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Nr. 240. Zehnter Jahrq. Erscheint: Täglich früh 7 Uhr. Juseraie werde» «nigkuommtn: »t« Abends v,Sonn« tag» bis Mittag» 1L Uhr: Wartenstraße 18. > Montag. 28. August 18K5. Unzelg. in dies Blatt«, ha, jetzt tn»» <»o Gxrmplare» «rscheint» Hoden ein» erfolgreich« «erbreitung /.komrewm^ Lterteljiitzrlich 20'.i. bei uneMgeldlich. r- serung i'.i's Heu'!. Durch die König!. vierteljährlich 22 Vgc Einzelne Stummerr 1 Ngr. Tageblatt für Uaterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Znseratcnpreise: tziir den Raum ein«: gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeit« 2 stegr. Druck und Eigeuthum der Herausgeber: Äiepslhl stk Nekchllrdt. — BrrantwortNchrr Redacteur: JullUS Neichllldt« Dresden, den 88 August. — Non dem aus dem hiesig«n (Pudor'schrn) Conserva- lorium der Musik hervorgegangenen Künstlern machen viele eine recht glückliche, ehrenvolle Carriere. So sind in der königl. Kapelle hier angestellt; die Herren Rüdiger (Eontra baß), Franz (Horn), Demnitz (Clarinette), Hinke (Oboe) und Wilhelm (Biola); in der Schweriner Hofcapelle ist Herr Bellmann als erster Celloist, in der Strclitzer Herr Niese als erster Oboist engagirt Herr Pianist Schmole, welcher bereits seit längerer Zeit an demselben Institute, dem er seine Aus bildung verdankt,alsLchrer thätig ist, hat sich als Solospieler und 'Lehrer einen Ruf gegründet An hiesiger Hosbühn- sind e« Fräulein Alvenslebm und Frl. Zeidler, welche Studien auf demselben Institute gemacht haben In Lemberg machte jüngst Herr von Baronche, welcher dort als Mephisto auftrat, wie die hiesige Thcatcrzeüung meldet, viel von sich reden. In der Frankfurter Theateichronik ist Frl Greil ein längerer Ar tikel gewidmet, (weiche in Düsseldorf und Crefeld mit vielem Erfolg a s Negimenlstochter, Aennchen im Freischütz re. auf getreten ist) in welchem ihre gcsangreiche und musikalische Ausbildung, wie ihre ganzm Leistungen sehr gerühmt werden. Und so wären noch viele zu nennen, welche dem hiesigen Conservatorium «ine glückliche Laufbahn zu danken haben. 8. - Nächste Mittwoch findet in Nesmüller's Sommer- theatrr zum Benefiz für Frau Kern eine Vorstellung des be- liebten Siückes „Unruhige Zeiten" statt, was durch den Um stand noch ein erhöhtes Interesse gewinnt, als der Benefizi- atin T.-chter, Aurelie, die früher an dieser Bühne so beliebte Soubtetre. jetzige Frau von Fischer mit ihrem Gatten, dem Komiker Herr von Fischer darin Mitwirken wird. Einen Ge nuß von ganz besonderem lmut-^out aber werden die Vor stellungen im Sommertheatcr durch das im Laufe dieser Woche beginnende Gastspiel der durch ihren bekannten „Un- aussprechlichm-Proceß" zu einer gewissen Berühmtheit gelang len Tänzerin Fineite bieten. - — Zum Besten der Krankenunterstützungs-Casse der hie sigen Turnerfmerwehr veranstalten die Herren Helbig und Naget in ihrem bekannten Etablissement an der alten Elb beücke für nächsten Donnerstag rin Loncert. Es geschieht diese musikalische Aufführung mit verstärktem Orchester unter Leitung des Herrn Musikdirektor Kunze in dem schönen Raum unten an der Elbe im Freien und soll da« Entree für jeden Besucher beliebig gestellt sein. Wir wünschen dazu einen schö nen heitern Abend, damit das Unternehmen gedeihlich werde; für daS Herr Helbig die Musik aus eigenen Mitteln honorirt, damit die ganze Einnahme ungekürzt dem guten Zwecke zw fließe. — Die heutige Beilage der Versicherungsbank Teutonia in Leipzig giebt unter dem Titel' „Der Segen der Lebmsver stcherung" ein klares Bild v n dem Nutzen und Segen der Lebensversicherung und ihrer Nebenzweige Wir verweisen die verehrten Leser und Leserinnen auf die interessante Dar legung d«S Zweckes derartiger Institute und möchten die aus gesprochene