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Nr. LSI. Zehnter Jahr- e-kscheivt: «glich früh 7 Uhr. Lrrserat« «erden angenommen: bi« >bend»S,Sonn tag» bi» Mittag» 1L Uhr: Marienstraße IS. Unzeig. in dies Blatt«, da» jetzt in LI,»«» Uxemplarrn erscheint» Puden eine erfolgreich« «erbreituug. Freitag, 8. Dept. 18SS. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drodisch. Abonnement: vterleljährlich 20Ngv bei »nentgrldlicher Lid,> seruug in'» Hau». Durch die tlönigl. Pof vierteljährlich 22 Rgr Sinzelnr Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum ein«» gespaltene» Zeile: 1 Ngr. Unter „Singe-i sandt" die Zell, » Rgr. Druck «rd Sigenthum der Herausgeber: Liepslft Pr Nelchardt. — Berantwortlicher Rrdacttur: Julius Rtlchardt. Drr-den, den 8 September. . — Se. Maj. der König und die Königin trafen gestern Abend hier ein und begaben sich nach Pillnitz. Das letzte tönigl. Nachtlager hat in Regensburg stattgesunden. — Se. Excellenz der kais. französische Gesandte Baron Forth-Rouen ist in der vorverxangenrn Nacht von einer kurzen , Urlaubsreife aus Paris hierher zurückgekehrt. — Während am Dienstag und Mittwoch Nord- und Mittel-Deutschland b.i den Gottesdiensten des Gustav-Adolph- Vereins vertreten waren, hatte uns für den Gottesdienst am Donnerstag Süd-Deutschland in dem Pastor Gerock einen Mann gesandt, welcher sür die Propaganda des Gustav- Adolph Vereins in der wiederum vollständig gefüllten Frauen kirche «ine wahrhaft herzerhebende Predigt hielt. In echt Volksthümlicher Weise, in lebendiger, bilderreicher Sprache, von Herzen kommend und zu Herzen gehend, verbreitete sich der Vortrag über da- Wesen und den Zweck dir Stiftung und Hinte, ließ einen nachhaltig«» Eindruck, der seinen nächsten Aus druck in reichen Spenden(ca 300Thlr.) an den Kirchthürenfand, hoffentlich aber auch nachhaltig weiter wirken wird, um die theure Sache des sitzt in unfern Mauern tagenden Verein» mehr zu fördern als zeither. Im Uebrigen können wir die erfreu iche Mittheilung nicht zurückhalten, daß die Sammlun gen an den Kirchthüren überaus reichlich ausgefallen sind. Am Dienstag waren über 200, am Mittwoch über 150 Thlr. ringekommen. Darunter waren manche sehr reichliche Spen den; auch manche arme und alte Frau trug ihr Scherflein bei und die Kleinigkeit, die sie sich absparte, wird gewiß ih ren reichen Segen bringen. Andererseits bemerkien wir man chen Glacehandschuh, der sich mit einer kleinen Kupfermünze abzufinden wußte. An den Gottesdienst schloffen sich unmit- telbar die Verhandlungen an. Eine längere Reihe von Spre chern aus Belgien, Böhmen, Salzburg, Frankreich u. s. w. schilderten die Noth der dortigen Evangelischen; von allen Seiten brachte man Dank für die bisherigen Unterstützungen des Gustav-Adolph-Bereins, von allen Seiten erhob man aber auch einen lautest Milferuf, theils um die protestantischen Glaubensgenossen vvrflvMgem Untergange zu retten, theils um zum Ausbau von «Achen, Schulen, Bethäusern, zur Er richtung von Friedhöfen, besseren Dotirung der Geistlichen u. s. w. zu bitten. Besonderes Interesse nahm ein Vortrag über die Diaspora in Baden in Anspruch. Auch in diesem Lande hat e» sich bewährt, daß der Gustav-Adolph-Verein nicht die confessionelle Eintracht stört, sondern nur Achtung für die bisher unterdrückten Evangelischen erzeugt. Consiflo- rialrath De. Kohlschütter überreichte Namens des Dresdner Hauptvereins die von den Jungfrauen und Jünglingen von Eamrnz gespendete Prachtbibel und einen silbernen Kelch sür eine arme Gemeinde in Siebenbürgen, Pfarrer Ebert aus Kassel Abendmahlgefäße sür eine Gemeinde in Posen, Pastor Flügge aus Hannover eine Prachtbibel für die Gemeinde in Braunau Zugleich theilte er mit, daß eine Dame in Han nover, Frl. Kahle, dem dortigen Hauptvereine 10,000 Thlr. vermacht habe. Hierauf vereinigte sich die