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Nr. 23S. Zehnter Jahrg. Sonnt,,,,. 27. Angnst'1865. Erscheint: Läglich früh 7 Uhr. Inserate «rrderr angenommen: hi« Abends v,Lonn« tag» bi» Mittag» 12 Uhr: Marien fl ra ße 13. Unzeig. in dies Blatt«, da, jetzt io »»,kt"» Exemplaren erscheint, tzuden eine erfolgreich« Verbreitung Abonnement: vterleljLhrrich 2» Ngv bei unemgeldlicherLir- serung in'» Hau2. Durch die Äönigl. Pss vierteljährlich 22 Ngr Einzelne Stunimer» 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung nnd Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum ein« gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Eilig«» sandt" dir Zeit« 2 Vrgr. Druck nnd Sigenthun, der Herausgeber: tdiepsch sl Neichardt. - BerantwortNchrr Redacteur: Julius Reilhardt. Dresden, den 27 August. — Se. Königl. Majestät hat dem Direktor und ordi- nirenden Arzt am könizl. sächsischen Militär-Badehospitale zu Teplitz, l>r. weck. Gottfried Schmelkes, den Charakter eines königl. sächsischrn Sanitätsrathes mit dem Range in der 5. Klasse der Hofrangordnung taxfrei verliehen. — Im Aufträge Sr. Maj. des Königs hat das Gesammt-Ministerium dem s In suilv der Armee stehenden Oberleutnant von Cerrini di Monte Varchi die nachg-juchte Entlassung aus der Armee, mit der Erlaubniß zum Tragen der Armee-Uniform, bewilligt. — Am Donnerstag hi,lt die Gewerkschaft „Edle Krone" in Vraun's Hotel ihre Jahres-Versammlung ab. Beim Ein- tr'tt in den Saal blinkte den Gewerken eine Anzahl ausge stellte Erz-Stufen entgegen, welch- bis zu 121 Psund-Theilen gediegenes Silber enthielten und erst kürzlich in den Tiefbau?» aufgesunden worden waren. Von den Geierken wurde dieser freundliche Silberblick mit großer Fr-ude betrachtet, umsomehr, da auch gleichzeitig die Kasienverhä!tnisse ganz zufriedenstellend sind, und die gefürchtete Katastrophe, welche so vielen derar tigen Unternehmungen d. s Lebenslicht ausgeblasen hat, als gänzlich überwunden zu betrachten ist. — Es ist zu beklagen, daß in Dresden die behördlichen Verortnungen so wenig respeclirt werden. Die Roll-, Leiter-, Kohlen-, Holz- und Bierwagen sollen in der Stadt und in den Vorstädten nur Schritt fahren; sie fahren aber fast alle im Trabe, so daß man von dem Gerassel dei selben ganz be täubt wird und kein Mensch auf der Straße oft seines Lebens sicher ist. Ebenso dauert auch das unnöthige, nnan- ständige und höchst widerliche Peitschenknallen trotz polizeilichen Verbots noch immrr fort Sagt man den Kutschern, „das Knallen sei ja nicht erlaubt", so erwidern sie: „das können wir halten, wie w'r wollen", oder lachen dazu und Platzen desto mehr. Nur eine strengere Straßenpolizei kann hier helfen. — Das „Dresdner Journal" widerlegt in einem länge ren Artik-l die fabelhaften Schwafeleien, welche auswärtige, namentlich preußische Blätter an die Reise des Herrn v. Brust knüpfen. Dasselbe sagt unter Anderem: „Wir haben wahr genommen, daß es genau dieselben Blätter sind, welche, so oft Herr Minister v. Neust die sächsische Grenze überschritten hat, sich sehr eingehend mit ihm und seiner Thätigkeit beschäftigen, die letztere vielfach übertreiben, ihr eine oft ganz unverdiente Wichtigkeit beilegen und sich dabei mit allerhand Nebendingen befassen Dahin gehören insbesondere die „Kölnische Zeitung" und die ..Neue Preußische Zeitung"; namentlich die letztere, welche eben jetzt wieder jenen Vorwurf in den verschiedenar tigsten Zubereitungen auftischt, nachdem sie kurz zuvor sich aus München ausführlich hatte schreiben lasten, wen Herr v. Veust dort empfange», w e viele Telegramme er erholten, zu welcher Zeit er ins Theater gegangen, wie lange er sich dort aufgehalten, wo er gegessen mit wem er gegessen und was er gegessen habe. Bekanntlich besucht Herr Minister v. Neust seit einer Ntthe von Jahren regelmäßig Gastein in der letzten Hälfte des Sommers, ebenso bekannt