Mahnung, daß ein Jeder in Zeiten sein Haus be- stellen möge, nicht ungehört verhallen lassen, da unzählige Familien durch die Lebensversicherung von Noth und Elend, ja vom Untergänge jährlich gerettet werden. — Wc man zu seinem Gclde gelangt, konnte man aus einer Scene ersehen, welche am Freitag auf dem Neustädter Gericht sich abipielle Ein Mann hatte daselbst in gericht licher Form eine Summe Geldes erhoben und war im Begriff den Heimweg anzulretm. Doch kaum tritt er au» der Thür de» Gerichtszimmers, so nehmen ihn zu seiner großen Ueber- raschung ein Advocat und ein Gläubiger mit d.m Auspfän dungsschein in der Hand in Empfang, er muß seine Taschen sämmtlich umwcnden, das Sümmchen Geld wird ihm abge nommen und nun kann er in Frieden nach Hause ziehen — Der Humor des vierten deutschen Feuerwehrtages in Leipzig hat als passenden Gruß: „Gut Schlauch" erfunden. — Folgende sonderbare Todesanzeige bringt der Chem nitzer Anzeiger: „Vergangene Nacht halb vi r Uhr nahm Gott während eines Besuches bei den Großältern unser einziges Töchterchen Antonie wieder zu sich. Eh. Bürgerschul- lehrrr B. und Frau^' Allgemeine Wochenschau. Der Gastciner Vertrag, — Tie BnsassunM-ier in W eii. - Die Ar, decker-Coininiision in Berlin. — Eraf Bismarck. — Das franMchc Heer und sei» Kaiser. — Fürst Kusa. - Florenz. — ist „Up ewig ungedeeltl" lautet die Devise der Herzog- thümer Schleswig. Holstein; vom 14 August an aber wird die Geschichte die erste Theilung Schleswig-Holsteins zu ver zeichne» haben Der an jenem Tage abgeschlossene Vertrag steht just wie eine Ironie auf diesen Grundsatz aus, der daS Au-land bisher hinderte, sich in diese rein deutsche Frage zu j mischen. Es scheint fast, als ob eS unser» großen Nachbarn erlaubt wäre, der Weltgeschichte und dem Rechtssinn ein Schnipp, chen zu schlagen, sow e mit den Grundsätzen und Anschauungen deS gebildeten 19. Iah: Hunderts Schabernack zu spielen. Wer hätte es für möglich gehalten, daß es in unserem hochcivili- sirten Deutschland möglich wäre, daß ein Land und Volk von Jemand, hem es nicht gehört, einem Andern, der keinen An spruch darauf hat, gegen ein Stück Geld verkauf! werden kann? Es tritt uns mit furchtbarem Ernste die Frage ent gegen: wer hält die brutale Gewalt, die ohne di: Bevölke rung zu fragen, Lauenburg auf der Colonne deutscher Bun desstaaten löscht und sie in das preußische Register bucht, wer hält sie ab, vor jeden einzelnen deutschen Bundesstaat hinzu treten und dis Worte Omars, des Eroberers von Alexandnen anzuwenden, der die berühmte Bibliothek durch seine Solda ten verbrennen ließ: „Entweder, es steht in diesen Büchern etwas Anderes, als im Koran — so-sind sie schädlich; oder sie stimmen mit ihm überein, so sind sis unnütz. Also ver brennt sie!" d. h entweder die Bundesstaaten verfolgen an dere Tendenzen als Preußen, dann sind sie schädlich; oder sie stimmen mit uns überein, wozu denn brauchen sie eine selbst ständige Existenz -- also schlucken wir sie! Preußen erhält also Lauenburg. 18 Quadrat-Meilen mit 50,000 Einwohnern und zahlt an Oesterreich 2j Mill. Tha- ler, es kauft sich also jeden Lauenburger Stück für Stück für -10 Thaler So erhält es, was es braucht: Zuwachs an Land und Leuten. Oesterreichs leere Kassen erhalten auch, was sie brauchen, nämlich ein paar Groschen Preußisch Cou rant, um wenigstens die laufenden Ausgaben zu decken. Und die Mittelstaaten, speciell unser Sachsen, daS zu Anfang der BundeSexecution vor 2 Jahren Lauenburg von dänischer Herr schaft befreite. daL aus Lanrndurg gerechte Erbansprüche hat, was erhalten denn die? Es treibt einem Patrioten die Röthe in's Gesicht, antworten zu müssen: wenig mehr, als die Ge wißheit, durch ihre Intervention das Allerschlimmste verhütet zu haben. Sie haben zwar