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Nr. 8. Mcheint: «Sltch ftÄH 7 Uh» Anssrate »erHev a»g««»omM4m -t« NbendS 8, G »nn» »ag» bi, Mtttag» 1L Uhr: Marienstra-r 1A in dies. Bla»«, »a, jetzt » L2«<>« ExenlplavtU »ffchrtut, A»d«a et« erselgrrichi »«br^tLug. Elster Jahr«. Montag, 8. Ja««« 18SS. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drodlsch. Druck und Aigmthum der Herausgeber: Lirpsch 4k Nrlchardt. — »erautw-ttlicher Redactem: Aullus lkeichardt. Abimuemsotr «ertelMMch r0»gr bet lUtulgeldlttherA«, seruug tu', Ha»» Durch di« Löutgl, dtrrtekMrlich rr Ng» villzelu« Nuuuuar» 1 «gr. Inseratenpreis«: Für deu Raum «tmg gespaltenen Zeile: 1 «gr. Uutrr saudt" di. Ze», r R-r. MM Wi Dre-d-n, den 8. Januar. Das hiesige königl. Hospoflamt »nacht bekannt, das; die Briefträger angewiesen worden sind, gewöhnliche frankirte Briefe an solche Personen, die an ihren Wohnungen resp. Ge schäft-localen Briefkasten »»»gebracht haben, nicht mehr direct, sondern durch Einlegung in den Briefkasten abzugeben, letz teres aber durch den Zug an der Klinget oder durch vernehm liches Klopfen zu fignalisiren. — Bon einer Mzahl Bewohnern deü Nosenwegcs werden wir ersucht, zur ferneren Verhütung von Irrungen, deren neu- crdings viele dort vorgekommen sind, darauf aufmerksam zu machen, daß daselbst vor Kurzem eine neue Nummerirung der Grundstücke stattgefunden hat. Zwar giebt das neue Adreß buch darüber die nöthigs Auskunft; da dasselbe aber nicht im mer Jedermann zu Gebots steht, so wolle»» »vir hier wenigstens einige zur Orientirung geeignete Notizen geben: Das früher zur Nosengafse gehörige mit Nr. 15 bezeichnete Oeconomie- grundstück ist jetzt mit Roseniveg Nr. I nummerirt. Auf dieser (linken) Seit« gehen, nun die »reuen Nummern bis 28 (Ein- ntündnng in di« Tharandter Straße'. Gegenüber beginnt die andere Seit« mit L9 und geht bis 67 (Ecke der Maternistraße). — Am 5. d. M. früh halb 7 Uhr fand man in den, Hause Nr. 13 der Marktgasse eine junge Katze, nachdem selbige von der in der 2. Etage wohnenden Vigenthümerin ungefähr 10 Minuten zuvor in den Hof gethan worden war, jämmerlich schreiend in der Flur des Hauses liegen, unvermögend, sich fortbewegen zu können. Bei näherer Besichtigung zeigte sich, daß diesem Thier an allen Zehen der vier Pfoten das Fleisch nebst Krallen abgebrannt war. Da ein Versengen der Haare an den Füßen nicht sichtbar, so muß dis Frevelthat dadurch stattgefunden haben, daß gedachtes Thier auf eine bis zum Glühen erhitzte Osenplatts gestellt worden ist. — Jener Bube, welcher vor einiger Zeit wegen Miß handlung einer Katze, dis er angenagelt und nach ihr geschossen batte, in Untersuchung genommen wurde, ist aus Anzeige des hiesigen Thierschutzvereins mit achttägiger Einlieferung in die Kinderbefserungsanstalt und beim Eintritt daselbst mit einer Tracht Nuthenhiebe bestraft worden. — Wie wir erfahren, hat sich nach einem vorgestern Abend aus München hier eingegangenen Telegramm des Herrn Geheimen Medicinalraths l)r Walther der Zustand Ihrer kgl. Hoheit der Frau Herzogin Sophie von Vaicrn leider verschlim mert, indem dieselbe an einer Nippenfellentzündung bedenklich «krankt ist. — Heute Abend um 7 Uhr beginnt im naturwissenschaft lichen CycluS Herr Advocat Judeich die von ihn» in» Programm d«s Eyclus angezeigten Vorträge über „Natur und Utecht". Im ersten Vortrage werden „Eherecht, Hausrecht, Erbrecht", im zweiten Vortrage „Eigenthum, Vertrag, Proceß", im dritten Vortrage „Verbrechen, Strafe, Strafproceß" erörtert werden. — Dem Vernehmen nach ist vorgestern ein Kaufmann aus Berlin wegen Verübung eines in Artikel 183 des Straf gesetzbuchs bezeichnet«:»» Verbrechens von der Polizei arretirt und später a»rf Antrag der k. Staatsanwaltschaft im Bezirksgericht in Haft genommen werden. Das Verbrechen ist auf der Christianstraße verübt worden. Das betreffende Kind soll erst 7 Jahre alt und die Tochter eines dortigen Maurers