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Sonnabend, 7. Oktober 1883. «r. 28«. -Frschrmt: «l«lich früh 7 Uhr. Anferate »erden angenommmr ««NbendSÜ.Sonn- tag« bi, Mittag» 18 Uhr: Marienftra»e 18. Uuzeig, in dies. Blatt,, da, jetzt Uxemplarrn rrschriut, ßndrn rin, erfolgreich« Verbreitung. »ruck und «tge-thuw der Herausgeber: Likpsch «t «tichardt. - Verantwortlicher Redacteur: Julius VKtthardt. Abonnement: BltNtljährlich 20 bei unentgeldlicher Lir< serung in', Hau». Durch die König!, Pof vierteljährlich 22 Rgr Einzel«« Nummer» 1 Ngr. Inserilenpreise: Für den Raum eia» gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Ling^ sankt" dir Z»U» r Ngr. D»e<d*«. den 7. Octobrr. — Se. Majestät der König hat dem zeiiherigen Ober, lehrer am Gymnasium zu Wernigerode u> d Gräflich Etoll- berg'schen Bibliothekar Professor I)r. Ernst Förstemann die bei der Königlichen öffentlichen Bibliothek allhirr erledigte Stelle de« ObtrbibliothekarS übertragen. — Dem Vernehmen nach hat der König d?r Wittwe des verstorbenen Ilr. Wolssohn ein Geschenk von 300 Thlrn zu- strllrn lassen. s- Der erste Band von Dantr'S göttlicher Cornödie in der Uetrr etzung und Benbritung Sr. Maj des Königs Johann von Sachsen (pseudonym: PhilalelheS) ist soeben vom Tmb- ner'schen Verlage in Leipzig auSgegeben worden. Obwohl der Hohe Herausgeber in der Vorrede erklärt, dak ihm Zeit und Kräfte zu einer förmlichen Umarbeitung gefehlt hätten, so zeigt doch eine oberfläch'iche Vergleichung mit der früheren Aus gabe. daß namentlich der Commentar unter gewissenhaftester Berücksichtigung der reichhaltigen Dante-Literatur nicht ohne bedeutende Zusätze und wesentliche Verbesserungen geblieben ist. Sicherem Vernehmen nach hat der König sogar die letzte Cor- rectur der Druckbogen selbst besorgt. Die Ausllattung des Buches ist sehr elegant, der I. Band 18 Druckbogen mit dem Portrait Dante's in Stahlstich, einer Karte und zwei Grund- rissen der Hölle kostet 2Z Thlr. — Wie vorsichtig Jedermann mit Chemikalien umgehen muß, namentlich wenn er die oft explodirenden Wirkungen nicht kennt, beweist folgender Fall. Eine Familie auf der Pirnaischen Straße ist auf eine etwas unerträgliche Weise mit jenen rolhbraunrn, sechsbeinigrn Thierchen geplagt, dir in Dresden nur zu bekannt find und den unappetitlichen Namen „Wanzen" führen; ein guter Freund giebt nun dem Fami- lienoberhauple den guten Rath, rin Gemisch aus Schwrfe- säure (Vitriol) und Terpentinöl in die Glinsen der Betten, Wände und sonst einzustreichen; die beiden Flüssigkeiten wer den in einem Glase zusammengebracht und dann, weil man mit der Wirkung nicht bekannt ist, heftig durcheinander ge- schüttelt, in dessen Folge der größte Theil dieser furchtbar ätz-nden Flüssigkeit aus dem Glas« herausspritzt und unglück licher Weise das Gesicht der armen Gattin dem ganzen Um fange nach trifft. Die entsetzlichen Schmerzen d,c armen Frau kann man sich denken, und rst sogar das Augenlicht bis heute noch nicht wieder erlangt. — An dem prächtigen Herbsimorgen des letzten Sonn tags bewegte sich ein Zug jugendlicher Gesichter unter Musik begleitung und mit wehenden Fahnen über den Altmarkt und die Bürgerwiese nach Strehlen zu. Es waren über 300 Mann der vereinigten Dresdner Turnve eine, die diesen Tag eine Gauturnfahrt nach Kreischa und Dohna abhielten. Auf dem Schießhause in letzterer Stadt wurden, nach der Begrüßung durch den Herrn Bürgermeister, einige Freiübungen abgrhal- ten. Der Rückmarsch erfolgte um 7 Uhr und war vom schön- sten Mondschein begünstigt. — Fruer ist ein schrecklicher Ruf, Angst, Bangigkeit, Schreck folgen ihm. Wird da nicht Jeder froh sein, wenn er weiß, e» ist schnelle Hilfe vorhanden, die mit Muth und Kraft da« Element bezwingt, dabei Gesundheit und Leben zum Wohl der Mitmenschen aber auch riSkirt. Darum fassen