Volltext Seite (XML)
Rr. 216. Zehnter Iahrg. Erscheint: »Lglich früh 7 Uhr. Vnserate «erden sn^'nommen: bi« Abends 6,Sonn tags bis Mittag» 12 Uhr: Variensiraße 1L. Urizeig. in dies. Blatte, da« jetzt io ^ Uxempiaren erscheint, Puden ein« rrsolgreich» «tlbreituug Tageblatt für Unterhaltimg und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drodisch. FeeiLaq 4 A anst '863. »rack und EigenthuM der Herausgeber: Ikikpfch 6k Nrlcharbt. — Berantwonlicher Redacleur: JullUS Nkichllkbl, ^trc-r' i'nrir!: Bi.Nklj'Il -O Ns:- bet INrcheri.'^ jenrng Hc.uL. "Durch die tiSnigi Pss vierleijühriich 22 Ngr Vinzci-ne Nmnmerr 1 Agr. Auseralmpreift: yitr den Raum ein« gehaltenen Zeile: 1 Rgr. Unter „Etugs- jandt" die Zelt« r vrgr. Dresden, den 4 August. — Um die Füglichkeit zu gewähren, Postanweisungen auf schnellerem Wege, als durch die Post, in die Hände des Adressaten zu bringen, hat da» Finanzministerium beschlossen, vom 1. September an dieselben innerhalb des königlich säch sischen Postbezirks auf verlangen auch durch die Staatstele graphen und Eisenbahnbetriebstelegraphen, insoweit letztere zur Beförderung allgemeiner Correspondenz befugt sind, befördern zu lassen Wer von dieser Beförderungsweise Gebrauch machen will, hat das auf der Adreßseite vorschriftsmäßig ausgrfüllte PostanweisungS-Couvert bei der Postanpalt des Aufgabeorts unter Einzahlung de- angewiesenen Betrags Und Erlegung des ausfallenden Portos zu produciren, Ho dasselbe mit dtr entsprechenden Nummer des Einzahlungsjournals und mit dem Aufgabestempel versehen und sodann dem Ausgeber nebst dem vorgeschriebtncn Aufgabeschein auSgehändigt wird. Der Aufgeber hat diese Postanweisung an ein Siaatstelegra- phenbureau oder eine Eisenbahnbetriebstelegraphenrxpedition abzugeben und hierbei den erwähnten Aufgabeschein — der aber in seinen Händen bleibt — vorzuzeigen, auch die Be förderungsgebühren für das Telegramm — Postanweisungs- Telegramm — zu berichtigen. Diese Gebühren betragen für rin Postanweisungs-Telegramm, welchem keine weitern Be merkungen beizefügt sind. 8 Ngr., wenn aber Bemerkungen beigefügt find, was an der auf dem Telegrammformular hier für bezeichnet«» Stelle geschehen kann, so sind für je 10 Worte noch 4 Neugroschen zu bezahlen. Die Auszahlung des angewiesenen Betrags erfolgt bei der Postanstalt des Be stimmungsorts an den Adressaten gegen Abgabe des Postan- weisungStrlrgramms, dessen vorgedruckte Quittung gehörig zu vollziehen ist. De» Adressat hat Anspruch auf bevorzugte und sofortige Auszahlung des angewiesenen Betrags. — (Eingesandt.) Zur NeujahrSzeit liest man öfters in öffentlichen Blättern die Annonce: „Vergesset den Doctor nicht", wa« Schreiber dieses auch in jeder Beziehung billigt. ES girbt viele Familien in Dresden und anderen Orten, welche sich einen Hausarzt nehmen und denselben fixiren, wo rr dann sein Honorar pünktlich zu Weihnachten oder Neujahr erhält. Ist nun ein Arzt darauf eingegangrn, so übernimmt er allerdings damit die Verpflichtung, besagte Familien nicht nur dann zu besuchen, wenn Einet derselben so zu sagen auf dem letzten Loche pfeift, sondern muß seine Besuche zeitweilig wiederholen, um denselben mit gutem Rathe beizustehen wo durch zuweilen Krankheiten vermieden werden können. Derje nige, welcher einen Hautarzt, welchen er fixirt. annimmt, thut es nicht, um etwas zu sparen (denn kein Mensch will gern krank werden und jedem Arzte steht eS frei, die Offerte zu- rückzuweisen oder zu acceptiren), sondern um ihn mehr an die Familie zu fesseln und gleichzeitig zu beweisen, daß die ganze Familie ihm rin Vertrauen schenkt, welches wahrlich nicht zu unterschätzen ist. Daß dies die Herren Doktoren auch für ihre Pflicht halten, beweist genug, daß dieselben den Monat Decembrr immer das gut machen wollen, was in den 11 Monaten zuvor von denselben