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Nr. 238. Zehnter Jahr«. Freitag, 15. Tept. 18S5. Mcheint: «auch früh 7 Uh». Inserate »«heu <mgen»mn,«a, «aAöendSS,Tonn te» bi, Mittag» IL Uhr: Wdeerienftraste IS. Un^tg. tu dies. Matte, da, jetzt t»II,N«o U,«nptare» «rscheiut. Dndm eine erfolgreich» Verbreitung^ Abonnement: vierteljährlich 20Ngr bei unentgeldlichrr Li»l srrung in', HE Durch die LSuigl-Pos virtteljährlich 22 Rgr Einzel«, Nummer» 1 Rgr. Tageblatt skr Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Arabisch. Inseratenpreise: Für deu Raum eine» gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Tinges sandt" die Zeile r Agr. Druck »ad Nigruthum der Herausgeber: tktepsch hr Nelchardt. — Verantwortlicher Redakteur: JultUS Nkichardt« Dresden, de» 15. September. — Sr. Königl. Majestät haben dem Cantor Carl Gott heit Brückner zu Reichrnbrand aus Anlaß seines fünfzig jährigen AmtSjubiläumS die zum Verdienstorden gehörige Me daille in^Gold, dem Chausseegeld-Einnehmer Christian Gottlob Wagner zu Heinzebank die zum Verdienstorden gehörige Me daille in Silber verliehen und genehmigt, daß der Buchhänd ler David Leopold Voß zu Leipzig das ihm von des Kaiser» von Rußland Majestät verliehene Ritterkreuz des St. Annen- Otdens III. Clafse annehme und trage. — Oeffentliche Sitzung der Stadtverordne ten am 13 Scptember — Herr Adv. Ährenreich hat ein Dankschreiben an die Müschen Collegien gelangen lasten we gen der Theilnahme, die ihm bei Gelegenheit seines bOjähri- gen AmitjubiläumS geschenkt worden. — Die Annenparochie ist bekanwlich ziemlich verschuldet. Die neueren Schulden allein betragen über 40,600 Thlr. Diese nun zu tilgen, sind Pläne «»»gearbeitet worden, wonach jährlich in 3 Terminen eine Parochialanlage erhoben werden soll. Zur Erhebung dieser Abgabe für den jetzt bevorstehenden zweiten Termin giebt das Collegium dem Sladtrathe heute die Ermächtigung. — Zur Erweiterung deS Friedrichflädter Kirchhofes sind 5334 Thlr. erforderlich, welche auch durch Parochialanlage erhoben werden sollen. Die Siadtgemeinde soll sie aber jetzt darlehnSweise zur Verfügung stellen. — Von Ostern 1868 an soll die alte Kreuzschule, wie der Stadtrath dem Collegium vorschlägt, zu Bezirksschule verwendet werden, und zwar so lange, bi» bie phue Bezirksschule auf der Pillnitzerflraße fertig sein wird: — Wegen Inkorporation der Stadt Nendorf in den Getneindrverband der Stadt Dresden ist bekanntlich zwischen SW-Mden Gemeinden «in Rereh vereinbart worden, der der StMtSregirrung zur Genehmigung vorgelegt wurde. Da« Cultusministerium hat aber in diesem Receste daran An floß genommen, daß laut desselben da» Schulgebäude von Neudorf mit in da» Eigenthum der Stadt Dresden gelangen solle, es verlangt vielmehr, daß das Schulgebäude als Echullehn (fromme Stiftung) zu betrachten fei. Die BerfasiungSdeputa- tion aber glaubt, in dieser Bczirhung dem Cultusministerium entgegentreten und einen Vermittelungsvorschlag de» königl. Commiflar» zurückweisen zu müssen, was sie mit so größerem Erfolg« thun m können hofft, als in derselben Principfrage laut einer Verordnung vom Jahre 1859 das Cultusministe rium der Stadtgemeinde schon einmal nachgegeben und eS ge stattet habe, Schulen als städtisches Eigenthum zu betrachten. Ein zweiter Punkt im Receß, das Nachtwachtwesen brtr, hat dem Ministerium des Innern Anlaß zu Bedenken gegeben. Diese« verlangt nämlich, daß Stadt Neudorf für Uebernahme de» Nachtwachtdienfles von S.iten der Dresdner Polizeibe hörde an letztere einen Canon von 200 Thlrn. zahle In diesem Punkte hat sich die Verfafsungsdeputation in eine Ma- jorität und eine Minorität gespalten. Die elftere (freilich nur au» zwei Mitgliedern bestehend, da nur drei im Ganzen in der betr. Deputationssitzung anwesend waren) meint, nach dem Vorschläge de» Stadtraths in dieser Beziehung der