am Bundestage Verwahrung ge gm die Verletzung ihrer Erbansprüche angemeidet, was wird es helfen? Aber einen Gewinn haben wir gezogen, das ist dis Uebrrzeugung, daß auf Oesterreich fernerhin kein Verlaß ist. Die Politik der Halbhubereirn ist vorüber, es wird in Zukunft um so nöthizer sein, daß sich die deutschen Negie rungen fest aneinander schließen und vor Allem, daß sie eine freiheitliche, volksthümliche Politik einschlagen, welche ihrm Völkern das leider noch in manchen Staaten fehlende Ver trauen zu ihnen giebt, damit die Völker ihnen ihre volle mo ralische Unterstützung zuwenden können. Vielleicht oder viel mehr nur so kann die eigentlich so einfache Frage Schleswig- Holsteins in einem für die Zukuntt Deutschlands gedeihlichem Senne gelöst werden. Denn es glimmt, wenn auch nur dunkel, noch ein Fünk chm Hoffnung. Oesterreich und Preußen haben beide von ihren ursprünglichen Forderungen Vieles fallen lassen und daher kommt es, daß dieser Gasteiner Vertrag weder hüben noch drüben befriedigt. Die Großpreußen empfinden es schmerz lich, daß mehrere ihrer Forderungen aus der bekannten De pesche vom 22. Februar über Bord geworfen wurden. Zu nächst die Entfernung d:S „Prätendenten" — so bezeichnen die offiziellen Berliner Zeitungsschreiber den rechtmäßigen Her zog Friedrich VIU. Er darf in Holstein bleiben. Der Kieler Hafen, welcher als eine ganz unerläßliche Forderung Preu ßens bezeichnet wurde, geht auch zunächst nicht in seinen Be sitz über, er wird Bundeshafen werden. Die Regelung der Erbfrage in den Herzogthümern ist noch offen gehalten. Und was die Hauptsache ist, der eng» Anschluß der Kriegskräfte Schleswig-Holsteins zu Land und See, die Militär- und Ma- rinecsnvention, nach welcher Preußen so lüstern war, ist ganz unter den Tisch gefallen. Alles daS sind Dinge, welche den Muth eines deutschen Patrioten aufrecht erhalten. Auf der andern Seite, wie viel hat Oesterreich nachgc- geben? Es ist zu schwach gewesen, die Erbfolge definitiv zu ordnen und hat eine Menge Abhilsfmittel vor- und eingeschla- gkn, die mehr oder weniger unheilvoll sind. Es hat Lauen burg verschachert. Es sollte uns gar nicht Wundern, wenn der schlaue Rechenmeister an der Seine zu Gunsten seines Freundes Victor Einanuel Oesterreich einmal das Negula-de- Tri-Exempel aufgirbt: Wenn ein Lauenburger 40 Thlr. Werth ist, waS kostet ein Venetianer? Bisher war diese Rechnung mit bekannten Größcn dem Wiener Cabinet fremd, indcß wer an der Ostsee in die Brüche gekommen ist, lernt am Ende auch den Kettensatz am adriatischm Meere. Ferner: Zwar ist Preußen der fetteste Bissen, Holstein, noch au» dm Zäh nen gerückt, allein täglich wird Oesterreich sehen, wie ne preu ßischen Postwagen durch Holstein fahren, die bekannten Pickel hauben auf den Militärstraßen von Süd nach Nord und um gekehrt marschiren, alle Tage, wie in Kiel und N ndsburg »reußische Militär-Etablissements entstehen, alle Tage weiß es, ! 1 > I durcheilen Holstein auf dem elektrischen Draht, der Prmßen gebührt, ferne Depeschen zur Borussificirung Schleswigs Und wo einmal der preußische Sarras liegt, wächst kein Gras. So stellt sich schließlich doch die Gasteimr Verabredung als eine Niederlage Preußens heraus Hat es die Dänen auS dem Lande gejagt, die Vundestruppm entfernt, wie ange wird es noch dauern, daß die Musikbandcn der öste.reichischen Division Kalik ihre Märsche jenseits der Elbe erschallen lassen? In der schweren Stunde, die auf der Gasteiner Unter redung für Deutschland lag. war es wirklich ein bodenloser Leichtsinn der gedankenlosen Wiener Bevölkerung, daß sie den 18. August, de» Geburtstag ihres Kaisers, zugleich als Ver fassungsfest feierten. Das Fest welcher Verfassung? Doch nicht derjenigen, welche den Deutschen alle Lasten und den