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Dresden, den SO. Januar. — Ueber Herrn Rudels Genre, welcher heute den Mac beth liest^ schreibt, ein Nürnberger Blatt: „Mit der Größe des Stoffes hält das Talent Rudolf Gence's gleichen Schritt; „Macbeth" dürfte eine seiner bedeutendsten Leistungen sein, so wohl was den scharfen kritischen Blick in der Auseinandersetzung des Stückes betrifft, wie auch hinsichtlich der Wahrheit und Macht des dramatischen Vortrags." Aus München berichtet die A. >. I. über die Scene des Schlafwandelns der Lady Macbeth: „Der Bortrag dieser Scene war jedenfalls der Höhe punkt der bisherigen rhetorischen Leistungen Gence's. Rur durch die Kunst seiner Stimmmodulation und die Durchgeistig- ung des Wortes führte er diese Scene in einer so erschüttern den Weise vor, wie wir sie selten auf der Bühne gesehen, wo dem Schauspieler doch der ganze theatralische Apparat, der we sentlich die Stimmung fördert, zu Hilfe kommt. Erschüttert lauschte daS Auditorium seinen Worten, und eine Stille, wo Jeder fürchtet, laut zu athmen, herrschte in dem weiten Sa«>" — Der hiesig« Taubenliebhaber- und Züchtcrverein wird in den Tagen vom S. di» !2. Februar d. I. im Saale der 2. Etage des Altstädter Gewandhauses zu Dresden seine erste TaubenauSstellung veranstalten, um dem größeren Publikum Gelegenheit zu geben, sich von drn Fortschritten aus diesem Gebiete der Eultur zu überzeugen. Die Betheiligung an der Ausstellung ist Jedem freigestellt, gleichviel ob er Mitglied des Vereins ist oder nicht, ob er seinen Wohnsitz im In- oder Aus lande hat. Die Anmeldungen für die Ausstellung müssen bis LI. Januar beim Kassirer des Vereins, Herrn Kaufmann Heinsius, Wilsdruffer Straße 43, erfolgen, und zwar mit An gab« der Paare und Sorten, sowie des Preises, falls man die ausgestellten Exemplare zu verkaufen gedenkt. Die Einlieferung wird franco am 6. und 7. Februar erbeten und sorgt der Ver ein unentgeldlich für zweckmäßige Behälter, Wartung und Pflege, sowie für kostenfreie Rückbeförderung der ihm anvertrauten Thiere. Die verkauften Exemplare dürfen erst am 12. Februar abgcholt werden, und ist der Verkäufer verpflichtet, für jeden aus dem Kaufgeschäft gelösten Thalcr einen Reugroschen der Dereinskasse zufließen zu lassen. Gleichzeitig ivird mit der Aus stellung eine Verloosung verbunden, deren Loose, ü 10 Ngr., beim Kassirer zu haben, schon in ziemlicher Masse gesucht und abgesetzt worden sind. Tie Verloosung findet am 12. Februar, Nachmittags 3 Uhr, im AusstellungSlocale unter notarieller Leitung statt, zwei Tage vorher aber die Pramnrung. — — Hydro-diätetischer Verein (Gesellschaft für Ge sundheitspflege und 'Naturheilkunde). In -er am 8. d. M. ab gehaltenen Versammlung gelangte das von den Vereinsmitglie dern, Herren Bäckermeistern Riffe Seestraße I.. und Hansel (große Ziegelgasse 25c) angefertigte Gesundheitsbrod von ge- schrotencm Weizenmehl ohne Zusatz von Sauerteig und Reiz mitteln, wiederholt zur empfehlenden Anerkennung. Es enthält -die größtmöglichste Menge von NahrungSftoff, ist selbst für die schwächlichsten Leute und für Kinder leicht verdaulich und wirkt als ein, die Darmthätigkcit beförderndes Mittel gegen Leibes verstopfung (Obstruction). — Die tragbaren Zimmer-Dampf- und Dunstbad-Apparate (wirksam bei Katarrh, Eholerine, Cholera und vielen anderen Leiden werden von den Vereins mitgliedern, Herren Klempnerineistern Lohr "Wallstraße 3) und Schöne (große Oberseergasse 3!») gut und billig verfertigt. — Am Montag, den 15. d. M., versammelte sich der Verein in Strassers Saal am Jüdenhof zu einem Feste, das der Be lehrung und dem geselligen Frohsinn zugleich gewivmct war, unter Theilnahme vieler