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Rr. 323. Zehnter Jahr-. Erscheint: ««glich früh 7 Uhr. Anserate Mrbeu «igenomme«: MLbendSV,Sonn tag» bi, Mittag» 1« Uhr: MarirnstraSe 1». iLüjttg in dies. Blatt«, Sa« setzt i« Sxemplareu erscheint, ß»d»ll «in« erfolgreich« derbreituug. Dienstag, 21. Novbr. 1885. Tageblatt für Unterhaltung und Geschästsverlehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. »ruck -ad Utgeathum der Heraurgeber: Oiepsch Hk «eilhardt. - Berautwottlicher Redacteur: JullUS Nrilhar-t. /konnement: Btetteljährlich 20 Ng- bei mientgeldlicher LK frrung in', Haus. Durch die König! Poi vierteljährlich 22 Ng> Einzeln« Nummer» 1 Ngr. Anseratenprnse: 8Ur den Raum «in« gespallenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile 2 Ngr. Dresden, dm 2ll November. — II. MM. die Königinnen Amalie und Marie, sowie I. k. H. die Frau Prinzessin Georg beehrten vorgestern die für die Zwecke de» hiesigen Pestalozziflistes im Hotel de Saxe veranstaltete Verkaufsausstellung, welche die hohen Hcrrschaf. ten selbst durch reiche Geschenke bedacht hatten, mit ihrem Be» suche, richteten huldvolle Werte an die versammelten Mitglie der des Frauencomite- und der ständigen Deputation und machten m höchst erfreulicher Weise namhafte Einkäufe. Auch Seiten de» Publikum» ward die sehenswerlhe Ausstellung höchst zahlreich besucht, so daß die Einrrahme in 450 Thasirn bestanden hat — I. M. die Königin-Wiltwe von Preußen wird dem Vernehmen nach nächste Mittwoch nach Sanssouci zurück- reifen — Concert Freitag dm 17. November gaben die Herren Concertmeiste: Lauterbach und Kammermusici Hüllwcck, Göring und Grützmacher im Saale des Hotel de Saxe die zweite Soiree für Kammermusik. Die Herren sp»el»m da» Quartett in 6-ckur von Mozart, das Quartett in L-clur von R. Schumann, Op. 41 Rr. 3 und das Quartett in b-4irr von Beethoven, Op. 18 Nr. 1. Hiermit wäre das Referat zu schließen, denn es ist männiglich bekannt, daß diese Quar tette stet» einen wahren Gmuß gewähren Trotzdem wollen Vir besonder» erwähnen» daß in dem cantabilv (2. Satz de» Quartett» von Mozart) das vereinzelte Eintreten der Instrumente vorzügliche Gelegenheit gab, die außerordent liche Schönheit des seelenvollen Ton» zu bewundern, dessen jeder der Herren Eoneertgeber mächtig ist. Da» äcka-io molto l3. Satz im Quartett von Schumann) dürfte nie weicher, zar ter und duftiger vorgetragen worden sein, al» an jenem Abend. II. KK. HH. der Prinz und Prinzessin Georg nebst Gefolge wohntm dem Concerto bis zum Schlüsse bei, welches überhaupt sehr besucht war. — In wahrhaft schreckenerregender Weise nimmt die Tollwuth der Hunde überhand. Nachdem der Stadtrath be reits wiederholt veranlaßt gewesen ist, in Folge erneuerter Wahrnehmungen von Symptomen der Tollwutb an mehreren der Thnrarzneischule zur Beobachtung überwiesenen Hunom die bezüglich de- Tragens von Maulkörben angesetzte Frist hinauSz-.schieben, erfahren wir, daß auch gestern früh wieder m hiesiger Stadt ein zweifellos toller Hund erschienen und ge- tödtet worden ist. Derselbe war von grauer Farbe, tigcrar- tig gefleckt, von mittlerer Größe, und anscheinend vom Lande nach ter Stadt kommen, devn er trug einen alten Lednriemen um den Hali', wie man solche häufig bei Hunden vom Lande findet, und an dem Rremm befand sich noch ein Stück von e:»um «Ken Stück Dieser Hund kam die Caserncnstraße herein und nahm seinen Weg über den Klosterplatz nach der großen Klsstergaffe. Aus der letzteren Htt er zwei bisher noch nicht ermittelte Hunde griffen, ist dann in em Haus auf der großen Klostergasse gelaufen und hat auch dort wie der zsvei Hunde gebissen. Mil den für den Laien maßgeben den Symptomen der Tollwutb behaftet, ist