Staat», regierung nicht entgegentreten zu sollen, während die letztere (Prof. Wigard) dies zu thun durchaus für geboten erachtet. In der Debatte sprechen sich die Stadtvv. Gregor, Wigard, Schaffrath, Anger und die Stellvv. Walther und Stübel sehr lebhaft für die Minorität aus, indem sie namentlich auf die Consrquenzen Hinweisen, welche die ungerechtfertigte Fo.derung de» Ministerium» nach sich ziehen würde. Dabei verbreiten sich die Redner u. A. in scharfer Weise über die der Stadt im Jahre 1853 abgrzwungene Abtretung der Polizei an die Staatsregierung, welche schon viele traurige Folgen gehabt. Dir Polizei gehöre jetzt der Staatsregierung, welche für deren Verwaltung von der Stadt ein jährliches Bauschquantum von 30,600 Thlrn. erhalte, aber hiermit die Verpflichtung über nommen habe, den Mehraufwand au» ihrer Caffe zu zahlen. Es wäre, bemerkt Etadtv. l)r. Schaffrath u. A, höchst komisch, wenn die Stadtgemrinde dafür, daß ihr die Polizei Verwaltung entrissen worden sei, noch Geld zahle. Man dürfe nicht, um rin« Beschleunigung der Inkorporation zu erzielen, in einer solch' wichtigen Frage dem Ministerium ohne Weitere» näch sten. Stellvertreter I)r. Stübel weist noch darauf hin, daß die Inkorporation Neudorfs bei der geringen Steuer kraft der Insassen Neudorfs für Dresden ja nicht rin- mal von Vortheil, sondern nur au» administrativen Rück sichten geboten sei. Wenn die Ministerien diese außer Augen setzten, so mögen sie e» verantworten. Die Majorität ver- theidigt nur der Referent Stadtv. l)r Lehmann, der der An sicht ist, daß der Fiscu» im formellen Rechte sei. Die Starts- regierung «halte die 30.000 Thlr. laut der Vereinbarung nur für den Stadtbezirk Dresden, die Inkorporation einer Landgemeinde habe sie freilich nicht vorgesehen. Schließlich Wird da» Volum der VerfaffungSdeputation bezüglich de» Bedenkens des Cultusministerium» einstimmig, bezüglich des Bedenkens deS Ministeriums des Innern aber das Gutachten der Minorität der Deputation mit allen gegen 2 Stimmen angenommen. In beiden Fällen also werden die Gemeinde vertreter der Staatsregierung entgegentreten. — Nach der neuesten Gesetzgebung gilt Wucher bekanntlich nicht mehr als Verbrechen, wie dies frühcr der Fall war: deshalb ist di; Frage entstanden, ob nicht allen Denen, die früher wegen Wuchers von den bürgerlichen Ehrenrechten ausgeschlossen worden sind, dieselben jetzt wieder zu ertheilen seien. In dieser Beziehung ist eine Verordnung de» Ministeriums an die städtischen Collegien gelangt, mit welcher die VerfassungS- deputation im Wesentlichen sich einverstanden erklärt, indem auch sie der Meinung ist, daß nicht ohne Weiteres und ganz von selbst ohne Prüfung des konkreten Falle» allen Denen, die früher wegen, Wuchers bestraft Werren seien, mit einem Male die bürgerlichen Ehrenrechte wieder ertheilt werden kön nen. Andererseits aber glaubt sie nicht, daß, wie da» Mi- nisterium in seiner Verordnung anzudcuten scheint, jedesmal eine formelle Wiedererlheilung nothwendig sei. Denn wenn einer von den drei Punkten, welche die Entziehung der Ehrenrechte nach sich ziehen (1. Verbrechen, 3. Bestrafung desselben, 3. Entscheidung der städti chen Collegien, daß das Verbrechen nach allgemeinen Begriffen entehrend sei), also die Bedingung verschwinde, falle ganz von selbst auch das Be dingte weg. Diese Ansichten hat die Deputation in ih.em Recommunicate an den Stadtrath sehr ausführlich und unter Anwendung der feinsten Rechtsdeductionen auseinandergesetzt. Stellvertr. Walther erklärte deshalb: die Deduktionen der Verfafsungsdeputation seien so verwickelt, daß er ihnen im Augenblicke nicht folgen könne, und daher, wenn er sich das Votum nicht octrvhiren lassen wolle, bezüglich der Abstim mung unschlüssig sei. Er wünsche, daß die Deduktionen der Verfafsungsdeputation nrrd als Ansicht derselben, nicht aber