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Nr. L' cZrschmtt: MßUch fr« 7 u» Inserate H«rdtu angnwmm«» «, Abend» rag» bis Mittag» IS S-r: Marienftrape 1». Tlster Jahag Sonnabend, LI.Jannar I88S. 2oirig. in dies. Blatt«. jetzt ia»2<»<»» Exemplaren erscheint, Mdeu eine erfolgreich« derbrritvllg ^kemrement: «etteljShrtich 20«gr bet mlintgttdktcher Ät- fenmg in'» Lurch die «önigl. Pof vierteljährlich 22 Agx Eiuzeleie R««n«r» t »igr. Tageblatt für Uuterhattung und Geschäftsverkehr.» Mitredacteurr Theodor Drodisch. InseratenpMft: gür de» Raum ein« gespaltenen Z«tR: 1 Rqr. Unter landt" dir ZM« 2 «igr- Druck «rd «iguuhnm der H,rau»grb«r: Liepsch ic Reichardt. — Verantwortlich« Rrdacte«: AulÜtS Neichardt. DreLdan, den 27. Januar. — Dem ordentlichen Professor der Mineralogie und Geognofie an der Universität Leipzig, M, p!>. Karl Friedrich Naumann, ist der Charakter eines Geheimen Bergraths in der 3. Elaste der Hofrangordnung taxfrei, und dem Zoll und Steuer- Director Friedrich Moritz Lehmann ist vom Kaiser von Lester reich der Orden der Eisernen Krone 2. Elaste verliehen morden. — Am 23. Januar hat bei Sr. Maj. dem König eine größere Hostafel staltgefunden, zu der Herr Staatsminister o. Beuft und der kais. russ. Gesandte Graf Bloudoff niit Ein ladungen bedacht waren. — Zu dein Ballfest aus dem Albrechtsschloß sind für Dienstag, den 30. Januar, an die daselbst vorgestellten Damen und Herreir zahlreiche Einladungen ergangen. — Wir verfehlen nicht, unsere kunstsinnigen Leser darauf aufmerksam zu machen, daß das durch die Munisicenz Sr. Maj. des Königs erworbene Bild „Der Heiland am Kreuz" von Albrecht Dürer der königl. Gemäldegalerie nunmehr cinverleibt worden ist und in dem Holbein-Zimmcr in würdiger Weise seine Aufstellung gefunden hat. Dieses Meisterwerk des deut schen Künstlers reiht sich ebenbürtig an die Schöpfungen Ra- phael's, Leonardo da Binei's, Ecrreggio's und Murillo's an, die als die Perlen unseres Museums in erster Neihe glänzen, und ist ein vaterländisches Gegenstück zu Holbein's und Ban Eil S Madonnen, die mit den Spaniern und Italienern an Schönheit des Ausdrucks und Tiefe der Einpfindung wetteifern. — In Bezug auf den vorgestern ermähnten Diebstahl wird uns von dem Besitzer des Bairischen Brauhauses Fol gendes mitgetheilt: Am Sonntag, den 14. d., wurde Abends in der Stube der Brauburschen ein Schrank erbrochen und da raus etwas über 4 Thaler Geld entwendet, während die Jour habenden Leute mit den Arbeiten des Malzes beschäftigt waren. Ein Viertelstündchen zuvor hatte sich ein Kutscher in un mittelbarer Nähe des Schrankes angezogcn, die Stubenthüre verschlossen und war ausgegangen. Man machte bei der Polizei Anzeige, und da der Kutscher zuletzt und allein in der Stube gewesen war, wurde derselbe sistirt und dein Bezirksgericht über geben. Am Mittwoch Morgen nach 4 Uhr, als die Leute mit Aufträgen des Malzes (sogen. Buckeln) beschäftigt warm, ging einer derselben in die bezeichnte Stube, uni den Böttcher gesellen zu wecken, und sah, wie ein Dieb zum Fenster heraus nach dem Garten entsprang, mit grauem Rock und weißlichen Strümpfen bekleidet. Es wurde ihm nachg. setzt, er war aber schon über die Gartenmauer entkommen: später, als cs Tag war, fand man ein Paar sehr abgetragene Stiefeletten hinter dem Gartenzaun, welche der Polizei übergeben wurden. Man vermuthct nun, daß dies auch derjenige ist, welcher vorher den Schrank erbrochen und mit den Legalitäten sehr bekannt sein muß, und daß sonach der vorgenannte Kutscher vielleicht keine Schuld trägt. Die Thür nach der Küche war zwar nicht ver schlossen, wohl aber die, welche nach der Hausflur führt. -- — Dm 20. Januar wurde aus der Hausflur in Braun'ä Hotel ein kleiner, gelb angestrichmer Kasten von weichem Holz, in dein sich zwei Flöten befanden, gestohlen. Der Diebstahl geschah in einem unbewachten Augenblicke, wo