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Rr. SS4. Zehnter Jahrg« Erscheint: .LWich früh 7 Uhr Knserate »rrdell angenommto! -t«Nbe»dSV,Lonn- rag» bis Mittag» 12 Uhr: Marienstraß« IS. uia,rtg. in dies Alatt«, i-a, jetzt t» IS««« ZxtMplaren erscheint, sdlden eine erfolgreich« Verbreitung Montag, 80. Rovbr. 1868. Tageblatt für Uuterhaltimg und Geschäftsverkehr. Mttredacteur: Theodor Drobisch. »ruck and «igenthum ber Herausgeber: Liepsch L Nkichardt. - «erantwortlicher Redacteur: IlÜiUS Reichardt« Münnemerlt; lvieneljührlich roNge bei unentgeldlicher Lir. serung in'« Haus. Durch die Äöntgl. Pos vierteljährlich S2 Ngr Stnzeki« Nummer» 1 Ngr Inseratenpreise: Für den Raum rill« gespaltenen Zeit«: 1 Ngr. Unter „Trug»! saudt"' die Zeit« » Agr de» 20. Nspruw». — cka. Von großem Interest? war der gestrige Vortrag des Herrn Hofarzt vr. Schurig im naturwiffrnschaftlichen Cyclus über die Anatomie und Physiologie des Gehörorganes. Nach dem sich der Vortragende zunächst über die Wichtigkeit des Ohres verbreitete und d'e Möglichkeit dargelegt, daß der Schall durch die äußere Haut und Schädelknochen bis in das Innere des Ohres gelangen könne, wendete er sich zu einer klaren Beschreibung der Anatomie des Ohres und erklärte die be kannten Organs desselben: Ohrenschwung, Trommelfell, das Labyrinth u. s. w, gab nicht minder die deutlichsten Erklä rungen übcr die sogen. Eustachische Röhre, die in der Pauken höhle befindlichen Gehörknöchelchen (Hammer, Ambos und Steig bügel) und die verschiedene Ausbreitung der Nerven, welche sich v .m großen Gehörnerv aus nach allen Richtungen ver zweigen, über die Schallwellen u. a. m. Namentlich anregend waren einige Notizen, welche der Vortragende zum Schluß über die Beziehung der Musik zum Ohre gab. Zue bessern Veranschaulichung für das Auditorium standen dem Vortra genden einige höchst instruclidr Abbildungen und schöne Prä- parate zu Gebote. — Es dürfte wohl an der Zeit sein, wenn im Namen Vieler hiermit an die, welche es angcht. die Frage über den Zeitpunkt der endlichen Vollendung des Friedrich-Augusi-Denk- mals gerichtet wird. Seit eitf Jahren ist inan mit der Aus führung dieses Monuments beschäftigt, viele Sachsen haben ihr Scherflein dazu gespendet, mancher Patriot, der dazu ge steuert, ist schon dem verklärten König nachgegangen, ohne das Standbild errichtet zu sehen, und von den noch Lebenden hat gewiß Jeder den Wunsch, die Festfeier noch zu erleben. Die Verzögerung wirkt unangenehm, schon wächst eine Gene ration Heran, die den geliebten König kaum je einmal gesehen, lasten wir dieselbe nicht so reif werden, daß sie als Männer- gefangchor bei der Enthüllung mitwirkt. — Vor einem Jahre hatte ein Herr Puschel, Gasthaus- bescher des Prinzen Rudolf in Teplitz, seinen Hausknecht auf eine Weise mißhandelt, daß derselbe zumK-üpel wurde. Die Sache wurde vertuscht und Püschel machte sich verbindlich den Hausknech in seinem Dienste zu behalten und ihmOFI. ö.W Entschädigung zu geben. Statt besten entließ er aber dm Mann diesen Herbst, und wies ihn ab Ms er die 3 Gul den verlangte. Der Mann trat nun unterdessen in andere Dienste, that aber eine Aeußerung. daß er sich an Püschel rächen werde. Vorigen Sonnabend ging nun Püschel auf sein Felo bei Turn; sein ehemaliger Hausknecht sah ihn da selbst, eilte ihm nach und versetzte ihm auf den Hinterkopf einen Hieb mit einer Heugabel, so daß Püschel betäubt zu Boden sank. Hierauf tödtete er ihn durch wiederholte Stiche. Der Mörder übergab sich selbst dun Gericht. — Der bereits vor einigen Tagen aus Anlaß einer Aufführung im Saale,drS Hotel de Saxe in unserem Blatte erwähnte Orchesters«?