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Rr. 300. Zehnter Jahrg. Freitlij», 87. Oktober 188». Erscheint: «glich stütz 7 Uhr. Inserate W«vr» angenommen: »»Abend» 8,Sion«, tag» bi« Mittag» 18 Uhr: MarienstraVr 13« Abonnement VIkNelMrIich 2«! d«t »ncntgeldttchr: strunz in'« Ha':S- Durch die König!. Pos vierteljährlich 22 Ngr Einzelne Nunnner» 1 Ngr «u^ig in dies Blatt», »a« jetzt t« 1200« Exemplare» erscheint, ß»d«n eine «rsolgreich« «erbreituiig Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacleur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum rin« gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Sing,, sandt" dir Zeile ! Ngr Druck aud Rigenthum der Herausgeber: Eikpslh Hk Nelchurvt. — Verantwortlicher Redactrur: IllUvS Nkklhardt« den 27. Oktober. — Se. Königs. Majestät hat genehmigt, daß der Amt«' Haupt mann von Salza und Lichtenau zu Budissin das ihm von de» König» von Preußen Majestät verliehene Ehren- Ritte»kreuz de» St. Johanniter-Orden» annehme und trage. — Die Portepeejunkr Kannengießer deS 14. Infanterie- Bataillons, und Edler von der Planitz und Bagd deS 2. Rei ter Regiments sind zu LtuinanIS ernannt worden. — Der Stadtrath macht bekannt, daß, da innerhalb der letzten Tage abermals drei mit der Tollwuth behaftete Hunde tn die hiesige k. Thierarzneischule eingebracht worden sind, der zwölfwöchentliche Zeitraum, während welchem Maulkörbe, aus stark'» Drahtstangen construirt, den Hunden anzulegen sind, bis zum 17. Januar 1866 ausgedehnt worden ist Das blose Führen der Hunde an Leinen, sowie da» Anlegen von Maul- körben von Leder oder Schnüre, da hierdurch dem Publikum ein ausreichender Schutz gegen das Beißen nicht gewährt wird, ist nicht mehr gestattet und der Caviller ermächtigt, auch solche Hunde, welche an der Leine geführt werden, oder nicht mit vorschriftsmäßigen Maulkörben versehen find, Weggängen. — Ein höchst trauriger Fall ereignete sich gestern Nach mittag gegen 3 Uhr auf der Alaunstraße. Der roth« Dienst- mann 197 Namen» Schütz fuhr daselbst einen mit Kleinholz beladenen Wagen, neben oder hinter ihm fährt ein leerer zweispänriiger Möbelwagen, als in demselben Augenblicke eine le re Droschke die beiden Gespanne Überholen will und so dicht Neben dem Dienstmann vorüberfährt, daß er nebst seinem Holz- tvagen umgeriffen und zwischen die Pferde des Möbelwagen« geschleudert wird. Dadurch werden diese Pferde scheu, schla gen au« und der Dienstmann wird mit zerschlagenem Kopfe und überfahren unter dem Möbelwagen hervorgezogrn. Wenige Minuten darauf war der Dienstmann eine Leiche und wurde mittelst EirchkorbeS von der Unglücksstätte gebracht. Er hintrr- läßt Frau und vier Kinder. — Ein zum Jahrmarkt hier anwesenden Kaufmann au« der Oberlausitz ve>mißte vorgestern Nachmittag, während der selbe in seiner Verkaufsbude mit Einp-cken der Waarrn be schäftigt war, seine Umhängetasche. Da ihm dieselbe beim Einpacken hinderlich gewesen, hatte er sie auf kurze Zeit von sich ab und neben sich in die Bude gelegt. Sie enthielt in vaarem Gilde die Summe von 700 Thalern. Alle« Euchen und alle Nachfragen nach der Tasche blieben erfolglos, bi« sich der Verlustträgrr endlich erinnerte, daß sich um die frag liche Zeit rin unbekannter Knabe um die Bude herumgettieben, der dort Papierabfälle und dirgleichen zusammengesucht und zu ähnlichem Zwecke auch in seiner Bude sich kurze Zeit auf- gehalten hatte. Auf ihn lenkte sich nunmehr der Verdacht der Entwendung der Tasche, und eS galt, seine Persönlichkeit fest- zustrllen. Auf geschehene Anzeige hierüber ist der Behörde nicht nur die Ermittelung des Knaben sondern auch die Her be Schaffung de« gesammten baaren Geldes, da« sich in der Tasche befunden, gelungen. Der Knabe, war wkklich der Dieb; die Tasche und wa« sonst außer dem baarem Geldein ihr gelegen, hatte er