sein. — A»n 4. d. M. in der 5. Nachmittagsstunde hatte der 11jährige Knabe F. W. Wunderivald aus Ober-Pretzschendorf nach wiederholten Versuchen, seine jünger»» Geschwister, wenn sic auf seinen Scherz eingehend das Zimmer betraten, durch plötzliches Auftauchen aus seinen» Verstecke und wahrscheinlich in der Absicht, sie durch den Anblick eines Erhängten zu er schrecken, seinen Hals in ein an die Wäschstange befestigtes Handtuch gesteckt, dabei aber das Gleichgewicht verloren und augenblicklich seinen Tod gefunden. Seine eigene, von einem Ausgange zurückkehrendc Mutter fand den Knaben erhängt aus einer unter die Wüschstangc gerückten Lade auf einein Fuße kniecnd, mit den» andern nach dem Fußboden zu, ohne ihn zu erreichen, herabhängend, und blieb derselbe, trotz aller sofort angewandten Wiederbelebungsversuche, da er kaum 5 bis 10 Minuten in dieser Lage zugebracht haben kann, todt. In Be tracht dieser Uiilständc ist sein Begräbnis; airgeordnet worden. Möge dieser traurige Vorfall dazu beitragen, Kinder vor ähn lichem frevelhaften Scherz und Leichtsinn zu warnen! — Ein schöner Akt der Liebe und Wohlthätigkeit offen barte sich vorgestern» in der Freimaurerloge Asträa zur grünen Raute und den drei Schwertern, »vo eine herrliche AleihnachtS- bescheerung für 20 arme Kinder stattfand, die nächste Ostern di« Schicke verlassen. Die Theilnahme an dieser erhebenden Feier war diesmal eure außerordentlich rege, und der schöne weite Saal bis in die entferntesten Räume gefüllt. Eingeleitet durch Oeiartettgesang, hatte diesmal Herr Hosschauspieler Walther di« Festrede übernommen, deren imrerer Gehalt durch glanz voll«», markig schönen Vortrag den Stempel der Vollendung «mpfing. Eben so trefflich hatte der Redner für Jeden der Beschenkten einen Sinnspruch gewählt, meist aus den Werken deutscher Elassiker. Ter Gipfelpunkt des Vortrages war das zum Schluß gesprochene Mahlmann'sche „Vaterunser." Vor getragen mit wahrer Vision, ergriff es alle die Hörer und Jeder »»ahm aus der weihevollen Stunde gewiß einen Eindruck mit hinweg, der das Herz mit der edelsten Regung erfüllte und noch lange als Erinnerung in den Tiefen der Seele stehen wird. Königliche- Hvfthenter. r. Sonnabend, den 6. Januar wurde die komische Oper „Des Teufels Antheil" von Auber, neu einstudirt, aus geführt. Das interessante, wenn auch an vielen Unwahrschein lichkeiten leidende Libretto ist mit der ganzen den Franzosen nicht abzusprechenden Bühnengewandtheit von Seribe geschrieben, der dein berühmten Sänger Carlo Farinelli, genannt Broschi, welcher durch seine herrliche Stimme die Schwermut!) des Kö rrigs Philipp V. von Spanien bannte, später Premierminister wurde, und als solcher zun» großen Heil und wahren Segen das Reich regierte, die Heldenrolle zuthcilte. So wenig nun sonst den sogenannten Trieotrollen für Frauen das Wort ge redet werden kann, so richtig ist es doch in dieser Oper, daß die Parthie des Carlo Broschi für Sopran geschrieben wurde, weil der historische Farinelli ein Castrat war. Diese Oper ist wohl das beste Werk, welches der noch lebende Auber in der späteren Periode seiner Künstlerlaufbahn geschrieben hat, »venn es auch nicht den Werth hat, wie die „Stumme von Portici." Die Musik ist fein, sehr melodiös und elegant. Auber zeigt in dieser Oper, mit welcher Kraft er alle harmonischen und or chestralen Mittel zu beherrschen versteht, die Oper ist aber auch sehr dankbar für die darstellenden Künstler. Frau Jauner-Krall sang den „Carlo Broschi" mit großer Virtuosität, de»» ganzen Liebreiz ihrer Stimme und voller Beherrschung des dramatischen Elements ihrer Parthie, so daß ihr außerordentlicher Beifall gespendet wurde. Die Romanze iin ersten Akte, das Lied zu Anfang, wie das Gebet im Finale des zweiten Aktes und daS Recitativ mit Arie im dritten Akt »vurden von der Künstlerin mit besonderem Erfolg vorgetragen. Die nächstbedeutendste Gc- sangSparthie „Raphael d'Estange" gab