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N«. 338. ZehuterlJahrg. Montag, 4. Decbr. 1865. -Zlscheiut. Mlgltch früh 7 Uh» Knssrate ^rdeu «igenommr»? ht« Abend» 0,Tonn« ^g» »«» Mittag» IS Uhr: lKartrnstraß« 1>- a»trtg in dies, vlatt», da« jetzt in »»QU« Sx«mplar«n erscheint, binden eine ersolgretch« Verbreitung Tngcblatl sü' Uiltcrhaliuug und Ccjihilslsvcr»chr. Mitredactrur: Theodor Drobisch. Msruirmmt. »ietteljShsi-.ch voNg!'. bei un«»lgelrl>chirr.1t,- jerung iu'r Hans Durch di« Kruigl P»r dierletjährlich 2'.- Ngr Liiijel-ue Stumulecr 1 Ngr Msnatenpreise: Für den Raum «in», gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Eilig«, sankt" die Zeile L vegr. Druck aut vtgenchuw der Herauegeder: Eikpsch 4k Neichardt. — Verantwortlicher Redacteirr: JultNS Vikilhardl« Dre<d«n. bi» 4- December. — Ueber den Sächsische» Pestalozziverein, welcher seit nunmehr 21 Jahren besieht und als ei» Liebeswerk von den vaterländischen Lehrern gepfllgt wird, ist der Jahresbericht über da» am I. Oclober d I vollendete Bereinsjahr auS- gegeben worden, in welchem virder viele» Erfreuliche zu lesen ist. Die wirkliche Einnahme betrug bei der Hauptkasse in diesem Jahre 4323 Thlr. (wöbe/ die Post H.: 1378 Thlr. Erträge von literarischen Untermhmungen ganz besonder» zu nennen ist). Davon wurden 2/34 Thlr. als UnterstützungSgeldrr an Lehrerwaisen verausgabt. (Darunter 510 Thlr. an 76 in Dresden wohnhafte Lchreitvaisin) Außerdem hat der Pestalozzi- Verein mehrere besondere Stiftungen, deren Zinsen nach den in den Specialstttuten enthaltenm Bestimmungen verwendet werden: BPer-Stiftung, Capital 1000 Thlr, Zinsen 45 Thlr. zu 2 Stipendien an Seminaristen ; ll. Häufler-Stiftung, Eapilal i^OO Thlr., Zinse» diesmal 38 Thlr. zu einem Sti pendium an einen 8tuä. U>v„l; 0. Johann Schnnder-Stiftung, Capitas 1300 Thlr., Zinsen 44 Thlr. zu 2 Stipendien an rnusik-lisch befähigte Seminaristen; 0. Otto-Stiftung, Capital 400.Thlr., Zinsen 14 Thlr. zu einem Stipendium an einen ^«ninarifien; II. l)>. Vogel-Stiftung, Capital 500 Thlr., Linsen 20 Thlr. als Stipendium an einen Lluä. matk., — sämmtliche Stipendiaten sind verwaiste Lehrersöhne. Außer dem Döring.Stiftung. Capital 350 Thlr. — Das Vermögen de» Sächsischen PestalozzivereinS ist im letzten Jahre bis auf 28,600 Thlr. gewachsen, obgleich der Verein seit seinem Be- stehen bereits nahe an 20,000 Thlr. an UnterstützungSgeldern verausgabt hat. So recht sieht man an diesem Vereine: daß Einmüthigkrit stark macht und daß au» kleinen Anfängen, bei Stetigkeit de» Willens und Geschick in der Verwaltung, segens reiche Resultate erblühen können. — Allen, welche zu Gunsten dieses VireinS, als Freunde der Schule und des Lehrer- standeS, elwaS beitragen wollen, ist rine Gelegenheit durch die „deutschen Jugendblätter mit Illustrationen" gegeben, welche seit 5 Jahren durch den Vorstand des Pestalozzivereins (die hiesigen Schulmänner: Dir. Berthelt, Dir. Heger, Dir. Jäkel, Lehrer Lanskh und Dir. Peterman») heraus gegebm werden und welche sich einer weiten Verbreitung durch ganz Deutschland zu Nutz und Frommen der lieben Jugend erfreuen. — Eine seltsame KindtaufSsahrt fand im Laufe der ver gangenen Woche statt. ES rollten drei Wagen durch die stromaufwärts gelegenen Fluren, ihre Insassen waren festlich geschmückt, über die Häupter der weiblichen Pathen hatte sich die Flora eines ganzen botanischen Gartens ergossen. ES sollte rin kleiner Erdenbürger in den Bund de? Lhristenthums ausgenommen werden. Die drei Kaleschen rollten in die Re sidenz ein und hielten an der Kreuzkirche. Die Insassen drS ersten Wagens stiegen auS, die Crinolinen wurden provisorisch mit der Hand gestriegelt und gebügelt, die Blumensträußchen, -ie von den Wagenfiößen der Ziegelgasse eine schiefe Richtung angenommen, wurden am Herzm auf den rechten Fleck