an jenem Tage verschiedene Instrumente, unter diesen der Flötmkastm, aus dem Saale in die Hausflur geräumt wurden, um von da nach der großen Ziegelgasse gefahren zu werden. Einige Tage darauf ist der gestohlene Kasten erbrochen und seines Inhalts beraubt in dm Sandsteinen an der Elbe ausgefunden worden. Den Dieb hat man noch nicht ermittelt. — Vergangene Mittwoch, dm 24. Januar, wurde in Pirna beim Eiraben eines Kellers in einem Hintcrhause der Dohnaschm Gasse ein vollständiges Gerippe eines Menschen, so wie eine steinerne Kugel, wie auch andern Tages bei fortgesetzter Arbeit viele Mmschmknochm gefunden. Da dieses Haus in unmittelbarer "Nähe der Klosterkirche steht und selbst zu den Klostergcbäuden gehört hat, so erinnert diese Auffindung nur allzusehr au das frühere Treiben in den Klöstern. — Die französischen Anncxionsgclüste erstrecken sich jetzt auch auf unser Sachsen, und unser friedliches Nachbnrstädtchm Wehlen ist der Ort, wo diese Pläne ausgcführt werden. Es sind aber diese Annexionisten freundlich gesinnte Franzosen, welche daselbst ihr Quartier aufgeschlagm haben, um von hier aus die so romanti schen Gegenden der Sächsischen Schweiz photographisch aufzu- nehmen. — Schon seit zehn Wochen wurde allabendlich an der Klingel einer Hebamme auf der Hauptstraße dermaßen gerissen, daß sogar einmal der Drath zerriß. Mit Aufpassen beauftragte Dieirstmänner haben endlich vorgestern Aoend zwei Knaben er wischt, die diese Fopperei täglich trieben. Beide sind Söhne achtbarer Eltern und werden hoffentlich wohlverdienter Strafe nicht entgehen. — Lin seltenes Gewächs befindet sich in der Gütercxpe- dmon des Böhmischen Bahnhofes, und zwar ein daselbst ge zogener Baumwollenbaum mit reifen Kapseln. — Am Donnerstag Morgen ist die Gemahlin des Eoin- ponisten Richard Wagner, geb. Planer, plötzlich gestorben. Ein Herzschlag endete ihr schon jahrelanges Leiden ungeahnt in der Nacht. Dian fand sic früh entseelt im Bett. — Locale Studien!! „Was sich der Wald erzählt" — das haben wir gelesen, auf jedem Zweige der Wcihnachtsbäume, die hereiuwanverlen aus den Schluchten des Ptauenschen Grun des und den Nachtquartieren des Vlasewitzcr Waldes, um den Weihnachtstisch der Kinder von 2 bis 80 Jahren zu zieren Aber die Weihnachtsbäume sind verschwunden, ihre Pracht und Herrlichkeit ist dahin, sie verschwanden in dem großen Familim- kachelofm, um den sprüchwörtlich gewordenen „Blümchenkaffee" zu kochen. Das Dreikönigsfest legte das letzte Rasenstück auf das "Riesengrab der Weihnachtsfreuden. Aber wie aus der Asche des Alten springen und flattern im Januar neue Freuden, springt neuer Jubel hervor. Es sind die Ballfrcudm, die Fast nachtswonnen, die der Erdmmensch einmal haben muß und hätte Gram und Sorge auch noch so sehr das sterbliche Herz umpauzcrt. Aus dem Schrank wird der Frack herausgetangt. vom bi-nolciw leiokerihiltmiknzO bis zum I'>Lckii8 toXtopwücu-, und der stille Beobachter sieht den Inhaber der Dresdner Frack- verleihmagazine schmunzeln und lächeln, indem er diese modernen Ballmöbel, ganz nach dem Modell des paradiesischen Feigen blattes gemacht, vom Rechen herabholt und sie säubert und putzt und neue Schweißleder unter die Achselblätter näht. Die Fast nachtsbälle sind vor der Thür! Die Musikanten putzen ihre Posaunen und Trompeten, die Tapezirer hängen in den Sälen an schwankenden Leitern und hämmern und zwicken — und blinzeln mit den Augen, wenn von der Deckenhöhe eine zarte Spinnwebe ihre Pupillen ineummodirt. ,Jm tiefen Keller sitz' ich hier" — singt der gemüthliche Destillateur und fabricirt bei der Lampe Dämmerschein seine Punschefienzen, die einst dazu dienen sollen, die Herzen und Köpfe zu illumiuircn, damit auf den Bällen die Liebeserklärungen der geliebten Bomfia gegen über desto besser von Statten gehen. „Er prüft ja — eh' er ewig bindet, ob sich der Ruin zum Zucker