Versammlung zu dem LiebeSwerke, welches bei jeder Hauptversammlung deS Gustav-Adolph-Verein» geübt wird. Es wird eine Gemeinde gewählt, welche namentlich ausgestattrt werden soll. Die Ab geordneten nennen die Summe, welche ihre Vereine dazu be stimmen, und so erhielt denn die Gemeinde Haigerlvch in Hohenzollern 5390 Thlr. zugewirsen. Nach Abwickelung deS geschäftlichen Theil», nach Vollendung der Wahlen u s. w. bestimmte man für das nächste Jahr als Versammlungsort WormS, eventuell Speyer. Die Versammlung, an welcher zu letzt über 400 auswärtige Mitglieder Theil genommen hatten, schloß mit einem Gebete, vorgetragen durch l)r. Kohlschütter, und mit Gesang. Wir aber rufen den Versammelten die Worte de» A tmeister» Goethe zu, welche ihnen am Dienttag nn Hoftheater aus dem Schlußchor der Engel im „Faust" ent- gegentönten: Liebe Beweisenden, Thätig ihn Preisenden, Predigend Reisenden, Euch ist der Meister nah. Euch ist er da! — Den zweiten Tag der hier stattfindenden Hauptver sammlung des evangelischen Vereins der Gustav-Adolph Stif tung beschloß vorgestern ein Festmahl im Linckr'schen Bade. Halb 5 Uhr brachte ein Dampfschiff von der Apparerlle, unter halb der Brühl'schen Terrasse, aus die Theilnehmer an den genannten Ort. Da» Festmahl sollte hauptsächlich mit als Mittel für die persönliche Begegnung der auswärtigen Depu- tirtrn und Gäste und der hiesigen Freunde und Förderer de» Vereins dienen, welche Letztere sich auch sehr zahlreich an dem Mahle betheiligt hatten, wodurch dasselbe an festlicher Bedeu tung gewann. Ihre Excellrnzen Staatkminister 0r. v. Falken- st«n und wirk!. Geh. Rath KrriSdirector v. Könnrritz, sowie andere hohe Staatsbeamte nahmen Theil an dem Festmahle, welche« durch ein Tischgebet eingeleitet wurde. Eine Reihe von Toasten, mehrere Tafclgesänge erhöhten die Fepstimmung. — Der Dresdner Gewerbverein unternahm vorgestern im Verein mit dem Gewerbverein des Plauenschen Grundes einen Ausflug nach Freiberg und Umgegend. Nach etwas verzögerter Abfahrt, herbeigeführt durch eine bis jetzt noch nie vorgekommene Differenz wegen der Billet-Controls fuhren über 400 Theilnehmer, deren Zahl sich in Potschappcl und Drüben auf über 500 erhöhte, zunächst nach Tharandt und von da ab mit doppelten, blumen- und guirlandenumwundenen Loco- moiiven an deren Brust das Freiberger Stadlwappen prangte, zunächst bis zur Station Muldenhütten. Hier stieg die bei weiten größeren Hälfte der Theilnehmer aus, um gruppenweise unter Leitung sachverständiger Führer die höchst interessanten Königlichen Werke in Augenschein zu nehmen. So weit ein flüchtiger Blick und die durch massenhaften Andrang oft be einträchtigte Erklärung eine oberflächliche Schilderung zu lassen, ist wohl so viel feststehend, daß die Thätigkeit der Muldenhütten hauptsächlich in drei Zweige zerfällt: 1) die Arsenik- und Bleiweißsabrikation, 2) die Erzeugung von Schwefel- und Salpetersäure, 3- die Gewinnung und Aus scheidung von Blei und Silber aus den ihnen von den Frei berger Schächten zugeführten Erzen. Heber letzteren Zweig erfuhren wir, daß in den Muldenhütten jährlich gegen 400,000 Ctr. Erze zur Verschmelzung gelangen, wovon durch schnittlich 80.000 Ctr. Blei und 500 Ctr. Silber (ca 1) Mil lion Thaler) gewonnen werden. — Ein weiterer Besuch der nahgelegenen Grube Himmelfahrt zeigte die Förderung der Erze aus dem Schacht in rhrrr vielfach verschiedenen, mehr oder minder selber- und bleihaltigen Qualität, zeigte ferner da« Pochen und Brechen de» Erzes, das Waschen und Be freien desselben von erdigen Bestandtheilen bi» zur Ablieferung an die Hütten. — Unterdeß hatte dit andere Abtheilung der Excursion die Fahrt nach Freiberg fortgesetzt, ward vom dor tigen Gewerbverein aufs Freudigste begrüßt und begab sich hierauf unter freundlichem Geleit zum Besuch einiger dortiger größerer