wir unsere Feuerwehren in's Auge, gönnen wir ihnen den Ruf der Exactität, kaffen wir aber selbige nicht allein für ihre Kran ken und etwaigen zu Verunglückenden sorgen. Möge daher das zum Besten der Kranken- und Unterstützungskaffe der Turnrrfeuerwrhr zu Plauen bei Dresden im Park zu Reise- Witz auf Sonntag den 8. Oktober abzuhaltende große Eoncert von der Pohl'schrn Capelle (1. Brigade) und dem Gesang verein „Saxonia", verbunden mit praktischen Uibungen der Feuerwehr an dem extra dazu erbauten Steigerhaus, wozu die verschirdcnen Commandos »er nachbarlichen Feuerwehren ihre Mannschaften mit Bereitwilligkeit schicken (die Abendstun den find dazu bestimmt, da Fackel- und bengalische Beleuch tung den Eindruck des SteigenS und Löschens er höhe r), auch den Erfolg haben, daß bei dem billigen Entrse von 21 Ngr. doch der der Cafle zufließende Theil der Einnahme wiederum einen glänzenden Beweis von Gemein, und Wohlthätigkeits- finn der Dresdner und Umgegend geben möchte. — Heut: früh um 7 Uhr ging mit der Böhmischen Bahn auf Befehl des K-iegkMinisteriums eine Abtheilung In fanterie und zwei vierspännige Trainzüge nach Gottleuba ab, um den dortigen vom Biandunglück Heimgesuchten in Hin wegräumung des Schuttes, Einrichtung neuer Quartiere re. hülfreiche Hand zu le.sten. — Heute tritt im zweiten Theater Frl. Finetle nach längerem Unwohlsein und zwar, was ihrem Herz-n Ehre macht, zum Besten einer von den Mihhelligkeiten des Lebens oft und hart betroffenen Familie wieder auf. Zur Aufsüh- nmg kommt das beli'btk Stück de- bekannten Lustspiel-Dich- Kr« R. «enrdix .Lungfer Grrt'l, oder Sonst und Jetzt". — Das Probeaustreten zur Neubesetzung der Director- stelle teS Witting'schen MusikchoreS durch Herrn Musikdirektor Strauß aus Karlsruhe (Sohn des Kapellmeister Sirauß da selbst) war beim vorgestrigen Symphonie-Concert im Lincke'schen Bade vom besten Erfolge begleitet. Das geschickte, feurige und sachverständige Dirigiren des jugendlichen Mannes rief den größten Enthusiasmus des Auditoriums hervor. Bei dem heutigen zweiten Auftreten desselben im Lincke'schen Bade wird man wiedeiholt Gelegenheit haben, das Obengrsagte bestätigt zu finden. — Bei d:m schrecklichen Feuer in Gottleuba am 3. dss sind in Folge der großen Trockenheit und des Wassermangel» trotz der herbeigeeilten 14 Feuerspritzen in wenig'.» Stunden 56 Wohnhäuser (incl. des RathhauseS), II Seiten- und Hin- tergebäude, 21 Scheunen, 20 Stallgebäude und 24 Schuppen in Asche gelegt und dadurch 102 Familien mit 405 Köpfen des Obdachrs beraubt. Die AuSzüglcrin Wolf wurde vor Schreck auf dem Felde vom Schlage getroffen und todt he - eingebracht. Anfänglich entstand da« G-rücht, Kinder hätten das Feuer verursacht, doch hat sich dies nach den angestellten sorgfältigsten Erörterungen nicht bestätigt: vielmehr ist die wirkliche Entstehungsursache noch nicht ermittelt. — Der in Lauchhammrr ausgesührte Guß des Grllert- DenkmalS f4r Hainichen wird als sehr gelungen bezeichnet, und da das Werk bi» Mitte Oktober dieses Jahres ciselirt sein wirb, so ist die Enthüllungsfeier des Denkmals auf den 26. Oktober festgesetzt. — Der bedeutendste Meßdiebstahl ist am 3. d. Abends im Leipziger Schützenhause vorgekommen. Man hat einem fremden Kaufmann eine Brieftasche mit der bedeutenden Summe von circa 40.000 Franc» au» der Brusttasche entwendet. Der Kaufmann hatte das in 100 Francs-Billets bestehende Geld bei einem Banquier verwechseln wollen, wegen de» niedrigen CourseS aber vorläufig wieder abgesehen und das Geschäft auf den andern Tag verschoben. — Von Sonntag, den 8. Oktober an, werden die Sonn- tagsconcerte in der großen Wirthschast des Kgl. großen Gar tens von dem auch für Streichmusik eingerichteten Militär- musikchore der Leibbrigade, unter Leitung des Musikdirektors Kunze abgehalten