Volltext Seite (XML)
Dretde«. den 7. Januar. — Ein gestern Nachmittag erschienenes Extrablatt de« Dresdner Journals meldet: „AuS Nkünchen sind gestern (den 5. Januar) Vormittag leider Besorgnis; erregende Nachrichten über das Befinden I. K. H. der Krau Herzogin Sophie in Bayern am König!. Hofe Hierselbst »ingegangen. Obschon die gestern Abend und heute Morgm (Sonnabend) eingetroffcnen weitern Nieldungen bereits beruhigender lauten, so haben Se. Mas. der König dennoch sofort beschlossen, Sich nach München zu begeben, wo bekanntlich Ihre Maj. die Königin schon seit dem 22. Decembe» weilt. Ce. Majestät werden demnach heute Abend j 7 Uhr nach Leipzig Sich begeben und morgen früh von dort nach München reisen." Ferner bestätigt da- „Dr. Journ." unsere Nachricht, daß de» König!. Leibarzt, Präsident Nr. Walther, bereits vorgestern Nachmittag nach München abgegangen ist. — In Folg« der projectirten Ncise Lr. Majestät der Königs nach München wird da» auf künftigen Montag anbv- räumt gewesene große Hofdincr nunmehr nicht fiattfinden. — Wir erfahren, daß der Geheime Rath Dr. Walthrr s«ine Reise nach München nicht ohne Unterbrechung und ltü- geren Aufenthalt kn Hof hat in Ausführung bringen können. — Der Secretär de» Gewerbevereiiv» giebt un« in Fol gendem einen Nachtrag zu unserem Berichte übe» die letzte Ge- werbere»einösitzung. Herr Heinrich Kummer, k. russischer Kammer musik»» a. D., dev sich zu seinem Privatvergnügen «it mathe matischen und technischen Arbeiten beschäftigt und welche, un« im Lauf« der letzten Jahr« di« von ihm »rfundcne und in Rußland überall eingeführte Rechentafel, sowie sein noch zu wenig bekannte« Kammerladung«gen>ehr vorletzte, knüpft an da« Protokoll di» interessante Mittheilung an, daß er schon im Jahr« 1836 während seine« Aufenthalt« in Petersburg dre Idee au»- gearbeitet habe, eine Brück, mittels eiserner Röhren zu grün« Zwischen dem Admiralitätttheile von Petcrrburg und Wassili-Ostrom fließt die Newa und beide Stadtthrile warm damals nur durch eine Schiffbrücke verbunden, welche de« Mor gens von 3—L Uhr zum Durchlässen der Schisse geöffnet wurde. Beim Einfrieren und Aufthauen der N«wa und beim Eisgang« mußte diese Schiffbrücke oft mehrmals de« Tage« ab- genommcn und wieder ausgestellt «erden und zuweilen wa, aller Verkehr der beiden Ttadttheile mit einander mehrere Tage gänzlich unterbrochen. Um nun eine immerwährende Verbind ung zu Lande und ein ununterbrochenes Verketzern der Schiff« zu erinöglichen, schlug Redner vor, eine Hängebrücke von Drahd- seilen mit einem einzigen Pfeiler zu bauen, in dem flachen Theile de, Newa einen 60 Fuß breiten Damm, der eine fahrbare Straße bilden und die Anker der Hängebrücke aufnehmen sollte, aufzuführen, dadurch einen schiffbaren Kanal abuischneiden und mr seinen Endpunkten 2 Drehbrücken herzusteuen, von denen beim Durchgehen von Schiffen immer eine die Tommunication unterhielte. Da die Newa an der Stelle, w« de» Pfeiler auf geführt werden sollte, circa SO Fuß tief ist, so kam Hr. Kummer auf da« Projcct, Eisenblcchröhren auf einem Flosse von Mill. Sentner Tragkraft zusammenzufügen, sie zu versenken und mit Steinen und Beton auSzustampfen, ganz ähnlich, wi« eS in neuere» Zeit beim Bau der Theiß- und de» Strakburg«» Rheim brück« geschehen ist. Durch Vermutilung de« sächsischen Ge sandten wurde das Project dem Kaiser vorgelegt. Herr Kummer bekam aber, trotzdem daß er den Plan in uneigen nützigster Weise auSgearbeitet hatte, keine Antwort. Als «S ihm endlich gelang, Einsicht in die Acten zu erlangen, ersah «r, daß man sein Project für unausführbar gehalten hatte, weil man fürchtete, daß de, Pfeile, im Strome Eiüverstopfun- gen hcrbeiführ»n müßt« und wsil man ein« derartige Pfeiler gründung für unmöglich hielt. Jetzt