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Mittwoch, 87. Gept. 1865. Nuzeig. iu di«s. Blatt«, »a, jetzt io iS««« Tk«nplar«u rrscheint, I»d«l «tu« erfolgreich« »«rbrrilrmg Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drodlsch. Druck «ld vigruthum der Herausgeber: Liepsch Hk Neichardt. — Brrautwortlichrr Redactrur: IuUtlS Uelchardt. Abonnement: vtrrteljLhrlich 20 Mk bei urientgeldlicher Li^» serung in's Haus. Durch die Königl. Pos vierteljährlich 22 Ngr Einzelne Ntummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum «tu« gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Eilige sandt" die Zeile L Ngr. Dresden d.n 27. September. — Ee. Hoheit der Herzog von Vachsrn-Altenburg ist in » MittwaLda eingetroffen. — Se König!. Majestät hat genehmigt, daß der Zoll ' N r«ih Friedrich August Döring das von Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich ihm verliehene Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens annehme und trage. — Der ordentliche Professor der Chemie an der Uni derfität Marburg I)r. Hermann Kolbe, ist zum ordentlichen Professor der Ch-mie in der philosophischen Facultät zu Leip zig ernannt worden. — Auf Einladung deS OrpheusmitgliedeS Casstrer Leh mann tand am ve> stoffenen Sonnabend ein Rendezvous deö Gesangvereins „Harmonie" und des Tresdner „Orpheus" au dem Felsenkeller statt. Die Mitglieder des „Orpheus" zogen W in Begleitung der Frauen Abends 8 Uhr mit bunten Laler » nrn und unt-r Voranlritt des Orpheus-MufikchorS vom Plauen'schen Schlage aus die Chemnitzer Straße hinaus durch das Dorf Plaun und fanden die Mitglieder der „Harmonie" Bereits an der Brücke vor dem Felsenkeller ebenfalls mit bun ten Laternen und. Grubenlichtern aufgestellt, wo man sich durch sH humoittfchen Gesang begrüßte. Der ziemlich große Zug, von H den bunten Laternen und vielfachem bengalischen Feuer wun- , derschön beleuchtet, setzte sich nun, von Herrn Direktor Krimpe U freundlich geleitet, direct nach den großartigen Kellereien des ^ Felsenkellers in Bewegung, in denen der angestimmte Gesang «nd die rauschende Musik von erhebender und mächtiger Wir lkung waren. In der Restauration fand hierauf ein äußerst belebter Commers statt, Musik, Gelang und Reden wechselten und die Direction des Felsenkellers (durch H rrn Direktor Kittler) spendete den herrlichen frischen Gerstensaft in reichem Maß«, weshalb denn auch der Direction, wie Herrn Directvr Krimpe, dem Braumeister und Cassirer Lehmann der wohl verdienteste Dank ausgesprochen wurde. Einer Episode müssen wir besonders Erwähnung thun. Der dort stationirte Bahn wärter Rudolph hatte das Referat über des Eantor I. G. Müller'S Jubiläum in den „Dresdner Nachrichten" gelesen und gehört, daß der „Orpheus" nach dem Kels-nkeller ko nme Sofort entschließt er sich, den Schmuck seines bescheidenen Gärtchens zu opfern und dem Jubilar eine Krone und einen kolossalen Strauß aus lauter Georginen zu überreichen. Ein Mitglied der „Harmonie" nahm Gelegenheit, der Versamm lung mit Bezug darauf mitzutheilen, daß dieser Bahnwärter . Rudolph derjenige sei, wrlcher beim deutschen Sängerfeste einem ^ fremden Sangesbruder das Leben gerettet, indem er ihn vor « dem her. nbrausenden Zuge vom Geleise hinweggerisien und H dadurch selbst Verletzungen, die ihn auf ein mehrwöchentliches KKrnkenlager geworfen, empfangen habe, sofort rührten sich «ach dieser Mittheelung die Hände mehrerer Sängerschwestern, , eine Sammlung für den braven, durch zahlreiche Familie ge y -segneten Bahnwärter Rudolph wurde veranstaltet, die den Betrag von 12 Thlr 20 Ngr. ergab, welcher dem zu Thrä- . nen gerührten Rudolph eingehändigt wurde, ein Silberblick für ihn und seine Familie, wie er selbst erklärte Erst nach . Mitternacht trennte sich die frohe Versammlung auf ein bal diges Wiedersehen. — ES girbt Leut« in der Welt, denen sich das Glück an die Ferse Heft t. zumal im Lottcriesp el So giebt «S in L-ip. -ig einen Kaufmann rer sich rühme.