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M.M7 I!,^> t!vs ,« ^1,' '21,'^cheirü: »Sali» früh 7 Ich». Snferale »erdtn mrgenommeu: bi» Abend-6,Sonn tag» bi, Mittag» 1» Uhr: Marienstraße 18. i »i Nnzetg. in dies. Blatte, »ai jetzt tu 11,00« Wremplarrn erscheint. Anden rin« rrsolgrrich» »«brettmig Zehnter Ja-rg ZF l Mittwoch, S«. Juli 18SS. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. MUredackur: Theodor Arabisch. Lnnt und Tigrnthum der Herausgeber: Lirpfch Hk Ntlchardt« — Berantwortlichrr Redactrur: Julius Rkichordt« Abonnement: vierteljährlich 2«Nge bei unentgeldlicher Lie« ferung in'S Hau». Durch die König!. Pos vierteljährlich 22 Ngr Sinzelne Nummer» 1 Ngr. Snleraknpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Siuga« sandt" di« Zeile L Rgr. D«<de«, bei 26 Ink. — Sr Maj. der König hat genehmigt, daß der Kam- ryerherr uyd Vicariatsralh v. BrochowSky da» vom Herzoge Von Nassau ihm verliehene Comthurkreuz 2. Klasse de» Her zlich Naffauischen Militär- und Civil-VerdienstordenS, sowie aß der Finanzrath Fihr. v.. Biedermann den ihm vom König V«n Preußen verliehenen K.ronenorden 3. Klasse annehme und trage. — Se. Maj. der t/önig hat dem Königl. Galerie-Di- rector Pros. Schnorr vo n Carolsfeld in einem Beileidschreiben seine Theilnahme an dem der Kunst und der Familie durch den Tod de» Sohnes gewordenen Verluste auSdrücken lassen. — Die großherz^ glich toskanischen Herrschaften verließm Pillnitz gleichzeitig m'tt unserem Königspaar am gestrigen Mor gen und fubren gemeinschaftlich mit demselben bis Zwickau «m-von da die Rii.Sreise über Schwarzenberg nach Schlacken- tverth fortzusetzen. — Bei dm gestern früh stattfindenden Verhandlungen de- Sängertazes auf dem Lincke'schen Bade wählte man Reg.- Rath Fentsch am» München zum Präsidenten, Staatsanwalt Held von hier zum ersten und Oberappell.-Gerichtssecretär Kirchner aus Celle zum zweiten Vicepräsidenten; die hiesigen Herren Bdvocaten Damm und Schanz zu Schriftführern. Die Verhandlungen nahmen einen sehr erfreulichen, einmüthigen Verlauf; die Debatten bewegten sich in gemessener Weise und die Beschlüsse fielen fast durchgängig nach den Anträgen de- Gesammtrusschussrs aus. Man sprach den Dank der Ver sammlung Denen aus, welchen man zu danken in der Halle noch keine Gelegenheit gefunden. Dresden wurde als Vorort für die nächsten vier Jahre gewählt, der Ausschuß wird, da keine Einladung »ine« Stadt für da« nächste Sängerfest ein» gegangen war, erst später eine größere deutsche Stadt für das zweite Sängersist wählen. — Am vergangenen Sonntag Vormittag fand im Kol. loseum eine zahlreich besuchte Versammlung der hiesigen Mit glieder des allgemeinen deutschen Arbeitervereins statt. < handelte sich um Annahme einer Resolution, die vom Präsi dent des Vereins den Zwrigvereinen zur Erwägung und An nahme zugefertigt worden war. Dieselbe lautet: „Die Ar- bester Deutschlands erklären unter entschiedener Mißbilligung deS Vorgehen- des seligen Präsidenten zu Köln, den Mit gliedern des dortigen Festcomitös des preußischen Abgeordneten hauses und der FortschrittSparthei ihre volle Sympathie und versichern sie während de« Kampfes der thatkräftigen Unter Mtzung Seitens der Arbeiterklafle". Ein Buchhändler Na mens Schlinkmann aus Berlin begründete die Resolution in »inem längeren Vortrage, die später einstimmig angenommen wurde. Las Resultat wurde telegraphisch nach Berlin ge meldet. — ch Am Dienstag früh, den 25. Juli, fand die Sän gerfahrt nach dem großen Garten statt. Schon früh 5 Uhr waren die Straßen gefüllt und namentlich waren die Dörfler aus der Umgegend stark vertreten. Während um 7 Uhr früh der deutsche Sängertag im Saale des Linckeschen Bades (für Sänger öffentlich) seine Sitzungen hielt, zogen um dieselbe Zeit