er von meh- r rer, Personen hierauf in das Gehöft des Hosmanvsegge'schen Hauser getrieben und von emem herrschaftliche» Diener er schossen worden Da, wie wir bereits bemerkt haben, dar eine Paar der gebissenen Hunde nicht ermittelt ist, so ist den in dieser Gegend wohnhaften Besitzern von Hunden die größte Vorsicht anzuempfehlen, das sie nicht durch übelangebrachte Zärtlichkeit sich dieselben schrecklichen Folgen zuzuschreiben haben, wie wir sie bei dem des beklagenS werthesten Todes g-- storbenen Portier M habe» «intreten sehen. Mögen namentlich auch Eltern und Dienstboten auf Kinder rin wachsames Auge habrn. denen oft langjährige vierfüßi,e Liebling einer Familie zum Zei,vertreib beigesellt werden. Dem Stadtrath aber kann nicht gmug gedankt werden, wenn er unbeirrt durch das durch falfchangebrachte Zärtlichkeit hervor,erufene Geschrei einiger Hundeliebhaber die durch dk Tollwuth veranlaßt«» Vorschriften mit der strengsten Energie durchführt. — - - Dem Vernehmen nach tritt im nächsten Monat hier eine Commission sogenannter Vertrauensmänner zusammen, welche d»e Regierung einberufen hat, um sich über eine neue Organisaiion der Behörden zu äußern Es soll sich unter Anderem auch um die Frage handeln, ob rn Zukunft die drei °n der Verwaltung beibehalten oder die Mittel-Jn- ^ iie KrciSdireetionen, aufgehoben werden sollen. Letztere Nachr> ->i bekanntlich vom Landtage wiederholt diskutirt, resp. msch nach Aufhebung derselben mehrfach gegen die Ne. gie^ ausgesprochen worden. Zu Vertrauensmännern find Männer aller politischen Richtungen gewählt worden und dir librrale Partei wird ebenso vertreten sein, wie die conscr- vative — Der letzte große Holzstam«, de? sich von der Sän- gerfefthalle noch auf dem Platze befand, wurde am Sonn abend von dem Wirth der „Salopp:", Herrn Ehrig, erstanden, um fernerhin in gedachtem Etablissement als Vogelstange auf gerichtet zu werden. — Als abzuschickmden Nothpfennig für die Unglücklichen in Werdau wurden uns gestern von dem Vorstande der Ge sellschaft „Erholung' 20 Töaler als Ertrag einer Sammlung am jüngstvergangenen GesellschaftSabende übergeben. — Am 13. November d. I. feierte der in Messa bei Lommatzsch lebende Ortsrichter Grumbach seine goldene Hoch, zeft. Derselbe rst ein treuveroienter Ortsrichter und zählt das 76. Altersjabr, seme Gemahlin ist 70 Jahre. Der Jubilar diente als unverhenalheter Lehrer, dessen Schule durch die Kri gsjahre leer geworden war, im Jahre 1814 als Banner, und machte den Fttdzug mit. Heimgek-Hrt aus dem Feld züge. ward er abermals Lehrer, später Oeconom und in diesen Eigenschaften kam er nach Mess«, wo man ihn bald als Orts- richter wählte, welche» Amt er auch noch bekleidet, trotzdem daß derselbe sein Gütchea verkaufte. Der Herr Pastor, der Herr Gerichtsamimaan und viele andere Notabilitäten beglück wünschten das Jubelpaar. — Ein leerer Kälberwagen sauste gestern Abend im Galopp und ohne Kutscher durch das Georger.thor und über fuhr dabei einen Dienstmann. Dem Dienstmann gingen das Vorder- wie Hinterrad über beide Beine, er konnte aber selbst aufstehen und davon hinken. — Am 15. hatte ein in der Privatversorgungsanstalt des Herrn Ilr. Herz im Buschbad bei Meißen untergebrachles achtjähriges blödsinniges Mädchm das traurige Schicksal, daß während einer kurzen Entfernung der Wärterin aus der Stube seine Kleider durch Annäherung an den geheizten Ofen in Brand geriethcn, und das Kind alsbald den Erstickungstod starb. — Am 17. Abends in der siebenten Stunde stürzte ein 25 Jahre alter Hilfsschaffner in der Nähe von Obrrmilau von dem von Eger kommenden Personcnzuge unter die Räder, wobei ihm Kopf und Beine so zermalmt wurden, daß der Tod sofort eintrat. — In