Gäste. Aus dem mit reicher Abwechs lung lebensfrisch gestalteten Festprogramm heben ivir nur die interessante jedenfalls richtige, Hydro-diätetische Tanz-Regel hervor: — Während dem Tanze sind heiße und erhitzende Ge tränke zu meiden und der Hals freizulasscn; vor der Rückkehr nach Hause werden im Garderobezimmer die Strümpfe gewech selt; sowohl im Ballsaal als im Freien muß man durch die Nase und nicht durch den Mund athmen. Bei dieser Vorsicht wird die Gesundheit durch den Tanz niemals gefährdet werden, wie das leider so oft, namentlich bei jungen Mädchen vor kommt. — Die Mitgliederschast des Vereins ist in stetem Wachsen begriffen — K. Hoftheater, am 18.Januar, zum ersten Male: „Zu jung", Familienbild in I Akt von L. Berthold und C. Ling. Ein Theaterstück von zwei Verfassern erinnert uns immer an zwei Baumeister, die einen Bau recht hübsch aus führen sollen, denn — was dem Einen nicht cinfällt, das fällt dem Andern ein. Wir haben Nichts gegen ein solches Com- pagniegeschäft, es erinnert in Frankreich an Scribe und Ge nossen, in England an Beaumont und Fletcher, und schon vor zwanzig Jahren verbanden sich in Wien Forst und Lentner zu gleichem Zweck. Die Deutschen aber, uneinig wie immer, können es hier zu Nichts bringen, dies haben die zivei obge- «anntcn Dichter mit dem Kamilienbild bewiesen, welches vor gestern zur Schau gestellt wurde, ihnen aber keine Preismedaille oder ein Belobigungsschreiben von Seiten der Kritik einbringt. Erstens sind die Figuren verzeichnet, denn aus dem anfänglich starrc» englischen Kaufmann Johnston ivird zuletzt ein butter weicher Philister, und der Scharfsinn seiner Gemahlin, die ic- fort Heiralh ohne Verlobung vorschlägt, trägt eine Philosophie zur Schau, von welcher sich Aristoteles Nichts träumen läßt. Die anderen Figuren in dem Familienbild, Charles, Ellen und Kendal, sind Zeichnungen durch den Storchschnabel, blaß und verwischt. Ein Retoucheur wie der selige Jffland ivürde bei diesem Familienbild viel Arbeit finden. Nach diesen drama tischen Leiden empfing das Publikum als etwas Ersatz „die Leiden junger Frauen" und später als vollkommene Sühne für „Zu jung" Jüngers dreiaktigcs Lustspiel „Die Entführung" mit dem Gastspiel des Herrn Emil Devrient. Jüngers „Ent führung" neu einstudirt, ist seit länger denn siebenzig Jahren auf dem Repertoir der deutschen Bühnen, und wie es dereinst unsere Ellern und Großeltern erfreut, so wirkt es auch noch heute. Wenn hier und da Einer über „Veraltetes^ klagt, das sich vorfiude, so ist der Tadel ungerecht. In unserer Zeit frei lich, wo der ächte heilige Ernst verloren gegangen, da spricht der leichte, luftige Scherz nicht mehr bei uns ein, wir sind durch den „höheren Blödsinn" der Possen verwöhnt. In Jüngers „Entführung" ist, das leugne Niemand, noch Scherz, Lust und Freude zu finden, es ist ein Lustspiel, in welchem sich des Le bens vielfache Verschlingungen, die Jrrgewinde der menschlichen Thorheiten und Schwächen, des Schicksals launenhaftes Spiel und der Zufälle bunter Markt abspiegeln. Hr. Emil Devrient — Baron Rosenthal .im Stück 40 Jahre alt wirkte trefflich. Eben so Fräulein Guinand als Wilhelmine von Sachau, die den ganzen Zauber ihres schönen Talentes entfaltete, und wür den wir wünschen: daß sie uns nicht sv bald entführt werden möge. — - Der Verein zum Frauenschuh bittet um freundliche Gaben zu einer Verlosung, durch deren Ertrag die Mittel zur Ausführung seines wohlthätigen Zweckes — nachgelassenen Töchtern aus den gebildeten Ständen ein familiengemäßes Asyl zu verschaffen - erweitert werden sollen. - Das einzige und wohlgelungene Portrait des verstor benen Herrn Consistorialrath Steinerl ist bei Herrn Photograph