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Rr. 237. Zehnter Jahrg. Arfcheint: LLgttch früh 7 Uhr. Anserate werden angcnommru: »i« Abend-6,Sonn tag- bi» Mittag- IS Uhr: Marienstraß« IS. Uuzetg. in dies. Blatt«, da» jetzt in N.öt'r- Exemplar«» erscheint, Kaden »in« erfolgreich« Verbreitung Frettag.25. August 18«S. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drodisch. Abonnement: vierteljährlich 2V Ngr. bei unentgeldlicher Lie ferung in'» Hans. Durch die KLnigl Pof vierteljährlich 22 Ngr Einzel«« Numniera 1 Ngr. Inseratenpreise: Wir den Raum «iu«r gespallenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Eing«-j sankt" die Zeil, L Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: tUepslh sk Netchardt. — Verantwortlicher Redacteur: Julius Ntichardt. Dresden, den 25 August. — VOeffeniliLe Sitzung der Stadtverordneten am 23. August. — Nach vierwöchentlichen Ferien treten die Gcmeindevertreter heute wieder zum ersten Male zu einer Plenarsitzung zusammen, welche ziemlich zahlreich besucht ist. Zunächst bringt der Vorsitzende, Hofrath Ackermann, die Ne gistrandenringänge zum Vortrage, die im Laufe der letzten vier Wochen eingezangen sind. Eine größere Anzahl von Urlaubs gesuchen wird bewilligt. Bezüglich der in einer der letzten Sitzungen gerügten Sportelerhebung für die Dekorationen wählend des Sängerfestrs theilt der Stadtrath mit, daß zwar bei neun Fällen liquidirt, die Beträge aber bereits wieder restituirt und nirgends die üblichen Plahzinsen erhoben Wor ten seien Hie bei faßt dasHCollegium Beruhigung. — Von 4 Gesuchen um Wiedererlheilung der bürgerlichen Ehrenrechte sind diel, deren Petenten wegen politischer Vergehen bestraft t »Wesen sind, durch die Gnade des Königs, der sie beifällig beschuden, erledigt worden; das vierte handelt sich aber um das Verbrechen des Wuchers, der den Petenten der bürger lichen Ehrenrechte verlustig gemacht hat. — In einem weit läufigen Communicate rechtfertigt sich der Stadtrath, daß er wegen des Nathhausumbaues immer neue Nachpostulate an die Stadtverordnelen gelangen lasten müsse. Schließlich ver bindet er hiermit ein abermaliges Postulat von 17000 Tha- lern. Ein anderweites bedeutenderes Postulat hat der Stadt- -ath an das Collegium gebracht zur Herstellung von 12 Gas- entwrcklungsöfen in der 2. Gasanstalt; es beträgt 14000 T.lr. Die Verfastungsdeputation wird mit Prüfung des Vertrages, welcher mit dem Fiscus wegen Abtretung der Königsbrücker- straße an die Stadtgemeinde abgeschloffen werden soll, beausi tragt. — Dem designirten Hilfsgeistlichen für die Annen, parochie, Hrn. Pastor Kühn, wird in Rücksicht auf die be rcits stattgefundene Gastpredigt die Probepredigt zu erlassen beschlossen, gegen Lehre, Leben und Wandel erfolgte von keiner Seite ein Einwand. — Stadtv Gregor hatte früher den An trag gestellt, beim Stadtrath darüber Beschwerde zu führen, daß er die Marktdeputation bisher nicht einberufen habe Hiergegen sucht der Stadtrath in einem Communicate sich zu rechtfertigen: es habe während des laufenden Jahres gar keine Veranlassung vorn elegm, diese Deputation zusammenzuberusen. Es werde dies aber in nächster Zeit geschehen, wo es sich um Erledigung mehrerer wichtiger Marktangelegenherten handeln werde. Ja, der Stadtrath glaubt diese Angelegenheiten (Be sreiung der Straßen von Buden während des Christmarktes u. dgl. m) als „schwere Probleme" bezeichnen zu müssen, welche die Marktdeputation nur zufriedenstellend lösen möge. Das Votum der Verfaffungsbeputation in dieser Angelegen heit geht dahin, dem Stadtrath zu erkennen zu geben, daß nach der Ansicht des Kollegiums allerdings mehrfach Veran lassung vorhanden gewesen sei, die Marktdeputation einzurufen und daß man hoffe, der Stadtrath werde in Zukunft in allen geeigneten Fällen dies zu thun nicht versäumen. Dieses Vo tum findet einstimmige Annahme. Zur Erwerbung einer Par zelle an der Walbgaffe für 1400 Thlr. giebt das Collegium ebenfalls seine Zustimmung. - Von Bewohnern des Via- ducts und der Brückenstraße sind Beschwerden an den Stadt rath gelangt, wegen der üblen Dünste, mit welchen die dortige Schleuß« die ganze Gegend verpeste. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, hat der Stadtrath beschloss n, besagte Schleuß« bis in das Ostragihege zu verlängern. Hierzu ist ein Berechnungs- gelv von 3745 Thlr. erforderlich, welches die Stadtver ordneten auf Vorschlag der Finanz-Deputation heute bewilligen, indem sie jedoch den Stadtrath hierbei auf die Ungchörigkeit der Ableitung der Wässer aus den Häusern am V.aducte auf merksam machen und um Abstellung nachsuchen zu müssen glauben. — Von einigen Miethe-n im «h:m. Peschel'schen Grundstück auf der Annenstraße (Stadt Chemnitz) ist die rück ständige Miethe, zusammen 66 Thlr. 22 Ngr. 5 Pf., nicht zu erlangen gewesen. Es hat sich herausgcstcllt, daß die Ver hältnisse der betreffenden Miether in der That so ärmliche« Art sind, daß die Forderung der rückständigen Schuld erfolg los sein wür'k. Deshalb hat der Stadt ach beschlossen, ge nannte Miethsumme abzuschrenen, wozu die Stadtverordneten heute ihre Zustimmung geben. — Nach Erledigung einer be trächtlichen Anzahl von Petitionen erfolgte der Schluß der öffentlichen Sitzung. — Die vom hiesigen Gewerbeverein beabsichtigte Exkur sion nach Reichenberg hat aufgegeben werden müsse.', da vor Kurzem erst mehrere preußische Gesellschaften die dortigen Etablissements besuchten und außerdem ein zweitägiger Aus enthalt in dieser Gegend, wo die Fabriken so wert zerstrut liegen, daß unbedingt Wagen benutzt werden müssen, den Ein zelnen zu cheuer gekommen wäre Es ist deshalb eine Exkur sion nach Zittau eingerichtet worden, in welcher Stadt man Li» Dresdner freundlichst aufnehmrn will. Der Gewerbeverein wird nächsten Sonntag spätestens 5^ Uhr vom schlesischen Bahnhofe mit Extrazug absahren und steht es den Therlneh- mern frei, mit jedem beliebigen Zuge bis Sonntag, den 3. Sep- rcmber zurückzureisen. Der Sonntag ist bestimmt, die Stadt selbst mit ihren Anlagen, ihrem neuen Wasserihurme, dem neuen Rathhause, der Johanniskirche, den schönen Schulgebäu den, sowie die Stadtbibliothek zu besichtigen und einen Aus flug nach dem Oibin und dem Hochwalde zu unternehmen. Besonderes Interesse wird den Dresdnern die Wasserleitung gewähren, die Zittau mit ganz frischem, klarem Quellwasser versorgt, welches zu Haus- und GewerbSzwccken eben so vor- theilhaft verwendet werden kann, als zum Getränke. Beson deres Verdienst hat sich durch Anlegung derselben Herr Bür germeister Haberkorn erworben. Am Abende wird man im Saale der goldnen Sonne sich versammeln und am Montage ausziehen, um die Maschinenweverei, Färberei und Druckerei der Herren Schmidt und Esche, die Leinengarnbleiche des Herrn Bauch, die Maschinenbauanstalt des Herrn Kießler und den Eisenbahnviadukt in Verbindung mit der Kunstziegelci des Herrn Mönch in Boritzsch zu besichtigen. Die Rückfahrt ist, wie erwähnt, auf die Vereinsbillets bis folgenden Sonntag möglich, und wird diese Vergünstigung, welche dis k. Staats bahn und die Löbau-Zittauer Bahn wohlwollend gewährt haben, Vielen deshalb erwünscht sem, weil sie ihnen Gelegen heit giebt, Geschäfte abzumachen. Wer eher zurück muß, kann am Abende des ersten Tages um 10 Uhr schon wieder in Dresden sein (s. Inserat). — Es soll bei der Oberpostbehörde in Erwägung gekom men sein, behufs Vereinfachung und Beschleunigung in der Abgabe von Geldbriefcn an die Postanstalten in größeren Par tien, für BanquierS und Geschäftshäuser an Stelle der Post scheine besondere Quittungsbücher eiuzusühren, wie dies Sei tens der Lotterie-Direktion und Haupt-Post-Kasse bereits d r Fall ist. — Der Schlußtermin der Außer-Courssetzung der auf Grund des Gesetzes