von allen Ecken der Stadt die Sänger mit den ver schiedenen Kapellen durch die Residenz. Da» Programm er klärte, daß alle Trupps durch die Pirnaische Straße sich be wegen sollten und so geschah eS auch. Die verschiedenen San geSgenoffen hatten sich mit ihien Musikcorps am Bautzner- Platz, Palaisplatz, Bautznerstraße (am goldnen Löwen), Neu- markt, Altmarkt (vor dem Rathhause), Dippoldiswalder Platz, am Elbberg, Poppitz Friedrichstadt (an der Brücke) und dem Pofiplatz zusammengefunden und nnn ging'S mit klingendem Spiel immer dem Pirnaischen Schlage zu. Merkwürdiger Weise waren die Damen der Pirnaischen Straße schon an allen Fenstern in festlicher Kleidung und in festlicher Stim mung versammelt. Ihre Blumenkörbchen standen bereit vor -ein Fenster und sowie nur ein Sängerzug sich nahte, warfen sie Blüthen, Blätter, Kränze und Bouquets auf die Vorüber gehenden herab. Mit aller Hast haschten die Sänger nach den Sträußchen und Ws irgend ein „Blauäugelein" sich am nächsten Fenstersims zeigte, da warfen die Sänger wieder e;n Bouquet hinauf. Mrt klingendem Spiel ging'S in den Großen Garten. Dort vertheilten sich die Sänger und die Musik- corps in den verschiedenen Wirthschaften und überall begannen die Concerte. Selbst Herr Direktor NeSmüller hatte eine Vormittagsvorstellung veranstaltet, in der zwei kleinere Stücke «egeten wurden. Refere t konnte nur der ersten Piece bei- wohnen, muß aber gestehen, daß sie allgemein gefiel und viel fach applaudirt wurde. Der größte Strom ergoß sich in die große Wirthschast, wo schon de» frischen Biere» wegen, sich ch »»och Andere aus andern Gegenden einfanden. Diese Morg« „fahrt dauerte bi» gegen 1 Uhr und dann zo^en die verschü rdenrn Länger trupp- wird« nach der Residenz zurück, au um den letzten Nachmittag und Abend des Festes auf dem Hauptplatze zu durchleben. Es war ein schöner Morgen! — Die Festhalle bot am Sonntag Abend vom rechten Elbuser aus gesehen einen imposant schönen Anblick mit ihren spitzen Thürmen, Fahnen und sonstigen originellen Konturen und trat, je dunkler der Flor der Nacht sich über den Elb strom senkte, in einen wahren Zauberschein gehüllt aus dem Chaos der Umgebung hervor. Eine Anzahl eleganter Gäste, den höchsten Ständen der Residenz angehörig, hatte den Vor zug, dirsts orientalische Schauspiel in der Ruhe der Ländlich keit zu genießen/ die der gastliche Balkon einer dem Festplatze gegenüber liegenden Villa dem glänzenden Gesellschaftskreise bot. — Die Dekorationen der Stadt hatten vorgestern (Montag) ihren Höhepunkt erreicht Die Omnibusse sind umrankt von Guirlanden, auS denen künstliche Rosen hervorlächeln, selbst die kleinen Krambuden am Pirnaischen Platz und am Elb berge haben geflaggt und sich mit Fichtemeiscrn geschmückt. Die Devise: „Willkommen deutsche Brüder!" ist fast auf jeder Straße, an jeder Ecke, über jedem Hause zu lesen, und kleine Knaben ziehen, wenn auch manchmal im Sansculotten-Costüm, vor den hier und da sich vereinzelt hinbewcgenden Sänger- truppS einher, eine deutsche Fahne eo miniature schwenkend und mit seiner schwachen Zwirnsfadenstimme mit einfallend in die Jubelrufe der Fröhlichen. Gegen 400 Festjungsrauen (in unserm gestrigen Berichte war irrtümlicherweise blos von dreißig die Rede) prangen im Schmucke der Unschuld vrr dem Rathhause im weißen Kleide, um das volle, schwellende Haar den grünen Kranz und in der Hand eben einen solchen mit dem schwarzrotgoldenen Bande geknüpft. Wahrlich ein reicher Himmel, Stern an Stern, könnte man mit dem Dichter sagen ; denn da» läßt sich nicht ausreden, daß sie Zevgmß geben von der europabekannten Schönheit der sächsischen Mädchen. Die Anschlagssäulen sehen selbst aus wie versteinerte, weißgekleidete Jungfrauen in weiten Crino- linen, das Haupt mächtig