Hahn in der Waiscnhausstraße zu haben, was den vielen Ver ehrern des Entschlafenen zu erfahren gewiß von Interesse ist. — Von heule an werden die ersten Banknoten der neuer richteten Sächsischen (Dresdner- Bank zur Verausgabung ge langen. — Einige Spaßvögel hatten sich in einer der vergangenen Nächte den Scherz gemacht, den über der Eingangsrhür zur Brauerei auf der Zahnsgasse stehenden Gambrinus mit einer Fahne zu decorircn, worauf ein Bock abgebildet mit den Wor ten: „Wer nicht trinkt von diesem Bock, der kriegt Schläge mit dem Stock". Tie ganze Dekoration wurde vorgestern früh unter Jubel abgenommcn. — In der vorvergangenen Nacht um 2 Uhr gab es einen entsetzlichen Erawall auf dem Altmarkt. Man hörte anfäng lich, daß zwei junge Leute über dem Einbruch in ein dortiges Geschäftslocal erwischt und festgehallen worden seien. Später aber stellte sich die Sache anders heraus. Die Arreslaten halten aus reinem Uebermuth die Marquise von einem dortigen Schau fenster heruntergerissen. Dies hatte großen Lärm verursacht und die in der 'Nähe haltenden Droschkenkutscher auf den Vor fall aufmerksam gemacht. Tie jungen Leute hatten daraus ausreißen wollen, dies wurde aber verhindert, weil man sie für Diebe gehalten. Die 'Nachtwächter führten sie 'püter nach der Polizei. — Ein Schulknabe verlangte vor einigen Tagen an einem Bäckerladen für sechs Pfennige Semmel. Als ihn, dieselbe durch das Fenster gereicht wurde, entriß er sie Plötzlich der Verkäuferin und nahm natürlich, ohne zu zahlen, Reißaus. Diesmal aber sollte dieser Schwindel, der in neuerer Zeit hier oft vorgcksmmen, nicht gelingen. Der Bäckermeister ließ sofort Einen seiner Leute dem Knaben nachsetzen, und es dauerte nicht lange, so .war Letzterer eingeholt und in das Geschäft des Bäckers zurückgebracht. Die Polizei nahm ihn hier in Em psang. Wie wir hörten, soll der Knabe das Kind anständiger Eltern sei». — — Zu Dessau starb am l 7. Januar in einem Alter von 71 Jahren der gewiß vielen Dresdnern noch in der Erinner ung stehende Professor llr. Adolf Werner, wo er nach sei nem Weggang von Dresden als Begründer und Direclor der herzogl. Anhalt'schen gymnastischen Akademie und orthopädischen Heilanstalt lebte. Früher als Leutnant in der sächsischen Armee, war er später zu Leipzig Universitäts-Fechtmeister, welche Stelle er im Jahre ld27 niederlegre und als Postmeister zu Eamenz eintrat. — Aus Stadt Wehlen berichtet man uns: Während schon am vergangenen Mittwoch einem in den weißen Brüchen , beschäftigten Arbeiter durch einen Stein das rechte Bei« zr- schlagen wurde, betraf des anderen Tages früh einem anderen Arbeiter in dem Steinbruche unterhalb der Ziegelschcune ein gleiches Unglück, indem ein hcrabslürzender Stein demselben eine Hand zerschmetterte. Am Nachmittage dieses Tages, Don nerstag, gingen außerdem noch ein Paar Pferde durch. Die selben hatten auf einem kleinen Wagen leere Bierfässer nach dem Schießhause hinausgezogen und nahinen, als das leere Gc- fäff aufgeladen >var, den schmalen Weg herunter Reißaus, wobei der Wagenführer eine große Strecke mit fortgeschleppt und da durch am Kopf verletzt, sowie ein am Wege beschäftigter Mann umgerisscn und in Folge erhaltener Verletzungen bewußtlos in seine Wohnung gebracht wurde. Tie leeren Fässer rollten dc< Berg herunter und der Wagen war total zertrümmert, wäh rend die Unheilanftifter — die zwei Ponys — sich nur gering beschädigt hatten. — Die Vorstände der Untergerichte sind mit Anweisung dahin versehen worden, daß sie die GerichtSgesängnisse rnind«» stens einmal in jedem Monat revidiren sollen, und daß die Bezirksärzte regelmäßig aller halben Jahre sich bei einer dieser Revisionen zu betheiligen