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Nr. 833. Se-nter Jahrg. Erscheint: «glich früh 7 Uhr. Inserate Uxrven augcuomme« hi« LbendS v,Sonn tag» bi» Mittag» 12 Uhr: Marienstr»»e 18. Nnzeig. in dies. Blatt«, da« jetzt in UM'.' Exemplare« erscheint, Hude» «in« ersolgreich« V»rbr«itung. Montag 21. August 18SS. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Arobisch. ^löounemmt: LirrteljLhrlich 20 Ng'. bei unentgrtdlicher Lir- serung in'« Hau». Durch di« KSnigt. Pos vierteljährlich 22 Ngr öinzelne Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum ein« gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile 2 Ngr. «ruck nnl» Sigenihum der Heran,geber: Likpsch -k RkicharLt. - Verantwortlicher Rrdacteur: SullUS Reich«rbl. Dresden, den 21 August. — Nachdem im Sommer des vorigen Jahres eine vom Gewerbeverein unternommene Exkursion nach Böhmen (Lobesitz, Leitmeritz. Theresienstadt) als ungemein gelungen erkannt worden war, wurde vielseitig der Wunsch angeregt, in diesem Jahre eine solche nach Neichenberg in Böhmen zu unternehmen, einer Stadt, welche nicht nur wegen ihrer bedeutenden In« dustrie (wir erinnern nur an den Namen Liebig), sondern auch wegen ihrer reizenden Gegend des Anziehenden so viel bietet Schon fürchtete man, das; in Folge der vielen in unserer Stadt gefeierten Feste diese Exkursion aufgegebcn wo.den wäre, als plötzlich in den hiesigen Blättern der Bor. stand zur Zeichnung für diese Tour aufforderte. Nachdem man weiß, daß die Partie Sonntag und Montag und nicht zwei Arbeitstage beansprucht, finden sich die Theilnehmer zahl reich rin. Wahrscheinlich werden die Vorbereitungen so ge troffen werden können, daß man schon nächsten Sonntag fährt; weil die Tage doch immer kürzer werden. Der letzte An- meldetaz ist heute Die Fahrt hin und zurück kostet 2 Thlr. 5 Ngr Viele Theilnehmer wünschen einige Zeit in Zittau zu v:rwelm und einem Abstecher nach dem Oybin zu machen, andere wollen den Sonntag benutzen, um den sagcnreichen Jeschken zu besteigen und sich an dessen reizender Aussicht zu e> quicken. Der Montag ist aber nur den gewerblichen Etablissements gewidmet Es dürfte dies Wohl die letzte größere Exkursion dieses Jahres sein, da bei kürzerer Tages zeit nur noch 2 Exkursionen in Dresden und Umgebung unter nommen werden können. — Leipzig beginnt bereit» seinen Schmuck zum Feuer wehrtage anzulegen, und von den Thürmcn herab wehen schon die Flaggen in deutschen, sächsischen und Stadtfarben; da ist es denn um so betrübender, Ihnen einen mit dem Feste in Verbindung stehenden Unfall melden zu müssen. Bei der gestern Abend am Steigerhause veranstalteten Vorübung hatte der Feuerwehrmann Schubrrt das Unglück, infolge Zer reißens des Seiles, an welchem er sich herablassen wollte, ein Gepock hoch herab zu stürzen und beide Arme zu brech.n. Der Unglück! che mußte ins Jacobshospital geschafft werden. Bis zum Abend des 17. August hatten sich zum sechsten Deutschen Feuerwehrtage von auswärts >410 Theilnehmer angemeldet, für welche sämmtlich — Dank der Gastfreund schaft Leipzigs und Reudnitz — Freiquartier beschafft worden ist; ja es stehen noch etwa 50 Quartiere zur Verfügung. Ueber das Manöver der Neltungscompagnie und der Turner- feuerwehr am Montag Nachmittag berichten die Leipz. Nach richten: Das Manöver zerfällt in: 1) Marschübungm eine Viertelstunde, 2) Exerciren an den Gcräthen eine Viertel stunde, 3) Gesammtangriff eine halbe Stunde. Es w.rden der Ncttungscompagnie bei den Steigüvungen die sechs Fen ster links (Stadtseite) und der Turnerfeuerwehr die sechs Fenster rechts (nach dem Tivoli zu) zur Verfügung gestellt. Der Angriff erfolgt gleichzeirig, auf ein gegebenes Hornsignal, von dem Aufstellungspunkt aus (hinter dem Kietterhause) Disposition: Das Feuer brennt an der Tivoliseite, veibrciüt sich immer mehr und mehr und nimmt d^s ganze Dach ein. Es hat deshalb der Angriff auf der linken (Stadt-) Seite zu erfolgen, und ebenso Hot auf dieser Seite der Rückzug statt- zufinden. Nachdem dieser bewerkstelligt, wird das Haus von unten nochmals mit sämmtlichen v er Spritzen angegriffen, und es folgen während dieser Zeit mehrere Ncttungsscenen mittels Nettungsschlauch und Fangtuch, von beiden Compag nien ausgeführt.