sind aber Brücken auf die angegeben« Weise mehrfach ausgeführt worden und an der selben Stelle hat man eine Brücke mit 7 Pfeilern über die Newa gebaut, ohne daß dadurch Gefahr beim Eilgange eings» treten ist. Herr Kummer legt sowohl sein nun etwas vergilb tes Manuscript von 1836, als auch die ihm von der sächsischen Gesandtschaft zugefertigten Schreiben vor und beiveist dadurch, daß er auf die Priorität dieses BauversahrenS Anspruch hat. Es führt sich Manches ein, nachdem Leute, di« nur für da« bisher Gutgehaltene Sinn habm, andern Platz machen. So erging es auch dem Herrn Prof. Schubert, als er die Schleif» zeuge statt der die Straßen ruinirenden Hemmschuhe empfahl. Die Lber-Postdirection sprach damals: „Ach, wa« versteht d«nn «n Professor vom Fahren!" Jetzt ist der Hemmschuh verboten und Alles schleift. — Allgemeiner Beifall sprach sich für dies« Mittheiiung aus. - Zu dem Berichte über die gewerblich« Dchutzgemeinschaft wäre noch hinzuzufügcn, daß eine große An zahl GewerbevcreinSmitglieder sich in den ausgelegten Listen als Mitglieder der gcwerblicl «n Dchutzgemeinschaft eintrugen. (Nun nsshmt Euch in Acht, Ihr schlechten Berapper.) ßI — Da« letzte, am Freitag im Hotel de Scrxr siattgehabt« Mtti-Eon«ert war wiederum so stark besucht, daß man nur mit Mühe aus seinm Platz gelangen konnte, namentlich war wieder eine elegante Damenwelt in der reichsten Toilette ver treten. Selbst die Tribünen ließen nur wenig Lücken merken. Da über den inneren Gehalt der Eoncerte schon hinreichend ge sprochen worden ist, so sei nur de« Erfolges des letzten Abends ermähnt. Fräulein Patti wurde nach jeder Piece gerufen, stür misch und dreimal sogar nach dem meisterhaften und seelenvollen Vorträge de» Gounod'schen „Ave Maria". Zum Schluß sang di« Loncertkünstlerin auf allgemeines Verlangen noch das „Lach lied" unter unendlichem Jubel. Denselben wiederholten Applaus erntete Roger, der ehemals so gefeierte Sänger Frankreichs. Stürmischer Beifall erscholl, als Roger das bekannte Lied: „Xü q»»l (Ha, welche Lust, Soldat zu sein!) nach dein Da capo-Nus deutsch mit demselben Feuer wiederholte. VieuxtempS und Brassin wurden ebenfalls gerufen. Kurz nach 9 Uhr endete da« Loncett mit der Vieuxtemp'schen Lomposition „l., 6»««««", vom üomponisten selbst vorgetragen. Im Saals war die Hitze furchtbar gestiegen, die Fächer wurden auf jedem Platze in Be wegung gesetzt. Der Platz vor dem Hotel war mit Equipagen und uniformirten Domestiken vollständig besetzt. W Man schreibt au« Berlin: Die künstlich« Steigerung der Getreidepreise, welche seit einigen Monaten von einer G- nofsenschaft hiesiger Getreide-S;>ecülanten an der Börse betrieben worden ist, geht ihrem Abschlüsse entgegen und läßt mit höch ster Wahrscheinlichkeit eine glänzende und wohl verdiente Nieder lage der Spekulanten voraussehen. Die von denselben weit über da» Bedürfniß auf Monate hinaus aufgekauften Getreide masse« sind zwar sehr bedeutend, dennoch ist e« der Betrieb samkeit oe, Gegenpartei gelungen, das bedungene Quantum au» den fernsten Gegenden, selbst au» der Moldau, herbeizuschaffen, so daß den Spekulanten da» bedungene Getreide bi« jetzt pünkt lich geliefert und für dieselben die Nothwendigkeit entstanden ist, da« Getreide abzunehmen und baar zu bezahlen. Die un erhört günstig« Witterung, welche in diesem Winter herrscht, hat all« EommunicationSwege zu Lande und zu Wasser offen erhalten, so daß den Getreidelieferanten die Herbeischaffung der Waare sehr erleichtert worden ist. Bis jetzt haben die Börsen spekulanten zwar die gelieferten Getreidemaffen jedesmal baar bezahlt, so daß sie manchen Tag 60 bis 70 Tausend Thale» baare« Geld beschaffen mußten, aber das Getreide hat den er warteten hohen Preis nicht erreicht und es läßt sich