^ wird nächsten Dienstag, Abends 7 Uhr. in demselben Saal zum Besten der durch die Cholera so schwer heimzesuchtm Werdauer Einwohner ein Concert ver anstalten Der Verein, zum größten Theil aus Dilettanten bestehend, findet zwar zunächst seinen Zweck in der angcstreb- tm Vervollkommnung deS Einzelnen durch Ausübung der orchestralen Musik, und er hat demzufolge seine bescher senen Grenzen auch stets der Oestentlichkrit entrückt; allein bei der großen Noth, die über düs arme Werdau hereir.gebroche», und deren Ende bei dem herannahenden Winter noch nicht abzuschen ist, hat sich derselbe bereit finden lasten, dem an ihn Seiten des Hilfskomitees für Werdau ergangenen Gesuch, zum Besten der Werdau« Hilfsbedürftigen ein öffentliches Concert zu veranstalten, zu entsprechen. Abgesehen von dem edlen Zweck, dem die Aufführung gilt, wird -g für jeden Musikliebhaber rin Interesse s.-in, Co-«Positionen, die vir sonst nur von geübten Musikchörm zu hören pflegen, von Dilettan- len executirt zu sehen. Und so empfehlen auch wir diese Con- certaufführung der wohlwollenden Theilnahme des musiklie- benden Publikums. — Am Spätabend des vergangenen Donnerstags saßen in de: Nestauratien zur „guten Quelle". Schloßstraße, mehrere Thierarznrischüler beisammen in fröhlich« Runde, ihre lieber« zieh« und Paletot» hingen an dm Wänden. In demselben Loeal hielt sich noch ein andrer Gast auf, der hier und da mit den Studiosen sprach unr sich sehr aufdringlich machte, später aber unbeobßchtct einen Ueberzieher der Herren anzog und mit dem gestohlenen Rock auf dem Leibe ruhig im Locale blieb. Da « sich immer aufdringlich« zeigte, wurde rr vom Tisch verwiesen und endlich mit dem gestohlenen Ueberzieher auf dem Leib« zur Thür hinausgesteckt I — DaS hatte n wahrscheinlich gewünscht, da» konnte « sich auch gefallen lasten. AI» nun von den Herren beim Fortgehen di« Ueber- ziehrr von der Wand geholt wurden, fehlte natürlich eia „theures" Stück. Glücklicherweise wußte man, wer der Dieb war, es ist rin hiesiger, ehemaliger, jetzt ab« hiruutergrkom- mener Restaurateur, besten Rainen d« Bestohlene dadurch kennen lernte, daß der Dieb einen Paß vorzrigte, dm er sich erst gelöst hatte, um nach Wien zu reisen. Der Vorfall wurde sofort der Polizeibehörde angezngt und der oftbe strafte Dieb als' old sestgenommsn. ,.63 p/ht daraus für mich und Tich Tie weise Vel,r' hcrsür: Hang' Leinen Ueberzieher »ich So nahe au die Thür!" Allgemeine WetrachSung. :H: D:e beiden Dcpeschen, welche in jüngster Zeit von dem Palms am Gewandhaus«: in Dresden nach Berl.n und Wim auszcgaugcn sind, beschäftigen die Zeitungen in hohem Maße, sic sind auch besonders für uns Sachsen lehrreich. In d« ersten Depesche klopft unser Minister von Brust die Groß mächte auf die Finger, die sie schon ousstreLtkü, um der säch sischen Pr-fle Daumenschrauben anzukgm; in der zweiten er- klärt er die Bereitwilligkeit Sachsen», mit Italien einen Han delsvertrag abzuschließen, unter den formellen Bedingungen, welche Jialim fordert, d. h. unter Anerkennung des faktischen Zustandes, daß Piemont zum Königreich Italien geworden ist. Verde Schriftstücke sind, so zu sagen, dem Volke aus der Seele geschrieben, sie sind gleichsam Las Sprachrohr, durch welches die öffentliche Meinung redet Wenn es nämlich das Bemühen der sogen, deutschen Großmächte ist, die bei ihnen herrschende Reaction auch dm rcindeutschcn Staaten einzuiwpfen, auch in sie solche gemein- schädliche VerfastumiSbrüche und -Streitigkeiten überzupflsnzen, welche den gedeihlichen Fortschritt auf allen Gebieten hindern, wenn Oesterreich und Preußen nur mit scheelen Augen auf unsre blühenden Zustände, unsre geordnete Verwaltung, unsre gefüllt«. Kasten sehen, so ist eine Knebelung der Presse der erste Schritt, das Volk mit der Regierung zu verfeinden, das wechselseitiq« Vertrauen zu vergiften, Argwohn und Mißtrauen zwischen Obrigkeit und Unterthanen zu