Volltext Seite (XML)
zehnter Jahr«. / «Frs«eirtt: ! «glich früh 7 Uhr. Inserate t ßnrdeu «igknomm«: tt« Avends 6,Son»<- ^tagü bi« Mittag» 1L Uhr: Warienstraße 1». Anreig in dies. Matt«, da« jetzt tu IL«V<» Up«plare, erscheint, Pnde» eine erfolgreich« verbnitm«. Montag. S Oktober 1868. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Arabisch. Msnne»e«k «ittttljiihrlich 20Agki bei «nentgeldlichrrLK» serong in'« Hau«. Durch die NSnigl Pos vierteljährlich 22 Ng, Einzel«« Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreis: Für den Raum rtn«l gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Sing»« sandt" die Zeile 2 Rgr. »ruck «ch Mgruthur» der H,rau,geber: Liepsch Er Netlhardt. - Verantwortlicher Rrdactrur: SnttUS Nrtchardt. D»«sd<« den 2. Oktober. — Frhr. v. Raule ist aus Wien wieder in Dresden «»gelaugt, um abermals den Borst- in der Commission zu übernehmen, welche «in gtmeinsames deutsche- Obligationen recht zusammrnzustellen berufen ist. Es erübrigt noch die zwrite und letzte Lesung de« betreffenden Entwurfs, und dürfte die ganze Arbeit im Lauf« de» Winters beendigt werden. — Die General-Agentur der Dresdener Feuerversiche rungs-Gesellschaft läßt in der „Hamburger Reform" berichti gen: daß sie bei dem Brande des Meloch'schen Etablissements in Altona nicht mit 80,000 Mark Banko, sondern nur mit 8000 betheiligt ist. — Die Victoria kloxia im König!, botanischen Garten entfaltet ihre Pracht immer mehr und mehr und zieht eine große Menge Naturfreunde an sich. Für einen solch' erhübe nen Genuß ist der Eintrittspreis (l Ngr) fabelhaft billig, denn die Ri'esrnblätter der königlichen Pflanze find ein Theil de» göttlichen Buches, auf welche seine Allmacht so deutlich geschrieben steht. — Vorgestern Sonnabend in der Nacht um 11 Uhr entstand auf der Landhaus straße in dem Hause von Brück mann und Weingärtner abermals ein Brand und zwar in denselben Räumen wo Oele und Photogen aufbewahrt werden und sich unlängst ein gleiches Ungemach zutrug. Es wurde die Turnerfeuerwehr Herbeigerusen und der aufdämmernde Brand noch im Entstehen baldigst gelöscht Abermals zeigt diese traurige Wahrnehmung, wie gefährlich eS ist, mitten in der Stadt und in belebten Häusern solche feuergefährliche Gegenstände aufzubiwahren. — Sonderbare Geschäftseröffnung. Am Sonn tag früh wollte ein eoulanter Geschäftsmann auf der großen Kegelgaffe rin Weingeschäft eröffnen Alles war bestens vor bereitet Aber in der Nacht vorher halten schon einige Lang finger da» Geschäft selbst eröffnet, nämlich den Keller erbro wet Fl chen und zwei Vormittag finden folgende Verhandlungstermine statt: Um 9 Uhr Gerichtsamt Radeberg (unter Ausschluß der Oeffent- lichkeit) wider Carl Gottfried Philipp und Johanne Juliane verehel. Tillig, beide in Lomnitz, wegen Ehebruch»; 10 Uhr GerichtLamt Döhlen auf Antrag des Handarbeiters Wünsch mann in Potschappel wider den Bergarbeiter Friedrich Albt» Klötzer in NirdtrhMich wegen unerlaubter-Selbsthilfe; Z11 Uhr Gerichtsamt Döhlen wider den Schneidermeister Johann Georg Gottlob Schiesner in Schweinsdorf wegen Unterschlagung; 11 Uhr GerichtSamt Döhlen, Privatanklagsacho des Ziegel decker» Friedrich Wilhelm Böhme wider den Ziegeldecker Ernst Heinrich Ferdinand Wols in Nirderhäslich; ; 12 Uhr Gerichts- amt Döhle» Privatanklagsache des GartennahrungsbesitzerS Carl Friedrich Schirmer Wider den Fleischhauer Adolph Heinrich Zülchner und den Bäckergesellen Carl Gottlob Nüsgen, stimmt- lich in Zschiedge. Vorsitzender: Gerichtsrath Ebert. Allgemeine Wochenschau. rsr Wern eine Sonnenfinsterniß eintritt, geht eine merk würdige Verstimmung durch die ganze Natur, der sich nichts entziehen kann. Die Blumen schließen ihre Kelche, die Haus, thiere werden unruhig, die Hühner gehen zeitiger zu Neste, selbst die Ameise trippelt ängstlich hin und her. Auch der Mensch, glaubt er auch nicht mehr