Volltext Seite (XML)
tr. 88. Elfte» Iah»« ^ — Lomttag, 88. Jamm» I88L ^»schtMt: «Otch 7 «M. Mserate B«dm a»ge»omm«r «,Lbe«d»v.»o«M rag» b<» Mittag» 12 Uhr: Marttnstra»» 1»» tDqeig iu dies. BlatM -a, jetzt Memplareu erscheint, Md« eine erfolgreich» »«breiNmg. TN » Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacttur: TH»oLor Arabisch. ««My«ch «>RK: bei nn«ta«»kich«r LK- s««»g «'» H«». La»ch die vieeteMMIdch » «M Btuzet«« N»mm«» k «»r. I«ferate»pWift: K»r den Nam» ei«» gelpalte»« ZttAr 1 «gr. Unter „Ginget laadt" di, Ae«, r «P-. Druck und ligeothum d« Herausgeber: klepsch <k Nelchardt. - BttaMworütcher Rrbacteur: IllllUS Nedtza»dt» DreLdck», den 23. Januar. — Zn Ehrm des gestrigen Geburtsfestes Ihrer Majestät der Königin Marie fand Morgens große Reveille der Militär- niusik statt. Die königliche Familie war Nachmittags bei Cr. Majestät dem Könige -um Diner vereinigt. — — Das dritte Stiftungsfest der freiwilligen Turner- Feuerwehr wurde vorgestern Abend mit Souper und Ball in Meiuhold's Eaal unter sehr zahlreicher Bet Heiligung begangen. Unter den eingeladenen Ehrmrgästen sah man die Herren Bür germeister Neubert, Stadtrath Teucher, den Herrn Platzmajvr von Tettau, Herrn Gouvernements-Adjutant von Wurmb, so wie Herrn Hofrath Ackermann u. s. w. Ter Saal war zu die sem Zwock mit einer schönen Decoration versehen worden und die schmucken kräftigen Gestalten aus den Reihen der Turner- Feuerwehr gaben der Betrachtung eine wahre Augenweide. Uebsrall Geist, Belebung und frische Thalkraft, welche gleich beim Eintritt in die Räume empfinden ließen, daß Mannes- wärde, Math und Freudigkeit am Leben sich hier in schönster Bereinigung fanden. Eben so frische, blühende Gestalten zeig ten sich in der anwesenorn Frauenwelt. Die Freuden der Tafel wurden von Herrn Director Ritz mit einem Toast auf die staatlichen und städtischen Behörden eröffnet, dem sich dann Herr Bürgermeister Neubert nach einleitenden, gehaltvollen Worten mit einem Hoch auf die Turner-Feuerwehr anschloß. Nach dem Gesang von zwei Taselliedcrn widmete Herr Klemp nermeister Scholle seine Worte zu Ehren der anwesenden Gäste, worauf die eingcgangenen Telegramme von auswärtigen Feuerwehren, (Freiberg, Pottschappel, Leipzig) verkündet wurden. „Des Turners und des Mannes eigene Kraft" ln'veten die Pointe eines Toastes, den Herr Professor Wigard ertönen ließ, worauf ein Gast aus Leipzig, dann aber Herr Hofrath Ackermann sprach, der im Eingang seinen kräftigen Worten eine humoristische Färbung veilieh und in gewandter Redeweise der Manneskraft eingedenk war, welche den Berein der Turnerfeuerwehr beseele und ihm Halt ivie Dauer verleihe. Eine Hindeutung auf die Presse, welch« sich in vorstehender Rede kund gab, vcranlaßte sofort einen Vertreter derselben zur Ergreifung des Wortes. In län gerer Rede setzte er, als Ehrengast des Vereins, auseinander, wie die anwesenden Männer sich zwar nicht in, Feuerdienste des Zoroaster, wohl aber im Dienste der Menschheit befänden. Im Gegensatz zu dem verheerenden Element pries er das Licht der Aufklärung, die Fackel der Vernunft, das Feuer des mensch lichen Geistes. Der Geist sei das wahre Rettungsseil, mit welchem zuletzt der Himmel erstiegen werde, Schild und Zeichen ein wackeres Männerherz. Dieses erwägend und ausführend, gipfelte sich sein Toast auf den Wunsch: daß der Himmel Allen das Feuer der Jugend bewahren möge und schloß mit einein Hoch auf den freien deutschen Geist. Nachdem noch Herr Klempnermeister Waldmann der „Aeltcrcn der Feuerwehr" freundlich gedachte und Herr Chemiker Lichtenberger der Ver dienste des früheren Hauptmanns der Turnerfeuerwehr, des Herrn Waldmann, eingedenk war, endeten die Freuden der Ta fel, denen die jetzigen Inhaber des Meinhold'schen Etablisse ments in Betreff der materiellen Genüsse ihre Kraft in bester Art gewidmet. Es begann der Ball und dir dahin wogenden Paare unter