bereit» in die Elbe geworfen Das baare Geld trug er bi« auf die Summe von Einhundert Thalern, die er einem anderen Knaben geschenkt, nrch bei sich. Der kleine Dieb ist der Sohn eines hiesigen Schneidermeister« und geht noch in die Schule. — — Gewerbe-Vereins-Versammlung am 24. Oct. (Schluß.) Der Bericht über den Chemnitzer Tewerbetaz. zu welchem der VereinedieHrren vr. Rentzsch und Goldschläger Schulze entsendet hatte, bildete den Haupttheil der diesmaligen Verhand lungen. Aus den Chimnitzer Protokollen, welche gedruckt Vor lagen, wurde den gegenthciligen Aussagen mancher hiesiger JnnungSfreunde gegenüber nachzewiesen, daß ein Antrag auf Beibehaltung der Innungen gerade von Dresden und Glas hütte eingebracht worden »st. Referent beklagt, daß grade dieser Punkt von hiesigen JnnungSschwärmern verkehrt aufge faßt und zum Gegenstände von Beschuldigungen und Agita tionen gemacht worden sei, die weder dem Vereine, noch jenen Personen zum Segen gereichten. Herr Tischlermeister Robe erklärt dos Forterhalten der Innungen für Wahnsinn. De Innungen hätten jetzt keinen w-iter«n Zweck mehr» als Quar- talaelder und Alimente rinzuziehen. Herr Photograph Schütze bedauert, daß man seine in einer früheren Sitzung gethane «eußerung; „da» Gewerbegesetz hat den Innungen den Todes stoß gegeben" dahin v rdreht habe, daß er beantragt habender Gkwtrbeverrin solle ihnen diesen Todesstoß versetzen. Herr Elauß findet rS bei dem Wachsen des VireinS ganz natürlich, daß die Gegensätze zwischen Theoretikern und Praktikern, zwi schen Jnnung-lrutrn und RichtinnungSleu'en immer schroffer bervortreten müßten, wünscht aber, daß es so. wie »« bisher «n Vereine gewesen sei, auch bleiben möge; daß nämlich der Praktiker von dem Theoretiker u»d d« Theoretiker von dem Praktiker kerne. Gehe doch dkr Theorie «st au« der Praxi« hervor und liege doch wiederum in richtig« Theorie die Bürg- schaft für da« Gelingen der praktischen Ausführung. Seien Mitglied« der Innungen etwas hart ausgetreten, so müsse man bedenken, daß eine angegriffene Wunde schmerze, und eine solche sei den Innungen durch das Gewerbegesetz inso fern beigebracht worden, als man ihnen alle früher ausge übten Vorrechte entzogen habe Redner mahnt schließlich, den Frieden, durch welchen der Gewerbeverein und das Dresdner Gewerbe bisher stetig gewachsen sei, höher zu stellen, als die bloße Ansicht. Eine Anzahl kleinerer Borträge mußte, da es schon H11 Uhr war, auf die nächste Sitzung verschoben werden; nur wurden noch auf 6 verschiedenen Punkten die jetzt vielfach im Handel verkommenden Pharaonsschlangen abgebrannt, und dabei zugleich aufgefordert, sich vor den aufsteigenden Dämpfen ebensowohl als vor Berührung der Schlange mit Eßwaaren zu hüten, da das Material „Schwefel Cyan Quecksilber" Gift sei. Nächsten Freitag wird der Verein zum ersten Male einen Familienabend veranstalten. — Verschiedene Lesarten. Der Wandrer, welcher im Großen Garten von der Hauplallee links sich in die Büsche schlägt und einen Seitenweg betritt, findet dort eine War nungstafel mit folgendem Text: „DaS Bereiten dieses Wege- wird mit Pferden geahndet!" Es entsteht blo» roch die Frage, wie dieses „Geahnde mit Pferden" ge macht werden wird? — Am dritten JahrmarktSabende ging'- auf dem Pir naische» Platze „wie toll" zu. Die sogenannten Quirlleute, die daselbst feil haben, hatten in der dort an d« Ecke d« Pirnaischrn Straße belesenen Günther'schen Wirtschaft Streit bekommen und sich geprügelt, so daß dabei die große Spiegel, scheibe der EingangSthür. die 6 Thir lostet, platzte. Ein Bemdhändl« f 'ihlte sich von einem Quirlhändler wegen seiner Verkaufsstelle beeinträchtigt und latschte seinen Gegn« in den Holzwaaren herum. Einigen der Kämpfenden platzten auch die Kleider an verschiedenen L ibeSstellen, und so stand namentlich Liner von ihnen lange