ist, daß er ent weder den Hinweg oder den Rückweg über Wien zu nehmen pflegt. Dieses Jahr hatte er, längst vor dem Eintritt der Krisis, welche in Salzbu g ihren vorläufigen Abschluß gefun den hat, die Absickt kundgegeben, den Hinweg über Wien zu nehmen, um dem H-rrn Minister Grafen Mensdorff, dessen persönliche Bekanntschaft er noch nicht gemacht und den er auf dem Heimwege zu finden nicht Aussicht hatte, seinen Besuch abzuslattcn Er eilte daher nicht, wie ein Wiener Blatt an gab, dahin au- Mißtrauen gegen Freiherrn v d. Pfordtcn und desi-n Begegnung mit Herrn v. Bismarck, indem Ersterer, wie stets, auch hierüber ihn in vollster Kemttniß erhalten hatte. Daß Herr v. Veust der österreichischen Regierung die sächsi schen Truppen zur Verfügung gestellt habe, wie einige Blätter behaupte!»», ist unbegründet. Die sächsische Regierung stellt ihre T«uppen Dem zur Verfügung, der darüber zu verfügen hat, nämlich dem Deutschen Bunde; sie läßt aber auch darüber keinen Zweifel bestehen, daß selbst bei Ausführung eines Bun- diSbeschlusies der ernstesten Bedeutung man unbedingt auf sie zu rechnen Huben merke rc Das, was ferner die ..Kölnische Zig." sich üb.r iMz absonderliche Aufschlüsse hat schreiben lassen, die Herr v. Neust in Wien über die Handelsbeziehun gen zwischen Italien und dem Zollverein empfangen oder er- Iheilt habe, ist vom Anfang bis zum Ende vollständig erfunden. Beiläufig erwähnen wir dabei, daß die von den Zeitungen gebrachte Nachricht, die Herren v. v. Pfordten und v. Veust hätten sich zu Sr. Maj. dem König von Sachsen nach Possen hofen beerben, abermals eine irrige war. Staatsminister Freiherr v d. Pfordten hat eine Sommerwohnung in dem auf dem Wege nach Possenhofen gelegenen Starnberg, bis hahin fuhren beide Minister auf der Eisenbahn. Es war aber wiederum etwa» sehr Natürliches und Einfache», daß die An wesenheit des Herrn v. Neust in München zu Confercnzen unter den engbesreundeten beiden Ministern benutzt wurde. — Die „Kölnische Zeitung' wird sich hiernach die von ihr aufgeworfene Frage: „warum Herr v. Neust so unruhig zwi schen Wien und München, Ischl und Gastein herumflog'?" in der einfachsten Weise beantworten können und sich zu sagen in der Lage sein, daß sie sich die Mühe und ihren Lesern die Langeweile eines Leitartikels darüber hätte ersparen können." — Wiederum stehen unseier Stadt festliche Tage bevor durch di Generalversammlung des Gesammtvereins der Gustav- Adolph-Stiftung, welche in den Tagen vom 5. bis 7. Sep tember in DieSden abgehalten wird, und zw-r zum ersten Male an hiesigem Orte seit dem Bestehen des Vereins. Seit 30 Jahren hat der Gustav-Adolph-Verein segensreich gewirkt, und nicht b'vs die Geldsummen, die zu Gunsten unserer in katholischen Ländern wohnenden Protestant schen Glaubensge nossen verwendet worden, nicht blos die neuerbauten Kirchen und Schulhäuser kommen in Betracht, wenn von d m wotzl- thätigen Einflüsse dieses Vereins die Rede ist; — es ist haupt sächlich auch das Bewußtsein des Protestantismus zu betonen, das durch den Gustav-Adolph-Verein unter den Gliedern der evangelischen Kirche lebhafter geworden ist; er ist das Band der L,ebe. welches sich um die Protestanten aller Länder und aller Sprachen schlingt. — Es ist daher sehr erfreulich, daß dre Generalversammlung, welche in der Regel alljährlich in einer größeren Stadt Deutschlands abgeh-lten wird, Heuer nach zweijähriger Pause in Dresden tagt. U-d es werden gewiß gar Viele aus der hiesigen Bewohnerschaft dieser Versamm lung ihre volle und herzliche Theilnahme schenken Zunächst kann dies durch den B such der FestgotteSd'rnsie geschehen. Es werden deren drei, der erste Dienstag Nachmittag, der zweite Mittwoch früh und der dritte Donnerstag früh, und zwar allesommt in der Frauenkirche abge! alten werden, die bei dieser Gelegenheit zum ersten Male wieder seit ihrer vor mehreren Monaten