Volltext Seite (XML)
Nr. IS4 Zehnter Jahrg. Donnerstag 13. Juli 1865. Erscheint: Li glich früh 7 Uhr. ^ Inserate werdr» »»genommen: bi« Abends 6,Sonn tag- bis Mtttag- 12 Ubr: Vlarienslraße 18. Unzeig. in dies Blatt«, da» jetzt in 11.'»^ Exemplare» erscheint, finde» eine erfolgreich« Verbreitung- Monnernenl: Vierteljährlich 20NgN bei unenrgelblicherA-/ srrung in'» HauS. Durch die Lönigl Pof vierteljährlich 22 Ngr Einzelne Nummerr 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredactsur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum ein«» gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Eing«- sankt" die Z«ilr r Ngr. Druck und Sigrnthum der Herausgeber: tLlkpsch Hk Nclchardt. — Berantworllicher Redacteur: Julius Relchardt. de« 13 Juli — Se König!. Majestät hat dem Verwalter des Goller Forstrevier- im Forstbezirke Moritzburg, Revierförster Julius Schöneck Schellig, die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Gold allrrgnädigst verliehen. — AuS Pirna berichtet man, daß Se. Majestät unser allverehrter König Johann bei seiner Reise nach den Forsten der sächsischen Schweiz früh gegen 8 Uhr daselbst anlangte. Seiten des Stadtraths waren die Schule und der Kloster thurm mit Fahnen in Landes-, Stadt- und deutschen Farben geschmückt. Se. Majestät kamen mit der decorirten Damps- fähre an da- diesseitige Ufer, wo er von den Vertretern der Civil- und Militärbehörden empfangen, nach dem Perron des Bahnhofes geleitet, die bereit stehenden Wagen mit den Herren Overforflmeister v. Kirchbach und Regierung--Assessor v. Eh- renstem, welcher gegenwärtig der hiesigen Amtshauptmannschaft vorsteht, bestieg. In der Schule stimmten die ober» Elasten da- Sachsenlied an. Se. Majestät fuhr zunächst nach Rott werndorf, wo eine ziemliche Zahl Landwirthe in geschmackvollem Anzuge wartete, um dem Zuge unter Vortritt eines Trom- peterchorS vorzureiten; von hier aus ging'- nach Großcotta, BerggieShübel, und Gottleuba, überall gab sich die Freude, den geliebten LandeSvater in ihrer Mitte zu sehen, durch sinnige Dekorationen und Fahnenschmuck zu erkennen. Von Gottleuba au- besuchte Se. Majestät die Forsten von Merkersbach und Rosenthal nnd kam gegen Nachmittag durch den Bielagrund nach dem festlich geschmückten Königstein, von wo er nach kurzem Aufenthalte nach Schandau weiter reiste, um dort Nachtquartier zu nehmen. — Herr vr. Brückmann bringt folgende Erklärung, den Gesundheitszustand der Stadt Dresden betreffend, zur Veröffentlichung: „In Widerlegung eine« in einem benach barten Staate leichtsinniger Weise auSgeflreuten Gerüchte» halte ich mich zu der Erklärung verpflichtet, daß der Gesundheitszustand in Dresden sowohl während der vergange nen Monate ein vorzüglicher war. als auch jetzt «in sehr günstiger genannt werden muß. Namentlich hat sich weder von kholera, noch von sonst irgend welcher epidemischen Krank« heit ein« Spur gezeigt. Der niedrige Krankenbestand in unser» Krankenhäusern, die geringe Thätigkeit in den Apotheken, endlich die in der letzten Zeit gerade auffäl lig niedrige Mortalitätsziger, welche mehrere Wochen hintereinander die für Dresden berechnete Durchschnitts zahl nicht erreichte, geben nebst den Erfahrungen der Privat, praxi- wohl den sichersten Beleg für die Wahrheit dieser Er- klärung, und dürften daher im Stande sein, jenes Gerücht in die Klaffe der müßigen und dabei sehr unbedachten Erfindun gen zu verweisen. Dresden, den 13. Juli 1865 Der Stadt bezirkSarzt l)r. Brückmann." — Der im vonzen Monate in Döbeln abgehaltene Vor- schußvrreinStag ergab folgende Resultate: Nachdem die consti- tuirende Versammlung stattgefunden hatte, begannen die Ple narverhandlungrn. Der Geschäftsführer de- Verbandes, Herr Fröhner, trug den interessanten Geschäftsbericht vor und zog au- dm von den zum sächsischen