Herrn Rudolph Gelegen heit im Recitativ mit Arie „Asmodeus", :c. in» Lied des ziveiten Aktes und stn Duett »nit Casilda in» dritten Akt seine treffli chen Stimnimittel zu entfalten und die Nolle auch dranratisch zur vollen Geltung zu bringen. Fräulein Baldainus sang die „Casilda" gut, nur ließ ihr Spiel die nöthige Naivität und Beweglichkeit vorzüglich in den» Duett mit Carlo Broschi iin dritten Akt vermissen. Die anderen Parthien dieser Oper treten mehr dramatisch als gesanglich hervor. Die Rollen des Königs und der Königin in den Händen des Hern» Degele und der Frau Krebs wurden dramatisch wahr und darum treffend dargestellt. Der „Gil Vargas" des Herrn Näder war höchst ergötzlich und komisch. Herr Eichberger sang den „Großinquisitor" mit aller dazu gehörigen Würde und wußte das Intrigante seiner Rolle wirkungsvoll zu markiren. Herr Weiß hatte den „Graf von Medrarro" übernommen. Wenn auch die zahlreichen Zuhörer durch vielfachen Beifall ihre Anerkennung sowohl den ausüben den Künstlern »vie der Direction in vollen» Maaße ausdrückten, so ist doch immer noch zu hoffen und zu wünschen, daß die »nitunter schleppende Ausführung lebeirdiger und abgerundeter werde; der Erfolg würde dadurch nur gewinnen. Die Aus stattung und Jnscenirung der Oper war in jeder Hinsicht glän zend. Herr Kapellmeister Krebs hatte die Oper einstudirt und dirigirte dieselbe auch heute mit gewohnter Umsicht und Sicher heit. Die vorzügliche Ausführung der melodiösen Ouvertüre wurde durch großen Beifall anerkannt. Alkge»n«in« Ketrachtung. :si: Oesterreich und Preuße»» zu eurer herzlichen Eintracht, wenn nicht gar zu eurer Alliance vcrcinigt — das ist das große, überraschende Ereigniß der NeujahrSwochc. La muß zunächst Kaiser Franz Joseph an Kaiser Napoleon ein eigenhändiges Schreiben richte»», damit dieser seine Pariser Banquicrs anweist, gegen unerschwingliche Wuchcrzinsen so viel Geld zu leihe»», daß Oesterreich ein Jahr lang von der Hand in den Mund leben kann; dann wird am Tuilerienhofe ein Theaterstück gespielt, das sich „Revue des Jahres 1865" betitelt und eine Nuhm- preisung Napoleons ist, worin die Fürstin Metternich als Marke tenderin dem Kaiser die süßesten Schmeicheleien sagt, wobei der preußische Gesandte v. d. Goltz in seiner Nebenrolle den Neffen Napoleons l. auch lobhudelt, während der österreichische Ge sandte, Fürst Metternich, mit seinem ausgezeichneten Talente auf dem Ctavier dm musikalischen Theil übernommen hat; da wird endlich dein kaiserlichen Prinzen von Frankreich, einem Knabm, der in zwei Monaten l0 Jahr alt wird, das Groß kreuz des Stephan-OrdmS verliehen. Nun ist der Friede irr Europa auf das nächste Jahr gewährleistet, nun richtet der Kaiser an das ihn» gratulirende diplomatische Corps bei der Neujahrscour herzliche Worte dos Friedeirs, er sieht im Geist* „eine lange 'Reihe von Tagen des Friedens und des Ge deihens". Alles fein eingefädelt! Oesterreich weiß recht gut, warum es die Freundschaft mit seinem westlichen Nachbar so cultivirt. Tie drohende Stellung, welche die noroamerikanische Republik gegen Mexico einnimmt, wo ein österreichischer Erzherzog und die Ehre französischer Waffen gleichmäßig engagirt sind, das Bedürfniß, die großen Reformen der Verfassung im Innern ruhig vollenden zu können, der Wunsch, in ein besseres Ver hältnis; zu Italien zu kommen, wo eine ruhigere Anschauung immer mehr Platz greift, der Ruf: „Noin oder Tod" längst verklungen ist und »va »vegen der Finanznoth Niemand jetzt mehr an Eroberung Venedigs denk», endlich das Verlangen, Preußen in der schleswig-holsteinischen Frage und wegen seines deutschen Einflusses den Daumen auf's Auge zu setzen, sind die Triebfedern der Zuneigung Oesterreichs und Frankreichs. Die ses von beiden so trefflich instrumentirte Friedensduo beleidigt natürlich die Ohren Preußens aus's Empfindlichste. Hattt darum Graf Bismarck die kalte Herbstbadereise nach Biarritz unternommen? War