Volltext Seite (XML)
Nr. 187. Zehnter Jrcheg. vonnerstag 8 Juli 18LZ. ' «Krscheiul.- ««ltch ftüh 7 Uhr. Inserate werde» «zruommru: -i» Abend-8,So««- tagt bi» Mittag» IN Uhr: Warte«stra-e IS. »«zeig. In dies. Blatte, da» /etzt tu UMrPlare» erscheint, Duden rin, »rsalgreich» «erdreituog. Aksnnement: «ttttljLhrlich r»NgS bei unentgeldlichrrAvs serung in'» Hau». Durch die «Snigl. Pof vierteljährlich 22 Rg« Stozelnr Nummer« 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Mitredacteur: Theodor Arabisch. Inseratenpreise: Für den Raum rin« gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Tinges sandt" di« Zeile r Ngr. Druck und Sigenthmn der Herau«gebrr: Likpsch 8k Nelcharbt. — Berantwortlicher Redacteur: Julius Nklchar-t. DnaSdett den 6 Juli — Er. Majestät der König hat den Rittmeister v. d. A. Heinrich Maximilian Freiherrn v. Gablenz auf sein Ansuchen de- Osfizierscharakters enthoben. — Mit Genehmigung Sr. Majestät des Königs soll im Herbst dieses Iah es eine Zusammenziehung der Infanterie nnd de« größten Theiles der Reiterei „Brigaden resp. Negi- menterweise" in Cantonnements von circa vierwöchentlicher Dauer stattfinden, und zwar: der Leibinsanterirbrigade in der Gegend von Budissin, namentlich nördlich davon, unter Ver schonung der in diesem Jahre mit Recruten belegt gewesenen Ortschaften; !. Jnsanteriebrigade in Dresden, der li. Jnfan- teriebrigade bei Chemnitz, mit Verschonung der in diesem Jahre mit Necruten belegt gewesenen zwei Ortschaften; der lll. Jnsanteriebrigade bei Mittweida, der Jägerbrigade bei Frohburg, des Gardereiterregiments in der Gegend zwischen Pirna, Dohna und Könizstein, mit Verschonung her 1861 Von der bl. Jnsanteriebrigade belegt gewesenen Ortschaften, und des II. und lll. Reiterregiments in der Gegend zwischen Borna, Pegau und Rötha, woselbst sich ein Exercierplatz vor finden wird, wo zwei Regimenter ihre Uebungen gleichzeitig haben können. DaS I Reiterregiment bleibt in seinen Gar nisonen. Bei jenen Cantonnements sollen allenthalben die Garnisonen möglichst benutzt werden, bei der Infanterie so weit die Casernen Raum bieten, bei der Reiterei bis zur Stärke der gewöhnlichen Belegung. Hierauf findet eine Con- ernlri'ung der nachbezeichneten Truppenabtheilungen unter For- mirung zweier Armeebrigaden zu gegenseitigen Uebungen zwi schen Geringswalde und Chemnitz auf 7 Tage statt (1 Tag Con- eevtrirung, 1 Tag Rast, 1 Tag Revue, 3 Tage Manöver. 1 Tag Rap zür Vorbereitung auf die Rückkehr in dir Garnisonen) Die obere Leitung de- Ganzen ist dem Generalleutnant v. Nosty, übertragen; Commandanten der gegenseitigen Armeebrigäden sind Generalmajor v. Carlowitz und Generalmajor Frecher» v. Fritsch. Folgende Truppenabtheilungen werden an dieser Concentrirung Thcil nehmen: die 2. und 3. Jnsanteriebrigade, da- 3. und 3. Jägerbataillon, das Garde- und das 2. Reiter regiment, 4 Batterien Fußartillerie s 4 Geschütze, 1 Batterie reitende Artillerie zu 4 Geschützen und 2 Sektionen Sanitäts soldaten. — Die Gesellschaft „Glocke" in Leipzig erläßt folgenden Ausruf: „Mit unwiderstehlicher Gewalt nehmen in ganz Europa die Arbeitseinstellungen und Strikes aller Art über hand, ohne daß sich ein Ende dieser haarsträubenden Cala- mität absehen ließe. Auch in unserer lieben Vaterstadt be- reitet sich abermals ein derartiges Ereigniß vor, welche« von ungeheurer Tragweite zu werden verspricht. Nicht weniger als 80,000 Leipziger ohne Unterschied des Berufes, Alter-und Geschlechtes haben sich vorgenommen, am 9. Juli d. I. eine allgemeine Arbeits-Einstellung eintreten zu lassen und ver suchsweise an diesem Tage einen großartigen MüßiggaugS- Strike zu unternehmen. Da zu diesem Vorhaben, welches gerade auf einen Sonntag fällt, sogar die hohe obrigkeitliche Bewilligung bereits in Aussicht gestellt ist, so will die Gee sellschaft „Glocke" in richtiger Würdigung der Verhältnisse rS versuchen, den erwähnten 80,000 Müßiggängern und Müßig- gtngerinnen Gelegenheit zu einem angenehmen und vergnüg ten Lodtschlag der Zeit zu bieten, indem an jenem Tage, al- den v Juli d. I, in den sämmtlichen Räumen de- Echützenhausr« da» Sommerfest der „Glocke" stattfinden soll. Nachmittags um 3 Uhr, nachdem unser vierundzwanzigpfün- diger Leibartillerist seine übliche Anwesenheit durch drei blinde Kanonenschüsse angezeigt hat, darf sich jeder Festtheilnehmer al- eröffnet betrachten. Ununterbrochene Concerte bieten ei nen ebenso angenehmen als leichtverdaulichen Ohrenschmauß, tmd unsere Glücksbude zum Besten der Arme« befindet sich auch diermal gleich