Ungarn alle Vortheile bietet, das Fest einer Verfassung, die vielleicht nicht mehr existirt? — In Berlin tagt jetzt die Arbeiter- Commission. Viele erwarten von ihr eine gedeihliche Lösung der socialen Frage, Andere versprechen sich von «irur Ver sammlung, bei de: ein Schulze-Delitzsch fehlt, nicht viel. Aller dings hätten auch wir erwartet, daß ein Mann, der sich um das Wohl der arbeitenden Klassen so verdient gemacht hat, wie Schulze, nicht bei solch' einer Frage als nicht eristirend betrachtet wirb. Dafür wird der Minister v. Bismarck in den Grafenstand erhoben werden. Natürlich, einem österreichischen Grafenministcrium gegenüber war das simple „von" doch gar zu wenig. Wie das hübsch klingt: „Graf Bismarck!!" Du hast's erreicht, Octavio! Der Kaiser von Frankreich hat sich mit seiner Gemahlin, welche im Lager von Chalons als muthige Reiterin den Enthusiasmus der Soldaten erregte,, nach Arenenberg in der Schweiz begeben. Dorthin rufen Beide tbeure Erinnerungen. Dort verlebte der Prinz Napoleon seine Jugendzeit, dort liegt seine Mutter, bie Königin Hortense, begraben. Welch ein Unterschied aber zwischen heute und vor 20 Jahren! Damals versuchte der Prinz Len unglücklichen Putsch, in Frankreich einzufallen, und Straßburg sah ihn in seiner ganzen Kläglich keit, dasselbe Straßburg, das heute jubilirt und illuminirt, weil sein Kaiser einzieht. — Nachträglich hört man vom Flottenfeste, daß zwar viel offizielle Freundschaft, aber zwischen dm Schiffsmannschaften wenig Verbrüderung geherrscht hat. Wenig englische Fahnen, aber viel englische Großsprecherei. — Die Unkenntlich der französischen Sprache in der französischen Armee ist außerordentlich groß. Wer würde es glauben, wenn es nicht die Untersuchungen und Erörterungen des französischen Kriegsministeriums selbst sagten, daß von 321,981 zur Lon- scription einberufenen Franzosen nur 220,522 das Französische als ihre Muttersprache betrachteten, 32,656, also 10 pCt. nicht ein Wort Französisch verstanden und 65.879, also 20 pCt., zwar einige Kenntmß der Landessprache Hallen, sich aber ge wöhnlich in einer andern, also deutsch, vlämisch, bretonisch, baskisch unterhielten? Der Elsaß und die Breiagne liefern die intelligentesten Soldaten, die Artillerie besteht fast ganz aus Elsässern. Man hört jetzt, wie blutig die Emeute der Bukarest» Bevölkerung unterdrückt wurde, welche der Segnungen der Regierung des Fürsten Kusa müde war Die Soldaten, von aufreizenden Reden und Branntwein zur tollsten Wuth ent flammt, sollen Schandtaten aller Art verübt haben. Sie hieben auf ruhig Vorübergehende ein, sie schonten weder Alter, noch Geschlecht. Man spricht bereits davon, daß ein zweiter Aufstand vorbereitet werde. Klägliche Verhältnisse bietet Jlalien. In Florenz, der neuen Hauptstadt, befeinden sich die Florentiner mit den Pie- montesen auf's Heftigste, vor den Thoren unmittelbar Hausen Räuber, ein Oberst von Villata läßt ohne Weiteres Soldaten erschießen, dazu die Cholera — heißt auch ein Leben. Humoristisch fatyrifcher Pflanzen- und Blnmett-EongreH Der Erfurter Gartenbau- Verein wird im Monat Sep» lember eine allgemeine Ausstellung von Gemüsen, landtvirth- schaftlichen Producten, Obst, Pflanzen, Blumen u s. w. ver anstalten. Was Alle» in dieser Ausstellung sichtbar sein wird, hat uns ein großer schwarzer Erfurter Rettig verrathen und uns in Gcmemschaft mit einer Stange Mcerrettig nachfolgen den beißenden Artickel zugesendet. -- Aufgestellt vom Garten bau- Verein ist: Dw Palme des Sieges, welche zu Gastein über Nacht rmporgesch ssen. (Slachelpalme) Der Saamen, wodurch Dmtschlar.d in Preußen auf- gchen soll. D e Walze, um die holperigen Wc,;s zu ebenen, weil die VoUsvertreur Nichts von dem nusgeworfenen Kies wissen wollrcn. > >. I i! I I> ! '