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Nr. 888. Zehnter Jahrg. Mittwoch, 1«. Auqust 18«S »er cFrschnnt: «glich früh 7 Uhr. Inserate »nrvru angenommen: hi« Abends 6,Sonn tag» bi« Mittag» IS Uhr: Wtarienstraße 13. Abonnement: vierteljährlich 2ü Ngr. bet unentgeldlicher Lie serung in'« Hau«. Durch dir Lönigl. Prf vierteljährlich 22 Ngr Einzelne Nummer* 1 Ngr. Anzeig. in dies. Blatte, da» jetzt in Exemplaren erscheint, finden eine ersolgreich« Lerbreitung. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum rio« gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Ging«- saudt" die Zeile r Ngr Druck und Sigeuthum der Herausgeber: Liepsch Netchardt. — Verantwortlicher Redacteur: Julius Retchardt. 55. Dresden, den l6 August. — Im Aufträge Er. Maj. de» Königs hat da» Gesammt- Ministerium den Zeughaus osfizier, Hauptmann Ronthaler, den Wirthschafts-Chef des Artilleriecorps, Hauptmann Schmiedt und den Hauptmann Schörmer vom Fuh-Artillerie-Regiments zu Majors, den Zeughausoffizier, Oberleutnant Pöpel, zum Hauptmann und die Leutnants Bücher I. vom Fuß-Artillerie- Rezimente, Friedrich I. von der Pionnier- und Pontonier-Ab- theilung und v. Wolf von der Brigade reitender Artillerie zu Oberleutnants ernannt. — Se. Excellenz der Herr Staatsminister Or. v. Falken pein ist am Sonnabend von Frohburg zurückgekehrt und hat die Geschäfte des Ministeriums des Cultus und öffentlichen Unterrichts wieder übernommen. — Der Geheime Justizrath Professor Nr. v. Gerber ist zum Rector der Universität Leipzig für das nächste Universitäts jahr gewählt worden. — Von den Spitzen des Betriebspersonals der Leipzig- Dresdner Bahn wurde am Sonntag der erste Spatenstich zum Baue der Borsdorf-Grimmaischen Eisenbahn gethan. Ein Diner, welches in der Leipziger DrcSdrer-BahnhofSrestauration einge nommen wurde, folgte auf diesen bedeutungsvollen Akt. — AuS dem Briefe eines erst jüngst von Dresden heim gekehrten bairischen Sängergastes theilen wir Folgendes in Kürze mit, um zu beweisen, welchen guten Namen sich die Dresdner Bevölkerung erworben. — „In jedem Blatte, in jedem Berichte, der mir unterwegs und hier zu Augen ge kommen. dasselbe einstimmige Lob Ihres verdienten Comitv's, dieselbe Freude über den ungestörten Festverlauf, über den Glanz der Stadt, der Halle und der Menschengefichter daheim bei Ihnen. Wir haben geweint wie die Kinder, als wir den Empfang der Kreuzstraße, Moritzftraße und Schillersiraße ge nossen, gejauchzt in Ihrer Gallerte, ihren Zwingersammlungen, in ihrem Antiken- und Gefäßkabinet, in ihren Gärten und Bergen. Und als wir Letzten zurückfchren, da haben wir pumm und wehmüthig im Waggon Uns gegenüber gesessen und stumm Ihrer Frauenkirche, das iumen primsrium im Bilde, zugenickt.' — Da siel uns das Erdicht unseres Halli- sehen Dichters, des klassischen Erzählers Aug. G. Eberhard rin, welches derselbe 1822 in Ihrem Dresden gedichtet hat und was vorher hier in kleinem Kreise mter Freunden als geistige Ausrüstung zur Dresdner Sängedsahrt vorgetrazen wurde. Da heißt es in der „Dresden" überschriebenen Dichtung: Es ist und bleibt ein wahres Wort, Das Dresden ist ein Zauberort! Denn wcnn'S ein Zauberort nicht wä ', O sagt, wie kam ein solches Heer Von Sängern, fast zu zählen kaum, Zusammen in so kleinem Raum? — Und weiter: So thut es Dresden auch zuvor Dem ganzen deutschen Slädte-Ehor An inner» Lebens reger Kraft Und künstlerischer Meisterschaft. Die auf in tausend Blumen blüht, Von Himmelsslanimcn überglühl. Es ist, uinlacht von heitrer Flur, Ein großer Muscntcmpcl nur, Und Haus bei Haus ist ein Altar, Und zahllos ist die Priesterschaar, Die täglich ihre Opfer bringt, Und nach der Muse Beifall