— UebrigenS ist mit dem Feuerwehrtag nach Beschluß der vorhergehenden zu Augsburg 1862 abgehaltenen Versammlung eine Ausstellung verbunden worden. Das Aus stellungsgebäude, eine nicht besonders große, aber ganz ge schmackvolle Halle, mit Thürmen und mehreren Aus- und Eingängen gezielt mit Guirlanden, Flaggen, Wappen und bildlichen Darstellungen, erhebt sich auf dem Floßplatz dicht am Floßgraben, über welchen ein paar einstweilige Brücken führen. Ringsum ist durch eine Anzahl von Restaurationen auch für des Leibes Erquickung gesorgt. Am andern Ufer des Wässerchens erhebt sich rin, besonders für die Hebungen des FeuerwehrtagS, welche auf dem Floß platz stattfinden werden, bestimmtes Steigerhaus von vier Stock. Die Aus stellung selbst ward am 17. d., kurz nach i j Uhr, durch den Vorsitzenden des AusstellungsauSschusses, Eisengießereibesitzer Gustav Götz, eröffnet. — Am 19. August in der 10. Stunde Vormittags, wurde die ländliche Ruhe de» schönen Pillnitz durch Feuerlänn ge stört; es brannte in dem 10 Minuten entfernten Dorfe Obcr- Poyritz. Die Spritzen der Umgegend suhrrn in möglichster Eile herbei, ebenso eilten Hunderte von geschäftigen Helfern, >i«ter denen besonders di« Turnerfeuerwehr von Pillnitz stark »ttt»eten war und sich rühmlichst auSzeichnete, nach der Un- Mcksßättr, und gelang es auch der äußersten Anstrengung, Herr des Feuers zu werden Leider brannten die Gebäulich keiten der Gutsbesitzer Maukisch und Naake total nieder; be sonders ist Letzterer von diesem Echicksalsschlage schwer betroffen worden, indem die gesammte nicht versicherte Ernte und Mo bilien ein Raub der Flammen wurden; nur mit großer Mühe konnten, da das Feuer fürchterlich schnell um sich griff, die jüngsten Kinder gerettet werden. Außer dem Vieh, welches glücklicherweise auf der Weide war, hat die Familie nichts gerettet, als die Kleider auf dem Leibe. — Ein Dienstmann spazierte am Sonnabend Nachmit tag, zwei Thalerrollcn in der Hand, über die alte Elbbrücke. Er machte sich das besondere Vergnügen, mit den Geldrollcn Ball zu spielen, als ihm die eine Rolle au» der Hand glrtt, zur Erde siel und aufging, so daß die blanken Thaler über's Trottoir rollten, einer davon aber durch's Geländer auf Nimmerwiedersehen im Elbftrom verschwand. — Am 24. August findet im Schillergarten zu Blasewitz ein Concert zum Besten des Unterstützungsfonds deS Lohn kellnervereins statt. Das Concert wird von der bekannten Kapelle des Herrn Stabstrompeter Böhme ausgeführt und wird ein reichhaltiges Programm enthalten. — In einer Restauration am Brühl in Leipzig befindet sich ein fürchterlich großes Messer an der Wand beweglich an gebracht, an besten Heft ein Fuchsschwanz und an der Spitze der Klinge ein Glöcklern befestigt ist. Sobald nun in der Unterhaltung eine sogenannte Aufschneiderei vsrfällt, schleicht Einer zum Fuchsschwanz und setzt das große Messer und mit ihm die Klingel in Bewegung, zum großen Aerger des Auf schneiders und Ergötzen des Publikums. Die Einrichtung möchte sich anderwärts ebenfalls empfehlen'. — Morgen Dienstag findet im Sommertheater eine Benefiz- Vorstellung zum Besten für Fräulein A. Huth statt, welche zu den beliebtesten Mitgliedern dieser Bühne gehört. Es kommt zu diesem Zweck eine neue Posse zur Ausführung, welche den Titel führt: „Undank", Lebensbild in 3 Akten von Schönau, Musik von Storch. — Gestern Vormittag in der 9- Stunde hat der s8 Uhr von Dresden abgs.angene Gülerzug kurz