Leipzig stehen im Schaufenster der Pelzhandlung von F. A. Witzelten die beiden jungen Löwen ausgestopft, welche von ihrer Mama im zoologischen Garten zu Dresden erdrückt worden sind. — In der Nacht vom 18. zum 19. d. ist im Bureau des zool. Gartens gewaldsamec Einbruch verübt worden. Die Diebe, deren mehrere gewesen sein müssen, haben, nachdem sie 3 Schlösser an Schubkasten gewaltsam ersgrengt, aber nir gends Gelder vor sunben, sich an den im Bureau befindlichen Kleidungsstücken der Beamten bereichert. — !). ?. Der dritte. Sonnabend den 18. Novbr. gehal tene Vortrag dis Hirrn !1r. Scmler „über deutsche Litera tur" hatte Hans Sachs' Fastnachtsspiele zum Thema und schloß sich dem vorhcrgegangenen „über das deutsche Volks lied' würdig an Nicht allein der kulturhistorische Vorblick auf das 16 Jahrhundert und die Schilderung Nürnbergs als Blüthefitz des Gewerbes und Handels, der Kunst und Wissenschaft sondern auch der gegebene Lebenslauf des ehr samen Bürgers und Schuhmachers H. Sachs, der zugleich der vielseitigste und fruchtbarste Dichter damaliger Zeit war, in sofern er -egen 6200 Stücke aller Art schrieb, wirkten unter haltend und belehrend auf die zahlreiche Versammlung. Außer dem laS Herr vr. Semler eins drr Sachs'schen Fastnachts spiele: „Der Lobte Mann" vor und schilderte mehrere andere dersrlbcn, ihre naive Komft und derbe aber getreue Charakter- zeichnung bekundend. - Vor einigen Tage» kam eine Handelsfrau in den Tunnel der Restauration auf dem schlesisch n Bahnhof. Ihren Tragkorb mit Waaren ließ sie am Eingang in den Tunnel stehen, und begab sich in die Küche, um sich eine Tasse Kaffee zu kaufen Als sie densclbeir getrunken. und nunmehr wieder Weggehen wollte, stans der Tragkorb noch am alten Platze, allein mit ihm war insofern eine sofort in die Augen fallende Veränterunz vorgcgongen, als das Tuch, was oben auf d-nn Korbe über die Waaren gebunden gewe sen, lvSgebundm war. Dic Frau vcrmu'.h-te ganz richtig, daß sich während ihres Aufenthaltes in der Küche am Ende wohl ein Langfinger über den Korb hergemacht haben konnte Eie trat daher sofort aus dem Tunnel heraus, schaute sich iwch allen Richtungen auf der Straße um, und siehe da, sie sah witklich in einiger Entfernung einen Mann lausen, den sie für den D'.eb halten mußte. Derselbe wurde mit Hülse anderer Leute am sogenannten Birkmwäldchcn aufge fangen, und nach der Polizei geführt. Bei seiner Visiti- rung fand man auch wirklich mehrere Waaren, die er der Handclsfrau aus ihr-m Tragkorbe gestohlen hatte Aber nicht blos diese fand man. sondern auch andere Waaren, die er jedenfalls andcrswo in oder außerhalb Dresden gestohlen hatte, daneben noch einen großen Sack, den er an Tragbän- drrn auf dem bloßen Leib trag, sowie einen Bohrer und ein Stemmeisen. Jedenfalls hat die Polizei mit diesem Man« einen guten Griff gemacht. — — Vor einigen Tagen theilten wir mit, daß ein beur« laubter Soldat in dem am Eliaskirchhof befindlichen Breter- schuppen dec Dogenschützengescllschaft längere Zeit geherbergt und dabei verschiedene dort befindliche Schießutensilien ent wendet und nachträglich verkauft habe. Hierzu haben wir neuerdings noch in Erfahrung gebracht, daß derselbe Soldat sein Asyl auch nebenbei noch in dem Reserve-Keller der Fcl- scnk,Iler-Brauere: an der Eliasstraße aufgsschlagen gehabt und den dortigen Ein- und AuSgang vom Dache aus durch ein in der Giebelwand befindliches § Ellen im Durchmesser halten des Loch genommen hat. Natürlich hat er auch aus diesem Keller mitgehen heißen, was ihm nur unter die Här.de ge kommen ist. — — Nicht allein in unfern größer» und Mittelstädten, auch auf dem Lande regt sich das Mi.leid für das durch die Cholera so hart