Verband gehörigen Vereinen ringesendeten und von ihm mit großer Genauigkeit zusammen- getragenen Tabellen über Mitglieder-Einzahlungen, Spar-Ein- lagen, Vorschüsse, Verwaltungskoste», gewährte Dividende rc. für die künftige Entwickelung des ganzen Genossenschaftswesen- höchst bedeutsame Schlüffe. Herr Fröhner wurde auf seinen Wunsch ermächtigt, so viel als möglich zur Bildung neuer Vereine anzuregen, und letztere, sowie solche, die sonst nicht zu rechtem Wachsthum kommen können, kräftigst zu unter stützen. Durch ein trauriges Vorkommniß bei dem Werdauer Verein wurde Herr Fröhner veranlaßt, allen Mitgliedern die strengste Controle ihrer Verwaltung an'S Herz zu legen. Die Versammlung sprach ferner allgemein die Bestimmung auS» daß Policen über Lebensversicherungen geeignete Garantien für die Vereine nicht böten. Auf Antrag de- Herrn Fröhner wurde beschlossen, da» in Mainz angmommene Statut de- deutschen Genossenschafts-Verbandes einstweilen anzunehmen, auf dem im August d. I in Stettin stattfindenden allgemei nen deutschen Vereinstage aber die Abänderung desselben den sächsischen Beschlüssen gemäß zu beantragen Auf einige wei tere Abänderungs-Vorschläge für den Stettiner Vereinstag folgte ein Vortrag des Herrn Dir. Schmidt auS Frankenberg, den Realkredit behandelnd. Ferner nahm man die Rechnung von dem Geschäftsführer Hrn. Dir. Fröhner entgegen, sprach über da- MorüficationL - Verfahren bei abhanden gekommenen Dokumenten, tauschte Erfahrungen über die Genossenschafts bank in Berlin au» und wählte als Ort für den 8. Ver- bandStag Plauen i. V. — Da- höchst wohlgrlungene Portrait de» Herrn Hof- «apellmeister Julius Rietz, gezeichnet und gestochen von L. Sichling, ist' so eben zu Leipzig in der bekannten Anstalt von A. H. Payne erschienen. Der Stich, von einem renommirtrn Künstler, ist untadelhaft und macht das Portrait, welches allen Freunden und Verehrern des bekannten Tonsetzers eine will kommene Gabe sein wird, einen vortheilhaften Eindruck. Der Preis 10 Ngr. — In der ersten Nachmittagsstunde des 8. d. M. er trank beim Baden im Elsterslusse an der sogenannten Zaitzsch- brücke der 11jährige Sohn der Armenhausbewohnerin Matz in Liebschwitz. Man vermuthrt, daß der Verunglückte am Ufer einer tiefen Stelle nach Fischen gehascht und dabei das Gleichgewicht verloren hat. — f Gestern Morgen standen vor l er Polizei-Jnspection auf der Pillnitzerstraße eine Menge Menschen, die ihre langen Hälse zum Fenster hineinstreckten. Ein junger Mensch war ar- retirt worden, der sich dem betreffenden Gensd'armm wider- setzt hatte. Er hatte sich nicht als Mensch, sondern nur als Thier benommen Man hatte ihn auf der Pirnaischenstraße arretirt, warum? — das konnte Referent nicht erfahren. Bald wurde er durch den GenSd'armen nach der Polizei- direction geschafft, mit einer eisernen Kette an den Händen geschlossen, die aber sofort entzweiging. Er war sehr aufge regt, ging aber dann ruhig mit Eine Menge Volks folgte ihm. Wir werden ihn wohl wegen grober Widersetzlichkeit auf der Anklagebank im öffentlichen Gerichtssaale Wiedersehen. — V. Oeffentliche Sitzung der Stadtverord' neten am 13. Juli. — Von dem Präsidenten der 25. Wanderversammlung deutscher Land- und Forstwirthe ist ein Schreiben an den Stadtrath gelangt, in welchem sie für die außerordentlich freundliche und aufopfernde Unterstützung bei der in Verbindung stehender Unternehmungen durch den Rath und die Vertreter der Stadt ihren verbindlichsten Dank und zugleich die Hoffnung auSsprechen, daß die Tage in Dresden allen Theilnehmern der Gegenstand angenehmster Erinnerung sein werde. — Der Bau der neuen Kreuzschule geht seiner Vollendung entgegen. Es handelte sich nur noch darum, den Platz zu umfriedigen, zu pflastern, Trottoire zu legen, den Garten herzurichten und endlich auch ein