vom 30. September 1847 ausgegebenen herzoglich sachsen-gothaischen Caflenanweisungen ist auf den 12. September 1865 bestimmt, dergestalt, daß dieselben nach Ablauf dieses Termins, bis zu welchem sie nach wie vor bei allen öffentlichen Cassen de- Herzogthums in Zahlung ver wendet werden können, völlig werthlos werden und gegen deren Entwertung auch eine Berufung auf die Rechtswohl that der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht statt findet. — Allen, welche in den nächsten Tagen der alten Berg- siadt Freiberg einmal einen Besuch abstattcn wollen, wird die Nachricht willkommen sein, daß daselbst nächsten Sonntag, den 27. August, eine Gewerbe-Ausstellung auf dem Kaufhause am Markt (wo sich auch das vielbesuchte Alter tums-Museum befindet) eröffnet wird. Dieselbe verspricht sehr bedeutend und interessant zu werden. Sie wird bis mit Sonntag, den 3. September, täglich gi öffnet sein. — 8. „Undank", Lebensbild mit Gesang in 3 Akten von I. Schönau, Musik von Storch, ist der Titel eines neuen Stückes, das am Dienstag zum Benefiz des Frl. Aline Huch auf NeSmüller's Sommertheater in Scene ging, bei dem leider spärlich versammelten Publikum aber sich kaum eines suceos ä'eslimo zu erringen vermochte. Es ist dieses „Lebensbild" trotz seines moralischen Hintergrundes w.der neu in der Con- ccption, noch frisch und lebendig in der Ausführung; Haupt figuren und Staffage sind zu matt und farblos gehalten, um lebhaftes Interesse zu erwecken und entschädigen für diesen Mangel selbst einige wirksame Lichteffecte nicht, die hier und da zum Durchbruch kommen. Tretz alledem ist dis Arb it keine schlechte, dürfte sich vielleicht sogar als wirkungsvoll er weisen, wenn der Verfasser sich zu energischer Benutzung des Nothstift's entschließen wollte. Die Darstellung w r >m Gan zen lobenswerth, vorzüglich machten sich um dieselbe die Herren Stein und Stritt als „Stoppel" und „Gutherz" verdient, nur muß sich der Letztere hüten, durch hohlen Pathos in Mo notonie zu verfallen; Frl. Klose als „Nani" war ziemlich matt. — Vorgestern Morgen gegen 3 Uhr fuhr ein vom Schänk- hübel kommender Omnibus mit einer solchen Vehemenz an einen die Könizsbriickerstraße pasfirenden Düngerwagcn an, daß die Deichsel des crsteren brach und die Insassen in die unange nehme Lage versetzt wurden, ihren Weg zu Fuß fortzusetzen. Der Führer des bringe:>vag-nS aber soll durch den. Vorfall nicht unbedeutend verletzt worden sein. — — Wie wir hören, sollen in den Kleidern des bei Cölln in diesen Tagen aus der Elbe gezogenen Leichnams Briefe aufgefunden worden sein, die darauf Hinleute,:, laß ibr Be sitzer mit einem Schreiber von hier identisch ist. Derselbe ar beitete bei einiM hlesigen Adoocaten, unterschlug dies m einen nicht unbedeutenden Gcldbeirag und wurde darauf flüchtig. Der Steckbrief, den das hiesige königliche Bezirksgericht Wider ihn erließ, blieb ohne Erfolg. Ein Brief, den er hier zurück- gelassen, ließ bereits darauf schließen, daß er sich dar, Leben nehmen würde. — — Die Dresdner Taschendiebe scheinen ihren Berliner Collegen es bestens abgelauscht zu haben, wie zumal Frauen die in der Vordertasche des Kleides befindlichen Portemonnaies hecauszuangeln sind. Vor wenigen Tagen reiste eine Dame von hier nach Berlin, gab ihr Gepäck im Leipziger Bahnhose auf. löste ein Billet zweiter Clasie, steckie Gepäckschein und Biklct in das Portemonnaie und verwahrte letzteres einstwei len in die Vordertasche ihres Kleides. Dieß mochte so ein Spitzbube bemerkt haben, e: benutzte zum Stehlen vcrmuthlich den Moment, als die Thüren zum Perron geöffnet wurden, wo^ei ein wenig Gedränge entstand. Die Dame gerieth na türlich in große Verlegenheit, als ihr der Conductcur das Billet abverlangte und die Alteration ward um so größer, als der Schaffner Miene machte, sie in ungestümer Weise und mit harten Worten aus dem Coupe