haben. — — Gestern Morgen gegen 3 Uhr ist unterhalb der alte« E.bbrücke ein Hilferuf gehört worden, der scheinbar von einer Frau hergerührt, die eben zuvor von der Brücke herunter i« die Elbe gesprungen ist. — — Heute Vormittag halb 9 Uhr findet das Begräbniß des verstorbenen vormaligen Bürgermeisters Hübler von hier statt. Ter Zug geht vom Hause Nr. 0 der Reitbahn gasse ab. — — <I». Dem Vecnehmen nach soll die Uebergabe der neuen Kreuzschule an die Stadt, deren Eigenthum sie bekannt lich ist, dcn l. März stattsinden, da Sslern bereis definitiv die vollständige Uebersiedelung aus dem alten in das neu« Gebäude erfolgen wird. Zur Zeit ist man namentlich noch eifrig mit der Malerei der großen Aula beschäftigt, welche iir jeder Beziehung prachtvoll zu werden verspricht. So soll, um nur Einiges von der Beleuchtung zu erwähnen, der mittlere große Kronleuchter nicht weniger als 56 Flammen erhalten, währsnd an den beiden Enden des prächtigen Saales zwei kleine Kronleuchter mit 32 Flammen angebracht werden sollen.— An den Einweihungsseierlichkeiten werden sich, wie man hört, namentlich auch ehemalige Kreuz chüler zahlreich betheiligen Jedenfalls bietet die bevorstehende Feier eine passende und schöne Gelegenheit: die alten Erucianer, soweit sie nur immer in Dresden oder auswärts, sei cs nun in Amt und Würden befindlich oder der akademischen Jugend noch angehörig sich aufhalten einmal zusammenzuführen, um einige schöne Stun den der Erinnerung an die Zeit, welche sie als Schüler auf ihrer lieben «Im» ma ce verbracht, zu verleben. Vielleicht ist diese unsere Notiz eine Anregung dazu, daß sich eine Anzahl „alter Herren' der Krcuzschule zusammenthun, um ein solches Erinnerungsfest zu arrangiren, was gewiß den allgemeinsten Anklang finden ivürde. Bei dieser Gelegenheit dürste übrigens ein Photograph, der die alte Kreuzschule aufnähme, ein ren tables Geschäft machen, da es doch gewiß Jedem angenehm ist, die Stätte, wo er seine erste wissenschaftliche Bildung ge nossen, wo der Grund zu seiner ganzen späteren Laufbahn gelegt worden ist, ivo er die schönste Zeit der Jugend verlebt, auf dein Bilde zu besitzen, und sicherlich dürfte Vülen jenes alte unscheinbare Haus, das Jahrhunderte lang mit den groß ten Erfolgen dem schönen Zwecke gedient: Jünger der Wissen schaft zu bilden und heran zu ziehen, in dem auch er die ersten Sporen auf der großen Laufbahn der Wissenschaften sich erworben, ein liebes, schönes Andenken sein. — Gestern langte hier für dieses Jahr das erste mit Sandsteineil beladene Schiff am Lagerplatze der sächsischen Sand- stein-Eompagnie an, um daselbst auszuschiffen. — Zwei Dresdner Pflanzen, beiderseits Handarbeiter, die bisher in der Eorrectionsanstalt in Hohnstein gut aufgehoben waren, hatten vor Kurzem Gelegenheit gesunden, von dorr flüchtig zu werden. Sie haben aber die Freiheit nicht allzu lange genieße» können, La von Spremberg aus die Mitlheüung eingetroffen sein soll, daß man die Ausreißer dort wieder ein gefangen und verhaftet habe. — -— In den vergangenen 'Nächten ist eine auf dem Dohna platz gelegene Werkstelle sammt daran anstoßender Arbeitsstube von unbekannten Dieben, die mittelst Uebersleigens einer Gar tenmauer dort Zugang gefunden, erbrochen und um diverses Arbeitsmatcrial bestohlen worden. — Der von uns in der vorgestrigen 'Nummer d. Bl. er wähnte Feuerschein rührte von einem in Neu kirch anSgebroche-- ncn Schadenfeuer hcr. Es sind daselbst Scheune, Wohnhaus mit anzebautem Stall- und Schuppcngebäude des Gutsbesitzer Gersdorf, sowie die Scheunen, resp. Schuppengebäude der an grenzenden Gutsbesitzer Kreische und Sesterreich bis auf da« Mauerwerk niedergebrannt. Gersdorf konnte von seinem Ms-