erwarten, daß bald der Zeitpunkt eintreffen wird, wo die vorhandenen, wenn auch bedeutenden Geldmittel erschöpft sein müssen. Eö tretm durch diese verwegene und nicht nur ganz überflüssige, sondern für da» StaatSwohl auch gefährlich« Speculation ganz abnorme Verhältnisse ein. Berlin ist in einer ganz unerhörten Weise mit Getreide überladen, da die Spekulanten das abge nommene Getreide zum großen Theil einsperren. Alle Speicher find mit Beschlag belegt, manche Besitzer leerer Häuser erhalten, indem sie solche zu» Aufbewahrung von Getreide hergeben, einen unerwartet hohen MiethzinS. Die Arbeiter, ivelche sich mit dem Transport de« Getreide« beschäftigen, erhalten enorm hohe Tage löhne und oftmals betragen bei Getreä>esendungen die Frucht- löhns urrd Speesen mehr, al« der Werth des Getreide« selbst beträgt. Einzeln« Lahnladungen Getreide iverden, ohne aus- geladen zu rverden, oft 2 bi« 3 Mal auf derselben Tour zwi schen Berlin und Stettin hin- und hergeschickt, um nur als Lieferungsobjekt heut zum Kauf, morgen zum Verkauf, zu die ne«. Wir wünschen von Herzen, daß die Haussesp««ulanten recht gründlich hereinsallen mögen und daß, »venn durch solche leicht sinnige und verwegene Spekulationen, welche darauf berechnet sind, dem armen Mann« das Brod theuer zu machen, Bankerotte entstehen, der Staatsanwalt recht gründlich seine Pflicht er- füllen möge. —- Als vor kurzer Zeit in diesem Blatte mit großem Recht« abermals auf die so rwthwendig« Beleuchtung unseres kvnigl. großen Garten« hingewiesen wurde, mußten wir dem Schreiber jener Zeilen im Geiste ein „Bravo!" zurufen, möch ten aber zu gleicher Zeit von unserer Seite noch einen Punkt weiter ausführen, der in dem betreffenden Referate nur kurz erwähnt wa». Wenn nämlich gesagt wurde, daß die Beleuch tung eine« so ungemein frequentirten Parks, in so unmittel barer Nähe unserer Residenzstadt, schon der allgemeinen Sicher heit wegen geboten wäre, so scheint diese« nunmehr doch außer allsm Zweifel zu stehen, da in öffentlichen Blättern zu wieder holten Malm zu lesm war, daß in dem großen Garten in kurz auf einander folgenden Zwischenräumen mehrmals gewalt- same» Einbruch und Diebstahl, beabsichtigte Beraubung eine» Frauensperson zu frühe» Morgenstunde auf offener Straße, sowie Entsetzen erregende moralische Vergehen gegen Kinder beiderlei Geschlecht« auSgeübt worden sind. Wenn nun auch von der Vehörd« zu erwarten ist, daß geeignete Maßregeln zur Beaufsichtigung des großen Gatten« gegeben und auögeübt werden, so scheint c« doch, als iveim eine Verstärkung der Ex- eutivbeamten in jetziger Zeit und nach den staltgehabten Excessen gchoten wäc«, da «it einbrechender Dunkelheit bi« 10 Uhr Abends keine, wenigsten« uns bekannte Schutzwache daselbst st»- tionirt ist, auch wohl die Absendung nur eines Nachtwäch ters zu wenig ist. Wie soll ein einzelner Mann im Finster» gegen Unbekannte nöthigen Falls einschreiten, die im Augen blicke hinter den Bäumen verschwunden sein können? Sind wenigstens zwei Wächter, so können sie entweder zusammen oder vereinzelt, in nicht zu großer Entfernung von einander den Garten visitiren und sich im gebotenm Fall ein Noch- oder sonstiges Signal geben. Denn selbst, wenn das Signal des einen Wächters bis in die Stadt dränge, welche lange Zeit müßte verstreichen, bis dem Manne geeignete Unterstützung würde. Nicht allein für die Spaziergänger, Reisenden und Passanten des großen Gatten« von oder nach den umliegenden Dörfern würde die Vennehrung der Aufsichtsbcamten eine groß« Beruhigung gewähren, sondern auch für die im Garten selbst weilenden Bew«hner der fiskalischen Gebäude. Diese sollten eigentlich in Gemeinschaft ihre Vorstellungen bei den betreffery- dm hohen Behörden machen, da sie doch ohnehin zur Stadt gH