Waschhaus zu er bauen. Zu alledem postulirt der Stadtrath die Summe von 3630 Thlr., ferner zur Anbringung einer Uhr mit Schlag werk 340 Thlr. Dies waren die wichtigsten Registranden- eingänge, zugleich aber das Ganze, was in heutiger Sitzung vorgrnommen wurde. Da da- Collegium bis um 6 Uhr - so lange wartete man vergeblich — nicht beschlußfähig wurde, konnte weder wegen Ueberweisung der Registranden eingänge Entschließung noch überhaupt eine Sitzung abgehal ten werden. Der Vorsitzende schloß sie mit dem Bemerken, daß er es offen als Rücksichtslosigkeit Seitens des Vorstandes des Sängerfestes erklären müsse, an dem Tage, wo die Ge meindevertreter Sitzung haben, den Termin für die Uebergabe der Sängerhalle anzuberaumen, denn das sei jedenfalls der Grund, weshalb heute Viele fehlen. (Bravo) Jedenfalls wird bei der Reichhaltigkeit des vorliegenden Materiales diese oder nächste Woche noch eine Sitzung abgehalten werden muffen. — In Bezug auf das vorgestern erzählte Unglück, wel ches rin Kind in Neudorf betraf, erfahren wir, daß die Mut ter beim Passiren de- HofthoreS, an dessen Thmpsoste das Pferd angebunden war, vorher von dem mit Putzen des Pferdes beschäftigten Knechte des Lohnfuhrwerksbesitzers Sauer stein die beruhigende Mittheilung erhielt, daß das Thier ganz harmlos sei. Die Mutter hielt sich, ihr Kind vor sich hin gängelnd, soweit wie möglich von dem Thiere weg, doch das tückische Thier schlug auS und traf, wie schon beschrieben, das unglückliche Kind an den Kopf. — Ein scheinbar den gebildeten Ständen angehörender junger Mann machte sich neulich Abends das eigenthümliche Vergnügen, von dem neuen Restaurationsanbau des Helbig'« schen Etablissement» aus wiederholt mit Zinndeckeln beschla gene Bierkrügel in die Elbe zu werfen. Selbstverständlich mußte er seinen Uebermuth gehörig bezahlen. Es ist wohl anzunehmen, daß den Mann ein ziemliches Räuschchen bese ligte, denn nüchtern wird wohl kaum Jemand solchen Unsinn machen. — In Papperitz bei Niederpohritz steht auf der Besitzung des Herrn Bräunig ein seltener Kirschbaum von 4j Ellen Umfang am unteren Stamme und ca. 30 Ellen Höhe. Die ser Baum trägt alljährlich allein 6 bi» 8 Scheffel schöne Kirschen und hat auch in diesem Jahre eine so üppige Fülle, daß jeder Vorübergehende unwillkürlich von dem seltenen An blick überrascht wird. — Außersächsische Sänger erscheinen zum Sängerfeste in Summa 7346. Davon sind 1134 Mitteldeutsche, 448 Nord- deutsche, >261 Oesterreicher, 3562 Preußen, 836 Südwest deutsche, 105 Außerdeutsche. Der Stand der Kaufleute ist unter diese» Sängern am meisten vertreten und zwar in Summa 1431, nächst den die Lehrer und Geistlichen 842 und die Beamten 625. — Die Bewohner der Wallstraße hab.n sich, aufgefor dert durch Herrn Kaufmann Wolf, zu einer solennen G -> sammtdecoration dieser Straße vereinigt, ebenso die Bewohn-» der Webergaffe durch die Veranstaltung der Herren Kaufmann Carstens und Färber König. — Vorgestern Nachmittag stürzte auf der Schöffergasje eine Droschke mit Pferd, 3 Insassen und Gepäck geradewegs um. Die unverletzten Passagiere, ein Herr und zwei Damen, besannen sich nicht lange, holten sofort eine andere Droschke und räderten dem Bahnhofe zu, um den Zug nicht zu ver paffen. während das umgestürzte Gespann mit Mühe wieder auf die Beine gebracht wurde. — Am 5. Juli fand im Saale des Schützenhauses in Leipzig eine schöne Feier statt. Der Zöllnerbund überreichte seinem hochgeachteten Dirigenten, Herrn Universitätsmufikdirec» tor vr. Langer, in Anerkennung seines uneigennützigen Stre» bens für den Bund als Geburtstagsgeschenk eine Police der hiesigen alten Lebensversicherungsgesellschaft über 5000 Thlr. Der Zöllnerbund konnte kaum ein zarteres und doch gleich zeitig höchst praktisches Geschenk wählen, als indem er dem treuen Familienvater