findet!" In den Höfen der Lohnkutscher stehen hvchaufgeschürzt die Bockrepräsentantcn und versilbern und vergolden und wichsen aufs Neue im Schweiße ihres Angesichts die Geschirre und Karossen; denn blankpolirt will der edle Ritter mit seiner Dulcinca von Tobosa oder von der Pillnitzerstraße zum Balle rädern. Tie Conditorcn kneten und treten in ihren gascrleuchtcten Backstuben den schneeweißen Teig, um die Freuden des Balles durch Stollen und Kuchen zu versüßen. Die Maskenverleiher hauen ihren Marquis Posa, ihren Figaro und Leporello aus und hängen die Tomiuo'S in die luftige Bodenkammer, in denen zur Nachtzeit unter diesen seidenen Balldrapcricen ein liebes Katzenpaar ihr Duett, wenn auch nicht ganz nach „Graben-Hosfmann" anstimmt. Das Bügeleisen glüht in der Hand der müden Wäscherin hoch da oben im fünfstöckigen Dachstübchen; denn ein Ball will iveiße Wäsche sehen und wär'S auch nur ein Vatermörder mit Strippen, oder ein Hemd, das nur noch aus den "Nähten und einein zer brochenen Knopfe besteht. In den Weintellern stehen sie schon aufgepflanzt die rolh- und gelb- uno grünbemützten Flaschen mit ihrem Saft vom Rhein, der Mosel, von der Lößnitz und der Posel — und Mancher wird, wenn er ihn an der Seite der reizenden Tänzerin geschlürft, die Himmelslcitcr der Liebe in rasender Eile hinanklettern. Die Schuhmacher flecken und bezwecken und dem Schneider schmilzt über den gekreuzten Bei nen die warm gewordene Nadel in heißer Hast. So erwartet der Dresdner die großen Tage von Aranjuez — die da kommen sollen in Fecud' und Lust! Denn bald ist die Zeit ja vorüber, ivo der Quell der Freude sprudelt, wo Pauken und Trompeten verstummen und der Erdenmcnsch wieder die Maske an den Nagel gehängt. Darum jubelt nur darauf los — da draußen die Welt hat ohnehin des GramS und der Zerwürfnisse genug, „Kreu t Euch des Lebens, To Ia»a' noch das Vämpcheii glüht — Reiß'k an oer Hausklmqet — La la.ng's nur kein Wächter sicht!" — — In der Nacht vom 22. zum 23. Januar sin§> aus der Gaststube in Plauen bei Potschappel mittelst Einsteigeus mehrere Thaler Geld, gegen 5,00 Stück Eigarren und einige Wäschstücke entwendet worden. In derselben Nacht oder am Morgen des 23. Januar ist einem in Potschappel wohnhaften Beamten ein schwarzer Pelz mit grauein Ucberzug nebst diversen Bcttstücken gestohlen worden. In beiden Fällen sind die Diebe unbekannt. — Auf dem Großenhainer Platz hat sich gestern Vor mittag in einer dortigen Fabrik ein junger "Mann, der in ver letzten Zeit an Melancholie gelitten, mittelst eines Pistols er schossen. — Einen Ehrentag und Verdienste in kleinem Kreis der Oeffentlichkcit nicht zu entziehen, mahnt uns an das goldene Ehejubiläum, welches übermorgen, den 28. Januar, die Zumpe- schen Eheleute zu Hermsdorf bei Lausa feiern. Gottlieb Zuinpe ist daselbst Gärtner und diente zu Hermsdorf unter siebe» Herrschaften. Zu Röhrsdorf bei Königsbrück im Jahre 1788 geboren, wurde er l8<M zum Kriegsdienst ausgehoben und kämpfte die Schlacht bei Wagram mit, wo er einen Schuß in den Lberschenkel erhielt. Später zur Landwehr ausgchoben, kämpfte er I-M5 zu Coutray in Belgien und heirathete dann Ml seine Frau, welche jseit 32 Jahren wöchentlich zweimal auf dm Markt zu Neustadt kommt. Möge dieser Ehrentag sich recht freudig für das Jubelpaar gestalten. — Der Stadtrarh zu Zittau verbietet bei Strafe den Verkauf von Löffeln und Suppenkellen, zu deren Legirung Blei und Antimon verwendet worden ist, und warnt vor dein An kauf solcher Gegenstände, die namentlich in sogenannten Zwei groschenbuden zu haben sind, iveil sie in warmer Feuchtigkeit lösliche Gifte enthalten. — In der „Singspielhalle" auf dem k. Belvedere erfreut sich jetzt der als Ersatz für den erkrankten Herrn Wohlbrück gastirende Gesangs- und Charakter-Komiker Herr v. Bohlen vom Ctadtthcaier in Altona vielen Beifalls. Seine Komik ist na türlich uns