gedrückt. Der Täufling selbst mußte im zweiten Wagen 'sein! Die Be wohner des zweiten Wagens stiegen aus, sie striegelten und bügelten, wie die Ersten — der Täufling nrußte im dritten Wagen sein! Die Pathen de« dritten Wagens stiegen aus vnd thaten desgleichen; — im vierten Wagen aber konnte der Täufling nicht mehr sein, da bloS drei Kaleschen existirten. „Wer hat dena'S Kind au-geschütt't?" mit dieser stillen Frage sahen sich all« Pathen stumm an — die Wagen wurden noch einmal untersucht — „'s fand sich aber nichts!" Der auf merksame Beobachter sah in den nächsten 10 Minuten zwei Rosse, daß di« Funken stoben, eine jener drei Kaleschen nach brr Gegend von Strießen zu rädern, was keinen andern Zweck hatte, als den vrrgeflenen Erdenbürger en mimsturs zu holen. — Heut Abend 7 Uhr wird Herr le Vin im Hotel de Eaxe seinen zweiten französischen Vortrag halten, in welchem er Chateaubriand'» literarische und politische Wirksamkeit unter dem Kaiserreiche und dm beiden Restaurationen darstellt. — I« Verlauf de» heutigen Tages wird auf dem Schlick'schen Schiffsbauplatz am Elbschlößchen da» große Darnpf. schleppschiff ,,Elam GallaS" au» der Elbe zum Ausbau her- aufgewundrn, wa» im Gegensatz von dem sogenannten Sta- pkllaufm für Viele interessant sein dürste. — Warnung! Ein in diesen Tagen erfolgter Anschlag im Zeugen-Zimmer de» Königlichen Bezirksgericht» warnt die Zeuge», die sich dort aufhalten, sich vor ihrer gerichtlichen Befragung nicht über ihr Zeugniß unter einander zu be- sprechen, auch nicht nach au»«n zu Verkehren. Da« Bezirks, gericht weist dabei auf den Artikel 276 der Ltrafprozeßord- nung hi« und bedeutet, daß Zatviderha adeln bis zu 5 Thlr. Geldbuße oder 2t Stunden Gesängniß nach Art. 323 be straft werden können. Bor zwei Jahren ereignete sich ein solcher Fall, wo zwei Zeugen, weil sie sich im Zrugenzimmer sogar „sehr handgreiflich" über ihre zu machenden Aus sagen „unterhalten" hatten, zu je 3 Thlr. Geldbuße noch während derzHauptvnhandlung verurthült wurdm. Möge dieser Hinweis nicht unbeachtet bleibcn. — Die Leistungen des Glasharmonium-Birtuosin Herrn Furino im Freitags-Eoncert des Herrn Puflholdt erwarbcn sich den rauschendstm Beifall des Publikums, so daß wir mit Vergnügen der heutigen Wiederholung im König!. Belvedere entgegen sehen. Allgemeine Betrachtung. tjst Für Kranke, dir hart und 'fest auf dem Siechbett liegen, ist eS bisweilen eine große Erleichterung, wenn sie mit Mühe und Noth auf die andere Se te gelegt werden Den Eindruck just eines solchen Kranken macht jetzt die Fortschritts partei in Preußen. Von dem hitzigen Fieber des Eroßpreu- HenthumS befallen, gelähmt durch einen chronischen Gelenk- Rheumatismus junkerhaster Reaclion, welcher jede freie Be- w gung hindert, liegt diese arme, matte Partei auf dem Kran kenbette. Die Doktoren des Nationalvereins umstehen rathlvs die unrettbar Verlorene und jammern: „Ach wie bald, ach wie bald welken Schönheit und Gestalt!" „Halt!" ruft l)/. Löwe auS Calbe, „wenden wir die Kranke auf die andere Seite, viellercht hilft da»! Ist nicht der Landtag vor der Thür? Müffen wir nicht eine andere Politik verfolgen, als auf der letzten unfruchtbaren Kammersrision, wenn wir nicht daS Bischen Credit im Inland« noch verlieren wollen?" Flug» wird ein anderes Feldgeschrri auSgetheilt. Es heißt: zwar dir Erfolge des Ministerium Bismarck nach Außen nrcht angrrifen, wohl aber die Mittel, durch welche es diese errun gen hat und im Innern gegen die Vergewaltigung aller Rechte die Faust in der Tasche zu ballen. Man sagt deshalb: In Bismarck stecken eigentlich zwei Minister. Erstens »st er der Minister der auswärtigen Politik und dann ist er auch preu ßischer Premier. Dm letzteren müssen wir scheinbar auf'S Heftigste bekämpfen, mit dem Theaterdolch auf ihn eindringen; jenem aber