inan nicht des französischen Einverständ nisses bei der Annexion der Herzogthümer so sicher? Wie Münch hausen an der Bohnenranke, die Nachts über seinem Haupt« aufgeschossen war, immer weiter bis in den Mond hinaufklet terte, so stieg an den» zarten Gedanken: Frankreich macht bei der Annexion Schleswig-Holsteins die Augen zu, die Zuversicht der Großpreußen bis in den 7. Annexionshimmel. Und nun? Ach, es mar Alles eitel! Aber um ja nicht in dem Wettlauf um die Gunst 'Napoleons sich mehr als um eine Pferdekopfes länge schlagen zu lasten, muß aus Berlin das Großkreuz des schwarzen Adlerordens verschrieben werden für denselben kaiser lichen Knaben. Voin großmächtlich-diplomatischen Standpunkte mag dieses glückliche Buhlen um französische Gunst ein beneidenswerther Erfolg sei»», als Deutsche muffen wir es beklagen. Sind wir denn immer wieder die erbärmliche Nation, daß wir in unserem eignen Haus nicht unsere Dinge selbstständig ordnen können, daß wir erst den großen Advocaten an der Seine als Procu- rator annehmen und seine Gunst durch allerhand Douceure er laufen »nüssen? Es ist wahr, Frankreich hat sich in der schles- »vig-holsteinischen Frage alle Zeit uneigennützig benommen, es war die einzige Großmacht, welche das Ringen des deutschen Volkes nach Recht und Freiheit auf der Londoner Conferenz und später moralisch förderte, es hat — Gott sei es geklagt, daß man's sagen »nuß! — sich hierbei deutscher bewiesen als Preußen — aber muffen wir nicht erröthen, die mächtigsten deutschen Staate»» so in Paris werben und buhlen zu sehen? Trieben alle deutschen Regierungen wirklich eine rein deutsche Politik, wir wärm längst über die schleswig-holsteinische Krage, die uns so lange iin Athein erhält, hinaus. Gesammttveutsch- land ist Frankreich mehr als gewachsei»; suchten daher Preuße» oder Oesterreich ihre Sympathieen beim deutschen Volk, sie brauch ten fürwahr nicht vor den, Throne des Cäsar in Paris Büch- linge zu machen. Ein Glück ist's freilich, daß nicht ein mittek- oder kleinstaatlicher 'Minister auf den Einfall kam, für de« Prinzen ein Großkreuz nach Paris einpackcn zu lassen Auf den wäre die ganze Koppel der Jagdhunde von Wien und Berlin gestürzt, dieser Verräther hätte seinen» erzürnten Batcr- lande sofort den Rücken kehren müssen. Immer die alte Fabel von den Großen und Klemm, immer der alte Satz: Wenn zw« dasselbe thun, ist's doch nicht dasselbe. Da nun aber die Dinge durch dir Schuld namentlich uns» res nördlichen Nachbars so verfahren sind, daß das Ausland in der reindeutschcn schleSivig-holsteinischen Frage das Haupt wort zu sprechen hat, so gefällt uns freilich immer noch besser, daß jetzt das österreichische Wettermännchen in dein Pariser Wetterhäuschen drin und das preußische den Unbilden de» Stu» »nes preisgegeben ist, als umgekehrt; denn Oesterreich denkt nicht dran, das 'Recht zu vcrgewalligcn und sich mit Unrechtem Gut« zu bereichern. Auch erkennen »vir an, daß diese OrdmSvo»- lcihung ein Schachzug war, welcher die Meisterhaftigkeit der österreichischen Diplomatie aufs neue glänzend documentirl. Nichts wünscht Napoleon sehnlicher, als die Fortdauer seiner Dynastie nach seinen, Tode gewährleistet zu sehen. Wenn nun seinen» Leibcserbm der conservativste Staat Europas dm höch sten Grad seines ersten Ordens verleiht, so blickt er ruhiger der Zukunft entgegen. Preußen fühlt recht gut, daß das Wiener Cabinet damit den Nagel auf den Kopf trifft. Daher die Bis» terke t, der Groll, welchen Graf Bismarck gegen Oesterreich spritzt. So rühmt er sich jetzt, nur seinen eindringlichen Vor stellungen sei es gelungen, die Mittelstaaten zu« italienischen Handelsvertrag zu bringen. Cr wirft sich in die Brust und sagt Oesterreich: Siehst Du, was ich Dir für Verlegenheiten bereiten kann! Wie kleinlich denk» man doch in Berlin vo» dem Wohl und Wehe der Völker: Dieser Handelsvertrag ist also eine btose Chicane gewesen — wer dachten, er sei ei» B»