den rauschenden Klängen der Polonaise boten in der That einen prächtigen Anblick. Möge die freiwillige Dresd ner Turnerfeu.rwehv noch recht oft dieses Fest in Wiederholun gen und stets in einem solchen Geist der Einigung und Ver brüderung begehen, dies ist gewiß der Wunsch Aller, welche den hohen Werth dieses Institutes zu schätzen wissen; einer Ver einigung von Männern, die das Herz auf dem rechten Fleck und somit Anspruch auf Achtung und Verehrung Aller haben, die den hohen Beruf erkennen, den sich diese edle Männerschaar in Stunden der Gefahr mit Aufopferung des eigenen Lebens freiwillig gestellt hat. — Wie auf allen Gebieten des Wissens und der Kunst man bestrebt ist, größere und werthvollere Arbeiten dem Publi kum zugänglich zu machen, so hat auch die Bach'sche Buchhand lung hier seit Ostern vorigen Jahres einen Journal-Lesezirkel für Architekten und Ingenieure eingerichtet, der durch seine reichhaltige Auswahl gediegener Fachjournale wohl geeignet ist, das Interesse aller Betreffenden in Anspruch zu nehmen. (Vergl. Inserat.) — In dem zweiten Abonnementsconccrt unter Direction des Herrn Mannofeldt in Chemnitz wirkten Fräulein Harnisch und der junge Pianist Georg Leitert aus Dresden mit. Die Leistungen Beider wurden von dem zahlreichen Auditorium mit dem lebhaftesten Beifall gekrönt. Erster« trug eine Arie der Susanne aus Figaros Hochzeit und drei Lieder von Louis Schubert in Dresden, Mendelssohn und Abt vor und mußte das Letztere «k« eap« singen. Das außerordentliche Talent des juuge« Leitert, in technischer Beziehung wie intellektueller Bil dung erregte allgemeines Erstaunen. — Die Gewehre der sächsischen Infanterie österreichischen Vollster» sollen demnächst, «ie wir vernehmen, in Hinterladungs gewehre abgcändcrt werden, eine Veränderung, die allerdings kostspielig ist — das Stück 3 Thaler — aber von großem "Nutzen sein wird, so daß dieser Beschluß nur gerühmt werten kann. — Auf den Wunsch des Herrn Gleisverg hier erläutern wir die neulich betreffs desselben gebrachte Notiz dahin, daß derselbe zwar als Docent in Leipzig sich zu habilitiren ge denkt und daß für diesen Fall demselben auch eure Rcnumera- tion von dem kvnigl. Cultusministcrium zugesicherr worden, der selbe aber einen "Ruf als Professor dahin nicht erhalten hat, auch vor der Hand seine Praxis hier noch forEetzt. — Unter Ueberreichung eines Säckchens mir Erbsen, welche sämmtlich von kleinen Käfern bewohnt sind, erhalten wir fol gende Zuschrift: Allbekannt sind Erbsen und geräuchertes Schweinefleisch ein gewöhnliches Volksessen, und so dürste es nicht ohne Interesse sein, wenn ich mir erlaube, Beifolgendes der geehrten Redaktion zu übersenden. Ten ganzen Tag vor her hatten wir uns darauf gefreut, morgen Erbsen und geräu chertes Schweinefleisch mit Sauerkraut zu verspeffen, als ich zu meinem großen Leid ivahrnehmen mußte, daß, als ich die Erb sen mit Wasser begossen hatte, eine jede mit ein m kleinen Be wohner versehen war. Es bildete sich nämlich au jeoee der selben ein dunkler Fleck, ich öffnete, und heraus spazierten eine Menge Erbsenlrichinen ohne Entdeckung. Hätten wir diese tri chinösen Erbsen verspeist und wäre in Folge dessen möglicher Weise ein Unwohlsein eingetreteu, so mußte das arme geräu cherte Schweinefleisch wieder herhalten. Ergebenst E. B. — Die Herstellung der Bezirksgerichte zu Dresden, Ehem- nitz und Annaberg wird nach den vorläufigen Ermittelungen durch Sachverständige über eine halbe Million Thaler bean spruchen. — Nachdem der oft gerügte, längere Zeit hindurch unge straft verübte Unfug, mittelst Bleikugeln oder geschleuderter Steine Fenster einzuwerfen, bei uns durch die vor einiger Zeit mitgetheilte Entdeckung mehrerer Buben seine Endschast erreicht hat, scheint derselbe nunmehr in Leipzig seinen Anfang zu neh men. Dort sind am Sonntag Vormittag auf dem Leipzig- Dresdner Bahnhof in den nach der Stadt