-, kann, seit fünfzehn Jahren in jeder Lstterieziehung wenigstens drei Mal heraus gekommen zu sein und in der letzien Claffe stets mit ei-em Gewinn, der sich nie unter t00 bis tausend Thaler belief. Ein solcher Glückspilz lebt auch in Böhmen, der zu Dresden aus der Collection des Herrn Weickert sein Loos bezieht. Vor zwei Jahr n gewann er 80,000, im vorigen Jahre 1000 Schaler und am gestrigen Tage empfing er auf sein Loos Nummer > 460 das nette Sümmchen von 5000 Thalern. — Heute Nachmittag halb fünf Uhr veranstaltet in der Frauenkirche Herr Gerrit Zillinger, Organist an der refor- «irtrn Kirche, ein Orgel. Concert. wo der ge «„gliche Theil von einer verehiten Dilettantin auSgrführt wird. Das Pro gramm nennt: Präludium (bis ctur) von Bach. Arie aus „MesfiaS" von Händel, für Alt. Sonate von Zillinger Toccata und Fuge (O-äur) von Bach „Eins in Liebe,' Ge- dicht von Sturm, componirt von Zillinger. Sonate von Zillinger — Zu dieser Aufführung werden keine Billeis auSgegcben, doch werden an den Eingängen der Kirche milde Gaben zum Besten des hiesigen BiirzerhospitalsondS «ntgegen- genomm-n. — Vier Damen, welche an dem von den Herren Krause und vr. Schröter eröffneten ,.Kursus zur Vorbereitung jrmgir ' Damen für den Telegraphendienst" sich beteiligt, haben sich der Prüsunr mtterzozen und drei derselben sind als Aspiran tinnen in Pflicht genommen, um nach erlangter praktischer Fertigkeit der Anstellung als Telegraphistin gewärtig zu sein. — Das Dorf Limbach bei Wilsdruff feierte am ver gangenen Sonntag ein erhebendes Fest, nämlich die Ein weihung des dasigen neu reflaurirten Gotteshauses. Diese Renovation war um so umfangreich.r, als die Kirche viel Vermögen besitzt, und haben sich um diese Verschönerung be sonders der Amtsmaurermeister Hoher au- Wilsdruff und der Tischlermeister Sattler aus Tanneberg verdient gemacht. Der als Kanzclredncr bekannte Pastor Kindermann aus Tauben heim hielt die Festpredigt, die zugleich als Erntesestpredigt diente, und der Orispsarrer Seifert dankte am Altar in herz lichen Worten allen Denen, die sich um die Renovation des herrlichen Gotteshauses von Limbach so viel Verdienste er worben. Möge dieser Friedenstempel des Allmächtigen noch lange stehen zur Ehre und zum Ruhme GottrS, ein Zeugniß einer gotteesürchtigen Gemeinde! — Heute Mittwoch findet im königlichen Bezirksgericht eine inpressante Hauptverhandlung in öffentlicher Sitzung statt. - Als Angeklagter sungirt jener mysteriöse Moses Spanier, welcher beschuldigt ist, von dem hüfigen Antiqui tätenhändler Wolf eine Menge Pretiosen und Alterthümer im Werthe von mehr als 3000 Thlrn. betrüzlich an sich ge bracht zu haben. Als Vertheidigrr sungirt Herr Advocat Leskh. — Um etwaigen Mißverständnissen zu begegnen, bemer ken wir zu dem Referate über die in der Untersuchung ge. en Johann August Hempel aus Schandau abgehaltrnen Haupt- Verhandlung, daß nach der in der Verhandlung verlesenen Erklärung d s Staatsanwalts zu Pirna die gegen den Bür germeister Hartung vorgebrachten Beschuldigungen durch die angestellten Erörterungen „widerlegt" erscheinen. — Vergangenen Sonntag hielt der Kötzschenbrodaer Turn verein ein Schauturnen ab. Den Einladungen folgend, welche an mehrere Vereine des GauverbandeS ergangentvaren, halten sich Gäste aus Dresden und Meißen eingefunden. Trotzdem daß der Verein mit verschiedenen Hindernissen zu kämpfen hat und im Verhältniß zu Kötzschenbroda'S Einwohnerzahl sehr schwach ist, fielen die Leistungen befriedigend aus, und ver dient namentlich Herr