ringt, Indem der Eine, scelcnvoll, Ergreift die Leier des Apoll, Sein Glück bejanchzt, sein Leiden klagt. Von Mit- und Vorweil singt und sagt: Der Andre mit gemcssncm Schritt Tein Ersten an die Seite tritt Mit Flöten- und mit Geigcnllang Zu ehren, was der Dichter sang; Ein Dritter von der Staffelet Treibt mit dem Pinsel Zauberei, Und bannet aus die Leinwand hin, Wasch», beweget Herz und Sinn; Ein Vierter, mit dem Meißel, macht, Daß aus dem Stein ein Gott erwacht: E>n Fünfter zu der Trauerurn' Uns führt aus tragischem Kothurn: Ein Sechster durch ApKlo's Gunü Das Lesen selbst erhebt zur Kunst: Ein Liebenter — ein Zehnter gar — Allein genug! 'S ist offenbar! — Wer zweifeln wollt', wäre blind! — Apollo und die Muse sind Aus ihrer alten Tempel Pracht In slurmbewcgtcr Zeiten Nacht Durch rohe Barbarei verstört — In Dresdens Mauern cingekehrt, Daß an der Elbe mücht' erstehn Ein neues, geistiges Athen. Ja glauben Sie un« nur, lrebster Freund, wir Aelteren im Vereine selbst haben uns den Mund nach Ihrem schönen Dresden recht wässerig machen kaffen und uns hat die Fest- begristerung, die Liebe zu Ihrer Stadt, die durch Körner, Herder und Eberhard angefachte Gluth selbst m Ihrer .Todten- stadt des Festes", in Ihrer Lütlichauvorstadt, wo di« steif- halsi en John Vulls wohnen, nicht verlassen. Es ist über flüssig, hier den enthusiastischen Wiederkäuer darfiellen zu wollen, aber es giebt nur eine Stimme über daS Dresdner Fest: ES war das schönste Fest deutscher Brüder lichkeit, wie man solch' eine Steigerung nach unserem Nürn berger, nach dem Leipziger Turnfeste kaum hätte erwarten können. Mag Ihnen Kunst und Natur zu Hilfe gekommen sein; mag die fürstliche Munificenz, die ohne Entgeld so viel Herrliches in den Museen schauen ließ, mag der einzig glück- liche Gedanke, Ihre köstlich gelegene, aussichtreiche alte Elb brücke gerade auf solche Weise zu schmücken, mag das Elvufer und der Thurmschmuck, mag Berg und Thal mitgewirkt haben zur Stimmung am großen Ganzen — edle Freude, hoher Ge- nuß hat uns fort und fort in jener Woche umgeben und solche sind sicher zum giößten Theil der braven, fleißigen und gebildeten sächsischen Bevölkerung zu danken, die vom Scepter bis zur Schaufel Theil nahm an diesem deutschen Familien feste, mit Freundlichkeit uns förderte vom führenden Turner knaben, von der humanen Polizei, von unserer turnerischen Festpolizei bis zum Dresdner Nabob hinauf, der uns neben reichen Weinspenden am Faden ganze Sträuße der feinsten Bouquets auf den Hut warf und sich's zur Eyre rechnete, die meisten Gäste verpflegt zu haben. Daß wir Ihren Tichatscheck nicht hören konnten, schmerzte uns, wie der Tod des unver geßlichen Schnorr uns tief berührte. Daß es in Ihren Win tersalons sprüht und flammt wie in früheren Zeiten, hat uns eine Ihrer beliebten Kaffeegesellschaften im Garten des Herrn W. bewiesen. Große Dienste, uns zurecht zu finden, that uns ein von unserem Wirthe verehrtes Buch, ein reich illustrirter Feflsührcr aus Ihrer Hofbuchhandlung, der für 5 Groschen der unübertroffenste Cicerone ist. Wer Das weiß, der kennt Dresden. — Wir fanden die Männer in Dresden voller Hu mor und Wissen, die Frauen voll Anmuth und gesellschaftli cher Talente; ja wir meinen dasselbe, was unsere österreichi- schen Quartiergenoffen sagten: „Man ist in Dresden auch in Frauen-Circeln uns mit einer würdevollen, aber ungeschmink ten Natürlichkeit entgegengekowwen, so daß wir alsbald wie zu Hause waren. Es gab gar keine Zeit für leere Höflich keiten und Ltiquettenformen, denen aller Gehalt fehlte." — Ihre Speisen allein waren uns zum Theil fremd und das Gasthaus befriedigte meine Wiener durchaus nicht, denen immer