schütteln wir treuherzig dir biedere deutsche Rechte. Wir sagen zwar: eigentlich sollten wir sie Dir nicht geben, namentlich deshalb nicht, weil Du mit Oesterreich gehst, weil Du die Unterstützung de» Nationalverein« undankbar ver- schmähst — aber, schließlich bist Du doch der große politische Rattenfänger von Hameln und wenn Du in die Saiten grrifst, muß doch ganz Deutschland hinterdrein. Man wird daher bei dem nächsten Landtag wieder einige große europäische Re den halten, das Vaterland für bedroht erklären und trotzdem, geblendet durch einige Scheinerfolge de» gegenwärtigen Mi nisters, in dem Bewußtsein, einmal nichts thun zu können, ruhig nach Hause gehen. Das übrige Deutschland wird aber hieraus erkennen, daß eine Partei, die nicht einmal i-n eignen Lande die Oberhand gewinnen kann, unmöglich im Stand« ist, ganz Deutschland zu leiten. Dar Gefühl, daß daS preußi sche Abgeordnetenhaus ohnmächtig ist, wird ein negatives, aber heilsame» Resultat der preußischen VerfassungSkrisi- sein Mit himmelstürmenden Phrase« läßt sich einmal die Welt nicht umreißm und eine Politik, die dir Basis des Rechts verloren, kann zwar augenblickliche Effecte erringen, aber nichts Dauernd,- schaffen. Zeuge dessen ist di« Politik Bismarck'», die zwar von Vielen noch als eine vom Erfolge gekrönte gepriesen wird, deren Erfolglosigkeit aber immer mehr zu Tage tritt. Sehen wir zu, in wie viel tausmd Schwie rigkeiten, in welche von allen Bundesgenossen und Eympa- thieen entblößt: Lage das muthwilligr Dreinschlagen, da» Ber- leugnen aller RechtSgefühle de» jetzigen Ministerium« den mächtigen preußischen Staat gebracht hat, und lernen wir daraus, daß Derjenige noch nie zu Schaden kam, der muthig und entschlossen da» Recht vertheidigte und wenn er auch oft scheinbar unterliegt, doch schließlich wieder auf die Füße zu stehen kommt. Nachdem Preußen schon Miene gemacht hatte, auf der selben Eisenbahn, auf der e» einst dm bekannten Feldjäger nach Kassel schickte, einige Bataillone Pickelhauben nach Frank furt zu senden, um dessen Magistrat MoreS zu lehren, dieser aber ruhig im Gefühle seiner unverletzlichen Würde geant wortet: Otto, steck' den Degen ein! nachdem Preußen vergeb lich Oesterreich angestachelt hatte, dm Bundestag wegen der politischen Vereine in Trab zu bringen, so verläuft die ganze mit so viel Eclat in Scene gesetzte Geschichte ruhig im Sande. Anstands halber erklärt man nachträglich. Preußen hätte stets nnr verlangt, daß Frankfurt durch den Bundestag an Er füllung seiner Pflicht, für die nöthige Rücksichtnahme des Bun des zu sorgen, gemahnt werde. Wenn sich der Sturm i« Glase Wasser so schnell legt, so ist da» für Dm, der dm Sturm anblies, wahrhaftig kein Erfolg. Run ist auch der letzte Bundesgenosse, Oesterreich, von Preußen abgefallrn. Man hält zwar officirll den Schein der Alliance noch aufrecht, aber man muß die Berliner Blätter lesen, um dm Zorn über dxn treulosen Alliirten kochen zu hören. Da ist der österreichische Gouverneur Holsteins, v. d. Gablenz, welcher in einer Rede erklärte, er HL.te versprochen, das Wohl Holsteins zu förlern, seine LanocSgesetze und Richte zu schützen, er hielte, was er verspräche, er wolle nicht, daß man von ihm sage: rr regiere wie ein türkischer Pascha im^, Lande. Nun, fragen die preußischere Blätter, ist das nicht ein Hinweis auf den preußischen Gouverneur b. Manteuffel? Es ist zwar wahr, er verfährt hart mit dm SchlrSwigern, wie ein Bilderstürmer zerstört er alle B.ldniffe deS Herzogs Friedrich Vlll. in den Kunsthandlungen, er verbietet alle frei sinnigen Zeitungen Holsteins in Schleswig, ja, er läßt sie sogar nicht nach nordwärts gelegenen Ländern, wie JüÜand, durchgehen - aber muß denn daS unser getreuester Verbün deter gerade aussprechen? Da hatMerner Oesterreich nun glückl.ch wieder 110 Mill. Gulden, allerdings