hörig, alle städtischem Abgaben zu zahlen haben und demnach auch rwthwendige Beleuchtung und geeigneten Schutz mit Recht beanspruchen können. — Am Sonnabend schon zeitig früh wandette in sehr desolater Kleidung ein junger Mensch vor einem Gen-d'cmn die Zahnsgaffe herauf, einen alten, zerrissenen Paletot mit rothem Kragen auf dem Arm tragend, jedenfalls ein »orp« ä«Ii«ti. bei dessen Anblick man unwillkürlich sagm mußte: „Bei dem fängt das neue Jahr gut an!" Dieser Paletot dürfte wohl nächsten« auf dem Gerichtetisch d« Landhausstraß« siguriren. — Binnen wenig Tagen erscheint der Geistercitirer Ngo- ston wieder mit seinem interessanten Spul. Er kommt direct aus Hamburg, wo seine Geister und Gespenster Furore mach en. Sie werden sich in Dresden im Gewandhaus» in ihrem lustigen Gennnd« zeigen. — Nach der Abreise des Herrn Geheimen Rath Vs. Walther nach München sollen noch vorgestern Nachmittag über da» Befinden unserer Königstochter, der Prinzessin Sophie, von dort beruhigendere Nachrichten hier eingegangen sein. Der Himmel mag geben, daß dieselben sich bestätigen zur Ruhe und Freude unserer königlichen Familie und aller treuen Älchserz, die an dem Geschick der erlauchten Prinzessin den lebhaftesten Antheil nehmen. —- .— In der Hausflur Nampesche Gasse Nr. 3 siel vov- geflern Abend gegen ü Uhr ein Schuß. Alsbald >var eine be deutende Menschenschaar auf dieser Straße zusammengelaufen, die das fragliche Hau» umstand und das Nähere über dm Vor fall zu erfahren wünschte. Wie wir nachträglich gehört, hatt« ein Handarbeiter von hier dort ein Terzerol abgeschoffen. Die Einen behaupteten, daß dem Vorfall nur ein Unfug zum Grunde liege, Andere wieder glaubten versichern zu können, daß drr Handarbeiter ursprünglich beabsichtigt, sich zu erschießen, nach träglich aber anderen Sinnes geworden und das Terzerol, aber nicht aus sich, abgeschoffen habe. In dem Hause, wo die« g» schehen, wohnt sein Vater. Da der Sohn sich in dürftige» Verhältnissen befindet, der Vater aber in der Lage ist, ihn ur»- terstützen zu können, so ist der Vorfall voraussichtlich auf etwa« Anderes abgesehen gewesen. — — Man schreibt drr „Allg. Ztg " aus Dresden: Die li berale AdelSpartei der polnischen Emigration will hier unter der llledaction des Schriftstellers KrassewSki wieder ein eigenes publizistisches Organ erscheinen lassen, welches für die Vereinigung aller politischen Parteien auf nationalem Boden wirken soll. Tie zu diesem Zweck angeregten Geldsammlungeu haben jedoch in Galizien und Posen nur einen sehr geringe» Anklang gefunden. Die auf Anregung des Exdictator« Langi— wicz der Lady Palmcrston von mehreren in London lebenden polnischen Flüchtlingen tiberreichte Beileidsadresse hat in den demokratischen Kreisen der polnischen Emigration viel Unzufrie denheit erregt, weil dort die Ansicht vorherrscht, daß Lord Pal merston stets ein Gegner der Bestrebungen der polnischen Ais- volutionspartei gewesen sei. — Da« Begräbnis; des Herrn Superintendenten Steinert findet heute Nachmittag HL Uhr von seiner Amtswohnung aus statt. — In der Hoffnung, daß es nicht wahr ist, bringen wi» eine, dem Wiener Volksbolen aus Dresden »«gegangene Mit- theilung über Richard Wagner. Diese Mittheilung lautet nämlich: „Während man von München hört, daß Richard Wagner dort in wenig mehr als Jahresfrist Hunderttausend« von Gulden aus königlicher Cabinetskaffe verbrauchte und acu>- erdingS jährlich 8000 Gulden, wo nicht mehr, auSgesetzt er halten hat, lebt seine von ihm verlassene Frau hier in so jäm merlichen Umständen, daß sic von der Polizei monatlich ein«« Thaler Almosen erhält, um ihr Dasein zu fristen". — Fast unglaublich! —(Tel.) Wir können bestimmt versichern, daß das Letztere wenigstens durchaus unwahr ist. (Die Red. d. D». N.h