Etwas fehlte und die auf kaiserlichem Gebiete, selbst im kost spieligen Prag, sich entschädigen wollten. Die süddeutsche Küche bietet nun einmal mehr; auch die Biere konnten sich unfern Beifall nicht erwerben, möglich, daß das ein Baier nicht sagen soll:e. Die Verpflegung in unsrer Familie war aber eine so feine und ausgezeichnete, daß auch hier Lucull geherbergt haben würde. Ich bitte Sie nur noch, unfern wackern Wirth, Herrn N. N., dem wir gestern schrieben, herz- lichst zu grüßen re rc." — Am Sonntag trank portirte der Landgendarm einen jungen Menschen von Niedergorbitz nach der Stadt, welcher im vorgenannten Orte ganz ungerechtfertizter Weise, wie man sagt im Auftrag eines Andern, in die Wohnung eines Haus besitzers drang, in dessen Abwesenheit die Frau und eine Mielhbcwohnerin auf das Scheußlichste maltraitirte und erstere derartig verletzte, daß sie blutend und bewußtlos ins Bett ge tragen werden mußte. Die Kinder standen schreiend und wei nend am Belt der Mutter und der nach Hause kommende Sohn eilte dem Thäter nach, bemächtigte sich seiner nach heftiger Gegenwehr und übergab ihn dem Arme der Gerechtigkeit. Sämmtliche Einwohnerschaft des Dorfes Niedergorbitz ist über diesen Vorfall entrüstet und erwartet energische Bestrafung des brutalen MiflethäterS. — In einem auf der Webergaffe Nr. 13 5 Treppen hoch gelegenen Logis wurde vorgestern Abend gegen 10 Uhr ein bedeutender Qualm wahrgenommen, der in Besorgniß er regender Weise in das Treppenhaus drang und bald das ganze HauS erfüllte. Später ergab sich als seine Entstehungsursache, daß eine dort wohnhafte DienstmannSfrau «ine große Decke, die bisher immer zum Möbeltransport verwendet und mit fettigen Substanzen ziemlich reich getränkt war, im Kamin ver brannt hatte. — — In einer der vorgängigen Nächte ist abermals von unbekannten Dieben auf gewaltsame Weise der Versuch gemacht worden, ein hiesige-, auf der kleinen Schießgaffe gelegenes Geschäftslocal zu bestehlen. DaS Schloß der Ladenthüre hat aber allen Bemühungen, es zu erbrechen, widerstanden, und so haben die Diebe unverrichteter Sache wieder abzirhen müssen. Möglicherweise sind dieselben mit den Subjekten identisch, die um dieselben Tage auf der Schöfsergaffe emzubrechen versuch ten, allein auch hier nicht zum Ziele kamen. — — In London hat eine Ausstellung von Arbeiten au» Straf- und Besserungsanstalten vieler Länder staltgefunden. Da fand sich denn, daß die deutschen Arbeiten durch Viel seitigkeit, Güte und Werth die englischen, französischen rc weit übertrafen, und daß wiederum unter den deutschcn die säch sischen in Vielseitigkeit der Fabrikation, Menge und Tüch tigkeit der Arbeit von keiner ankeren Anstalt übertroffen wurde. Fast Alles wurde verkauft. Am meisten ausgezeichnet waren die Seiler- und Korbmacherarbeiten der sächsischen Blinden anstalt und die Stickereien des Weiberzuchthauses. — Als am Sonntage (den 13. d. M.) das letzte von Riesa nach Dresden abgehende Dampfschiff in der Gegend zwischen Meißen und Kötzschenbroda sich befand, schlug der Blitz unter heftigem Krachen in dir Nähe irgendwo am Ufer ein. Das Schiff hatte viele Passagiere ausgenommen, von denen die meisten wegen des starken Regens sich in die Kajü ten zogen. Bald nach dem Blitzschlag hieß es in der 1. Ca- jüte: „das Schiff brennt!" Diese Nachricht verbreitete natür lich großen Schrecken und Alles eilte nach der Thür, wodurch, wie sich denken läßt, der Ausgang verstopft zuswerden drohte. Doch, bevor es dahin kam, hatte ein in der Nähe des Aus ganges stehender Herr Geistesgegenwart genug, um Unglück zu verhüten, laut auszusprcchen, daß die Nachricht nicht wahr sei, in der sehr richtigen Voraussetzuug, daß