versäumt wurde. Jedoch keine Regel ohne Ausnahme Rufen wir aber dennoch den Herren zu: „Meine Herren Doktoren, vergessen Sie Ihre Schütz linge nicht!" — 4 In der wider Georg Ludwig PlaSky unter Vorsitz deS Herrn GerichtSrath Ebert stattgefundenen Hauptverhand lung wurde der Angeklagte wegen des im Art. 183 des Strafgesetzbuchs gedachten Vergehens zu 10 Monaten Arbeits haus verurtheilt. Die Staatsanwaltschaft war durch Herrn Staatsanwalt Roßtäuscher, die Vrrtheidigung durch Herrn Advokat LeSky vertreten. —-f Erst neulich erwähnten wir, wie sächsische Industrie selbst in fernen Weltiheilen Platz greift und man bezog sich dabei auf die Reuter'sche Stuhlfabrik, die bis nach Egypten Sendung gemacht. Dasselbe ist nun auch von der Ricinus- Oel-Pomade der Herren Gebrüder Süßmilch in Pirna zu sagen. Ja Folge der Vorzüglichkeit dieses bekannten Fabri kats find nicht blos Sendungen nach England, Frankreich, Rußland erfolgt und Niederlagen in Bairrn, Oesterreich und Preußen errichtet, »S sind in diesen Tagen sogar Offerten von Amerika ringetrsffen, die den Beweis geben, daß Güte und reelle Preise einem Artikel überall Einoang verschaffen — f Unter den weiteren Sehenswürdigkeiten der Vogel- wirse ragen noch drei Kolosse hervor, von denen wir die schöne Marseillesrrin schon erwähnten, die andere hat sich der Hirsch- schen Athletenbude gegenüber postirt und amüsirt al» Fettkind da» Publikum in allen Dimensionen. Aber erst die 22jährige Flora. Noch so jung — und schon so fett! Da stürmen die Naturgeschichtler hinein, blo» um Flora, die Göttin der Blüthen, in ihrer vollen Blüthe selbst zu sehen. Ich rathe natürlich Jedem, der sich diesen Koloß beschauen will, vorher erst einen Nordhäuser zu trinken, er könnte sich wie bei« Wellfleisch sonst am Frttsehen den Magen verderben. Von zwei Niesenstelzen aus menschlichem Fleisch und Bein getragen, tritt auS den Vorhängen eine Figur hervor, die an vorsündfluthliche Revo lutionen der Erde »innert. Zwei Ohrfeigen aus diese Pauß- backen gleichen einem Kanonenschuß auf dem Heller, ein Kuß auf die Fleischklumpen, die der Zärtliche „Lippen" nennen würde, könnte das küssende Individuum in sein eignes Nichts verschwinden lassen; dmn entweder bliebe rS daran hasten oder verschwände hinter diesen kolossalen Sabialmuekeln, die rachenmäßige Dimensionen haben. Die zwei kleinen Aug-n, die zu beiden Seiten der Nase hervorblitzen, kommen uns vor, wie zwei Sterne zwanzigster Größe, die vom Firmament neu gierig, aber unschuldig in die Fleischbänke im Gewandhaus« herniederblicken. Ach, und wenn Flora die Knie zeigt und knieend sich dem Publikum producirt! Man denkt wahrlich, sie könnte ki ieend schlafen gehen; denn diese Fettpolster sind ja nicht» Ande es, als komfortable Divans, auf denen ein Lebensmüder alle seine kleinen Leiden des menschlichen Lebens vergessen könnte! — Wenden wir uns weg von d esem „Schau spiel der Natur", die mit sich selbst geschäkert hat, und lassm wir das Auge in drm Athletensaal von Hirsch herumfahren. Ta sehen wir, wie auch der Mensch im L.liputerzustande Außerordentliches leisten kann. Die kleinen vier- dis fünf jährigen Knaben recken und strecken sich, und das Alles mit solcher Leichtigkeit, als wären sie in hoher Schule selbst ge reckt und gestreckt worden. Dabei giebt cs auch flotte Turner, die am Neck, am Trapez fast Unmögliche» leisten. Die Gesellschaft ist groß und bietet dem Wanderer durch die Vogelwiese ein angenehmes Intermezzo in dem reichen Schwall der bunten Vergnügungskarte. — Im Getüm mel selbst zieht uns ein lebendige» Orchester an, daß «inen einzigen Menschen repräsentirt. Er hat vorn den Dudelsack, auf dem Kopf die Janitschaarenglocke, auf dem Rücken die große Kesselpauke und vor dem Munde die Orgel pfeife und so conzertirend wälzt sich dieses lebendige Orchester