säen. Ein zweit« Schritt ist die polizeilich? Verfolgung der Vereine, d:e unnö- thige Quälerei, die sich z B. n- Berlin sitzt sogar auf die Gustav-Adolf-Vnemr erstr-ckt, welche polizeilich chicanirt wer den und womit weiter nichts erreicht wird, als daß diejenige Thätigkeit der Vereine, dir, wenn sie öffentlich ist, nichts schadet, sondern oft nützt, in geheimen Vereinen eine gefähr liche Gestalt annimmt. Dies« zweite Schritt, wachen die Großmächte damit thun wollen, daß sie am Bunde die reak tionären BundeSbeschlüfse gegen Presse und Vereine von 1854 wieder in's Leben rufen wcrdm. die bekanntlich von Würtem- b«rg und Sachs«» im vorigen Jahr? aufgehoben wurden, die ser zweite Schritt wird hoffentlich von unser« Regierung eine ebenso gediegene und gründliche Zurückweisung erfahren, wie jenes erste gegm die Freiheit der sächsischen Presse gerichtete Attentat der Großmächte. Briefe, welche aus choleraverdächtigcn Gegenden kommen, pflegt die Post zu durchstechen und gehörig auSzuräuchern, und ganz dasselbe ist jetzt durch unsere Regierung mit der- jmigen Depesche geschehen, welche auS den ve-, der reaclionä. rm Epidemie so arg Heime,rsuchten österreichischen und preußi schen Staaten in unser Land in der offenen Absicht gelangte, diese Seuche auch bei uns einzu-chlepprn. Dies? Dcsinf:crirm und Ausräucherung ist zwar in höflicher Form, aber in nicht mißzuberstebendm Ausdrücken vor sich gegangen; mit schnei, dender Schärfe fragt die Depesche, ob dir Großmächte emen bestimmten Strafantrag gegm bestimmt? Artikel stellten, da eine andere Art der Verfolgung, als eine gesetzliche, in Sach sen nicht (ab« wo anders! liest man daraus) statthaft sei; sie weist nach, wie es nur die Geschichte vom Splitter und dem Balken ist, wenn die Preußischen osficiellen Zetungen »«gescheut „sachsenvernichtende' Artikel brach en, während man sich über die „preußenfrindlichcn" sächsischen Artikel beschwere. Die ganze Depesche macht nach Wien und Berlin mit so ent schiedenem Erfolge Front, daß von beiden Cabinctten bw jetzt eine Entgegnung noch nicht erfolgt ist; sie stecken ere Wahr- heilen, dre ihnen so scharf gesagt werden, ruhig ein. Die zweit? Depeiche, welche die A-erkcnnung Italiens ausspricht, wird vielleicht als eine Schwenkung von Oestreich nach Preußen zu angesehen werden und Nlanche finden sich in dieser Vermulhung durch die Worte bestärkt, welch? Herr v. Brust beim Schützenmahl sprach. Tr hatte dort geäußert: „Es sei eigentlich beschämend für ihn, als Gönner n»d Be schützer des Schützenwesens betrachtet m werden, da er sich nicht rühmen könne, se m's Schwarze geschossen zu haben, woher cS vielleicht komme, daß er manchmal ins Lchwarz-weitzc treffe. Er bitk« aber hierin keine rolitische Anspielung zu sehen; denn Sachsen hätte schon oft die Richtung nach dein Schwarz-Weißen im freundlichsten und siiedlichsten Sinn genommen und die Zeit werde kommen, wo wir cs wieder thun würde n." Sehen wir zu, ob in der Anerkennung Italiens die Schwenkung nach Preußen zu liegt- Sachsen hat sich mit dies« Anerkennung deutlich von drr Nücksichtsnahmc auf die Wim« Hospolitik losgesagt. Das ist etwas, wozu gewiß das ganze Land applaudirr. Dieß ist jedoch nicht dom Zaune gebrochen worden, sondern die Negierung hat offenbar dem Verlangen des Landes nachgegiben. Die Inhaber der ge- achietsten Firmen und unsre Handelskammern als die gesetz« mäßigen Vertreter unsres HandelsstandeS haben der Regierung das dringende Bedürsniß der sächsischen Industrie borgestellt, das Absatzgebiet der Erzeugniste im Zollverein durch Gewinn ung des Marktes in Italien zu vergrößern, den Fabrikaten unsre« blühenden, manigfaltigen Industrie neue AbzugSquellen zu erschließen. Soll die Negierung so gerechtem, begründeten Verlangen daS Ohr verschließen? Leicht