Barthel für seine Bemühungen, den Verein zu heben, alle Anerkennung. Herr Krüger aus Meißen forderte die Jugend zur fleißigen Theilnahme am Turnen auf, rief den Turnern ein „Gut Heil", denjenigen jungen Män nern aber, welche, statt ihre Kräfte au-zubilden, ihren Körper zu stärken, bei Muttern hinter'm Ofen sitzen und der Phleg- matik verfallen, insbesondere allen Schlafmützen ein kräftiges „Wachet auf" zu — Gegen 6 Uhr passirte Se. Maj. der König mittelst i-^xtrazug auf der Reist nach Mittwcida den Bahnhof Kötzschenbroda und wurde von dem ungemein zahl reich versammelten Publikum und den Turnern herzlich begrüßt. — Das vorgestern Abend auf drr Kreuzung der Lüt tichau- und Sidonienstraße gräßlich überfahrene vjährige Mäd chen, das blühend-schöne Kind einer Wittwe, ist noch den selben Abend in Folge der bedeutenden Verletzungen ge storben. — Der talentvolle 13jährige Sohn des Herrn Kammer musikus Leutert, welcher vor einiger Zeit die E»re hatte, vor II lk. HH. Prinz und Prinzessin Georg seine Virtuosität auf dem Pianoforte durch Vortrag eigener Phantasiefiücke und der schwierigsten Claviersachcn von Bach bis Lihzt zu zeigen, wird Mitte Oktober unter der Aegyde de» Herrn Kapellmei ster Rietz ein größeres Concert geben. — tr. Nachdenklich über des Leben» Last und Mühe zogen vorgestern Abend vier, wenn auch nicht stolze, doch kops. hängerische Rosse einen mächtigen Lastwagen zur Bautzner Straße hinaus, als ihrer Plage auf einmal ein Ende gemacht wurde. Es brach ein Rad und mit Gekrach stürzten die Lasten zur Erde nieder. Kasten, Kisten, Ballen und Rollen Leder mit und ohne Emballage lagen zerstreut umher. Die Haut manches Rindviehs war in den zarten Staub gebettet und dazu sehr bald eine vollständig ausreichende Menge Zuschauer — gewiß ein kleines Bild des großen Straßenverkehrs zur Leipziger M.sse. — Gestern Nachmittag hat sich mit dem Uhr von hier nach Bautzen und weiter abgehenden Zuge auf der schlc- si'chen Bahn, unweit des ersten Bahnwärterhauses, ein junger Mensch von ungefähr 17 Jahren den Kopf glatt vom Rumpfe abiahren lassen. Dessen Persönlichkeit ist noch nicht festge- stellt, aber die gerichtliche Aufhebung alsbald erfolgt. — In Pleiße entstand vorgestern Abend in der achten Stunde in der zum Gute des Fabrikbesitzer Esche in Limbach gehörigen, mit Stroh gedeckten Scheune Feuer, in Folge dessen dieselbe sammt den mit Schieler gedeckten Wohn- und Seiten gebäuden niederbrannten. Sämmtliche Getreide- und Futter- vorräthe wurden ein Raub der Flammen. — Ein Rittergutsbesitzer in der Nähe von BischoffSwerda, welcher als großer Freund der Ja d bekannt ist, obgleich seine Augen nur geringe Sehkraft besitzen, ging die- er Tage mit seiner Doppelflinte und von seinem Hund begleitet, hinaus auf das Stoppelfeld. Daselbst war vor wenig Augenblicken ein dörflicher Wanderer angckomm n, d r aus Oeconomie cs für räthlich gehalten, sich feiner Et eleln zu entledigen und barfuß zu gehen. Ein unnennbares Etwas hatte ihn veranlaßt, sich in ein nahes Strauchwerk zurückzu-- kiehen, während er unterdessen seine Stiese' frei aus dem Stoppelfelds stehen ließ. Der Sohn des Nimrod, der einen Hasen sucht, sieht „weit in nebelgrauer Ferne" die Stiefeln stehen und hält solche für einen Hasen, der ein Männchen macht. Schritt vor Schritt geht es langsam Weiler; vorsich tig wird der Hund zur Seite gehalten, der v.rmeintliche Freund Lampe steht in der besten Schußlinie. Der Herr legt die Flinte an und „Stiefel muß sterben" knallt ec los. Pikas, die treue Hundeseele muß apportiren und — was bringt der Hund seinem Herrn und Gebieter? Ein paar zerschossene riadslederne Stiefeln. — Die Geschichte ist reine Wahrheit, eS darf Niemand Zweifel hegen, daß wir ihn mit diesen Stic« fein