von Fleck zu Fleck auf den Festplatz und sammelt Schaaren von Neugierigen um sich. — Ganz hinten macht der ewig lebendige Kasperle seine Späße. Er schlägt alles lobt, nur nicht die Neugroschen, die er vom zahlreichen Publikum ein nimmt Nicht bloS die vox populi ruft ihm lachend ein Bravo und cks Lspo zu, nein, auch der zähe Philosoph, ob mit, ob ohne Doktorhut, quetscht sich zwischen die kleinen Juliusse und Emilchen's hinein und lacht und hält sich ten Bauch; denn die derben Schlazworte Kasperle s, die er oft mit der ben Schlägen gegen seinen College» begleitet, erschüttern das Zwerchfell nach a^en Richtungen hin. Ach, wie glücklich muß so ein Direktor sein! Keine Gage, keine Kabale, keine Liebe, kein Durchgehen, keine Contractbrüchigkeit, kein Widerspruch. — Jeder spielt seine Rolle, wie es der Direktor will und die Garderobe ist so leicht wieder hergestellt — man braucht kein deutsches allgemeines Bekleidungsinstitut dazu! Doch, so wie der ewig bewegliche Kasperle am Ende des Platzes seine Späße treibt, so gibt'» am Anfang auch vielen Ernst — und darüber in meinem letzten Bericht! — „Ein Sommcrabend auf dem Belvedere", ist der Name eines Walzers, von dem bekannten Chordirector Gustav Langer in Hannover componirt und stets mit vielem Beifall begrüßt. Der von Herrn Marschner heute veranstaltete „Sommer-Abend" mit großer Illuminationen, bringt im Con- cert-Programm einen Cyclus der beliebtesten Compositionen des vorerwähnten Componisten, deren Solovorträge unser be liebter Violinvirtuos, Herr Stadtmusikdirector Puffholdt, übernommen hat. — Dir Knabe, der nach unserer gestrigen Mittheilung den Versuch gemacht hat, in einem Kaufmannsladen auf der Schloßstraße einen neum harten Thaler zu verausgaben, der als falsch erkannt worden sein soll, ist m der Person eines Arbeiters in einer hiesigen Buchdruckern ermittelt worden. Das Beste an der Sache aber ist, daß der betreffende Thaler, trotzdem ihn ein Kaufmann und sogar ein Goldarbeitcr für falsch erklärt haben, gar nicht falsch ist. Die Behörde, an die er gelangt war, hat ihn in der königl Münze prüfen lassen und diese hat ihn für ächt erkannt, auch sich sofort be reit erklärt, ihn (käuflich) anzunehmen. — In der Gegend von Döbeln ist ein falsches k. preuß. Einthalerstück vorgekommen, das zu denjenigen Falsifikaten zu gehören scheint, die in der letzten Zeit wiederholt in der Puls- nitzer Gegend aufgetaucht sind. Es ist bisher noch immer nicht gelungen, ihrem Ursprung und Verfertiger, der schein bar in Sachsen seinen Sitz hat, auf die Spur zu kommen — Auf dem Altmarkt ertönte in der vor vergangmen Nacht ein lauter Hülferuf, der von einer Frauensperson ausging. ES ergab sich, daß dieselbe von emem Herrn rhätlich beleidigt worden wa», der sich vorher auf dir Vogelwiese in ihrer Ge sellschaft befunden und sie von dort bi» auf den Markt be gleitet hatte. Hier waren sie mit einander in Streit ge- rathen, weil , Chi istelchen" ihren Begl iter verabschieden bez. nach Hanse gehen und dieser sich Solches nicht gefallen lassen und vielmehr mit ihr noch weitere nächtliche Promenaden unternehmen wollte. Seine Zudringlichkeit artete in Thärlich- keilen auS; er t'actirte seine Dulcinea mit dem Stocke, bi» sich endlich der Nachtwächter m die Keilerei hineinmengte und Ruhe schaffte. — Vom hiesigen Thirrschuhvereine sind den kgl. Land» gensd'armen Herrn Carl Robert Liesche und August Fiedler, sowie dem Stadtgens'darm Herrn Carl Stephan wegen ihre- d-m VereinSzwcck förderlichen ausgezeichneten Verhaltens Geld geschenke erthcilt worden. — Ein Vergle ch zwischen dem Eängcrfest und der Vogel wiese gi'bt zu solgend.n Betrachtungen Anlaß. Obwohl zum Sängerfeste Hundert Tausende in Doesden ve> sammelt waren, konnte man doch bemerken, daß auf dem Festplatze schon um 11 Uhr Nachts allmählig Ruhe