al» Beschluß der Stadtverordneten angesehen werden. Dann, meint Ref. Stadtv Dr. Schaffrath, möge lieber ein Antrag darauf gestellt werden, daß man die Abstimmung über das DevutatioriSvotum heute aus setze. Der Vorsitzende, Hosrath Ackermann, stellt diesen Antrag, der angenommen wird. Der Bericht wird nun gedruckt und dann wieder dem Collegium zur Beschlußfassung vorgelegt werden. — Bezüglich der Ver- Wendung des noch unbenutzten Areals des vormaligen Jakobs hospitals thcilt der Stadtrath, veranlaßt durch einen vom Vorsitzenden, Hofrath Ackermann, vor Kwzem g-stellten An trag, mit, daß die Verzögerunng in den noch schwebenden Verhandlungen mit dem Gewerbevereine, der das Areal zu seinen Zwecken erwerben wolle, ihren Grund habe. Sobald diese Verhandlungen endgiltig geschloffen und der Gewerbe« verein die Akquisition des Areals definitiv abgelehnt haben würde, werde er sofort zur Parcellirung und Versteigerung desselben ver schreiten Hierbei faßt t a» Collegium „zur Zeit" auf Vorschlag der Verfassungsdeputation Beruhigung. - Unsere königlichen Gerichtsgebäude befinden sich bekanntlich in einem schr ungenügenden und traurigen Zustande. Um nun für die Zwecke deS Bezirksgerichts endlich einmal geeignetere und bessere Lokalitäten zu erlangen, hat sich der FicSus neuer- ding» wegen Ermiethung der ersten und zweiten Etage der communliche» Häuser Nr. 4 und 5 der Landhausstraße an den Stadtrath gewendet. Der Stadtrath war nicht abgeneigt, dem Gesuche des Fiscus zu willfahren und mit ihm »inen MiethScontract auf 10 Jahre abzuschließen. (Schluß morgen.) — Sonnabend, den 16. September feiert der hiesige Schuhmacher Gottlob Naumann, Zahnsgasse 6, seinen 82. Geburtstag und zugleich sein 50jähriges Abmietherjubiläum in rin und demselben Hause. — Der Architekt und Baumeister Kleinhempel aus Groß röhrsdorf bei Pulsnitz, welcher sich am 24. August des Schieß- feste» wegen nach Neukirch begab, speiste in Gesellschaft meh- rerer Bekannten in einer dortigen Restauration Geflügel und hatte dabei das Unglück, ein Knöchelchen zu verschlucken. Da er Anfangs nicht darauf achtete, weil es ihm nicht bedeutende Schmerzen verursachte, suchte er erst den zweiten oder dritten Tag nachher bei einem Arzte in Pulsnitz Hilfe, allein derselbe war nicht im Stande, das Uebel zu beseitigen, und so ist denn der Unglückliche, ein allgemein gcachttter und geschickter Mann, am 30. August unter unsäglichen Leiden gestorben. — Der „Köln. Z'g." theilt man aus dem Königreich Sachsen mit, König Johann habe in jüngster Z«t einen sehr freundschaftlichen Brief an dm König von Preußen geschrie ben, in welchem die Hoffnung auf baldige Wiederherstellung dr» alten guten Einvernehmen» zwischen den beiden Höfen ausgesprochen sei. Die anti - preußische Richtung beginne in Dresden an ihrer Schärfe zu verlieren und Hr. v. Neust werde künftighin sich weniger mit auswärtiger Politik, als mit den inneren sächsischen Angelegenheiten beschäftig,n. — In Sachsen giebt es jetzt 1,193,934 Weiblein und nur 1,143,258 Männlein. Also sünfzigtausend scchshunder sechsundsiebzig Weiblein sind überschüssig vorhanden! Wie leicht, wird manche schöne Leserin denken, bist du selbst eine von den fünfzigtausend sechshundert sechsundsiebzigI Aber die Sache sieht doch schlimmer aus, als sie ist, denn wenn man das Verhältniß auf 100 berechnet, so kommen auf 100 Männ lein nur 103/a'o Weiblein, und wer von den 103,"o'b nicht gnade zu ven 3^, gehört, der ist auch nicht über schüssig. — Die Berliner „Börsenzeitung" schreibt in Nr. 428: Von einem der ersten Dresdner Productenhäuser erhalten wir in Betreff der von uns angeregten Verlegung der Börsen- und Comptoirzeit ein Schreiben, welches den vollständigen Be weis liefert, daß man an anderen Plätzen gewissermaßen nur auf den Vorgang Berlins wartet, um die vorgeschlagene Neuer ung auch dort