umkränzt, An den einzelnen Häu< fern haben dre Quartierwirthe die Reg ster ihrer ausge. nommenen Sänger verzeichnet, so daß der Vorübergehende sehr leicht hier und da einen alten oder neuen Bekannten aus 'dem deutschen Vaterlande finden und begrüßen 'kann. Der Himmel hat Gott sei Dank, dar Fest begünstigt. Die allzugroße Hitze hat sich gelegt und die goldene Sonne strahlte aus Hellem, blauem Firmamente hernieder und grüßte die Deutschen, die zu Dresden auf's Neue zeigen, daß sie ein einig Volk von Brüdern zu werden, herzlich, mächtig, an streben. Den Anordnungen der Behörden, die Straßen und Trottoirs zu erfrischen durch fleißiges Sprengen, sind die Hausbesitzer und Miethsbewohner fleißig und bereitwilligst nachgekommen. Und wie sind diese Straßen geschmückt Der Altmarkt, der Mittelpunkt der Residenz steht voran, selbst das alte Chaisrnhaus hat sich hinter grünenden Birken und Fichten versteckt, aus dem die Chaisenträger selbst, wie tragische Gestalten mit ihren gelben Fracks hervortauchten. Die Expreß- Compagnie hat ihre Firma mit einer mächtigen Lyra geschmückt, in vollem Festschmucke prangt der Eingang zur Felßner'schen, jetzt Haubotd'schen Restauration, mit Fahnen, Säulen und bunten Transparentbildern. Das Hotel de l'Europe hat sich verjüngt und ein hochzeitlich Kleid angezogen, lieber dem Laden des Herrn Adolph Nenner finden wir inmitten von buntm Kranzgemisch die Bilder der Festhallen zu Nürnberg und Dresden und ein sinniger Spruch sagt: „Dir hehrer, deutscher Männerfang Kilt Lieb und Treu' mein Lebenläng!" Einen herrlicher Anblick gewährt das Haus Galeriestraße 6, wo Dccorationen in Formen von großen Kirchenfahnen in Menge und in allen Farben und Nüancen in der l. Etage angebracht sind. Auf der Pillnitzerstraße ist namentlich das HauS des Herrn Hofmctztkr Meißner, die Thierarzneischule, da» Haus Nr. 17 und die Generalagentur des Herrn Nu- dowsky hervorzuheben, vor welcher letzterer stets eine dankbare Menge sich versammelt. An einem Hause daselbst lesen wir folgende Inschrift: ^ „Den Sängern hoch, die deutscher Geist dvrchdringt, Aus deren goldnen Lied die Freiheit klingt, Gemeinsam Lied macht einig frei und start. Und schreckt den Feind der Freiheit k> i s in's M a r k- Den Eingang zur Mathildenstraße ziert eine Ehrenpforte nut trlfflicher Devise, aus einem Fenster der Straße selbst Wim pel» das amerikanische Sternenbanner heraus. Eine große, schreckliche Seltenheit von Dekoration hat die verlängerte Ma lhildenstraße aufzuweistn. Dort haben die Grundbesitzer eine Riesenstange errichtet und eine schwarze Fahne auf halben Mast, mit Trauerflor umgeben, aufgehißt, aus Schmerz da rüber, wie Referent erfahren, weil sie in Bezug auf Baulich- eittst mit der Commun nicht den allgemeinen Jubel »heilen önne. Aber eine Fahne ist e» doch! An der Vogelwiese sat Brrchling's Restauration sich besonders hervorgkthan. Die große Ziegelgaffe ist in eine virkenaller umgrwandelt, beim Kaufmann Zimmermann erhebt sich eine riesige Ehrenpforte. Am Moritzmonument schwingt über Breitfeld's Restauration ein Schwankoloß seine Flügel und in goldnem Felde rst über der Thür zu lesen: Seid willkommen, ihr Gäste verbrüderter Kauen, Preißct in feurigem Liede Wein, Weib und Gesang! Den Platz am Etbberge hat der Tapezirer zu einem Tempel umgeschaffen und die verschiedenen Häustrecken male risch verbunden. Die Amalienstraße bietet ein buntes Bild. Vor Allem hat das Hofbrauhaus ein Prachtgewand angelegt. Unter mächtigen Trikoloren und Guirlanden liest der Wan derer die Worte: „Das Lied geeint mit Herz and Hand, Steht Alle treu zum Vaterland!" UeberdcrHausthürNr. 17 ist zu lesen: Hier wohnte Heinrich Marschnervon 1822 bis 27. Am HauseNr. 