zu gelegenen Fen stern der ersten Etage der Ankunfts- und Abgangshalle durch Bleikugeln zwei Fensterscheiben zertrümmert worden und das Dircctsrium der Leipzig-Dresdner Eisenbahncompagnie hat auf die Entdeckung des Thäters eine Belohnung von 5 Thlrn. ausgesctzt. — Am Freitag Nachmittag umstand auf dem Schloßplatz eine zahlreiche Menschenmenge eine daselbst haltende Droschke. Das derselben vorgespannte Pferd hatte sich mit dem linken Hinterfuß, jedenfalls beim Ausschlagen, in dem Gerüst der Vorderräder gefangen. Mehrere Droschkenkutscher hielten das selbe, um cs nicht zum Fallen kommen zu lassen, wodurch leicht der Bruch des gefangenen Beines hätte herbeigeführt werden können. Nachdem daS eine Vorderrad abgeschraubt worden war, gelang es schließlich den vereinten Bemühungen mehrerer Droschkenkutscher, das Pferd aus seiner unfreiwilligen Haft zu befreie«. — Vorgestern Vormittag erregte das vollständige Original eines Zigeuners, welcher unter polizeilicher Eseortc in das Po- lizcihaus geleitet wurde, die Aufmerksamkeit des Publikums. DaS glänzende, langherabhängendc schwarze Haar, die stechen den dunkelbraunen Augen, der struppige, volle schwarze Bart, der gebräunte Teint, daS Nalionalcostüm kennzeichnetcn den Sohn des Südens. Dem Vernehmen nach war er wegen Le gitimationsmangel hier angehalten worden. Er soll seinen Pah verloren gehabt haben und hierher gekommen sein, um sich als österreichischer Staatsangehöriger bei der hiesigen k. k. österreichi schen Gesandtschaft einen neuen Paß ausstellen zu lassen. Seine Familie, bestehend aus Frau und 8 Kindern, hatte er sainmt seinem beweglichen Hausstand, zu dessen Transport 8 ihm zu gehörige Pferde ihre Dienste leisten mußten, bei Apolda zurück gelassen. — Wir thcilten vor einigen Tagen mit, daß seit dem 15. d. M. zwei Knaben im Älter von 13 und 15 Jahren, Schüler der Annen»ealschule, verschwunden seien. Dem Ver nehmen nach hat der eine der Knaben von Wittenberg aus, wo er sich bei Verwandten aufhält, an seine Angehörigen Nach richt gegeben, während über den Aufenthalt des anderen bis jetzt nichts ermittelt worden ist. Möglicher Weise geben die Aussagen des einen Knaben Anhalt, auch dein Aufenthalt des anderen auf die Spur zu kommen. — — In Leipzig sind am Freitag zwei Selbstmorde vorgc- kommen. Früh wurde der beim Hutmachermeister Fischer in der Lehre stehende, noch nicht 15 Jahr alte, aus Leipzig ge bürtige Lehrling Lange auf dem Boden seines Meisters erhängt ausgefundcn. Der Knabe soll geistig beschränkt, moralisch ver kommen und zu allem Andern, nur nicht zum Arbeiten und Lernen aufgelegt gewesen sein uno schon wiederholt ausgesprochtn haben, ertränken werde er sich nicht, wohl aber erschießen oder , erhängen. Der andere Selbstmörder ist der auf der DurgßraPi I wohnhaft gewesene Meubleur Drullmann. Derselbe sollte, am ! Freitag ausgepfändet werden. Als die Gerichtsdeputation er- ; schien, fand sie seine Wohnung von innen verriegelt,, und, nach dem sie durch einen Schlosser geöffnet worden, den Drullmann todt auf dem Boden liegend. Er hatte sich durch mehrere Schnitte in die Kehle selbst entleibt. — — Am 26. d. M. verschied allhier nach längeren Leiden der als Jurist und Kunstfreund gleich ausgezeichnete ehemalige Präses des Hamburger Handelssenates, Herr l)>. Halle, der i seit einer Reihe von Jahren Dresden zu seinem Winterwohusitz ^ erwählt hatte. — — Tie hundertste Vorstellung von Meyerbeers ,.Prophet" i welche Dienstag den 30. Januar stattsindet, wird durch ei« j Vorspiel „Die Trauer und der "Nachruhm" vonHofrath ttr. Pabst , cmgeleitet, worin die Damen Ulrich und Langenhaun thätig.sei» werden. Wie wir bereits neulich bemerkten, ging diese Oper ! zuerst am 30. Januar 1850 hier in Scene, und wurde die ' großartige Parthie der „Fides ^ schon damals von Frau Krebs--' ^ Michalesi gesungen und von derselben in bekannter Virtuesität ! bis jetzt 