft ist. Er ging nach Definition der Begriffe Kunst und Wissenschaft specieller auf das Wesen derselben ein und wies mit logischer Schärfe und in gewandter Form die innigen. Beziehungen der Wissenschaften zu einander nach, ließ sich näher auf die Sprachwissenschaft ein, der sich in Analogie die soge nannte Schriftwissenschaft anschließe und deren vollkommenster Ausdruck die Gabelsbergersche Stenographie sei. An die Ver gleichung der verschiedenen stenographischen Systeme und ihres Werthes reihte sich ein Vergleich der verschiedenen Methoden der Behandlung des Gabelsbergerschen Systems und wurde der Nachweis geliefert, daß die systematische Methode die allein richtige, weil wissenschaftlichste, genannt werdm müsse. Der Redner schloß mit der beherzigenswerthen Mahnung, dieser wichtigen und unentbehrlichem Hilfswissenschaft der Sprach wissenschaft so bald als möglich den ihr gebührmden Eintritt in die höheren Unterrichtsanstaltm zu gestat ten und ihr dm Platz cinzuräumm, den sie im öffentlichen Leben schon längst mit Ehren cinnimmt und behauptet. Es ist schwer, auf so gemessenem Raume von einem in sich so wohl abgerundeten Vortrage die Quintessenz zu geben, wir möchten aber zum Schlüsse unseres Berichts an die Mahnung des Red ners erinnern, gleich wie den Wunsch und die Hoffnung aus- drücken, daß obiges Thema nochmals vor einem gefüllteren Auditorium, und wir denken hierbei insbesondere an Pädagogen und Philologen, Gegenstand eines Vortrages würde und ebm so zündend und alte Vorurtheile beseitigend wirke. — Die Gewcrbevercurssitzung vom 30. Januar fand unter dem Vorsitze des Herrn Obcrinspectors Tauberth in dem Saale der „Tonhalle" statt und wurde in dieser Sitzung zunächst der Antrag des Herrn Kaufmanns Harnapp, „der Gewcrbeverein wolle beschließen, die Handels-und Gewerbekammer zu ersuchen, bei der hohen Staatsregierung zu vermitteln, daß Bagatellklagen von Nichtjuristcn auch für einen Zweiten nicht nur schriftlich eingebracht, sondern auch begründet werden dürfen (gleichviel ob für oder ohne Entgelt., nicht minder die Klage durch schriftliche Anträge aller Art fortgcstellt werden darf, ohne in Strafen des Artikels 339 des Eriminalgesetzbuches zu verfallen" einstimmig angenommen. — Herr Chemiker Wollmar spricht hierauf über „die Salzsäure und ihre Verwendung". — Die im Fragekasten eingegangene Frage „kann Solaröl ein Jahr lang aufbewahrt werden, und in welchen Gefäßen muß dies geschehen?" beant wortete Herr Wollmar dahin: Man kann das Solaröl ohne Nachtheil ein Jahr lang ausbewahren; nur muß man es in vollen Gefäßen luftdicht verschlossen Hallen. Es ändert zwar die Farbe etwas, indem es bräunlich wird, brennt aber ebm so gut als früher. Jn offenen Gefäßen wird cs zu viel Luft aufnehmen und schlecht brennen. Zum Schluß erfolgt die Aus nahme und Anmeldung neuer Milgli-'der. (Dr. I.) — Auf der Hauptstraße ist vorgestern Nachmittag gegen 4 Uhr eine Fensterscheibe in einem Schauladcn mittelst eines Steines eingeworfen worden. Vorübergehende wollten behaup ten, daß der Wurf von einem unbekannten Knaben hergerührt, der nach einem Hunde geivorfen. Der Knabe hatte sich natür lich nach dem Vorfall sofort aus dem Staube gemacht und der Beschädigte hatte für den Verlust von 40 Thalern, die die Scheibe gekostet, das leere Nachsehen — Wir wissen nicht, welcher Platz der Stadt als Auf stellungsort des Königsmonuments, über besten angebliche end gültige Entschließung wir gestern berichtet haben, ausgewähl» worden ist. Wenn wir einem uns zugegangenen Gerüchte Glauben schenken dürfen, so hat man bei der Auswahl auch ganz besonders dm Platz am Neumarkt und zwar an dem