werden, wLhrend Montags wie gewöhnlich Sinfonirconcert vom Witting'schen Musikchore stattfindet. — Wir werden um Aufnahme nachstehender Zeilen er sucht: ,Jn den letzteren Sonntagen bemerkte man freudig bei dm evangelischen Hofgottesdienst, daß während des Gesänge- vom Hauptlied ein Kirchendiener einige verschlossene Eitze öffnete, damit Etliche der Kirchengänger Platz ergreifen konn- ten, die vorher immer stehen mußten. Möge man doch mit dieser löblichen Einrichtung ferner fortfahren, der Dank vieler Kirchenbesucher wird nicht ausbleiben". — Vorgestern (Donnerstag) Nachmittag 4 Uhr sollte die Fortsetzung der neulich schon begonnenen Hauptverhandlung gegen Rothe fortgesetzt werden. Herr I)r. Lehmann war er schienen, ebenso eine große Menge Publikum. Der Angeklagte selbst aber hatte eS vorgezogen, nicht zu erscheinen; deshalb wurde die Sitzung auf's Neue bis Sonnabend Nachmittag 4 Uhr vertagt. — Die bei Wold. Türk soeben erschienene Schrift: „Die Revision der Grundsteuer, ein Rückblick auf die Verhandlun gen des letzten Landtages" beleuchtet diese Frage ausführlich und sichert dem Schriftchen ein großes und allgemeines Jnlercffe. — Eine Nachtwächtercolonie bei Dresden! Das Dorf Reinberg zwischen hier und Dippoldiswalda ist ,u einer Nachtwächtrrpflanzschule geworden. Und das geht so zu. Ein bestimmter Nachtwächter existirt dort nicht sondern Jeder, der sich dort ankaust, muß an die Reihe, das heißt, wenn Einer seine Nacht abzewächtcrt hat, dann trägt er die Insignien seines hochwichtigen Am«eS zum Nachbar, übelreicht sie feierlichst mit dm Worten: ,.Hier is es Horn!" und ver schwindet. Der Nachbar nimmt nun sofort die von seinem Vorgänger fallengelaffene Amtsmiene an — und schreitet mit Riesenschritten in d,e Reinberger rabenschwarze Nacht hinein. So hat nun Rernbeg dre zehn Nachtwächter, eine böse Zahl! Emer davon muß natürlich zueist sterben. Das Ankäufen von Grundstücken will in Reinberg schlecht von Statten gehen, da ein so gewaltige» Amt damit verbunden ist — In Crimmitschau ist gelegentlich eines Rcparatur- baueS an der dortigen Kirche ein schau-iger Fund gemacht worden. Beim Durchbrechen einer Nische kam nämlich ein menschliches Gerippe zum Vorschein. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß e« dir Uebrrreste eines WeibrS sind, welches dort in der finstersten Zeit religiöser Barbarei lebendia ein gemauert wurde. Luftlöcher, welche in drr Höhe der Hüst.n des unglücklichen Opfer« angebracht waren, sprechm dafür, daß daffelbe nicht den ErstickungS-, sondern den Hungertod sterben mußte. — Man vermuthet, daß daS unglückliche Ge schöpf eine Norm« gewesen ist, indem diese Kirche früher zu einem bi» grgm Ende des 30jährigen Kriege- bestandenen Kloster gehört hat. Die Gebeine find vorläufig sorgfältig auf, gehoben worden, bis weiter darüber verfügt wird. — Oeffentliche Gerichtsverhandlungen vom 6. Octobrr. Carl Friedrich August Himmer auS Lommatzsch, ist wegen Creditbetrug, thätlicher Beleidigung und Kö-p-l Ver letzung zu 3 Monate Gefängniß verurlhrilt. Eine gewisse Ernestine Rosalie Hille reichte am 6. März d. JahreS durch den Advocat Schulz eine Wechselklage gegen ihn rin. Sie hatte ihm 25 Thaler geborgt, das heißt, es waren wieder zwei „Agenten" im Spiele, so daß er 7 Thaler weniger er. hielt, als er schreiben mußte. Am 5. Februar 1865 hätte er zahlen sollen, er recognoscirt« den Wechsel, konnte aber nicht zahlen. Am 22. März ging ein Schreiben der Hille in Lommatzsch rin, in welchem sie denunzirr, daß Himmer gesagt» er sei HauS- und Feldbesitzer, was aber erlogen wä-e; da» sei er einst gewesen, die Grundstücke aber habe er seiner Frau schon vor Jahren verkauft. Er habe daher auf bei rügerische Weise sich das Geld verschafft. Das Gericht zu Lommatzsch zeigie an, daß Himmer allerdings 1858 als Grundbesitzer eingetragen