zum Danke für seine rückhaltlose Hin gabe an den Bund einen so bedeutenden Theil der Sorge für die Seinen abnahm, und wir glauben, daß diese neue Art der Anerkennung bei Lebzeiten doch wohl dem Setzen eine» unfruchtbaren Steines nach dem Tode in jeder Beziehung vor- zuziehen ist. — Daß auch unser Binnenländchen sseine Wassermänner hat, zeigte uns dieser Tage der Leipziger Nuderclubb „Lipfia, Capt. Metzer", der unserem Dresden eben einen Besuch machte. Fragliche Gesellschaft hatte vorigen Sonnabend ihr Boot per Eisenbahn nach Bodenbach befördern lassen, um von da eine große Elb-Expedition zu unternehmen. Sonntag früh lief die „Lipfia" in Bodenbach aus, legte in Herniskretschrn, Schan dau, Königstein und Rathen an, um ihrer Bemannung Zeit zur Erholung und zum Besuch des Prebischthors, der Ostraer Scheibe, der Festung und der Bastei zu geben und traf Abends 8 Uhr in Pirna «in. Im Ganzen brauchte die „Lipsia" hierzu 3j Stunden wirkliche Fahrzeit. Montag früh ging die Reise weiter nach Dresden, wobei auch der Borsberg noch besucht wurde, und bereits Mittags passirte die „Lipsia" un sere Brücke. Hier in Elbflorenz wurde bis vorgestern früh große Rast gehalten, damit sich die Leipziger Matrosen — an denen wir übrigens eine Ermattung du chaus nicht bemerkten — zur Weiterreise, die vorgestern Nachmittag in Riesa been digt wurde, stärken konnten. Die Erzeugnisse der Meißner Nebenhügel sollen hierbei noch einer eingehenderen Prüfung unterworfen worden sein. — Bei dieser Gelegenheit können wir nicht umhin, unsere Verwunderung darüber auszusprechen, daß Dresden, welches doch die beste Gelegenheit für Ruder- clubbs bietet, wie in vielen Beziehungen so auch hierin hinter unserm schwesterlichen Leipzig, mit seinen Gänsewäffcrchen, zu rücksteht. — Nach der General-Uebersicht von dem Frieden-Pand (Kriegsstand?) des deutschen Bundesheeres, wie solche sich nach den für 1865 eingegangenen Standesübersichten der einzelnen Bundes-Contingcnte ergiebt, betragen die Bundes-Contingente von Oesterreich 222.107 Mann und 30,740 Pferde; Preußen 238,706 Mann und 54,089 Pferde; Baiern 67,000 Mann und 8388 Pferde; Württemberg 30,341 Mann und 3195 Pferde; Baden 19,767 Mann und 2344 Pferde; Großherzog thum Hessen 12,944 Mann und 1260 Pferde; Sachsen 28,574 Mann und 3507 Pferde; Nassau, Limburg und Luxemburg zusammen 22,457 Mann und 2135 Pferde; Hannover 27,541 Mann und 3699 Pferde; Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin, Mccklenburg-Strelitz, Oldenburg, Lübeck, Bremen und Hamburg zusammen 23,054 Mann und 1897 Pferde; die übrigen vier zehn Staaten, welche die Reserve-Infanterie-Division bilden, stellen ein Contingent von 19,845 Mann und 92 Pferden. Die Gesammtstärke der Bundcsarmee im Jahre 1865 beträgt demnach 712,346 Mann und 111,400 Pferde. — Daß man in Bodenbach (sächsischeösterreichische Grenz station) in Folge neuester österreichischer Post-Erleichterungen weder eines Paffes noch einer Paßkarte bedürfe, ist ein Jrrthum. — Wer kennt nicht die besonders in Dresden viel geübte und fast immer ungestraft ausgehende Gemeinheit, welche sich durch das Beschmutzen, Beschädigen oder gar Abreißer, neu angehefteter Plakate kund giebt? Ging eS früher an den Straß! necken so her, so sind auch die neuen Plakatsäulen nicht davor geschützt. Da hilft kein polizeiliches Verbot, keine Warnung und wäre sie noch so deutlich an den Säulen selbst angeschrieben. Man kann das leider täglich beobachten. Jett endlich ist es einmal gelungen, solch einen Ucbkllhäter unv Schänder Anderer EigenthumS zu erwischen in der Gestalt des ArbeitSmanreS Nr. 4 (sogen. Schwarzer), der sich ein Vergnügen daraus machte, «in Plakat des I. Dienstmann-Jn» titut» an der Säule beim Leipziger Bahnhof abzureißen. Bekanntlich stand mit fetten Lettern noch darauf gedruckt: