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Nr. 216. Zehnter Iah»-. Frscheiul: »L,ltch früh 7 Uhr. Inserate »erden angenommen: di»4lbeuds6,Loun- tag- bis Mittag» 12 Uhr: UEarienstraße IS« Na^ig. in dies Blatt«, da» jetzt tu Exemplaren erscheint, studr» eine erfolgreich, Verbreitung. Sonnabend, 2». In« 18SS. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredactrur: Theodor Arabisch. ^ösnnement: LlrrteljLhrlich LONgr bei uuentgeldlicher Lüt- ftrnvg tu'« Hau». Durch die Kvuigl. Pos vierteljährlich -2 Rgr Einzeln« Nummerr 1 Rgr Inseratenpreise: Für den Raum etu« gespaltenen AM: 1 Ngr. Unter „Einge- saudt" die Zeile r Sigr. Druck aud E1g«»chum der Herausgeber: Liepsch sk Nelchardt. - «erantwortticher Rrdacteur: Julius Reilhardt. Dvcksö««, de» 29. Juli. — Da» „Dresdner Journal" meldet amtlich: daß Se Mas. der König dem zweiten Staat sank, alte bei dem Bezirks gerichte Dresden, Herren Gustav Held und dem Polizeidi- rretor Schwauß zu Dresden das Ritterkreuz des Verdienst- »rdenS verliehen. — Wir glauben annehmen zu dürfen, daß diese Auszeichnung in Folge der vielfachen Anstrengungen und Verdienste geschehen ist, welche beide Männer vor und bei dem stattgefundenen Sängerfest an den Tag gelegt haben. — Se. Maj. der König hat dem Kommandanten des 16. Infanterie Bataillons, Oberstleutnant von Lenz, die wegen überkommener Invalidität nachgesuchte Entlastung auS Aller höchsten Kriegsdiensten, mit Pension und der Erlaubniß zum Tragen der Armeeuniform, bewilligt, sowie die Portepeejunker der Artillerie Marx und Borsdorf zu Leutnant» ernannt. — Vorgestern fand man die hinter dem k. Hoftheakr- gebäude befindliche Statue Carl Maria v. Weber- mit einem frischen Eiche^kranze geschmückt, welchen rin breite» Atlasband zierte mit der Inschrift: „Teutonia Pari»". — „Warum in die Ferne schweifen? — sieh, das Gute liegt so nah" kann man mit Goethe auSrusen wenn man der Echweizermühle im Bielagrunde mit ihrer vortrefflichen Waffer- Heil-Anstalt im Bereich der schönen, herrlichen Natur nähere Aufmerksamkeit schenkt. Die heilkräftig« Waldrsluft, die er frischenden Quellen zum Trinken wie zum Baden, Alles bietet Erfrischung für Körper und Geist, wobei noch besonders die treffliche Verpflegung zu rühmen ist, die man einem Jeden angrdeihen läßt, der hier nach Berufsar.strenaungen sich er holen und stärken will. Wie so Mancher sucht Erholung im fernen Ausland, begiebt sich in Seebäder oder nach der Schweiz, p»o man sich großer Hitze und sonstigen Beschwerlichkeiten aus- setzt, während in dem kühligen Grund der Schweizermühle ein Jeder das behaglichste Leben führen kann. In diesem Punkte find alle die Kurgäste einig, welche unter der ärztlichen Lei tung des umsichtigen und erfahrenen vr. Herzog, sowie de» rührigen Besitzer» ihren Aufenthalt gewählt. Wer die Schwyz, Rheingegenden oder Seebäder »ur Stärkung seiner Nerven besucht, konnte dieß nur mit bedeutenden Kosten thun, wäh rend solche in der Schweizermühle außerordentlich gering find. — Am 26. Juli find es just hundert Jahre gewesen, daß 206 Fremdlinge unter der Führung ihrer Hüter in un serem Dresden eintrafm, und in einem gastlichen Maffenquar- tier des großen Gartens einquartirt wurden; sie hatten von Spanien her Frankreich und einen großen Thril Deutschland» zu Fuß durchwandert und freuten sich, in den schattigen Laub gängen de» damals noch umfriedeten Parks von den Stra pazen der langen Reise auszuruhen. Gutwillig und geduldig ließen sie sich von den maffenwkise herzusüöinenden Dresdnern, die an diesem Tage, weil es ein Bußtag war, gerade nichts zu thun hatten, beschauen und anstaunen und ihre wollene Kleidung prüfen und befühlen. Sänger waren sie allerdings nicht, denn diese Art von Fremdlingen ist dem gegenwärtigen Jahrhundert Vorbehalten; sie waren vierfüßige Reisende, Kin- der des Südens, spanische Auswanderer, welche die Stamm- rltern eines neuen, sächsischen Quadrupedenstammrs und In dustriezweige- werden sollten — die berühmten Merinos, ein Geschenk, das König Carl IN. von Spanien seinem Neffen, dem Chursürst von Sachsen, unserem unvergeßlichen Friedrich August dem Gerechten überreichen ließ, der sie am 27 Juli besichtigte, und am 28 Juli in den Thiergarten nach Stolpen wegsühren ließ. Der Thiergarten lag unmittelbar unter dem alten Stolpener Schliffe, das am 31. März desselben Jahres seine berühmte Bewohnerin, die Gräfin Cosel im 85. Leber s- jahre durch den Tod verloren hatte. — Als Nachklang zu dem Süngerfest sei noch erwähnt, daß der gute Geist der Ordnung lowohl im Innern der Stadt wie auf dem Fcstplatze sich bis zur letzten Stunde be währt hat. Auf dem Festplatze ist bei den Hunderltausenden »on Menschen nicht eine einzige Arretur vorgekommrn und das polizeiliche Einschreiten bei Contraventionen soll im Lauf der Festtage sich geringer her ausgestellt haben als sonst. — Im Sinne der Worte: eme Liebe ist der Andern Werth! hatten sich am Dienstag die Wiener Sänger zu einem Diner in Meinhrckds Saal vereinigt, wo sie ihre Quartierwirthe als Gast mitbrachten. Wie mancher Freundschaftsbund auf Lebens zeit ist geschloffen Worten. Zeuge davon konnte man in den Bahnhöfen bei der Abreise der Sänger sein. Ganze Familien gaben ihren Gästen das Geleit bis zum Perron, so manche Dank- und Freudenzahre perlte herab. Neben den Familien - Gemälden im Hause prangen die photographischen Portrait» der fremden Gäste und die Briefträger bringm schon Briefe auS weiter Ferne, wo so mancher Gast der schönen verlebten Stunden eingedenk ist und i« Namen seiner Familie noch mals herzlich dankt. Kommen wir jetzt noch einmal auf die Tiroler Gäste zurück, die kei der weiten, fast achttägigen be schwerlichen Reise, den Weg über da» Jausen- und Brenner- gebirge, aus dem äußersten Süden unseres deutschen Vater landes als treue Kämpen in Sachen nationaler Bedeutung Folge geleistet und nach Dresden gekommen waren. Die meisten waren aus Meran 15, aus Brixen 8, Botzen 3, Jns- bruck ü und Kufstein 5- Ihre Fahnen waren zum Theil prachtvoll, vorzüglich die Meraner, im Wrrthe von 2500 Gul den, ein Meisterstück der Stickkunst, aus weißem Moirve, auf der einen Seite die goldgestickte Lyra mit dem VereinSmotto; auf der andern das Meraner Stadtwappen — rother tiroler Aar auf dem steinernen Stege — gespendet von Hrn. F. Kolb, einem Ehrenmitglied und Gönner des Vereins. Der Gründer des Vereins und der Fahnenträger waren im Kgl. großen Garten einquartiert und erregten vorzüglich beim Feste daselbst mit ihren andern Sangesbrüdern, die sich dort um ihre Fahne geschaart. bei frohem Lieder- und Becherklang allgemeinen Jubel. Im Festzuge (3. Colonne) wurdenßsie allseitig mit end losem Beifall begrüßt und dankten durch immer und immer wiederholte Nationalgesänge und Spenden v. Edelweiß. Ihr Solo-Jodler — Mutschlechner aus Jnsbruck — war während der ganzen Festtage immer frijch bei der Hand, das Publi kum durch die Klarheit, Höhe und Kraft seiner Stimme zu begeistern. Da war nichts von ..plötzlich eingetretener Heiser keit" oder Unlust zu bemerken. Jeden Abend waren sie bei Helbigs versammelt, wo sie bis spät in dis Nacht ihre herz- erhebenden Gebirgeweistn, gewiß Allen unvergeßlich, vertrugen. Am Dienstag Nachmittag hatte ihnen ein hiesiger Bewohner, Hr. W. Seele, oft Badegast in Meran, ein solenne» Diner in „Stadt Rom" veranstaltet. Jhrm Edelweißkranz, das Juwel der Alpen, der ihre Fahne zierte, haben sie der Mi thin in ihrem hiesigen Fahnenstand quartier verehrt, wie sie überhaupt so viele Beweise ihres fröhlichen, echt deutschen treuen und dankbaren Sinnes gegeben. Jetzt find sie wieder auf der Reise nach ihrer Heimath, aber unser Dresden wird ihnen, wie sie oft geäußert, durch Alles, was sie hier gesehen und erlebt haben, unvergeßlich bleiben. Ein „Grüß dich Gott, Tirol!!" — — Um dm innern Ausbau der Orgel in der Annen- kirche zu befördern, wird der Organist Fächer an derselbm drei Borträge auf der gedachten Orgel haltm, und wird der erste Atittwoch 2. August stattfinde». — Wie der „Pirn. Änz" meldet, wurde gestern der seit 1842 nicht mehr gesehene, gegen 5 Ellen lange Stein in der Elbe dort wieder gesunden, auf welchem verschiedene Na. men und die Jahreszahlen 1600, 1616, 1707, 1747, '834, l835 und 1842 eingehauen sind. Man ist bereits beschäftigt, auch die Jahreszahl 1865 den vorstehenden beizufügen. Ein Zeichen des niedrigen WaflerpandeS in diesem Jahre. — Während des in den Nachmittagsstunden des 24. in Dippvldiswalkaer Gegend aufgetrvffenen Gewitters schlug der Blitz in das Wohnhaus des Gutsbesitzers Patzig in Höcken dorf, zündete zwar nicht, tödiete aber den Patzig der sich unter seinen in der Wohnstube versammelten Dienstleuten befand. — Wie bereits mitgetheilt, hatte Herr F. W. Schwenk den Auftrag erhalten, auf Rechnung des „Fond» für Kunst- zwecke" ein Standbild des Kurfürsten Johann Georg l. für Budissin auszuführen. Das Werk ist gegenwärtig vollendet nnd von Sonnabend den 29. Juli an auf einige Tage un entgeltlich in, Atelier des Künstlers (Ziegelgaffe) ausgestellt. — Eine ältere Frau wurde gestern Nachmittag in Poppitz von einem Sandwagen überfahren und dabei erheblich am Kopfe verletzt — Wie sich di? Leser erinnern werden, wurde auch in unserem Bla te die Bitte ausgesp ochen, es möchten die säch sischen Grenz Eisenbahnstationen zum Empfange der hierher- ziehrnden Sänger ihre Bahnhöfe mit Flaggen und Decora- tionen schmücken. Dieß war denn auch auf der Station Reichenbach in der Oberlausitz geschehen. Als aber die um wohnenden Gutsbesitzer und der dortige Adel unter den Flag gen die schwarz-roth goldene erblickten, forderten sie ia pleno dm Bahnhofsinspector auf, diele Flagge sofort einzuziehm. Dieser aber, ein freimütiger aufgeklärter Sachse, ließ sich durch diese Demonstration keineswegs einschüchtern und die deutsche Flagg' blieb ruhig an ihrem Platze. — Das fernere Schicksal der Festhalte ist jetzt die Spin del. um welche sich der Faden der Unterhaltung dreht. So steht vielfach in auswärtigen und inländischen Blättern: der Festausschuß stehe mit einem Berliner Unternehmer in Ver handlung, der für die Ueberlaffung der Halle 42,000 Thlr. geboten habe. An der Sache ist lein wahres Wörtchen; doch soll der berühmte, jetzt in Hamburg weilende Seilgeber Blon- dtn die Absicht hegen, in der Halle einige seiner Produktio nen zu vrranpaltm So auch heg« der hiesige Gewrrbrverein die Hoffnuug, in der Halle seine Fahnenweihe mit rinrm Monstre-Concert zu Hallen, während von anderer Seite da hin gewirkt wird, im Verein mit sämmtlichrn hiesigen Ge sangvereinen noch einmal sämmtliche Gesangpivcen zu Gehör zu bringen, wobei nur der mißliche Umstand hervorti iit, daß die jüngst mitgewirltm Mufilchöre nicht wieder zu gleicher T ätigkeit zu vereinigen find. — In Leipzig geht man stark damit um, das Jnsti ut der Eommunalgarde aufzuhebm und die Zahl derjenigen Bürger, welche für Auflösung desselben stimmen, ist überwie gend groß. Als besonders lästig, zeit- und geldraubend wird das tägliche Bezieh n des Wachtlokals am Naschmarkt bezeichnet, der andern Uebel des Exercirms, unnölhigen Paraden rc. nicht zu gedenken. Als unlängst in Leipzig Schillers , Cabale und Lebe" gegeben wurde, fragte ein Witzbold, was für ein Unterschied mit diesem Trauerspiel und der Vürgergarde sei? Die Auflösung war: Cabale und Liebe ist ein bürgerliche» Trauerspiel, die Eommunalgarde aber ist ein trauriges Bürgerspiel — Auf der Schäferstrahe ist vorgestern