Industrie-Etablissements: Der großen Flachsspinnerei, Lederfabrik von Schlegel re., worüber wir später noch Nä heres berichten werden. Ein Hauptinteresse erregte aber zu meist ein Besuch der Freibcrger Gewerbeausstrllung im Kaufhause, eine sür Fachleute und Laien höchst belehrende und umfangreiche Sammlung von Erzeugnissen der Industrie im Sinne des zeitgemäßen Fortschrittes und der Vervollkomm nung. — Nachdem man sich in dieser Weise nach allen Sei ten hin einer höchst nützlichen und belehrenden Unterhaltung bis gegen Abend hingegebcn, vereinigte die Baumann'sche Gar tenrestauration die Bürger- und Einwohnerschaft F eibergs mit den Excursionern bei einem recht hübschen Concert der Feeiberger Stadtcapelle. Die kaum zureichenden Räume des Gartens waren allerdings geradezu überfüllt, doch behinderte dieß die Entwickelung eines flohen und vertraulichen Beisam menseins nicht. Der Führer der Dresdner Excursion, Herr Vorstand l>r. Rcntsch, begrüßte mit feurigen Worten die in- dustriöse Bergstadt mit seinem Gewerbeverein, was dankend unter Anschluß eines Hochs auf einen innigen Verband sämmt- licher Gewerbevereine crwiedert wurde, auch schloß Herr Photo graph Schütze von Dresden hieran «ine Betrachtung über die Eintheilung der Stände in Lehr-, Wehr- und Nährstände, und war der Meinung, diesen dreien einen vie ten, den der In dustrie-und des Gewerbes, den „Mehr-Stand zuzuzesellen — Die Abfahrt nach Dresden erfolgte gegen 9 Uhr unter großer Theilnahme der Bevölkerung Freibergs, welche in Massen am Bahnhof versammelt war und dem scheidenden Zuge durch Tücherwchen und Zurufe den Abschiedsgruß zollte. Die ganze Parthie war bis zum Eintreffen Abends 11 Uhr in Dresden vom prächtigsten Wetter gesegnet. — Vergangenen Sonntag machte sich ein junger Preuße, welcher die Bastei besuchte, du:ch höchst beleidigende Reden gegen Sachsen und bissen Bewohner, welche er mit dem Na men „Bettelvolk' beehrte, so unangenehm, daß die übrigen An wesenden vom Wirtbe verlangten: er möge dem Manne Ruhe gebieten. Nachdem dies vom Wirthe, jedoch ohne Erfolg, ge schehen war, wurde der junge Herr in ein Zimmer gesperrt. Es sollte nun nach einem Gensd'arm geschickt werden um den Raisonneur verhaften zu lassen. Jetzt legte sich der Mann auf's Bitten und es ergab sich, daß er in Pirna conditionirte. Nur der Intervention eines ihm befreundeten Studenten dankte cs der Renommist, daß er nicht in Begleitung eines GenSd'ar- men seine Land parthie bis Hohnflein ausdehncn mußte. — Auch in den Wochentag«» scheint das Schillerschlöß chen mit seiner Liederhalle ein zahlreiches Publikum anzuzichen; denn am Montag und Dienstag waren außer den Logen alle Plätze besitzt. Die angekündigre schwedische Sängerin, Fräu lein Merry, trat zum ersten Male auf und zwar in der Frci- schützarie der Agathe, die sie zwar mit allem Gefühl vortrug, die aber bekundete, daß die Sängerin jedenfalls von der Reift eine kleine Heiserkeit mitgrbracht, die sich wohl bald lege» dürfte. Herr Boldt erntete mit seiner Romanze aus „Dinora^ wieder stürmischen Beifall und mußte ela vspo singen. Die beiden Komiker haben ihre unverständliche Aussprache noch nicht verbessert. Herr Herrmann ist bereits wieder entlassen. Abt'S> Lied „Gute Nacht, du, mein herziges Kind!" wurde von Hrn. Carlo» mit vollem Beifall vorgetragen, den auch Fräul Mai none mit dem Proch'schen Liede „Das Schwabenmädel" ern- tete. Seit zwei Abenden tritt eine Berliner GesangSsoubrette, Fräul. Brüning auf, die jedenfalls engagirt wird, obgleich sie schon Contract mit Stockholm abgeschlossen hat. Ihr munte res Wesen entzückt und electrisirt Alles, ihre Couplet» sind hier ganz neu Das ist eine Soubrette, die sich „gewaschen hat." Durch das Uebereinkommen mit der Omnibusgesellschaft, wonach man vom Conducteur für 3^ Ngr. freie Fahrt und das Eintrittsbillet erhält, ist