an der Welten Untergang, freut sich, wenn das Naturereigniß vorüber, die zur unge wohnten Stunde hervorgetrrtenen Gestirne der Nacht ver schwinden, die goldne Sonne wieder leuchten zu sehen. Eine Verfinsterung der Sonne der Freiheit hat auf die Entwicklung der Völker eine gleiche Wirkung und die politische Sonnen finsterniß, die uns der Tag zu Gastein gebracht, wirft bereits ihre dunklen Schatten über ganz Deutschland. Die Zeichen mehren sich, daß zu Gastein die Elbherzogthümerfrage pro visorisch, die Frage der Verfassungen Deutschlands auf längere den beiden Großmächten abgemacht wurde. Wie Zeit von »ffer herau«geholt und noch einige obligate I wir jetzt von Beschlüssen, die einst in einem andern östreichischen Schien. Ein zweiter Leipziger Auerbach'» Kelter, "darstellend den Ritt Faust'» auf dem Weinfass? „zum Krllerloch hinaus l" Somit ist da» Geschäft eröffnet! — Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 30- September. Der heutige Angeklagte, Carl Gottlob Zönnig au» Sadisdorf ist eine jener auf der Anklagebank so sei enen Per söylichkeiten, die schon don Anfang an Bedauern rrtmcken muß. da ihn wohl mehr Umrfahrenheit und Unkenntniß der bestehenden Gesetze, als moralische Gesunkenheit auf diesen ominösen Platz geführt; denn Zönnig kommt im Saal Alle- fremd vor Er sieht sich die Richter an, den Staatsanwalt, die leeren und besetzten Plätze. — er weiß nicht wie ihm ge schieht. Obgleich er erst 1823 geboren, so sieht er doch schon wie ein starker Sechziger aus. Sein AeußereS bekundet, daß er sein Brod mit Händearbeit in Feld und Wald verdient. D.r Holzhändler Carl August Trieme in Nirderhäslich, hatte von einem gewissen Glrditzsch lebendige» Holz gi kauft, da» noch frisch im Walde stand Zönnig hatte nun von Trieme den Auftrag, diese Holzparzeuen zu beaufsichtigen und Stangen und Pfähle darau» arbeiten zu lassen Diese Pfähle sollte er an ei»e» Holzhändler zu Dresden ablieferu, aber kein Geld nehmen, das holte sich Trieme schon selbst. Dagegen aber hatte Zönnig sämmilich« Verläge und die Auszahlung des Ar< veitrrlohnes zu besorgen. Die gegenseitige Berrchnung sollte später kommen. Dennoch ließ sich Zönnig von dem Dresdner Hslzhändlrr das Geld auszahlen, indem er that. als wenn «S sein eigne« Holz wäre So hatte er bi» ü Mai 1865 sich 33 Thaler 1? Ngr. 5 Pf. auSzahlen lassen, wovon er 7 Thaler 8 Ngr. 5 Pf. unterschlug, da er nur das Uebrige als Ver lag später zu fordern hatte Später ließ er sich von dem Dresdner Holzhändlrr 75 Thlr 29 Ngr. auszahlen davon unterschlug er <3 Thlr. 5 Ngr. 3 Pf., während er hier auch nur das Uebrige zus verlangen hat e. Als die« Trieme er- fuhr, ließ er ihn am 11. Juni durch einen GenSdarm verhaf ten, Zönnig wurde aber bald wieder auf freien Fuß gesetzt. Er räumt Alle« rin. macht aber darauf ausmerlsam, daß er dort L0, dort 100 Thaler u s w. noch außen stehen habe, an daß sich ja Trieme sofort hätte halten können, er habe ja das Geld eigent lich nur vorläufig behalten, um diese und andere Arbeitslöhne auszuzahlen, die Berrchnung wäre schon später erfolgt, wenn die Parzellen abgeholzt und daS Material verarbeitet sei. Diesem Allen stimmt der 4sjährige Trieme vollständig bei und sagt, Zönnig habe bloS aus „Dummheit" so gehandelt, sein Geld hätte er schon wieder erhalten, und wenn ihn Zönnig gefragt, ob er die eingenommene Summe unterdeß für sich verwenden könnte, hätte er nicht» dagegen gehabt, da er ja i wußte, daß Jener noch von Andern Geld zu fordern habe. ^Hiernach erklärt Herr Staatsanwalt Held, daß er die Anklage ind ihr Schicksal nunmehr in da» Ermessen der Richter stelle. -Zönnig wnrd« frei gesprochen und ging — nach Sadisdorf — »«gekündigte Gerichtsverhandlungen. Heute Bade, zu Karlsbad, gefaßt wurden, al» für die Freiheit ver derblichen sprachen, wird man einst auf die Abmachungen zu Gastein al« auf de« Beginn einer