Zeit draußen, dessen Bein kleider nirgends mehr Halt hatten. Daß die Nähte geplatzt waren, sah man ganz genau, abe. ebenso genau sah man auch, daß sich noch andere krankhafte und auszubessernde große Stellen daran vorfanden. Wie lange der Quirlmann dort gestanden haben mag, ist nicht bekannt — ES scheint, als ob wir anstatt d« Cholrraepidemie von rin« auf den Diebstahl von Kinderwagen gerichteten Epidemie heimgesucht werden sollt»». Schon wieder hat, wie un« mitgetheilt wird, eine Frauensperson am gestrigen Tage den Versuch gemacht, einen Kinderwagen zu stehlen, ist aber dabei erwischt worden. Es sch-int sich «ine ganze Bande von Frauenspersonen zusammengrthan zu haben, die es auf die Kinderwagen abgesehen hat. Denn allemal ist es bis jetzt eine ander« Frauensperson gewesen, die bei dem Diebstahl de» Kinderwagens ertappt worden ist. — Ein auswärtiger, mit Schnaps und Kuchen feilhal tender Krämer war während deS diesjährigen Jahrmarktes wiederholt von einer ihm gänzlich unbekannten Mannsperson heimgesucht worden, die unter der Versicherung langjähriger Bekanntschaft und Freundschaft <S bei dem Genuß von Schnaps und Kuchen sich hatte wohl sein lassen, ohne dabei jemals an seine Verpflichtung, der des Bezahlens, zu denken Als sich dieser unbekannte Freund an der Mittwoch Abend dem ihm entgegenlächelnden Stande wiederum nähert, um daS alte Ma növer zu «neuern und sich am Schnaps und Kuchen gütlich zu thun, erinnert ihn der Inhaber des Standes zunächst an seine rückständigen Verbindlichkeiten. Da war die Freund- schaft auf ein Mal aus Der Freund ve» sicherte, daß rr diese schnaps- und kuchenreiche Stätte vorher noch nie betreten; Zeugen, die ihn wiedererker.nen sollten, waren nicht da und so hatte der Standinhaber das leere Nachsehen — Am 20. d. M. wurdin beim Planiren einer dem Gutsbesitzer Werner in Ellefeld bei Falke, stein zugehörigen Wiele in einem ehemaligen Tcichdamme ein irdener Topf mit circa 450 Silber- und 2 Goldmünzen ausiefunden. Die «rsteren sind von Silberblech und haben die ungefähre Größe von Zebngroschensticken. die letzteren Größe und Gewicht von Ducaten. Das Gepräge der Münzen »st ziemlich gut erhalten ^ — „s'wird besser gehn, die Welt ist rund und muß sich drehn!" singt der Narr Wamba. So dachte auch ein inventiöser Schuhmacher indem er sein Augenmerk auf den Sti-felabsatz lenkte, der nicht selten bei vielen Herrenstiefeln nur allzubald e ne schiefe Richtung annimmt. Umtriebe im Kopfe sind gefährlich, aber unten am Stiefel können sie nur dem Fortschritt dienen, drnn wenn aul irgend einer Stelle des Absatzes eine schiefe Ansicht zu Tage kommt, wird er gedreht und scmtt das Gleichgewicht und die alte Ordnung wieder hergrstellt. W« sich von diesen praktischen Umtrieben überzeu gen will, bemühe sich in den Laden de« Schuhmacheimrist« Knöfrl, gegenüber dem Cafü FranyaiS. — Haynichen, 26. Oktober Mittag»: Enthüllung des Gellert-DenkmalS. Die Stadt prangt im größten Festschmuck. Beginn des FeflzugS jlO Uhr. Hohe Gäste viel. Leid« Regen. — In dem unweit Pirna romantisch gelegenen Dorfe Wehlen beging am letztverstoffenen Sonntag der dortige Pfarrer, Herr Or pkil. jnd. Weigert sein SOjähriges Lvn«. jubiläum. Die allgemeine herzliche Theilnahme seitens der dr- s,gen Bevölkerung, sowie seiner vielen Freunde, gaben Zeug- niß von der Liebe und Achtung, welche sich der verehrte, be reits in Mittlern 70 flehende Jubilar, erworben. Die Huld- Sr. Majestät des Königs verlieh ihm das Ritterkreuz des Verdienst Ordens, welche» dem verehrten Jubilar unter herz licher Ansprache des Herrn Sup. Or. Schlurik in Pirna übergeben wurde. Ein Festmahl vereinigte die Theilnehmer im dafizen Erbgerichte, wo nächst dem Toast auf Se. Maj. dm König, verschiedene Andere auf den verehrten Jubilar au« gebracht wurden. — Am Mittwoch den 25. d. M. in d« neunten Stunde Vormittags stand ein Soldat an der bei der Ueberfahrt in Uebigau gelegenen Schloßgartenmau« ohne Seitengewehr. Als er sah, daß sein verstörtes Wesen Verdacht erregte, ging « um den Garten herum, bog in die Feld« nach Kaditz ein, und Nachmittags fand man ihn an d« Buche am Wege zwi'chm Mickten und Kaditz erhängt. — AIS der am 22. Nachmittag» von Chemnitz abgr- gangene Güterzug in die Nähe von Kappel lam, sah der Führer, daß eine auf der Weide befindliche Kuh, die man ohne genügende Aufsicht gelassen hatte, sich innerhalb der Schienen befand. Es gelang rhm, den Zug noch rechtzeitig, anzuhaltcn. — Oeffentliche Gerichtsverhandlungen dom 26. Octob«. Der heutige Angeklagte, d« 26jähnge Hand arbeiter Friedrich Ferdinand Kluge auS ErdmannSdorf, ist mehrfacher Betrügereien und des Diebstahls beschuldigt. Im Juni. Juli und August diese» Jahre» war er in Che.nnrH Dienstmann. Im Jahre 1862 wurde er wegm Betrug» und Diebstahls zweimal mit Gefängniß und 1863 wegen Betrugs mit 11 Monaten Arbeitshaus bestraft. Seine Thaten sind kurz folgende: 1) Er kam zu der verehelichten Schachtmeister Emilie Sophie Besser in Flöh» (?) und sagte zu ihr, ihr Mann schick« ihn, er habe Seiler arbeiten zu bezahlen und habe kein kleine» Geld bei sich, sie möge ihm doch 1 Thlr. 22 Ngr, 5 Pf. senden. Natürlich hat'e Kluge keinen solchen Auftrag erhalten, er kannte zufällig die Verhältnisse der Leute, wie auch die der übrigen Verletzten. Er erhielt das Geld von der Veff.r, er behielt es für sich und ging ab 2) Er kam zu einer gewissen Johanna Christiane Flitsche, der Mutter deS GlasermeisterS Fritsche in Lauter. Mit ihr wohnt ein andrer Sohn, David Fritsch«, zusammen. Dorthin brachte er einen B.ief, angeblich vom Glasermeister, der in Grünhainichen wohnt und gab sich für dessen Gesellen au». Dieser Brief wird Heu!« verlesen und lautet so: „Lieber Bruder! Du wirst e» woU. nicht ungütig nehmen, daß ich Dir einen Gesellen schicke. Ich kann eS Dir aber nur mittheilen, daß ich am Donnerstag im Gasthofe betrunken war. Ich hatte schlechte Men'chen bei mich, die mir mein HauS abschwatzten Ich muß nun hun dert Thal« für den Handel geben, damit er rückgängig wird. Sei so gut und mache ein Paar Thal« zusammen, ich muß eS bis morgen haben rc. Dein Dich liebender Bruder I. Fritsche." Der Sohn David gab hierauf ihm 4 Thal«, er nahm den Brief wieder mit, das Geld behielt er für sich. 3) Mit demselben Briefe ging Kluge zu ein m andern Bruder aus dieser Familie, zu dem Schloffermeifler Carl Heinrich Fritsche in Marienberg. Dort machte er dasselbe Manövir, er erhielt aber nichts; denn der Schlosser behielt den Briet an sich, weil « sah, daß das nicht seines Bruder» Handschrift war. Er schrieb an seinen Bruder, erfuhr den Schwind»! und zeigte die ganze Sache der Polizeibehörde an. Viertens kam er wiederum im Aufträge der GlasermeisterS Friische in Grünhainichen zu einem andern Bruder, Carl Gottlob Flitsche in Dörlel. Er traf aber nur die Frau an. Hier gab er sich wiederum für den Gesellen des Glaser» a»is und wollte Geld. Referent hat hier nicht verstehen können, ob er Geld erhalten oder nicht. Aber lie Familie Fritsche ließ er noch lange nicht in Ruhe; denn er kam 5) noch zu dem Schwager deS Schlossermeisters Friische, zu Johann David Brey« »n Grum- bach. Da hatte er einen andern Brief bei sich, rer zwar aus feines Papier geschrieben, aber ebenso unorthographisch und unleserlich fabricirt war, als der vorige. Diesen Brief zeigte er vor und gab sich nunmehr für den Gesellen des Schloss« - meisterS au» Komisch ist die Unterschrift des Bri frS, sie lautet: „Drin Dich liebender Schwag-r und Mutter." Hi« «hielt er endlich 6 Thal«, die er ebenfalls sÄ sich H»Heu- bete. Im August dieses Jahre» kam Kluge zu dem BergaiL^ beit« Müller in Obrrdöhlrn und brachte einen aus rothe» Post-