begonnenen, jetzt beinahe vollendeten Restau ration benutzt werden wird. In derselben Kirche werden auch die Hauptveihandlungen stattfinden. Donnerstag den 7. Sep tember Abends 7 Uhr findet zu Ehren der Versammlung in der Kreuzkirche eine geistliche Musikaufsührung statt, wobei viele musikalische Kräfte hiesiger Stadt ihre Mitwirkung zu gesagt haben. Außer zwei klassischen Compositionen für ge mischten Chor'(Cantate von I. S. Bach und Hallelujah von Händel) werden drei Musikstücke für Männergesang vom Pro gramm dls Sängerfcstes zur Aufführung gelangen, nämlich 1) der 24. Psalm, von Julius Otto, 2) Cantate, von Haupt- mann, und 3) Io ckeum, von Rietz. Außerdem wird den hie sigen Freunden des Gustav-Adolp>Vereins Gelegenheit gebo ten werden, mit den Abgeordneten, welche aus allen Gegenden Deutschlands und aus dem Auslande hierher komme», in näheren persönlichen Verkehr zu treten, insofern ein im -aale des Lincke'schen Äadcs Mittwoch, den 6. September, Nachmit tags 5 Uhr stattfindendes Festmahl den Mittelpunkt des ge selligen Verkehrs für Fremde und Einheimische bilden wird. — Zwei Fuhrwerksunglücksfälle unbedeutenderer Art pas- sirten gestern und zwar zuerst Vormittags, wo ein Droschken- pserd aus der Annenstraße durchging, stürzte und sich die Knieescheibe beschädigte. Nachmittags rollte von einem Trans portwagen auf der Löbtaucrstraße ein Ballon mit Schwefel säure, zerbrach und sein rauchender Inhalt ergoß sich auf die Straße. Kinder und Eiwachscne mit Gefäßen und Löffeln suchten die Flüssigkeit möglichst zu erraffen. — Der B.sitzer des einen Eckhauses Nr. 29 der Math Iden- straße ersucht uns um die Berne kung, daß die gestern gemeldete Entbindung eine» Dienstmädchens in seinem Hause nicht statt- gesunden habe. — Vorgestern Abend wurde eine Frauensperson in be wußtlosem Zustande auf dem Bautzner Platze liegend gefun den. Di>selb- wN'de dem Krankenhaus? übergeben und hat sich später ng-bei-, daß es eine Frau Mann sein soll, Lebens gefahr aber nickt - or!. anden ist — Das g- ß- Wale schlößchen-Vogelschießen im Park und Wald niu nie nio-gcn und übermorgen seinen Verlauf unter Ve>tüchtiger Orch-stcrmusik des Pobleschen Musik chors, Me-n.ag Abend Illumination sämmtlichcr Räume, Diens tag Abend Abbrennung von F-.ueiwcrk und BelcuchtungS Effeceen. Erfreulich wäre es, wenn das berühmte Sänger- bier in gl'icher Qualität, wie jetzt, recht lange ausbirlt — In dem Dorfe Wcißig brannten gestern Nachmittag die dem ttzutSbcsitzsr Angermann gehörigen zw.i Scheunen mit sämmtlichen Vorrätben nieder — Wie das Geld, so die Waare!" Das ist ein alter Grundsatz, der aber nicht immer festgehalten wird, das zeigte sich am Donnerstag in dem Doife Nickern. Da wurde der Gutsbesitzer B begraben. Seine Angehörige» wollt-n >as Familienoberhaupt mit höherer Feierlichkeit zur Erde be talten, scheuten daher keine Kosten und ließen aus Dresden deshalb den vierspännigen Leichenwagen, Träger und auch den „Grabebitter" kommen. Alles kam und zwar Alles in gehöriger Ordnung, nur der Grabebitter erschien, trotzdem, daß er doch laxmäßig bezahlt wurde, nicht in seinem üblichen schwarzen Costüm, sondern im einfachen grauen Rocke. E» läßt sich denken, daß dieß den Leidtragenden sehr auffällig war. Jedenfalls ist diese Thatsache aber für alle fernern Fälle maßgebend. — Gestern Morgen'mit dem 17 Uhr nach Leipzig ab- gehcnden Zuge sahen wir die Herren Generalstaatsanwalt Ur. Schwarze, Polizeidirector Schwauß und Criminal-Commiffar vr Urban von hier abreisen. Dem Vernehmen nach hat diese Reise den Zweck, den in Großenhain stattzefundcnen und alle Herzen mit Abscheu erfüllenden Doppelmord persönlich in Augenschein zu nehmen. — — Gestern Morgen gegen 4 Uhr kam ein Ardßitsmann dazu, als die Dimstperson T. den Versuch machte, ihrem Leben in der Elbe, unterhalb des Helbig-Nagclschen Etablisse ments, ein Ende zu machen. Dieselbe kehrte aber auf