eintrat und daß überhaupt das Fest mit beginnender Dunkelheit en>e!e. Anders auf der Vogelwiese. Obwohl dieselbe nur ein hauptsächlich DresdnerttchS Fest ist, beginnt das Zuströmen der Menschenmenge, wrlche nicht am Schießen theilnimmt, erst des Abnrds. Man sehe die Omnibus, welche auf dem Postplatze und Neumarkt ein» und aussteigen lassen, man sehe das Publikum, welche sie be nutzt und man wird sofort wissen, woran man ist. lieber solchem Lärm und wüsten Geschrei freilich, welches auf der Vogelwiese herrscht, kann nur die Nacht ihre schützenden Füg«! breiten. Und dieses hohle Treiben dauert fort durch die ganze Nacht; früh bis um 2, ja bis um 3 Uhr rollen unausgesetzt die Omnibus durch die Straßen und entlkeren sich von einem Publikum, für welches nach durchschwärmter Nacht das be ginnende Morgengrauen auch rin Grauen des Tages ist. — — In einem.auf der Scheffelgasse befindlichen kauf männischen Geschäft wurde vorgestern Abend gegen 10 Uhr ein Schadenfeuer entdeckt. Es war daselbst ein Regal in Brand gerathen. Die Entstehungsursache des Feuers, das bald wieder gelöscht wurde und weiteren Schaden nicht ange richtet, ist bis jetzt unbekannt geblieben. — — Vorgestern Abend gegen 11 Uhr wurde von einem Bewohner des Hauses Nr. 1 auf der Freibergerstraße hinter der Thüre dieses HauseS rin kaum einjähriges Kind angetrof fen . das dort scheinbar ausgesttzt war und sich durch laute» Schreien bemerkbar machte. Das Kind wurde vorläufig im Findelhaus untergebracht. Gestern Vormittags ist auch die Mutter des Kindes ermittelt worden. Sie scheint das Kind selbst ausgesetzt, nachträglich aber darüber Reue empfunden zu haben, so daß sie freiwillig sich zum Kinde gemeldet und um dessen Wiederaushändigung gebeten hat. Ihre Handlungsweise dürfte ihr aber wohl schwerlich ganz straflos hingehen. — — Bei Görlitz, in der preuß. Lausitz, namentlich bei dm Dörfern Rennersdorf und Ludwigsdorf, sind in der Neiße Tausende von Fischen jeder Art und Größe, von den klein sten Weißfischchen bis zu den größten Karpfen, Hechten, Aalen und Schleim an der Oberfläche des Wassers, zwar lebend, aber so matt schwimmend zum Vorschein gekommen, daß sie mit Tüchern. Händen re. herausgcholt werden konnten. Man kochte und aß sie ohne Nachtheil. Wie der Spätwinter die armen Vögel, so sucht der trockene und heiße Sommer die Fische arg heim. — In Leipzig ist an einem Hofgebäude der „großen Feuerkugel", dem ersten Seitengebäude links vom Neumarkt herein, zur Erinnerung an Goethe, welcher als Student gerade vor hundert Jahren (1765) dort gewohnt hat, von einem Verehrer des Dichterfürsten eine Gedenktafel von Granit mit einer auf jene Studentenzeit bezüglichen Inschrift angebracht worden. Lage-geschichte. Berlin. Einen der amerikanischen Schützen, welche vas Schützenfest in Bremen besucht haben, hat der Unfall getroffen, von der kurhessischen Polizei verhaftet zu werden, um nach träglich seiner Militärpflicht Genüge zu leisten, vr. H. Schön feld, welcher als Knabe von 15 Jahren mit seinem Vater vor 22 Jahren auS Gelnhausen (Kurhessen) nach Amerika auswanderte, empfand, nachdem das Schützenfest vorüber, große Sehnsucht, noch einmal seinen Geburtsort zu sehen, und begab sich deshalb in Begleitung eines amerikanischen Freundes dort hin. Dort wurde er in der Nacht zum Donnerstag von der Polizei aufgehoben und in's Gcfängniß gebracht. Der Be gleiter des V rhafteten reiste sofort nach Frankfurt a. M„ um Beschwerde bei drm amerikanischen General-Consulat anzu bringen. Der General-Consul verwies den Beschwerdeführer an die amerikanische Gesandtschaft in Berlin. Frankfurt, 2. August. Nichts bewegt im gegenwär tigen Augenblick die Gemüiher mehr, als die Frage, ob der europäische Friede Bestand habe oder nicht. Der einzige Grund einer Störung desselben könnten die Mißverhältnisse