vor der Station Zschaiten an zwei der h nterstea Lowris, die mit böhmischen Braunkohlen b,laden waren, einen Achsenbruch erlitten. Der Zug ist mit den schleppenden Lowris noch einige Tausend Ellen weiter gefahrrn, hat das Gleis wesentlich beschädigt, jedoch nicht ganz unfahrbar gemacht. Allgemeine Wochenschau. Ende der Gaswiner Unterhandlungen. — Tie Mittekitaaten. — Er bauliches aus Königsberg. — Tie Königin von England. — Eänger- sc!l in Miv-Dork. — Kaiser Max in Merico. — Tie Cholera. — Un ruhen in der Moldau. — Ein polnisches Kloster. ^ Allmählig beginnt das Dunkel zu schwinden, welches bisher'über den Gasteiner Verhandlungen geschwebt hat; aber wenn sich auch die dunklen Gewitterwolken zu verziehen be ginnen, so tritt hinter ihnen noch keine reinere Sonne leuch tend über den Geschicken unsres Vaterlandes hervor. Es ist freilich schwer zu sagen, in welcher Weise nunmehr die schles wig-holsteinische Frage an ihrem definitiven Abschluß gehindert sein wird, so lange der Vertrag, welchen Graf Blome, ge schmückt mit einem hohen preußischen Orden, den ihm der König eigenhändig verliehen, nach Ischl trägt, von dem Kaiser noch nicht unterzeichnet ist, aber das merkt man aus Allem, des Pudels Kern ist im Nachgeben Oesterreichs. Die Haupt- thätigkeit der Diplomatie hat sich auf Herstellung eines soge nannten geordneten Provisoriums in den Herzogthümern er streckt. In Zukunft wird die biedere Bevölkerung nicht mehr einseitig von Preußen geknechtet werden, in Zukunft wird der österreichische Commissar auf die von Herrn v. Zedlitz geschla gene Stelle nicht die Latwerge eines unschädlichen Protestes legen, in Zukunft werden beide Besitzer Hand in Hand dafür sorgen, daß der W>lle des Volkes verstummt, die Stände nicht einberufen und der Herzog Friedrich nicht eingesitzt wird. Nach dem Grundsatz: Thu' mir nichts, ich thu' dir auch nichts! wird das Provisorium wieder verlängert, daß aber Preußen als der regere, energischere Theil seine Zwicke bester erreicht, als Oesterreich, das immer nur auf der Defensive steht, weiß der kluge preußische Premier nur zu gut. Er ist also auS der Differenz nicht als der erklärte Sieger, aber factisch doch als der Ueberlegene hervorgegangen. Eine Zeitlanq schien es wirklich, als ob Oesterreich An stalt mache, im Verein mit den Miitelstaaten marschiren zu lasten. In München fand die Confrrrnz der Minister Wür- tembergS, Bayerns und Sachsen» statt; wahrscheinlich aber brach sich beiden mitteldeutschen Staatsmännern die Ueberzeu- gung Bahn, daß auf Oesterreich im letzten, dringenden Falle kein Verlaß sei. Oesterreich scheint gern die Mittelflaaten dazu benutzt haben zu wollen, die Kastanien auS dem Feuer zu holen. Namentlich wäre unserem Sachse« die Ehre zu Theil geworden, die eS schon so oft in der Geschichte erfahren mußte, daß seine Fluren die Schlachtfelder, daß es s.lbst der Schauplatz derjenigen Ereignisse wurde, welche der Weltge schichte auf Jahrhunderte hinaus ihren Lauf anwiesen. Um den Besitz Dresdens würde der Entscheidungslampf gekämpft worden sein. So populär nun auch bei einem großen Theile unsres Volkes in diesem Augenblicke ein Kampf mit Preußen gewesen wäre, so sind wir gewiß die Letzten, dis einen solchen heraufbeschwören. Die materiellen Interessen unseres Lande- haben ein zu gewichtiges Wort mitzusprechen, und ohne den Rückenhalt an Oesterreich wäre ein Kampf reine Vermessenheit. Auch verlangt Sachsen, wie die Mittelstaaten überhaupt, keine Demüthigung Preußens. Mag dieses sich entwickeln im Innern) so kräftig es will; nur möge es nicht einen Volksstamm wie eine Heerde VieheS verschachern und unterjochen, nur möge dieses nicht das Recht beugen und brechen; denn an dem Tage) wo Schleswig-Holstein wider seinen emmüthigen Willen in fremdes Joch geschmiedet wird, wird der deutsche Patriot rufen können: pia>8 ttermsoisel Verzweifeln wir demnach noch nicht an der Zukunft des großen Vaterlandes. Anfang dieser Woche findet nun noch die Monarchenzu sammenkunft statt. Der preußische König, welcher in Gastein 5 Böcke mit der Büchse geschossen hat und eine kleine, glück licherweise unbedeutende Verwundung am Auge auf der Jagd erhielt, begiebt sich nach Salzburg, trifft dort mit dem Kaiser zusammen, beide besuchen dann die Kaiserin und die preußische Königin Wittwe in Ischl, und der König begiebt sich dann nach Baden. In Preußen selbst zeitigt der Conflict der Regierung mit dem Volke ganz eigrnthümliche Produkte. Der von der Re gierung der Stadt Königsberg als interimistischer Oberbür germeister aufge,wungenr Landralh von Ernsthausen sollte ver eidet werden. Dazu hatten sich von 102 Stadtverordneten nur 1 t eingefunden, und der Vorstand derselben verlas einen Paragraph der Städtcordnung, wornach die Beipflichtung in öffentlicher Sitzung zu geschehen hat Alle Sradtverordneten enifernten sich und der Landrath wurde in einem Magistrats zimmer verpflichtet. In derselben Stadt erscheint die Har- tung'sche Zeitung. Mit Gewalt sollen deren Journalisten zu Poeten gemacht werden. Oder können diese Herr.n in Zu kunft in anderer als in „gebundener Rede" schreiben, wenn in diesem Augenblicke 14 Preßprocefse über dieser Zeitung schweben, 13 weitere Proceffe vor Kmzcm rechtskräftig ge worden sind, 6 andere aber, welche die Staatsanwaltschaft einleiten wollte, von der richlerlichen Behörde abgelehnt wur den. Das einzige Thema, über welches preußrschen Journa listen zu schreiben erlaubt ist, scheint das harmlose: „Wie rei zend, wie wonnig ist Alles umher!' zu sein. Die Königin von England lebt jetzt einen Monat auf Schloß Rosenau bei Koburg und wird der Enthüllung einer Statue ihres verstorbenen Gemahls, des Prinzen Albert, bei wohnen. Ihr Sohn, Prinz Alfred von England, der Neffe urd Nachfolger des jetzigen Herzogs Err.st, wurde vor Kurzem als volljährig erklärt. In New-Aork wurde das 9. deutsche allgemeine Sänger bundesfest gefeiert, an welchem 84 Vereine aus allen Theilen d:r Union mit 2350 Sängern Theil nahmen. Der Sänger- kreis und der Jnng-Männerverein von Philadelphia errangen im Wettsingen Preise. ES war ein echt deutsches Fest, dessen gemüthreichem, patriotisch anregendem Tone selbst der blasirte Dankes seine Anerkennung zollen mußte. Ueber Mexico laufen rie verschiedensten Gerüchte. Sicher scheint, daß der Präsident der Vereinigten Staaten. Johnson, welcher von seiner Krankheit wieder hcrgcstcllt ist, dem Drän gen der Kriegspartei nach einrm Zerwürfnisse mit M xico zur Zeit noch entgegentritt. Er hat den in Texas befindlichen Vereinigten-Staaten-Truppen die strengste Neutralität zur Pflicht gemacht. Kaiser Maximilian hat einen schweren Stand. Mit der Priesterpartei zerworfen, fehlen ihm die nöthigen Mittel, das Land zu beruhigen. Einige Zeitungen lassen ihn zwar von Zeit zu Zeit den mexicamschen Präsidenten Juarez auf's Haupt schlagen; indessen müßten letzterem wie der ler- närschen Schlange aus der Sage des Alterthums immer auf's Neue ein Haupt wachsen, wenn das Auf'sbauptschlagen so ernstlich gemeint wäre. Andererseits ist es Wohl auch über trieben, wenn wieder andere Blätter ihn fortwährend seinen Koffer packen lassen, um bald abzureisen. Jedenfalls ist er ein höchst humaner, gebildeter und über den Bildungsgrad der Mexikaner w-it emporragender Fürst. Seine Proclama- tion über die Nothwendigkeit des Volksunterrichts muß man geradezu als eine höchst erleuchtete bezeichnen In Ancsna hat die Cholera allmälig nachgelassen. Sie wurde dadurch einqeschleppt, daß eine Waschfrau von Ancona die Wäsche eines Flüchtlings a»S Aegypten wusch, der seine volle Quarantainezeit eingehakten hatte. Alsbald bemächtigte sich eine allgemeine Flucht der Einwohner und trotz der schar-