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Rr. 847. Zehnter Jahr«. Erscheint: «WH früh 7 Uhr. Kuserate «erd«, angenommen: RsLbendS 8,Lon»-- tag» bi, Mittag» IL Uhr: MarienstraKe L». Unjrig iu dies. Blatt«, da, jetzt in LI,«««» Uxrmplareu «rfch«iut, stad ui «tue erfolgreich« vrrbntwpg Montag, 4. Tept. 1885. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor -rodisch. Abonnement: BtrttrljLhrlich 20 Ngr. bei nnentgeldlicher A« srrung in'» Haus. Durch dir USnigl.Pof vierteljährlich 22 Rgv Stnjelne Nummer» 1 Ngr. Anseratenprnse: Für den Raum eirr«r gespaltenen Zeile: 1 Rgr. Unter „Emg»o. sandi" dir Zell» L Rgr. Druck »ad Bigenthum brr HrrauSgrbrr: Liepsch 8k Rtkchardt. — Lerautwottlichrr Rrdactrur: JultUS Neilhardt« Dresden, dt« 4 September. — Programm zu dem am 6. September stattfindenden FeAuge. Früh 7 Uhr versammeln sich s) die Mitglieder der k. Behörden, des OsficiercorPS, de» Raths und de» Stadtver» ordnrtrn-Collegiums, der hiesigen Geistlichkeit und Lehrerschaft, ingleichrn die Mitglieder de- CentralvorstandrS des Guflav- Adokph-Vrreins, die Deputirten und übrigen auswärtigen und hiesigen Frsttheilnehmrr in der Kreuzkirche (Eingang durch die Thür, gegenüber der Superintendent»«); d) sämmtliche hie sige Mannergesangvereine auf dem Gewandhause erste Etage; c) die oben, Klassen der Kreuzschule, de» k. Schullehrersemi- nars und der beiden städtischen Realschulen an der Kreuz schule; ct) die Abteilungen der Eonfirmanden aus allen hir- stgen öffentlichm und Privatschulrn ev. Eons, auf der Pro- denade zunächst der Kreuzstraße. Der Zug setzt sich Punkt 8 Uhr in folgend« Weise ist Bewegung: s) da» Laade'sche Ausikchor, einen Choral blasend; b) die hiesigen Männerge- rgvereine; o) da» Puffholdt'sche Musikchor, einen Choral Aesend; lt) die Confirmanden aller hiesigen öffentlichen und jvatschulen evangelischer Confession, voran die Mädchen, rnn die Knaben (Sa. etwa 1500 Kinder); s) die obern ffen der Kreuzschule, des k. Schullehrerseminarr und der ^rn Realschulen; s) die Lehrerkollegien aller hiesigen evan- »ischen Schulen (Gymnasium, Realschulen, Bürger-, Bezirks-, (^menschulen. Privatschulen); x) die evangelische Geistlichkeit Ornate; t>) da» Witting'sche Musikchor, einen Choral bla- ,end; i) die Mitglieder der k. Behörden und des OsficiercorPS; d) die Mitglieder der CmtralvorstandeS im Gustav-Adolph- Verein, geleitet durch Mitglieder de» Raths und de» Stadt- verordnrten-EollegiumS; I) dir Deputirten des Gustav-Adolph- VereiaS, geleitet durch Mitglieder de» Rath» und de» Stadt- verordnet««-Collegium»; w) die übrigen auswärtigen Festtheil- nehmer; u) die MUgliedrr de» VorstanteS im hiesigen Gustav« Ndolph-Verein; o) Hefige Mitglieder, Freunde und Förderer de» Gustav-Adolph-BeremS. Wenn der Festzug an der Frauen kirche ankommt, stellen sich die Eängervereine im Chor am Hauptportale auf und stimmen den Choral: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr" an. Der Gesang hört erst dann auf, wenn die letzte Abteilung de» Zuge» das Portal passirt hat. Der Zug der Kinder bildet außerhalb der Kirche Spalier, durch welches der Zug der Erwachsenen hindurch geht. Als dann begeben sich die Kinder auf die für sie reservirten Plätze. Das Schiff der Kirche, sowie rin Theil der 1. Empore werden rrservirt und zwar: 1) der Altarplatz für die Geistlichkeit und für die Mitglieder des CentralvorstandrS; 2) der vordere Theil des inneren Schiff» s) rechts — für die Mitglieder der kö niglichen und städtischen Behörden; d) links — für die De putirten und auswärtigen Festtheilnehmer; 3) der andere Theil de» inneren Schiffs für die hiesigen Festtheilnehmer; 4) die Plätze in dem der Kanzel naheliegenden Lhrilr der Rotunde für die Lehrerschaft; 5) die Plätze in der Rotunde zu beiden Seiten de» Hauptportal» für tue Zöglinge der Kreuzschule, des k. Schullehrerseminar» und