mag es ihr wahr scheinlich nicht geworden sein, die allerhöchsten Kreise hierfür günstig zu stimmen. Die Familunbeziehungen unsres Königs hauses zum Hause Toscana sind so eng daß es ihm gewiß ein großes Opfer gekostet hat, den durch Bildung eines Königreichs Italien am Hause Toscana begangenen Thron raub zwar nicht anzuerkennen, aber doch zu ignonren. Jn- deß, gerade daß unser König ein solches Opfer auf den Altar des Vaterlandes legte, beweist auf's Neue» wie sehr er vor dem Wohl und Gedeihen seines Volkes alle anderen persön lichen Gefühle schweigen läßt. Trifft nun diese Anerkennung des faktischen ZustandsS in Italien mit der preußischen Politik zusammen, so kann sich Preußen hierzu bestens gratuliren, Sachsen zieht deshalb noch nicht mit Sack und Pack ins preußische Lag«. Die lttziea 16 Jahre haben ja oft bewiesen, daß Sachsin zwar sieks den Muth hatte, unberechtigten Forderungen Preußens ent schlossen die Spitze ,u bieten und die oben erwähnte Depesche bildet eine lebendige Illustration dazu; aber deshalb find wir z. B. beim Handelsvertrag mit Frankreich stets mit Preußen gegangen, und es ist nur zu bedauern, daß in Preußen so wenig Verständniß von den Pflichten zu herrschen scheint, die Preußen gegen Deutschland hat. Wenn Preußen wi klich deutsche, nicht schwarz-weiße Interessen Versal, t, wird cs stets von Sachsen Vorschub erfahren und wenn cs jetzt dort etwas zu dämmern beginnt, daß eine gewaltsame Einig ung Deutschlands durch die Blut- und Eisen-Politik nur das Signal zu ein« Reihe unerhörter Greml geben würde, zu einem entsetzlichen Bürgerkrieg?, wenn namentlich tue Reise Bismarcks nach Paris die Begriffe etwas in den leitenden Persönlichkeiten Preußens aufgeklärt hat. daß Frankreich ein« gewalttätigen Annexion d« Mittel- und Kleinstaaten nicht Gewehr beim Fuße zu sehen würde, wenn Preußen demnach zu einer Beschreitung eines bundesmäßigen Weges, eines dundesfreundlichen Verfahrens sich veranlaßt finde» würde, nun, so ist daL sächsische Volk so gut und großmüthig, wie ein Anderes, geschehene Unbilden zu vergessen und opferfreudig genug, an ein« friedlichen Einigung Deutschlands mitzu wirken. * Mordversuch an einem Kinde. Ar-s Elbing (Preußen) wird unterm 1. November berichtet: „Am gestrigen Nachmittage versuchte das Kmdkrwädchtn eines auf dem Bahn hose wohnenden Beamten das in d« Wieg: liegende Kind zu vergiften. Glücklicherweise entdeckte die Mutier dcs Kinde- noch zeitig genug dieses Verbreche», und holte aus b-m Munde desselben drei Köpfe von Schweselhölzchm bsrcuS; der sofort herbeigerufene Arzt verordnet? ein Brechmittel, besten Wirkung eine größere Maste von Phosphor au- dem Magen hrrvor- brachre DaS Märchen ist d« Thar geständig, und d« Be hörde bereits übergeben. Dasselbe gwbt als Ursach-: seine» Verbreche«- «n, daß cs die That begangen habe, um dir- dienstliche Verhältniß zu lösen." (Obligation -auf eine Million ) V:r Kurzem wurde hier großes Ausrubens d:mit gemacht, dost die englische Bark drei große Bank-aoteu. jc>e auf ei.?c M üw» Viru s leu'end, habe, von denen eine im B'sitze d-H v«stsrLrn:n Herzo g von Wellington war. d-r sie in siinrm Salon rutt« Glas und Rehmen aukgehängt hatte Wi'U besitzt auch crnc ähnliche Seltenheit» vämli« -ine sünfproervrig? Staat-'schuld«.'Obli gation auf «ine Million Gulden, welch, s Unicum rm Besitz? der Commune Wen ist. welche all: bache Jahr? den 'ällig'N Coupon mit 25.000 Fl «mcassir:. * Als Curialum '.heilt das Btrlincr ..F.-cinvcnblait" mit, daß die letzOn Rea-itta-te so Zernichtend aus eins Par tie Mauersteine, di? in Berlin zum Verkrui bereit ftchm em- wirktea, daß sich rin Thol dcrsilbm naoz aurgeiöst hat; ein Zeichen, daß st? nicht vorschriftsmäßig gewannt worden. — Das geht schon über die Curiosität hinaus! — ,—