zu zerren. Durch die Güte einer befreundeten Dame löste sie ein zweites Billet und fuhr nun erst ungehindert sund um ca 8 Thlr. leichter ihrer Heimath zu. — Berichtigend ist zu bemerken, daß der gestern erwähnte Herr C. Guthmann, nachdem ihn ein tödtlicher Schlaganfall getroffen, nicht in das Todtenhaus, sondern in seine Behau sung Schäferstraße Nr. 3 gebracht worden ist, von wo auS heule Abend halb 5 Uhr seine Beerdigung erfolgen wird — Vorgestern Abend gegen 7 Uhr wurde ein bereits bejahrter pensionirter Beamter aus der Königsbrückerstraße von einem Wagen, dessen Kutscher bisher unbekannt, überfahren und hierbei am Kopf so erheblich verletzt, daß er bewußtlos liegen blieb und als todt in seine Wohnung auf der Schön brunnerstraße getragen wurde. Dort hat er sich aber bald wieder so weit erholt, daß man für sein Leben keine weiteren Befürchtungen hegt. Es heißt, daß er schwerhörig sei und deshalb den Zuruf des Kutschers, auszuweichen, nicht ver standen habe. — — Auf der Camenzerstraße schlug vorgestern Nachmittag ein fremder Handwerksbursche einen Hund, der dort ruhig und ohne ihm auch nur das Mindeste zu Leid gethan zu haben, mit seinem Stock. Darüber rectificirte ihn der Besitzer des Hundes, der den Vorfall mit angesehen. Der Handwerks bursche hatte aber ein sehr loses Mundwerk, und so kam es, daß er und der Hundebesitzer sich schließlich in die Haare fuhren. Der Hund, der sich bis dahin ganz ruhig verhalten, geneth über die Gefahr, die seinem Herrn drohte, nunmehr auch in Harnisch. Er packte den Handwerksburschen an meh reren sehr empfindsamen Stellen seines Kö:pers und soll ihm dadurch mehrere höchst schmerzhafte Andenken an seine Zähne beigcbracht haben. — — Paul Kinischi, der ungarische Volkshcld. Die Geschichte vom Müllcrburschen, der sich bis zum Generalissi mus emporschwang, ein magyarisches Nationalgedicht, ist in völlig freier Umdichtung nach dem ungarischen Original von dem Hauptmann Richard von Meerheimb herausgegeben wor den. Es scheint uns, als habe hier ein Deulscher den tapfe ren und heißblütigen Ungar vollständig verstanden, und wün schen wir seinem Verleger, daß cs hier denselben Absatz, dem deutschen Dichter aber, daß es dieselbe Anerkennung finde, wie es jenseits der Leitha schon gesunden hat. Allerdings ist es dort auch leichter, Beifall zu erlangen, weil man noch Sinn für nationalen Kriegsruhm hat, während hier die tägliche Er fahrung lehrt, daß selbst wohlhabende Zeitgenossen großer krie gerischer Heldenthaten für die Auffrischung derselben im Ge- dächtniß und besonders in der Phantasie der Jugend wenig Sinn haben. So sind z. B. von der Photographie: „Die sächsische schwere Neiterbrigade in der Schlacht an der Moskwa" so wenig Exemplare verkauft worden, daß der Unternehmer bedeutende Unkosten, aber nicht die Genuzthuung Hab n wird, einigen betagten braven Invaliden von dem Ertrage eine Freude machen zu können. — Ein schaudererregender doppelter Raubmord mit Brand stiftung ist in vorvoriger Nacht in Großenhaen begangen worden. Früh 3 Uhr wird Feuerlärm gemacht cs brennt auf der Naundorser Gasse im Hause des Glasermeisters Birnstein. Die Flamme schlägt bereits zum Fenster der ersten Etage her aus, man macht auf der Straße Spectakel, öffn-t, eelt nach oben und o Schreck! die Eheleute B. liegen in ihren Belten mit zersckla encm Hirnschädel und durchschnittener Kehle Die B'scheu Ehel.utc gehören zu der geachteisten Familie der Stadt und ist die Aufregung eine sehr große. — Von anderer >eite wirb uns über die gräßliche That noch Folgendes mirgctheilt: Birnstein war erst eine Stunde zuvor mit seiner Frau von einer Versammlung des dasigen Gewerbevereins nach Hause zurück- grk-.hil Das plötzlich in seiner Wohnung entstandene Feuer war Veranlassung genug, daß Diejenigen, die es zuerst wahr- genommen, sosort dahin eilten, um hilfreiche Hand anzulegrn.