zu wucherischen Zinsen ^geborgt. Sogleich wird den Berliner BanquierS verboten, sich an der Anleihe zu betheiligen. Man will die finanzielle Verlegenheit des ver bündet:» Oesterreichs vermehren, r«sp. ausbeutcn Daher wird die österreichische Anleihe an allen wichtigen Börsenplätzen Europas ausgebotm, nur nicht in Berlin. Die Wuth gegen Oesterreich steigt um so mehr, da Oesterreich, wenn es mit ein Paar Millionen in der Tasche klimpern kann, sich sofort aufS hohe Pferd wieder gegen Preußm setzt und thut, als könnte es die Weit kaufen. Allerdings hat es schon Preußen aus der Gunst Napoleons verdrängt und die Pariser Reise Bis marcks ist so gut wie umsonst gewesen. Auf Frankreich ist also auch kein Verlaß mehr, ebenso- wenig auf Italien. Nun die Mrttelstaaten^Italien aner kennen, dienen sie nicht mehr als die dunkle Folie, auf welcher sich Preußens weiße Gestalt um so leuchtender «bhob. So bliebe Rußland und England. Auf die Unterstützung Eng- lanvs giebt aber, seitdem der brittische Löwe die dänische Dogge im letzten Kriege verlassen, kein Mensch etwas mehr. Alle Welt wüß, daß England nicht die Hand rührt, als wenn es Pfunde und Sixpences verdienen kann Und wie Rußland über Preußen denkt, lehrt ein Artikel eines russischen Journals, welcher jede selbstständige, von Rußland unab hängige Politik Preußens als ein Auflkhnen eines Vasallen gegen seinen Herrn erklärte. Das ist die traur.ge Lage in der Preußm jetzt daran drnkt, zwei deutsche Herzogtümer, die absolut nichts von ihm wissen wollen, einzuverleiben, die Führerschaft Deutschlands in militärischer, maritimer und politischer Beziehung zu übernehmm, Oesterreich zu zwingen, seinen Einfluß in Deut chland aufzugeben, den Schwerpunkt seines Reichs mit Preisgebung der deutschen Elemente nach Ungarn zu verlegen oder eine» Kampf bis aufs Messer zu bestehen Ob es ihm gelingen wird, auch nur da» eine dauernd zu erringen, müssen wir abwarten. Wenn wir aber sehen, wie das Recht in Frankfurt über die angedrohte brutale Gewalt siegte, wie es der Eisenfaust eines Manteuffel nicht gelingt, in Schleswig den Rechtsfinn dcS Volkes zu brechen, wenn also bis sitzt Preußen nicht das ge ringste durch seine gewaltthätige Politik erreichte, müssen wir sagen: die Zukunft unsres Vaterlandes gehört der Partei, die Recht, Freiheit und Gesetz auf ihre Fahne geschrieben hat. * Ein Abonnent überschickt uns Folgende-: Wenn man in den Dresdner Nachrichten die Zeilen mitunter querüber liest, so führt solches zu komischer Srnnbrldung: Ein junges, anständiges Mädchen mit dunkler .uuppe und einem dunklen Flügel ist entflogen. Wo? ist in der Expedition b. Bl. zu er fahren. Für Bauende empfiehlt sein großes Lager von Lliefel und Stie feletten in attcn Faxens geneigter Berüctsichligung: Zahnsgasse Par terre Nr. 96. Maurergesellen finden ausdauernde Arbeit: »u Herren- und Da menmagazin zu entsprechend billigen Preisen. Recht Petersburger Fnseclcnvulvcr. sicherstes Mittel zur Vertilgung lit 5 I ' alter Jungfern und Zilal>chschwrsierii ist wieder vorrälhig mit Garantie: Scböffergafsc. ahr Ein junger Mensch, welcher gesonnen ist zu heirathen, sucht auf diesem jehi so beliebien Wege 100 Masthanniiel, keriiscllc schwere Waare: Anerbieten mit Photographie wäre wünschenswert!), Palm- strapc. Heute grobes Militär-Eoncert, zur AuWshrung kommen 1000 fludcr trockner Teichschlamm, eine bedeutende Anzakl Frühbeetpsosten, Strohdecken, Grnmtplaitcn, getragene Kleidungsstücke, böhmische Bell- scderii und schadhafte Zähne. Verloren. Ans dem Wege von Laubegast, Dlascwih und nach resdcn ist am 26. g. e. ein elegantes frommes Reitpferd, braun von Farbe, in eine Brieftasche eingebunden, verloren gegangen und wird der ehrliche Finder gebeten, dagelbc gegen 14 Ngr. Belohnung im. Hotel zum - scheu Hof in Dresden abzugeben.