dem Publikum eine große An nehmlichkeit geboten. — Vorgestern langte ein armer Handwerksgeselle auf der Eisenbahn hier an, schreibt man aus Breslau den 2. Septbr., der, aus einem sächsischen Fabrikstädtchen gebürtig, nach Oester reich gewandert, und dort, nachdem er jahrelang in einer Tischlerwerkstatt gearbeitet, an der Schwindsucht erlrankt war. Da sich keine Besserung hoffen ließ, wurde er ausgewiesen und per Reiseroute an die preußische Grenze dirigirt. Hier nahmen sich die Behörden des hoffnungslosen Menschen an, indem sie für seine Weiterbeförderung sorgten. Er fuhr nun auf der Bahn über Berlin nach seiner Heimath und mußte also während der langen Tour drei deutsche Vaterländer Pak- siren, ohne daß er sich irgendwo aushalten durfte, ehe er da» Plätzchen erreichte, wo er ruhig sterben kann. — Am 4. d. M. verloren in dem Herrmann'schen Ba saltsteinbruche zu AltgrrSdorf zwei Arbeiter das Leben. Als dieselben mit S einbrechen beschäftigt waren, löste sich die obere Schicht, aus Lehm und Gestein bestehend, über ihnen ab und verschüttete Beide. Nach einer halben Stunde wurde Klippel aus Altgersdorf, ein Wittwer von etwa 50 Jahren, mit zerquetschter Brust ausgegraben. Derselbe vermochte noch einen undeutlichen Seufzer auszustoßen, verschied aber noch während des AuSgrabens. Eine Viertelstunde später fand man auch den zweiten Arbeiter, den Armenhausbewohner Gebauer aus Neugersdorf, mit eingeschlagener Hirnschale leblos. Ge bauer hinterläßt eine Wittwe mit acht Kindern, von denen das jüngste erst kürzlich getauft und das älteste erst voriges Jahr confirmirt wurde. Vor einigen Jahren fand Gebauer'» Bruder in demselben Lteinbruche auf gleiche Mise den Tod. — Aus einer Werkstatt auf der Wilsdruffcrstraße drang gestern gegen Abend der Nuf „Feuer" und man bemerkte auch Qualm daraus Hervordringen. Es wurde die Turnerfeuerwehr und die Chaiscnträzerspritze herbeigeholt, doch als diese kamen, stellte sich's heraus, daß das Ganze ein blinder Lärm gewesen war. — Gestern Morgen gegen 7 Uhr kam in dem Wohn- hause des Einwohners Kunath in Niederau Feuer aus, das nicht nur dieses Gebäule, sondern auch die Wohnhäuser de» Häuslers Hausmann und Wirthschaftsbesitzers Junghanns zer störte. Die Entstehungsursache des Brandes ist bis jetzt nicht bekannt. — D'e Benkfizvorstellung der Frau Kern am Mittwoch war Wohl die besuchteste, die das Nesmüller'sche Sommer-- theatcr in dieser Saison erlebt hat. Grund zu diesem günsti gen Resultat gab außer der Beliebtheit der Benefiziotin, die sich seit einer Reihe von Jahren als tüchtige Darstellerin im komischen Fache bewährt, eines Theils die Wahl des Stückes: „Unruhige Zeiten" Posse v. E. Pohl, andern Theils die Mit wirkung der beim hiesigen Publikum noch in Gunst stehenden Tochter derselben, der jetzigen Frau von Fischer, die mit ihrem Gatten an diesem Abend auftrat Inwieweit die Tanzzugabe der Mad. Finette anziehend gewirkt, mag L'tztrre für sich entscheiden. Hr. Dircctor Resmülle: als Portrer Liehe, brachte mit seiner Figur di- trefflichste Wir'.ung hervor Fe. v. Fi scher als Natalie Krachstrebe unterstützte ihn auf ras Beste; ihre muntere Laune, ihr fröhliches, frisches Wesen erinnerte uns recht an den jetzigen Mangel einer solchen Darstrllerin an dieser Bühne. Von den übrigen Darsüllen, war wieder Hr. Stein al» Rentmcier ganz vorzüglich. — Nächstens kommt auf dieser Bühne zum ersten Male eine Humoreske zur Auf führung, welche den reclamenhasten Tiiel führt: „Drei Tage aus FinetteS Leben," — in tnr That keine üble Spekulation! — Bei einem hiesigen Goldarbeiler hat vorgestern ei» Unbekannter ein goldenes Armband zum Verkauf angeboren, und dabei eine silberne Tabatw-e g«stöhlen, die er kurze Zeit darauf wieder bei einem anderen Golda beiter zu vcrkau'm gesucht hat. Der Mensch vertienr jedenfalls einige Auf merksamkeit.