der beiden R alschulen; 6) ein Theil der 1. Empore (Eingang durch die Thüre unter der VH,) für die Mitglieder der Gesangvereine. — Da» hiesige (Pudor'sche) Conservatorium der Musik (und Theaterschule) beginnt am 2. Oktober d. I einen neuen Kursus in allen praktischen und theoretischen Zweigen der Musik. Neben Sachen, die sich zu Künstlern bilden, können auch Dilettanten an einzelnen Unterrichtsfächern Theil nehmen. (Bergl. die Inserate.) — Die Leipziger juristische Facultät hat die Herren Alfred Grundig aus Dresden, Carl Eduard August Krüger aus Dresden und Otto Heinrich Grünler aus Dohna zu Doctoren der Rechtswissenschaft, ernannt. — Dawison ist von Doberan in bestem Gesundheitszu stand hier ringetroffen und hat sich nach seinem Landsitz in Zschachwitz begeben. Alle Freunde dramatischer Kunst stellen die Frage, ob Dawison nicht wenigstens zu einem Gastspiel für dir Dresdner Hofbühne zu gewinnen wäre? — Am Freitag Mittag wurde in einem Hause auf der Rmmonstraße rin Bettler ertappt, wie er eben im Begriff war. die vor der Saalthüre stehende Fußbürste mitzunehmen. Von dem herplgrkommrnen Haut besitz« festgehalten, setzte er sich zur Wehre. Er wurde nun in die Hausflur eingeschlossm und Gensd'armerie herzugrholt, die sich seiner Person versicherte. Dem Vernehmen nach soll dieser Bettler nn vor einiger Zeit aus der hiesigen städtischen ArbeitSanstalt entwichener Straf arbeiter sein. — Seit einiger Zeit treiben mehrere Schornsteinfeger- lchrlinge, die ihrem Meister entwichen sind, ihr Unwesen in hiesiger Stadt indem sie aus eigne Rechnung Essen und Dach- gerinne reinigen, auch die Bezahlung dafür für sich selbst in Anspruch nehmen. Da diese Burschen da» Publikum hierbei Insofern täuschen, als sie sich demselben gegmüber für Beauf tragte ihrer Meister auSgeben, so soll vor einigen Tagen wegen dieses unbefugten GewerbsbetriebeS ganz besonders auf sie gefahndet worden und eS auch gelungen sein, Eine» dieser Burschen habhaft zu werden. Wir unterlassen nicht, unsere Leser auf diese Glücksritter aufmerksam zu machen — Das berühmte Schwechater Bier aus der A Drehrr- schen Brauerei bei Wien fließt jetzt in reinster Goldhelle im ttütvl >lo llsmdourx auf der Seestraßs. — Auf der Station Grüna bei Chemnitz ist neulich ein bedauernsweriher Unglücksfall vorgefallen. Ein fünfjähriges Mädchen, die Tochter eines Chemnitzer Bürgers, die mit ihrer Mutter den Zug in Grüna bestieg, hielt sich mit seinen Händ chen noch am Thünand fest, als der Schaffner die Thür mit Vehemenz zuschlug und dem armen Kinde sämmtliche Finger total zerquetschte — Von der sächsisch-böhmischen Grenze, 31. August, berichtet man der „C. Ztg.": Am 17. d. M. starb in Eulau (bei Bodenbach) ein ganz armer, aber redlicher Mann, der Name thut nicht» zur Sache. Als nun beim dor tigen Pfarramt« von diesem Todesfall die gebührende Anzeige gemacht wurde, verweigerte der Pfarrer nicht nur die Emseg. nung der Leiche, sondern auch die Beerdigung auf dem Fried hofe, weil derselbe bei Lebzeiten der evangelischen Con fession angehört habe. Da nun der Verstorbene keine Hinter» laflenen hatte, welche sich der Beerdigung annehmrn konnten, blieb die Leiche durch volle fünf Tage unbeerdigt, und nur erst auf die Drohung des Hausbesitzers, wo der Verstorbene gewohnt, den Todten in seinem Garten in rin Loch zu ver scharren, wurde derselbe, aber gleich einem Missethäter oder Selbstmörder, auf dem Friedhofe ohne jedes Ceremoniell in da» Grab eines im vorigen Jahre Schenkten beerdigt. — Ist die» christliche Nächstenliebe, wie sie ein christlicher Seelsorger Predigt? . , . 