haben versohlen wollen. --- Am 23. d. M. kam auf dem Bahnhose zu Flöha der Eisenbahnarbeiter Arlt aus Althörnitz beim Abhängen der Lowrys unter dirselben. wurde überfahren, so daß dir Tod erfolgte. — Vorgestern Abends durchlief das Gerücht die Stadt, daß der Mörder der Birnstein'schen Eheleute in einem vor- malie-cn Soldaten in Riesa ermittelt, und verhaftct worden sei und daß sich derselbe des Verbrechens selbst angellagt habe. Wie wir erfahren, beschränkt sich die angebliche Selbst anklage aber nur auf einige von dem betreffenden Individuum gcthane mysteriöse Aeußerungen, die ihren Ursprung auch in dem geistig und körperlich gestörten Zustande des dem Trünke in hohem Grade ergebenen Manne» haben können. So wün- schenswerth auch die endliche Enthüllung der grauenhaften That zur Beruhigung der immer noch mit Schrecken erfüllten Bewohner Großenhains sein mag, so müssen doch alle hier über auftauchenden Gerüchte nur mit großer Vorsicht ausge nommen werden. Denn nur zu leicht werden durch irgend welche Combinationen Vermuthungen mit Thatsachen in Ver bindung gebracht, die bei näherer Erörterung sich als völlig grundlos erweisen. — Ein Student, der am Montag Abend in seinem Kopf wahrscheinlich etwas zu sehr illuminirt hatte, und deshalb der Illumination auf der Straße entbehren zu können glaubte, wurde in der Nähe der Tonhalle ertappt, wo er eine Gas- lotcrne bestiegen hatte, und im Begriff war die Flamme auszulöschen. — Wir wollen nicht unterlassen, den Hausfrauen, Wirth» schasterinnen, Köchinnen ec. Vorsicht und Aufmerksamkeit beim Durchgehen durch die Reihe der auf hiesigem Altmarkt mit Butter feilhaltenden Weiber anzurathen. Wiederholt sind in der letzten Zeit daselbst Portemonnaies mittelst Tasch ndstb- flahls entwendet worden. Das Gedränge daselbst begünstigt die Ausführung der Taschendiebstähle. — tu. Auf dem bei Gelegenheit des diesjährigen Sänger- bundessestes in Dresden abgehaltrnen Sängertage wurde Dresdm als Vorort für die nächste Periode gewählt. In Folge dessen hatte der allgemeine Männergesangverein zu Dresden 5 Per sönlichkeiten in den Ausschuß, d h. in die aus 25 Personen bestehende Spitze des deutschen Sängerbundes zu wählen. Zu dieser Wahl waren vorgestern die Abgeordneten der erdachten Sänge Verbündung versammelt, und wurden gleich beim ersten Wahlgange mit entschiedener Majorität die um das Sänger fest verdienten Herren: Staatsanwalt Held, Kassner Hart wig, Beamter Noack, Kaufmann Barteldes und Advocat Kretz sch mar gewählt. — Oefsentliche Gerichtsverhandlungen vom 2«i. September. Zwei Angeklagte erscheinen heut vor dem Gerichtshöfe, der Agenturgeschäfte treibende ehemalige Schuh- machcrgeselle Johann Wilhelm Fischer, 26 Jahre alt, und Johann August Hergert, 48 Jahre alt, ehemaliger Restaura teur. und schon Anfang dieses Jahres wegen Anstiftung zur Falschmünzerei zu längerer Arbeitshausstrafe verurthcilt, von >er er aus Zw'ckau hierher tranSportirt worden Es handelt sich um eine Menge verschiedener Wechsel, durch welche sich Fischer auf unrechtmäßige Weise Geld verschaffen wollte, wozu Hergert hilfreiche Hand reichte. Leider zesit dieser traurige Fall auf's Neue, wie sogenannte Agenten die Uokenntniß ihrer Mitbürger im Wcchselfache mißbrauchen und brandschatzen, blos um ohne Mühe und Arbeit sorgenfrei vom Gelde Anderer eben zu können. Aus dem Labyrinth des Prozess s geht pcrdor, daß Fischer von einer hiesigen Hausbesitzerin, die zu- ällig Gels brauchte, um Jemanden damit zu unterstützen, sich zwei Wechsel ausstcllen ließ, jeden einzelnen über 200 Thalcr. Eincn Wechsel nahm er, um der Frau Geld, und den andern, wie er sagt, sich Sicherheit zu verschaffen, wenn der erster« nicht zur rich igrn Zeit ausgelöst werden sollte. Aber ehe