politischen Finsterniß m Deutschland Hinweise«. Schon hat Graf Bismarck die Theater- sonne des preußischen sogenannten Fortschritts, ein zwiiter Josua, der sein Schwert zückte und zur Sonne sprach: Stehe! und sie stand, zum Stehen gebracht und er konnte eS, weil dieses ganze Sonnenlicht nur eine künstliche Beleuchtung war; jetzt versucht er im Verein mit den konservativen M nistern Oestreichs für ganz Deutschland die echte Sonne der Freiheit und des Fortschritts zu verdunkeln. Ein Gewaltstreich folgt dem andern Die gesetzwidrige Verhaftung und Gefangen- haltung May's, die Untersuchung gegen Twesten, die Einver leibung LauenburgS, die Theilung der Herzogthümer, die Be schimpfung d.r deutschen Farben, die Sprengung der großen liberalen Partei in Preußen, die nicht mehr die Courage hat, zum Abgeordnetentag nach Frankfurt zu gehen und dort Zeug- niß abzulegen gegen die Vergewaltigung der Herzogthümer, das ist der Anfang der Finsterniß. Soll der thatkräftige BiSmaick mit Leuten große Umstände machen, die heute in Berlin sagen: Herzog Friedrich ist der alleinige rechtmäßige Herr von Schleswig-Holstein, und die morgen kein Herz haben, mit ihren deutschen College» in Frankfurt ihre Ueberzeugung zu wiederholen? Da kennt man ihn schlecht, der macht mit solchen Phrasenschmieden dann nicht viel Federlesens DaS böse Beispiel der preußischen Volksvertreter wirkt schon Weier. Ihre Ableger, die Kurhessen sehen auf preußisches Commando: Augen recht»! nach Berlin und übersehen dabei Frankfurt gänzlich. Und nun gar in Oestreich! Gestern gingen die lieben Leute mit einer Reichsverfassung zu Bette und heute stchen sie ohne eine solche wieder auf. Sie ist über Nacht „sistirt" wie es im kaiserlichen Manifest heißt, auf gut deutsch, außer Kraft einstweilen gesetzt. Wer glaubt wohl, daß alle diese Erscheinungen ohne Zusammenhang find? Aber die Schalten der Gasteiner Sonnenfinsterniß fallen auch über Oestreich und Preußen hinaus auf die Mittel- und Kleinstaaten. Schon vernimmt man beunruhigende Gerüchte, daß die Verfassungen, Rechte und Freiheiten der übrigen deutschen Länder bedroht sind durch die Reaktion, die am finstern Tage zu Gastcin emporgeschossen, mit scheelem Auge unsre friedlich-glücklichen Zustände mustert Die Mittel- und Kleinstaaten genießen, mag auch der Einzelne diese und jene Einrichlung und Verfassung anders wünschen, mag auch eine nie zufriedne extreme Partei Alles und Jede» in ihnen bekeitteln und verhöhne«, sie genießen aber doch eine ganze Summe von Glück, Freiheite». R «htm, welche ihr Verfass»"gen gewähr- leisten, die für die Dunkelmänner in Berlin uno Wim nahezu an Majestät»verbrechen grenzen. Auch in een Mitkelstaaten giebt e« Leute, die es gern säh en, wenn, wie in Preußen und Oesterreich die Verfaffung ungestraft verkümmeet werden darf, auch in der Hrimath dassielbe T auerspiel aufgeführt würde. ES sollte uns gar nicht wundern, wenn von der Donau und der Spree her mit Hülfe Gleichgesinnter der Versuch gemacht würde auch in den gesegneten Fluren an der Elbe einige von dm Nachtschatten zu pflanzen, die in schwülen Nächten em stärksten duften, am giftigsten wirken. Wir haben zwar für solche Befürchtungen die eine Antwort: Unser König heißt Johann! wir wissen, daß, so lange das Drei- gestirn Brust. Friesen und Rabmhorp am politischen Himmel Sachsens glänzt, des Volkes Rechte und Freiheiten unangetastet bleib-n, wir wissen auch, daß, wenn das Ausland den Ver such machen sollte auf die jetzigen Leiter unserer Geschicke einen unheilvollen Druck auSzuüben, das Volk wie ein Mann sich an das Banner der Verfassung halten würde ; indiß dürfen wir un» nicht verhehlen, daß die Finsterniß in den großen Nachbar, staaten auch eine so anhaltende werdm kann, daß eine Rück wirkung auf uns nicht auSbleibm wird. TS ist daher Pflicht jedes Patrioten, alle Bestrebungen der wenigen