77» Osffentliche Gerichtsverhandlungen vom 2. September. Eine alte, zerrissene, beschmuzte, graue, ge wirkte Unterjacke liegt auf dem Gerichtstische, nur wenige Pfennige Werth. Sie dient als Beweismoment gegen den heutigen Angeklagten Friedrich Wilhelm Hänel ans Potschap- pel, welcher de» Betrug», de» Diebstahls und der Entfrem dung zu gleicher Zeit beschuldigt ist. Nur eine einzige Zeu gin ist erschienen, die Verletzte, eine gewisse Christiane Caro line Seltenreich, welcher Anfangs das Verbleiben im Saale gestattet wird. Der Angeklagte tritt riy und verneigt sich tief vor dem Gerichtshöfe. Er bittet Sitten bedauernswürdi gen Anblick. Er sieht und hört nicht gut, spricht ganz un verständlich. Seine ganze magere Gestalt harmonirt mit dem vollständig erdfarbenen Gesicht. Trotz seiner 55 Lebensjahre muß rr leider noch einmal die Anklagebank betreten, nachdem ec bereits früher die sächsischen Gefängnisse allerwärtS be wohnt. Er ist wegen Diebstahls, Betrugs, Partirerei, Medi- casterri und Anmaßung sachwalter'.icher Functionen, auch we gen Fälschung schon oft bestraft. Noch ehe die Verhandlung beginnt, beantragt Herr Staatsanwalt Held, daß die Zeugin, trotzdem daß sie die Verletzte ist, in das Zeugenzimmer gewie sen werde, um alle etwaigen Kollisionen während der Ver nehmung zwischen ihr und dem Angeklagten zu vermeiden. ES liegen drei verschiedene Verbrechen vor. Dar erste ist ein Betrug, den er an der 39jährigen unverehelichten Näherin Christiane Caroline Seltenreich zu Tharandt verübt und zwar in sehr raffinirter Weise. Mit einem gewissen Paazig, der Tischlermeister war, bereits aber, wir die Zeugin sagt, „zu fällig" verstorben ist, den sie von früher her kannte, dessen Vergangenheit aber auch keine fleckenlose war, der mit Hänel schon im Arbeitshause gesessen, kam sie eines Tages zu Hä» nrl in die Wohnung, wo es ziemlich wohlhäbig ausgesehen hab.n soll Auf diese Weise lernte sie den Mann kennen, den sie früher nie gesehen Hänel erfuhr hier, daß oie S-l- tenreich durch einen Proceß Geld gewonnen habe. Weiß Gott, wie er'S anfing, aber er brachte die Zeugin so weit, daß sie 90 Thlr. borgte, die sie ihm in 2 oder 3 verschiedmen Ra ten gab Von einem „Schenken" der Summe war nie die Rede. Hänel soll ihr dabei erzählt haben, er besitze ein „er schreckliches Vermögen", und habe 3000 Thlalrr auf einem Rittergut« stehen, die er nicht gleich flüssig machen könne, ec brauche aber im Augenblicke Gelb. Sie gab ihm das Geld auf Borg, wie sie sagt, so lange, bis sie es selbst braucht. Auch ihre Mutter, bei der sie wohnt, lieh dem Angeklagten wenige Thaler, die er auch zurückzahlte. Das zweite Ver- brechen, dessen er beschuldigt ist, hängt mit der vor uns lie genden Unterjacke, die auf 8 Ngr. gerichtlich taxirt ist, zu sammen. Carl Gottlob Dauneck arbeitete eines TageS auf dem Felde und hatte, wie es Feldarbeiter p.ern zu thun pfle- gen, seine Jacke am Acker hingelegt. Hänel, der zufällig de» Weges kam, um nach Coschütz zu gehen, nahm sie rmt. Er sagt: „Ich sah keinen Menschen, gestohlen habe ich die Jacke nicht, ich habe sie nur gesunder, und da zog ich sie an.!" — Den letzten Diebstahl verübte Hänel an seinem eignen Stief sohn Kunzendorf. Diesem stahl er einen schwarzen Rock, 2 Th r. Werth, ein Paar Stiefeln, auf 10 Ngr. taxirt, und 11 Ngr: baar. Er gesteht zu, das Alles mitgenommen zu haben, er klärt aber, Kunzendorf sei ihm 11 Thaler schuldig, er habe ihn 9 Wochen hindurch ernährt und ihm Logis ebenfalls ge geben. 2 Thlr. 11 Ngr. habe ihm Letzterer erst abgezahlt. Der Nock sei übrigens sein Eigenthum, den er dem Stiefsohn blos geliehen. Er verkaufte den Rock für 4 Ngr., rr will wieder zu jener Zeit krank und in Geldverlegenheit gewesen sein. Kunzendorf widersprach Allem, er sagt, er sei seinem Stiefvater gar nichts schuldig. Die Stiefeln verkaufte Letzterer für 10 Ngr. und verlebte das Geld. Nachdem soweit die Untersuchung heut gediehen war, beantragte Herr Staatsan walt Held plötzlich die Vertagung der Sitzung und die Ein ziehung der Vorakten Hänel- vom Gerichtsamt zu Döhlen, um zu constatiren, wenn