19 liest man:,, Hier wohnte JohannFriedrich Kind, der Dichter des Freischütz, bis Micha elis 1816." Am Hause Nr. 24 steht: „Hier wohnte und starb Anton Serie auf Maxen, K. Preuß. Major a. D. Unternehmer der Schillerlotterie." Einen sehr vortheilhasten Anblick gewährt am Pirnaischen Platz die Restauration von Dosch, Nr. 29. Zwischen Rirsenbannern prangt ein mäch tiges , Lied hoch" und der Platz vor der Veranda ist zu einem kleinen Urwalde umzeschaffen, wo die vorübergehenden Sänger sich im Schatten desselben erquicken. Schön, wie immer bei ähnlichen Gelegenheiten ist die Pianofortefabrik von Rö- nisch und die nebenan liegende „Fedrrschmückerei" geziert. Inmitten des Platzes, am Eingänge zur JobanniSgafse steht eine wahre Siegessäule, bunt bemalt, am Fuße finnig mit Grün umgeben. Diese Säule scheint sehr neugierig zu sein, denn sie neigt ihr Haupt stark der LandhauSstraßr zu, wo die Dekorationen ihren Höhepunkt erreichen. Haben wir einen freudigen Blick in die festlich gekleidete große und kleine Schießgafse geworfen, dann übelflattern uns die zahl reichen Banner der Landhausstraße. Das Haus Nr. 2 Pre- digt den Vorübergehenden: „Du deutsches Fest, du magst verbinden, Wo Hast und Mißgunst sich noch finden. Ob Ocstreich, Sachlen, Baicrn, Preußen — Und wie Germania s Länder heißen — Deutsch seid Ihr Alle weit und breit. Verbrüdert Euch mit Herzlichkeit! Ten vollen Frcundschastsdecher ich kredenz' — Euch Alle, Deutsche, grüßt mein Gbslorenz!" Die Höpfner'sche Weinstube hat sinnig decorirt Am Neumarkt prangen Hotel <lö ksxo, Stadt Rom, Stadt Berlin in vollem Schmuck, und hinter der Frauenkirche hat das königliche Po lizeihaus geflaggt in sächsischen und deutschen Farben. Die Restaurationen von Eulitz und Hollack haben vor ihren Thü- ren ganze Wälder aufgebaut und Letzterer hat sogar noch die vor seinem Haust stehenden Steinkegel mit Farben aller Herren Län der angestrichen. Die Frauenstraße ist in mächtige Banner rin» gehüllt, namentlich das Lufstrt'sche Haus. Die Moritzstraße ist mit Guirlanden ganz überzogen, aus einer mächtigen Lyra leuchten die Worte hervor: „Grüß Gott!" Das Haus Nr. 10 erzählt durch ein Schild, daß Theodor Körner, der gefeierte Sänger, hier gewohnt. Das Haus, LandhauSgäßchen Nr. 1, mit der Front nach der Moritzstraße, zeigt den Spruch: „Viele Bo:en gehn und gingen „Zwischen Grd' und Himmelslust: Solche Grüße kann »keiner bringen — Als ein Lied aus frischer Brust!" Am Haust Nr. 2, die Crone'jche Restauration, prangt eine riesengroße Germania, Abends als Transparent mit dem Mo.to: .Aus dem Liede tönt, was das Leben krönt!" Inder kleinen Frohngaffe ist selbst das ärmlichste Dachfensterlein mit Blumenguirlanden umzogen. DaS Levt'sche Haus, Ecke der Weißegaffe, predigt die Weisheit: „Was wir wollen Hand in Hand, Fürst und Volk für s Vaterland!" Ferner lesen wir dort: „Gold: Die deutsche Redlichkeit! Schwarz: Der tiefe Ernst der That, das bedenke früh und spat! Roth: Das Tagen schöner Zeit!" „Fn Lied' und Red' Fn Fried' und Fehd — Fest einig scei Sei unser Jrldgejchrei!" Am Haust Nr. 16 der Kreuzstraße lesen wir: „Hier wohnte bis 1760 der Obcrsteuerralh Gottlieb Wilhelm Rabener, Sa- lyriker und Freund Gellert'S." Der Münchner Hof in Nr. 11 hat sich besonders hervorgethan durch Transparents und Fah nen, Willkommengrüße. Das „Willkommen" ist stenographisch wiedergegeben. Das Gewandhaus und das Ministerium des Aeußern ist sinnig geschmückt. Die Blochmann'sche Buch druckerei hat gewiß die größte schwarzgoldrothe Fahne herauS- gestcckl. La» HauS Nr. 17 am Altmarkt sagt: „Hier wohnte Ludwig Tieck von 1819 bis 1842 und starb m Berlin." Am Haust Nr. 12 der Rawpe'schen Gaffe, durch die sich auch eine improvisirte Birkenallee zieht, lesen wir: „Ein treues Herz, em Lied, ein Schwert, Ter beste Schuß für deutschen Heerd!"