betroffene Werdau So giebt der Männe»- gesangvrrein . Harmonia" im Plaurn'-chen Grunde nächste Mittwoch im Saale des Gasthofs „zur rothen Schänke" in Döhlen in Vereinigung mit dem Freiherr!, von Burgk'schcn Bergmusikchor zum Besten der Calamitosen Werdau'» ein Vo kal- und Instrumental-Concert, dem um de» edlen Zwecke- Willen ein guter Erfolg zu wünschen ist. — Ein soeben erschienenes, vom GeneralstaatSanwalt vr. Schwarze bearbeitetes Tabellenwerk enthält die Civil- und Criminalrechtspslege in Sassen während der Jahre 1860, 1861, 1862. Wir entnehmen daraus einige wenige Zahlen. ES wurden nämlich bei den Civilgerichten anhängig gemacht im Jahre 1860: 1861: 1862: Civilprocesse überhaupt 78,569 83,835 95,035 Darunter Wcchselprocefle 3723 4884 6451 Klagen auf Ehescheidung 815 849 909 Davon cndetm mit gerichtlicher Trennung 470 417 433 Darunter wegen Ehebruchs 128 106 100 Wegen lebensgefährlicher Mißhandlung 126 131 137 Indem wir die Zahlen drr übrigen Processe übergehen, be merken wir nur, daß ,on allen Processen die Wechsels),ocesse sich in der unerquicklichsten Weise virmehreu, gewiß ein Zei chen der Zeit, da-' auf keine gesunden Zustände im Handels- stande deutet. Von allcn l^brprocessen in diesen 3 Jahren wurden 1083 oder 42 Procent von den Ehemännern, 1490 oder 58 Proceat von den Ehefrauen anttstrmgi. Die Sta tistik der Strafrechtspflege weist nach, daß 'M Jahre 1860 10.924, im Jah-e 1861 10,832 und im Jahre 1862 11,411 Personen verurchttlt worden sind. - Der blaue Dienstmann Nr. 39 fand am Sonnabend Abend aus der Caserne «st» aße ein etwa zehnjähriges Mädchen aal dem Gesicht liegen. Ein Körbchen lag daneben und eine zerbrochene Flasche. DaS Kind war besinnungslos und blieb, als cs der Dieastmann in die Hausflur getragen h.-tte, noch eine Viertelstunde besinnungslos und ganz steif. Das Blut quoll au» dem Munde und selbst das Gesicht des Dienstmanns wurde davon befleckt. Nachdem cine Viertelstunde vergangen und das Kind wieder zur Besinnung gekommen war, schrie eS sofort laut auf und das Blut stürzte aus'S Neue auS d«m Munde. Endlich kamen Leute hinzu, die das Kind kannten und sagten, es gehöre nach der Lindengasse Nr. 4. Es wurde fortgeschaffr. — Am Mittwoch, den 15. d. M , schickte dsr Müller meister Schwär zu Mitteloderwitz seinen Gesellen Gustav Geier auS Otienhayn bei Löbau mit 40 Thlm. baareS Geld zur Bezahlung einer Rechnung in ein benachbartes Dorf. Soweit jetzt ermittelt ist, ha; sich der Geselle bis zur Nacht in der Nähe herumgetriebcn, viel Ausgabe» gemacht, aber nicht daran gedacht, das Geld an Ott und Sielle abzuliefern. Der Gustav Geier ist mit den 40 THIrn zum — Geiec und soll '.eute noch wieder kommen! Neuer Schwindel! Es scheint, als ob die strom aufwärts gelegenen, romanischen Elbdörfer ganz besonders ausetschm wären, dazu zu dienen, um die Taschen de» Schwind ler zu füttern. Mö ,r dieser neue Vorfall auch eine neue Warnungstafel sein. Ende v rgangemr Woche kommt ein Individuum aus den gebildeten Ständen, freilich mit etwas zerrissenem Schuhwerk, aber trotzdem auf der Bergakademie gewesen, nach Bülau und wandert so von Dorf zu L'orf bis Schilifts. Er gab sich für dm Amtkstraßrnmcister Schmidt aus, obgleich er gar nicht so au-sah, wenn er auch früher einmal Aspirant für den Straßenbau war. Er hatte natür lich falsche Papiere als Leg timation btt sich, die mit dem Namen de» Herrn AmtShauptmann v Vieth unterzeichnet waren, und traf in sehr markirter Weise Anordnungen auf den betreffenden Eh<»ussoen bei den arbeitenden Etraßenwär- tern. Wo ein Loch auf der Tttaße war, da raisonnüte rr fürchterlich und nahm als Adjutanten allemal einen Straßcn- Wärter von Dorf zu Dorf mit. Bei den verschiedenen Ort»-