zündend und bekundet den gebildeten Schauspieler, der durch Wahrheit und Einfachheit die besten Erfolge erzielt. —- Jin zweiten Theater ist jetzt eine Triplealliance z« Stande gekommen. „Pechschulze" hat sich mit „Eine leichte Person" associrt und zum dritten Compagnon „Viel Vergnügen" angenommen. Daß unter solcher Firma die Aktien „NeSmüller" über p-ui stehen und die Nachfrage nach Billets täglich größer wird, ist nicht zu verwundern. — Auch die Vorstellungen im Eleventheater erhalten sich die Gunst des Publikums, das die selben zahlreich besucht. Namentlich waren die letzten Vorstell ungen im Allgemeinen lobenswert!), was ganz besonders von der Ausführung des Nesmüller'schcn hübschen Liederspieles „Die Zillerthaler" gilt. Tic Darsteller des „Silberfranzl" und der „Kathi" -waren recht wacker und ernteten wohlverdienten Beifall. —7Jn Plauen i. V. hat sich ein junger, in guten Ver hältnissen lebeuscr Handwerker am 24. d. früh gegen 3 Uhr drei Stock hoch in den Hof seines Wohngebäudes herabgestürzt und war furchtbar zerschmettert aufgehoben ivordcn. Die Be weggründe, welche den Unglücklichen zu dieser entsetzlichen Thal trieben, sind nicht bekannt. — In Leipzig ist am vorigen Sonnabend ein Pianoforte- Fabrrkant wegen Wechselfälschung im Betrag von 30,000 Thlr. verhaftet morden. — Oeffentl. Sitzung des K. Oberappel lations- (Gerichts am 26. Januar. Es sind nur wenige Wochen ver flossen und aufs "Neue tritt der Gefängnißinspector Hcmpel mit einem zum Tode Verurtheilten in dcn Saal. Schon früh um 8 Uhr stand die schaulustige Menge in den Höfen des obersten Justizhoses, um den zu sehen, der am 20. October vorigen Jahres den Kaufmann Franz Robert Feßler ermordete. Paul Gustav Neumann ist am 9. Juni 1842 zu Hei»a bei Frciberg geboren. Zu Oberschaar bei Freibcrg genoß Paul d:n ersten Unterricht in der dasigen Dorfschule, zu dem sich noch ein er weiterter Privatunterricht gesellte. Hierauf besuchte er ein Jahr lang die Bürgerschule zu Freiberg und wurde 1856 dort in der evangelischen Religion confirmirt. Seine wirkliche Mutter starb, als er erst 0 Jahre alt war. Der Bater nahm eine Wirthschafterin an, die, wie der Verurtheilte sagt, sich gar nicht um ihn gekümmert. Der Schullehrer zu Oberschaar hat ein Zeugnis; zu dcn Acten gesendet, in welchem er sagt, daß Neu mann sich „recht gut bewiesen", bekundet aber dabei, daß er mit anderen .Kameraden eines Tages eine Katze mit stumpfen "Messern so lange geschunden, „bis "sic todt war". Als Grund dafür giebt der Delinquent au, daß sic ihm Tauben gestohlen! Auch ein nicht ungünstig lautendes Zeugnis, der Frcibcrger Bürgerschule liegt vor. Von 1856 bis 50 besuchte Paul die Anncnschule zu Dresden, wollte dann die polytechnische Schule hiersclbst frequeutireu, eS fehlten ihm aber die Mittel dazu. Als Mechaniker ging er zu den Gebrüdern Ehrlich auf der Zwingerstraße in die Lehre. Hier schon that er dcn ersten Fehltritt. Er stahl der Wiltive Koch in Friedrichstadt eine Uhr, eine Halskette nebst verschiedenen Münzen. Der Werth betrug insgesamiitt über 30 Thaler. Er erhielt dafür 6 Monate Arbeitshaus, des Königs Gnadenwort milderte diese Strafe — es wurden nur 4 Monate Gefängnis, daraus. Die faß er ab. Er ging nach Chemnitz als Maschineuarbeiter. Auch hier frevelte er aufs Neue. Einem Uhrcnhändter stahl er. mehr als 70 Thlr„ mit dem Dietrich die Kasse erbrechend. DaS Chemnitzer Gericht verurtheilte ihn deshalb zu 2 J§hr und l Monat Zuchthaus. Am 18. Juli 1865, also wenige Monate vor dem Raubmord — wurde er entlassen. Ans dem Zuchthause zurückgekehrt, wendete sich Paul nach Dresden und trat in die Maschincn- werkstätte von Thomas als Arbeiter ein. Zuletzt war er be- kanirtlich in der Maschinenbaufabrik des Commissionsrothü Bloch mann auf der Pillnitzerstraße thätig und wohnte bei einer Wittwe auf der großen Ziegelgaffe. Sein Arbeitslieder nennt ihn