durch den Schlag das Schiff doch wenigstens eine starke Erschütterung erlitten haben müßte. Und so war es auch blos eine leere Schreckens nachricht, welches bald ein vom Verdeck in die Cajüte kom mender Herr bestätigte. — Zwei beurlaubte Soldaten geriethen vorgestern Abend in einer Schänkwirthschaft auf der Antonstraße mit einander in Zank und Streit; derselbe sollte später auf der Straße ausgefochten werden. Ein Handarbeiter, der sich hineinge mengt, erhielt mit einem Hackenstock ein paar so tüchtige Hiebe, daß ihm das Blut übe: den Kopf herunterlief. Der Scan- dal und die Ruhestörung wurde dadurch immer größer und führte endlich zur Verhaftung der Soldaten und ihrer Ab gabe an die Militärhauptwache. — In der Nähe der Psarrgasie kam es in der Nacht vom Montag zum Dienstag zwischen zwei Tischlergesellen und ein'gen Nachtwächter zu einem ziemlich heftigen Au tritt. Die Tischlergesellen, die sich jedenfalls in angetrunkenem Zustand befunden haben mögen, leisteten dem wiederholten Ruhegebot der Nachtwächter nicht nur nicht Folge, sondern beschimpften die selben in jeder, ihnen nur möglichen Weise, ja drohten sogar, sich thätlich an ihnen vergreifen zu wollen. Da durch den Auf tritt die nächtliche Ruhe in bedeutender Weise gestört wurde, so waren alsbald die in der Nähe stationirenden Nachtwäch ter herbeigeeilt und ihren gemeinsamen Bemühungen gelang es, die beiden renitenten Ruhestörer auf die nächste Bezirks polizeiwache zu bringen. Aber auch auf dem Transport, und sogar auf der Bezirks wache setzten die beiden Tischlergcsellen den Scandal fort und ließen sich trotz d-r ihnen bereits an gekündigten Verhaftung nicht abtalten, die anwesenden Poli- zeibeamten in der gemeinsten Weise zu insultiren. Sie wer den ihrer verdienten Strafe nicht entgehen. In der letzten Zeit soll es wiederholt vorzekommen sein, daß irgend welche Festlichkeiten in den betreff nt en Innungen, als Gesellenspre chen, Meisterwerden rc. schließlich die Arretur ewiger Gesel len. welche es sich zu wohl hatten sein lassen, zur Folge ge habt haben. — Seitdem die Früchte der an der Großenhain er Straße stehenden Obstbäume ihrer Reife enlgegengehen, ist es schon wiederholt vorgekommen, daß Knaben mit Steinen in diesel ben geworfen und sich die auf diese Weise abgeschlagenen Früchte widerrechtlich angeeignet haben Wie vor einigen Ta gen erst 3 Knaben dabei erwischt und in das Polizeihaus geführt worden sind, so ist auch gestern früh wieder ein 11- jähriger Knabe beim Werfen nach Obst ertappt worden. Zwei andere Knaben, die ihm Beihülfe leisteten, ergriffen die Flucht. Es wäre z i wünschen, daß die in der Nähe dieser Obstbäume wohnenden Familien ihre Kinder dringend auf dieses gesetz widrige Gebühren aufmerksam machten, namentlich da dieser Diebstahl nicht als zum unmittelbaren Genuß ausgeführt be trachtet. sondern nach dem für diese Fälle Platz greifenden Gesetz über Forst-, Feld-, und Gartendiebstähle beurtheilt und bestraft wird. rt. — Der gestrige Angstschrei von der Antonsstraße ist bis heute zum entsetzlichsten Schmerzensschrei der ranzen An- tonstadt angcwachsen. Es haben so Viele zur Schleuß« be zahlt und cs giebt so sehr w:nig erhöhte Fußsteige Der größere Theil der Unzufriedenen bedenkt aber nicht, daß der Fiscus, dem die Antonsstraße, Glacisstraße rc kurz die gan zen Wege auf dem ehemaligen Festungsterrain gehören, zwar gestattet hat. daß die benachbarten Grundstücke und seine ei genen Straßen entwässert werden, aber sich dieserhalb zu gar keinem Versprechen Herbeigelaffen und nur seiner Pflicht wie früher zu genügen hat, die Straßen im guten, fahrbaren Zu stand zu erhalten, was immer noch keine erhöhten Fußwege