gewesen, am 14. Mai 1859 aber sei seine Frau als Besitzerin eingetragen und er gestrichen worden. Er sagt, er habe sich blos aus Ueber ilung „H.us- uno Feldbesitzer" unterschrieben. Er brauchte gerade Geld, und hatte in der Hypothelenversicherung zu Dresd-n 13 Thattr und einige Groschen zu zahlen. Himmer's fernere Anklage lautet aber noch auf thätliche Beleidigung und Körperverletzung. Der Lommatzscher RathSdiener Geißler hatten ihn mit Hilfe zweier GenSd'arrnen arretirt und an den Sladtrath abgrliefert. Er hatte zu Hause Excesse verübt und Frau und Tochter gemiß- handelt, diese waren um Hilfe bei der Behörde eingekommen. Wir hören da von Waflerkübel Umstürzen, von Treppenhinu«, terwerfen, Püffen und Stößen Als nun der RathSdiener anrückte, verbarrikadirte sich Himmer in Hause, das er ver schloß Endlich kam er mit einem Schaufelstiel bewaffnet heraus, auf Geißlern los und rief: „Was wollen Sie in meinem Hause?" Er schlug dabei mit dem Schaufelstiel auf ein Ach selbem Geißlers, so daß es mit Blut überlief. Herr Staatsanwalt Held ist für Herabsetzung der Strafe Der Gerichlshof verringert die dreimonatliche Haft in eine drei- wöchentliche. (Schluß morgen.) — Hauptgewinne 5. Elaste 68. königl. sächs. Lande»- Lotterie Ziehung vom 6. Octobrr 1865. R«0««« Tlilr. aus Nr. 75274. L«««0 Thlr. aus Nr. 60540. S«««Thlr. aus Nr. :18898. »««« Thlr. aus Nr 37213 67446 6814!. !<»<»«» Thlr. aus die Nrn. 1349 9137 11122 15763 18706 22064 23091 25657 29568 29657 30811 35042 38882 39162 41053 44802 55373 57169 71331 73902 74021 74048 77579. ION Thlr. auf die Nrn. 432 1916 3725 6884 9147 9785 10790 12540 14901 16915 23977 25653 20202 26436 28594 32881 38448 43247 43993 14128 40302 46647 47077 47344 48104 50627 54189 57295 002>3 62020 >-3027 «>3267 70324 70668 70882 74684 76286. L«U Tl'lr. aus die Nrn. 33(0 3844 5598 8697 10709 15549 17740 19471 22676 26938 2808-4 35048 35326 41918 42326 43067 45642 4817!» 19307 52152 53655 55431 55459 60819 >11665 62739 07-011 67746 68307 68585 689>>6 69172 69733 71457 71497 7 3187 7 5882 7 0339 77516 78501. LsgeSgesHttHL». O esterrerch. Der Majorität der reichsräthlichen Staats» Schulden-Commission hat sich zu der Erklärung vereinigt: „Sie krachte durch Sistirung des ReichSralhs auch ihre Mis sion als sistirt". Die Regierung wollte >hr ab>r auch alle Controls über die neuzumachenden Schulden entziehen. — Auf dem Obelisk, der am Grabe der im März 1848 Gefal lenen steht, ließ der Minister Schmerling keine Inschrift an» bringen, Minister Belcrebi hat es gestattet. — Die Lehrer der Stadtschulen Wiens erhalten eine Gehaltserhöhung und endlick auch ein Pensionsstalut. — Preußen. Der Gesandte in Rom, Baron Arnim, war kürzlich sehr verwundert, daß Cardinal Antomlli vollständige Kinntniß von seinen' eben erhaltenen Depeschen hatte. Die Indiskretion muß in Berlin erfolgt sein. — Die Krcuzzeitung zählt jetzt schon den Schlesw gern die Segnungen auf, mit denen sie Preußen beglückt hat, und die erst der Vorschmack der Seligkeiten siin sollen, welcher sie als wirkliche Preußen iherlhaftig würden. — Der frühere churhcssische Leutnant von Löhberg, der b.kanntlich ohne Genehmigung seines Kriegs herrn bei Düppel mitfocht, ist als Pr>mierlrutnant im 46. Inf. Regt, ernrangirt worden — Für den Dienst der Schutz- mannschalt — Polizei — wird in Berlin ein Dampfbcot angeschafft — Die Berliner Handelskammer hat sich in Folge Anfrage für Beschränkung der Leipziger Neujahrmeffe aus die Zeit vom 2—1ü. Januar ausgesprochen. — Die Nordd. Allgrm. Zeitung jukulr ohne H>hl über die preußischen Er folge in v,n Herzozthümeen. Werl sie eine Niederlage de» Re» präscntativsyilemS seien. Die parlamentarischen Bestrebungen haben nach ihr jetzt zwei starke Schläge erhalten, tie Auf» Hebung der Verfassung in Oesterreich und dir Gastrin« Con-