Nachmittag der N jährige Knabe eines dort wohnhaften Schuhmachers von einem ziveispännigen Geschirr, dessen Besitzer bisher noch nicht zu ermitteln gewesen ist, so unglücklich überfahren worden, daß er auf der Stelle todt geblieben ist. Leute, die den Vor fall aus der Entfernung mit angesehen haben, wollen behaup ten. das; den Kutscher daran kein Verschulden treffen soll. — — Vorgestern Abend gegen 7 Uhr wurden auf dem dem Tischlermeister Knöll gehörigen Neubau auf der Gru- naerstraße dein 63 Jahre alten Handarbeiter Johann Gottlieb Schmidt aus Gastritz währmd des Aufziehens von Balken von einem derselben beide Röhren des rechten Schienbeins zerschla gen. Schmidt ist verheirathet und wurde vom Bau mittelst Siechkorbcs in das Stadtkrankenhaus gebracht. — — Vorgestern Abend j lO Uhr fand in der Werkstatt des arrf der Ostraallee gelegenen Silberhammers ein kleines Schadenfeuer statt. Es brannten daselbst zwei in einander gestellte Kohlenkasten, die mit Holzkohle angefüllt waren. Die Entstchungsursache ist unbekannt. Das Feuer wurde von dein dortigen Hausmann mit Hülfe seiner beiden Söhne sehr bald gelöscht. — — Ein hiesiger Marklhelfer, der vorgestern in Krüger's Schwimmanstalt badete, ist während des Badens um seine Kleider, die in dem allgemeinen Auskleidezimmer gehangen, bestohlen worden. Der Dieb hat in dm entwendeten Kleidern außerdem die Marke gefunden, gegm die ihr rechtmäßiger Be sitzer Uhr, Kette und Portemonnaie mit einem Zehnthalerschein in der Lasse abgegeben hat, und sich gegm Rückgabe dieser Marte auch noch die angegebmen Werthsachen verabfolgen lassen. — — rg. Während dis heftigen Gewitters am 26. Juli gab Herr I. A. van Eykm, Organist in El!» seid, (der durch das deutsche Sänzerfest zur Direktion seines , ThünnerHedes". hecbe'geruicn worden war) zum Besten des Bürge ho'pital» in der Kreuzkirche ein Orgelconcert. Der Herr Concertgeber zeigte bedeutende Technik sowohl beim Manual-, als auch beim Pedalspiel, welches sich besonders in den Bach'schen Sachen herausstellte. Das Andante dsr Sonate, eigne Composition,' gab dem Herrn Concertgeber G legenheit, auch seinen gute» Geschmack, seine Fertigkeit und Kenntnis; im Registrirm glän zen zu lassen; doch machte sich namentlich im 2. Th.il ein unruhiges Spiel bemerkbar. Die Mozartsche Fantasie (f-moli) ist sehr gut zu Orgelconcerten geeignet, allein die schnellen Läufer muffen vereinfacht werden, z. V. statt der Tonleiter nur der gebrochne Akkord, da besonders beim Gebrauche ge mischter Stimmen die schnellen Noten uncorrect und undeut lich erscheinen. Beim Choralvorspiel „Wachet auf, ruft un» die Stimme" von I S. Bach hätten wir ein weniger be wegteres Tempo, und die Melotie breiter gespielt gewünscht. Das schöne Äbendlied von R. Schumann (Nr. 2 des Pro gramms) gewährte zwar Abwechslung, doch kann selbst bei der interessantesten Zusammenstellung eines Programmes mit bloßen Orgelstücken die Eintönigkeit nicht vermieden werden: Bei den Compositionen des Herrn van Eyken (Sonate und Fuge über Bach) tritt bei orgelmäßig geschriebenen Melodien und geschickter Harmonisirung überall die Gewandtheit in der contrapunklischen Behandlung der Thema'S, sowie die geschickte Handhabung in den Engführungen und den Umkehrungen des Fugenthema's hervor, läßt aber seine Muster (Bach und Men delssohn) leicht erkennen. Das Concert fiel zwar befriedigend für die Zuhörer auS, allein weniger gewinnbringend für den edlen Zweck. — — -s Wir erwähnten neulich, daß in Neustricßen eine arme Wiltwe genchilich ausgepfändet worden sei. Es hat sich aber Niemand gefunden, der bei der Auktion auch nur ein einziges Stück erstanden hätte. Die Pfandobjeete liegen noch alle da Im klebrigen ist für diese Witlwe eine große Theil- nahme erwacht, man hat für sie Unterstützungen selbst in der Ferne gesammelt.