der Angeklagte die damals über ihn ausgesprochene ArbeitShausstrase erhalten, welches Ver brechen er verübt und wenn er es verübt. Es handle sich im heut vorliegenden Falle um die etwaige Anwendung des Artikels 300 im Strafgesetzbuch, der sich auf die Rücksälligkeit der Verbrecher bezieht. Der Gerichtshof vertagt hierauf die Sitzung bis künftigen Dienstag, den 5. September, Nachmit tags 5 Uhr. Hänel wurde wieder zur Hast gebracht. * Die Berichte über da» transatlantische Kabel find ge eignet, bei den Techniker mehrfaches Bedenken zu erregen; und zu Zweifeln an der Aufrichtigkeit der Miltheilungen zu berechtigen. — Herr Ruffel, der Brr chterstatter der „Times/! zugleich der ausschließliche und allein zugelassene Berichterstat ter auf dieser interessanten Fahrt, ist bekanntlich kein Tech niker, und berichtet, was ihm gesagt wird, unbekümmert darum, ob dabei dem Kenner der größte Widerspruch entgegen- tritt. — Die Sache ist nämlich diese: Der Angabe nach soll bei allen drei Störungen jrdeLmal ein Eisensplitter, der in den Kern drang, die Ursache der Störung gewesen sein — Abgesehen nun davon, daß es von einer höchst leichtsinnigen Behandlung eine» so kostspieligen Unternehmen» zeugt, ein solche- Kabel so gänzlich ungeschützt zu lassen, daß eS möglich wurde, da» große Unternehmen durch eine solche kleine Ur sache zu gefährden, so fragt es sich immer noch: wo kämm die Elsensplitter her, die da» Unheil anstifteten? Maschine rien der Art, wie dort gebraucht, neu, und von Gußeisen, werfen keine Splitter ab, und wo waren die Augen, dir doch das ablaufende Kabel überwachten? — Gesetzt den Fall ab«, die Angabe sei genau richtig, so tritt dennoch rin riesengroßer Zweifel von einer anderen Seite auf. — E» ist nämlich gesagt und auch selbstverständlich, daß fortwährend J-mand den ausgestellt.n Apparat überwacht«, damit man sofort er fahre, ob die Verbindung mit Valentia ungestört sei? Run weiß aber schon jeder ABC-Schütze der telegraphischen Technik, daß das Eindringen eines Eisrnsplitters in das Kabel und bis auf den Herzstnnkt, in demselben Moment, wo die fehlerhafte Stelle unter Wasser kommt. vom Gal vanometer , der bei einer solchen Arbeit niemals fehlen darf, da» Geschehene angezeigt wird» nicht ab« erst, wenn, wie Russe! erzählt, 6, 2j und 11 Meilen des Kabels abgr- laufen find, am allerwenigsten aber bei der zuletzt ringrtroffe-- nen Störung, wo die vorhergehenden schon die Ueberwachen- d«n gewitzigt haben mußten, und ohne Zweifel rin scharfes Augenmnk auf die Apparate sta tgefundrn haben wird. — Im selben Moment der Störung mußte das Schiff angehal- t«n werden, und nicht eine, nicht eine Viertelmeile konnte vom Kabel mehr ablaufen, oder die Leute haben die ganze Arbeit in unverantwortlicher Weise vnwahrlost. — Uns scheint dem Allen nach Russel'S Angabe als mit der Wirklichkeit nicht zu sammenstimmend und viel wahrscheinlicher bedünkt es uns, daß irgend ein Secungeheuer seine scharfen Zähne in das unge schützte Kabel geschlagen hat, und wir wollen die englische Gesellschaft auf die trostlose Möglichkeit vorbereiten, daß ihre superklugen Techniker — wenn sie je sollten das Kabel wie- der an» Tageslicht bringen — zernagte und unbrauchbare Ruder« ßnden werden Wie man unter solchen Umständen noch von Hoffnung und Zuversicht sprechen konnte, ist unS vollends unbegreiflich und der Schlüssel scheint uns lediglich in dem Refrain deS bekannten Volksliedes zu liegen: Sand in die Augen Eingesandt. Eine in Nr. 246 dieses Blattes enlhaltene sogenannte Berichtigung eine» Artikels in Nr. 240 d. Bl., dir Car rier? mehrerer aus dem hiesige« (Pudorschen) Conservatorium für Musik hervorgegangenen Künstler betreffend, zwingt mich folgende Erklärung zu geben. Der Schwerpunkt eine» LehrinstituteS find die an dem selben thätigen Lehrer; durch das Zusammenwirken derselben