daS Zureden dieses Mannes wied-r um, indem sie es für einen Fingerzeig Gottes hielt und ging in beruhigter Stimmung wieder heim. — Die Löwin des Zoologischen Gartens ist mit den 4 Jungen noch auf kurze Zeit beisammen. Ein Eskimo Hund, der von Hamburg kam und nach einigen Tagen Rast nach Wien abgeht, erregte gestern beim Transport vom Bahnhof nach dem Zoologischen Garten viel Aufsehen. Schaaren- weise hatte sich das Publicum, namentlich auf dem Reumarkt, um ihn versammelt. — Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 26. August. Der Herrendiener Friedrich Moritz Arnold tritt auf die Anklagebank, ein noch junger Mann in eleganter Klei dung Er tritt sehr bescheiden auf, hat das Gesicht, das ein kleines blondes Schnurrbättchen ziert, stets dem Gerichtshöfe zugewendet und spricht fast unverständlich. Drei Zeugen sind vorgeladen, von denen aber eine, dir Staatsräthin Marie Lu- cie von Kupfer sich als krank entschuldigen läßt. Die An klage geht auf Unterschlagung. Er diente bei mehreren Herr schaften, zuletzt bei der schon genannten Staatsrälhin Lucie von Kupfer und zwar vom 26. April 1864 b S zum t. April 1865. Arnold hatte Einkäufe zu besorgen, an Holz. Kohlen u. s. w., und mußte oft das Geld verlegen. So hatte er dreimal hintereinander bei dem hiesigen Holzhändler Carl Friedrich Holz zu bestellen und das that er. Er bestellte je desmal eine Klafter Buchenscheite und eine Klafter Kiefern holz. Die ganze Summe beträgt 45 Thlr. 15 Ngr. Da soll er nun allemal das bttreffende Geld von der Herrschaft erhalten haben mit dem Bemerken, es sofort an den Holz händler abzuliefern. Das soll nun aber alle drei Male nicht geschehen sein, obgleich er behauptet, es sei nur zweimal nicht geschehen, das drittemal habe er gar kein Geld für Holz von seiner Dienstherrin empfangen. Die ersten beiden Male habe er ras Geld, also 50 Thlr. 10 Ngr für sich behalte.7, weil er Geld für sie verlegt und noch keinen Ersah dasür erhalten hatte. Am 1. April 1865 verließ er den Dienst der Etaatsrä bin, ohne den Holzhändler Friedrich bezahlt zu haben. Er ging zuerst in ferne Heimath Leißnig und will für das Geld, das er noch halte (er will in seiner Wohnung noch 30 Thlr. lie gen gehabt haben), Uhren, Pretiosen und andere Veekaufsar» tikel rheils von Privatpersonen, theils auf Auceiomn, vie er besuchte, gekauft und wieder verhandelt haben. Am 6. April 1865 wurde er verhaftet. Die ganze Proceßgeschichte ist eine sehr verwickelte und der Angeklagte zieht mit siincn Aussagen so schnell hin und her, daß selbst der Herr Staatsanwalt, sowie der Vorsitzende ihn oft ermahnen müssen, deullichcr und bestimmter zu sein. Ebenso geht cs mit den Zeugen. Die 46jährize Wirthschafterin bei d>r Frau von Kupfer, Fräulein Martha Kaffack, weiß, daß er für seine Diensthcrrin Gelder verlegt, daß er Rechnungen abgegeben, die von der Letzteren bezahlt worden seien. Auch sie spricht bald: sie weiß, balv: sie weiß nicht und in Folge dessen ei scheint cs in diesem Augenblicke dem Herrn Staatsanwalt Roßtcuscher nunmehr dennoch wünschenswerth. die Staatsrälhin von Kupfer, dcn Holzhändler Friedrich und eine gewisse Pichmeher »ersönttch zur Hauptvcrhandlung vorzuladen. Auch der Adv Hünich ist der Meinung, später wird aber davon abgestanden. Dee Siaats- räthin Marie Lucie von Kupfer, geb. von Macdonald, deren protokollarische Vernehmung heut verlesen wurde, sagt, sie selbst habe dem Arnold nie persönlich Aufträge ertheilt', son dern nur duich ihre Wirthschafterin Kaffack, oder ihren Gou verneur l>r Schiamm. Das Geld lür die Verlege habe sie stets auSgehändigt. namentlich das für die drei tttzn» Holz- »osten für Friedrich, aber ob dem Arnold selbst, oder der lassick, wisse sie nrcht mehr. Sie weiß auch nicht, ob er ihr Quittung n produzirt. Gehen wir zur zweiten Sache über, so finden wir, daß sie mit der ersten enge zusammenhingt, I ! 1 ! ! > i I ,