bundrStreuen Neg-erungm in der schleswig-tzolsteinsche-. Frage auf jede Weise zu unterstützen Indem wir für das Recht in dm Elbherzogthümern kämpfen, streit n wir zugleich für die Frei heit im Elbkönigreiche. Sobald wir aber anerkennen, daß die Verschacherung Lauenburgs, die Theilung Schleswig- Holsteins rechtlich erlaubt war, begeben wir uns deS Rechte« unsrer nationalen Exi^enz, unsrer volksthümlichen Unab- t ängigkeit. Wollten wir zugeben, daß die brutale Gewalt in Gastein mit den drei nordischen Herzogtümern umspringen dürste, wie sie wollte, welches Recht haben wir, uns zu weh ren, wenn es denselben Mächten einmal einfiel, um unsre Kleider zu würfeln? In dieser Cardinalfrage sollten wir Deutschen einig sein Wir sollten aber auch nicht so thöricht sein, empfindlich zu protestiren, wenn sich herausstellt, daß wir die Weisheit nicht alleine gepachtet haben Tie politische Weisheit noch dazu ist von jeher nicht unser Erbtheil gewesen, wir sollten uns freuen, wenn des Ausland ebenso denkr und uns moralisch fördert. Jeder lacht über dm allen Magister, der a's das von chm bewohnte HauS brannte, er aber ruhig fortarbeitete, der ihn retten wollenden Löschmam scherst sagte: .,daS Feuer geht mich und Sie nichts an! Melden Sic das dem HauSwirth, ich wohne hier zur Mielhel" und der dabei elendlich umkam. Diese Rolle sollen wir spielen. Orouyn <ls l.kv^s, Lord Ruffel und in neuester Zeit so,ar der Minikcr des absoluten Ruß lands, Fürst Gortschakoff, also alles Leute an der Spritze haben in ihren Depeschen dem Deutschland jetzt verheerenden Elemente des Unrecht« und der Gewalt einen tüchtigen Wasserstrahl entgegengesandt, nun sollen wir ihnen sagen: „da- geht Euch und uns gar nich s an! Wir wohnen in unsren Mittel- und Kleinstaaten blos zur Miethe und Ihr, wenn Ihr uns retten zu wollen vorgebt, Ihr stehlt wahr scheinlich blos etwas von unfern Hausgeräthm. Unsre Haus besitzer wollen unser Bestes!" Ja freilich wollen sie unser Bestes, wir aber wollen es nicht hergebm und darum sollen sie gar nicht erst damit ar.fangen, unsre Verwandten in SchleSwig- Holst.in ans Thermometer zu setzen Nein! Zu solchem Po» litischen Selbstmorde, die unerwartete Hilfe der beiden West mächte und Rußlands bloS deshalb fsrt^uweisen, weil sie dasselbe wollen, w e wir, sind wir nicht verrannt genug Ha! jetzt haben wir die Mittel- und Kleinstaaten, rufen nun die preußischen officiellen Blätter. Von Ihnen gehen einfach diese drei Noten aus Die armen Mittelstaaten! Wie oft mußt-n sie sich von Oesterreich und Preußen den Marsch machen lassen und jetzt sollen sie der Musikdirektor sein, der las Te z tt, daS von Paris, London und Petersburg aufgespirlt wird, mit seinem Taktirstock d .rigir t Klingt dieses Terzett gewissen 2hrm nicht sehr erbaulich — unsre Schul» rst's nicht. Wir haben leis dieselbe Melodie gespielt. Gegen die Stimme des deutschen Volkes verstopfte man aber die Ohrcn mit Wachs. Nun wer eben nicht begreifen will daß Recht Recht, Unrecht aber Un recht ist, kann sich wundern, daß man außerhalb Deutschlands ebenso uriheilt. Daß aber das Nechtsbewußtsein, mag es auch in einem Lande wie in Deutschland jetzt durch die Gasteinrr Sonnenfinsterniß in den Schatten gestellt werden, auf einem and.rn Theil; der Erde, die ja glücklicherw.ise rund ist, in ungeschwächtem Glanze strahlt, daß kein Unrecht einem Volke der Erde von den Mächtigen dieser W»lt zugesügt werden ann, ohne daß ein anderes Volk dasselbe als ein ihm ge- chkhenes Unrecht an sicht und »nt empfindet, das ist die uöaende Gewißheit, die auch die jetzige Sonnenfinsterniß ein mal verscheuchen wird. Wir wissen mit dem Sänger dis Volkes, Uhland, dessen Bildniß in diesen Tagen in Stuttgart enthüllt wurde: Ein Gott ists, der die Sonne lenket Und unaushaltsam ist ihr vaus! ^ußvnkliuili v. 6r. Zi- Veiler s«n Sprech zeit v. 9—12 Uhr. WaifenhauSstr. 8.