einzubürgern. Da» Schreiben, welches auch zur Begründung des Vorschlags einen brachtenswerthen Bei trag liefert, lautet wörtlich wie folgt: „Dresden, den 11. Sep tember 1865. In der Sonnabend-Abend-Ausgabe Ihres ge schätzten Blattes ergehen Sie sich gelegentlich Besprechung der Börsenstunden von 11 bis 1 Uhr in Reflectionen über die Comptoirzeit von früh 9 bi» Nachmittag» 5 Uhr; Sie haben damit ganz gewiß im Sinne sehr Vieler gesprochen und nicht allein dort, sondern auch im Auslande eine Institution ange regt, deren vielseitige Anwendung gewiß nur auf ein größere» thatsächliches Beispiel wartet. Der Impuls ist jedenfalls durch Ihr geschätztes Blatt am nachhaltigsten gegeben. Ein Haupt grund übrigens, welcher auch sehr stark für da» Durcharbei ten mit einer kurzen Pause von einer halben, höchstens einer Stunde spricht, dürste ohne Zweifel auch die Schonung sein» welche dem Edelsten des menschlichen Organismus, den Augen, dadurch widerfährt. Seither hat man die hellsten Stunden de» TageS zum Essen und Paufiren beriützt und in t-n Abend stunden das Versäumte nachgeholt, beim ungesunden Gas- und schlechten Lampenlicht die Augen geschwächt, ruinirt. Die heil samen Folgen Ihrer vorgeschlagenen Institution würden in diesem Punkte gewiß nicht auf sich warten lassen. Ich über lasse Ihrem Dafürhalten, obige» Argument zur Bekräftigung Ihres trefflichen Vorschlages noch nachträglich zur Geltung zu bringen." — rt. Gestern früh H8 Uhr schnitt sich der Soldat Rimp- ler, 1 Comp. 1. Inf - Bat., in einem Apartement der Caserne mit seinem Rasinnesser die Kehle durch. Derselbe wurde, da er noch lebte, in da» Hospital abgegeben. — rt. Der renommirte Kaffeer staurant „Zur Vörsenhalle" wird heute nach der 1. Elage des Hause» Nr. 17 der Schösser gasse, Ecke der Sporergasse, verlegt. Die Oertlichkeit ist jetzt noch zweckentsprechender, als früher, die Spieler an den vier Billards habcn noch mehr Raum, und um allen Gästen ge recht zu werden, soll vom 1. Oktober an die so schon große Zahl von Zeitungen noch vermehrt werden. Außerdem hat das neue Quartier Raum zu 4 großen Speise-, 1 Lese- und 3 Spielzimmern. — In der geheimen Sitzung des königlichen Bezirksge richts vom 13. d. M. vertheidigte Herr Advocat Lesky den Hauptangeklagten Löffler, und Herr Advocat Fränzel den Mit angeklagten Adler. — Frau Birch-Pfeiffer, welche zu der Aufführung von „RubenS in Madrid" von Berlin nach Dresden gekommen war und nur kurze Zeit hier verweilen wollte, ist vorgestern, nachdem sie ihren Aufenthalt über eine Woche ausgedehnt hatte weil ihr das Leben in Dresden so ausnehmend gefiel, wieder nach Berlin zurückzekehrt. — Vorgestern früh trafen II. k.k. H H. der Kronprinz und Prinz Georg mit Adjutanten und dem Divisionär de» GardrreiterregimentS in Pirna ein und begaben sich auf den unweit Ebenheit gelegenen Exercierplatz der im Cantonnement liegenden Gardereiter, wo sie den NegimentSexercitien bei wohnten. Nach Beendigung derselben nahm Se. k. H. Kron prinz Albert an dem Mittags im Gasthofe „zum schwarzen Adler" stattfindenden Diner Theil. Während desselben con» certirte das Trompeterchor des Gardereiterregiments, unter Leitung d«S Slabsirompeter Wagner, vor dem Hotel. — Letz teres ist seit einigen Tagen verkauft und wird in nächster Zeit in die Hände des Oberkellner Kayser aus Dresden Über gehen — Ein Gardereiter, in vorvergangener Nacht aus einer Schankwirthschaft auf der großen Frohngafle kommend, ver unreinigte rie Straße in der schon wiederholt gerügten, und zum öffentlichen Aergerniß Anlaß gebenden Weise und brüllte dabei so laut, daß die nächtliche Ruhe bedeutend gestört wurde. Als ihn ein herzugekommener Polizeibeamter deshalb zur Ruhe verwies und ihn nach seinem Namen frug, nannte er sich „Hugo von Eulenhorst". Obwohl nun der betreffende Polizeibeamte dem Gardisten gern die Ehre gegönnt hätte»