95 Mal wiederholt. Es geschah dies Auftreten hier- ^ selbst auf Wunsch Meyerbeers, welcher die geschätzte Künstlerin , in dieser Nolle bereits auf dem Stadttheatcr zu Hamburg za ! seiner vollen Zufriedenheit wirken sah. Wie wir hören, werden ! sich zu dieser Jmbel-Vorstellung ein Sohn und eine Tochter i Meyerbeers Hierselbst einfinden. — — Die Shakespeare-Vorlesung des Herrn Rudolph Genöe an vergangener Mittwoch führte den reichen und mit gespannter Aufmerksamkeit lauschenden Zuhörern das liebliche Lustspiel: „Was ihr wollt" in einer Weise vor, die gewiß in Allen das Gefühl höchster Befriedigung zurückließ. Waren dir kritische« Bemerkungen und erzählenden Partieen des Vortrags ganz ge- ! eignet, die Intentionen des Dichters und die von ihm geschib- j derten Charaktere auch in ihren feinsten Schattirungen zum ! richtigen Verständnis; zu bringen, so gewährte die dramatische s Necitation durch seltene Gewandtheit in Modulation der Stimme und seine Auffassung den vollen Genuß einer theatralischen Vor stellung. Namentlich waren es die völlig lebendig verkörperten Charaktere des Malvolio, Junker Tobias und Junker Christoph von Bleichemvang, welche durch ihre drastische Vorführung fort während große Heiterkeit und oft lautes Gelächter erregten. Die am Schluß des Vortrags von Herrn Genee gemachte Mit theilung, daß derselbe noch zwei weitere Vorlesungen folge« lassen werde, wurde vom Publikum mit rauschendem Beifall ausgenommen. Wie wir hören, sind für diese beiden Abend« die Tragödie „Romeo und Julie" und „Sommernachtstraum^ bestimmt. — Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 27. Januar. Es handelt sich um Diebstahl, dessen der Fabrikant (?), soll wohl heißen Fabrikarbeiter, Gustav Adolph Normann, ge nannt Schulze, beschuldigt ist. Der Anfang der Verhandlung schob sich eine Stunde hinaus, da ein Zeuge, wie er sagt, den Eisenbahnzug verfehlt hatte. Nur drei Zeugen sind erschienen, darunter der Verletzte. Tcr Angeklagte ist am 6. Juni 1847 zu Chemnitz außer der Ehe geboren. Trotz seiner Jugend hat er schon eine Menge von gerichtlichen und polizeilichen Vorbe strafungen hinter sich, meist wegen Diebstahls, Partirerei, wegen Bettelns und VagabondirenS. Wir hören von Gefängniß, Zwangsarbeit und Hieben. Normann erzählt heute höchst ro mantische Geschichten und verwickelt sich dabei in große Wider sprüche. Ueberhaupt bekunden einzelne Data, daß sein Lebe» mit vielen Absonderlichkeiten durchwirkt ist. So entwendete er einmal eine»: haimöverschcn Handwerksburschen, Namens Schrumpf, das Wanderbuch. Mit diesem Namen durchzog er Sachsey, wurde sogar in Dresden unter dieser Finna bestraft und meh rere Male über die Grenze nach seiner angeblichen Heimath Hannover verwiesen. Selbstverständlich wies ihn die hannb- versche Behörde wieder fort, weil sie ihn gar nicht kannte, bis endlich das dasige Bürgermeisteramt hierher berichtete, daß der wirkliche Schrumpf schon seit 2 Jahren sich ruhig in der Hei math befinde. Normann wurde am 4. November 1865 gerade in den, Augenblicke arrctirt, als er hier in Dresden zu einem Kaufmann kam und sich für einen Italiener ausgab, der vier Sprachen spreche. Die Nächte vom 26. Octobe» bis zu« 4. November brachte er unter freiem Himmel zu. Am 25. Ok tober 1865 war gerade in Dresden Jahrmarkt. Diesen be suchte, um seine Waarcn fcilzubieten, auch der Lebküchler J»h. Gottlob Herrmann Grafe aus Obernaundorf, 25 Jahre alt. Dieser traf in der Vollsack'schen Wirthschaft im Mühlgäßche» bei der Anncnkirche den Angeklagten Normann. Sic wurde« miteinander bekannt und Grafe nahm aus seinen Waaren ei«« Flasche Schnaps heraus und trank mit seinem neuen Bekann ten. Tie Reiselust soll hierbei in Beiden nach der Aus sage des Normann wieder erwacht sein, sie wollten Beide nach Frankreich und zwar über Prag und durch die Schweiz und so immer weiter und weiter. Grafe hatte ein „Reff" bei