vorn im Garten an der linken Seitevom Eingänge ohne daß wir befürchten, dieselbe werde links lie gen gelassen werden." So hebt das Programm de- dießjäh- rige» „GlockensommerfesteS" an, und wenn das Fest nur halb so viel echte Heiterkeit entfaltet, wie das Programm in sei nem ferneren Verlaufe verspricht, so wird rin krruzfidelrr Tag um so sicherer, als rin Herr tlatkieu cks 8»«ued»wp be- oustragt ist, drohende- Gewitter eine Stunde nach drmAuS- bruch deffe.ben anzuzeigen. damit nicht etwa Jemand auf dm ««glücklichen Gedank-n käme, im Regenwetter nach Hause zu gehe» Im Theater der Wiltwe Magnesia soll „der geraubte Schundritter" aufgeführt werden, und ein ganz ächter,nicht auf galvanoplastrschkm Wege hrrgestellter Buschhauptmann oder Hauptbuschmann, genannt Echulzahira-Müllrrara.will auf Ver langen «inen der geehrten Zuschauer auf der Stelle ohne Pfeffer, Salz und Senf verspeisen. Auch zeigt sich außerge wöhnlichen Naturfreunden eine junge Dame vom Rhein, 800 Zollpfund schwer und noch überdies Sylphide genannt, sowie Franz Rappol», der stärkste Mann unseres Jahrhunderts, ein herühnter Eoupletsänger mit Ensemblestücken au« Shristian und Jchsollte u. s. w. — Abend- große« Feuerwerk und Ball im Freien und im Saale. — Das zur Bedienung beim großen Schützenfest in Bremen von hier berufene Dienstmännercorps wird Freitag den 1s. Juli früh halb 5 Uhr Dresden mittelst Extrazuges verlassen Derselbe hält bis Leipzig nur an einigen Haupt- stattoncn, um daselbst die von den benachbarten Instituten au-gewählten Mannschaften aufzunchmen. In Leipzig soll noch eine Revue über die vereinigten 300 stattfinden; dann geht's ohne Aufenthalt weiter bis Bremen, wo der Zug gegen 7 Uhr Abends eintreffen wird Sonnabend findet die Einübung nach den vorgeschri«denen Signalen statt und Sonntag beginnt der Dienst beim Festmahl in der Festhalle. — Vor hundert Jahren erhielt die Schützengesellschaft zu Lausigk durch die Güte des Kurfürsten Friedrich August eine Fahne zum Geschenk. Da diese nun im Laufe der Zeit schadhaft geworden, entschloß sich Se. Majestät der König Johann huldvoll, die genannte Schützengesellschaft am bevor stehenden hundertsten Jahrestage (14. Juli) der Uebergabe jener Fahne, mit einem neuen Exemplar einer solchen zu be schenken und ließ zu düsem Zwecke der im Fache der Kunst stickerei rühmlichst bekannten Firma I. A. Hietel in -Leipzig den entsprechenden Auftrag zugehen. Diese neue Fahne ist gegenwärtig vollendet und im Schaufenster gedachter Manu faktur ausgestellt, sie soll, wie uns mitgetheilt wird, ein dem allverehrten königlichen Geber sowie des Leipziger Kunst- und Gewerbefleißes würdiges Kunstwerk sein. Die Fahne zeigt auf weißseidnem Grunde das sächsische Wsppcn, ganz von Gold in allen seilten Theilen technisch richtig und künstlerisch schön ausgesührt und wie plastische Reliesstickerei dargestellt. Alle Formen, namentlich die der Krone und der wappenhal- tenden Löwen, sind correct und rund. Die andere Seite ent hält auf grünem Grunde in ganz großen Förmen „den könig lichen NamenSzug" von Gold, umgeben von der die Wid mung bezeichnenden großen Schrift von Silber. Nur wenige Tage wird dieses Prachtwerk im Mauricianum ausgestellt sein. — Die weiblichen Telegraphistinnen haben sich, wie die „Ostd. Post" schreibt, ebensowenig bewährt, als die Frauen, welche zur Billet Ausgabe bei einigen Lassen der Raaber und Prager Eisenbahnlinie verwendet wurden, insbesondere aber aus dem Grunde, weil sie im Verkehre mit dem Publikum männlichen Geschlechts, viel leichter in Conflict geriethen, da her auf Unterstützung ihres Gatten stets angewiesen waren. Demzufolge sind denn auch sämmtliche Telegraphistinnen und und die zur Billet Caffe verwendeten Frauen entlassen worden. — Vor einigen Tagen wurde im Prießnißgrunde ein Erhängter aufgefunden, dessen Persönlichkeit nicht sofort zu ermitteln war. Jetzt hat sich herausgcstellt. daß er mit einem hier wohnhaften Handarbeiter aus Ebersbach bei Lübau, Na mens Richter identisch ist. Derselbe hinterläßt eine Frau und einige Kinder. Kränklichkeit und damit im Zusammenhang gestandene Nahrungslosigkeit scheinen ihn zum Selbstmord be stimmt zu haben. — — Eine auf der Zwingerstraße wohnhafte Frau hatte ziemlich 8 Tage lang eine Näherin aus Beiersdorf bei Leis- nig beherbergt, als sie plötzlich dahinter kam, daß ihr ver schiedene Wäsch- und andere Kleidungsstücke fehlten, deren Abhandenkommen sie sich nur durch einen Diebstahl Seiten dieser Person erklären konnte. Auf geschehene Anzeige hier von an die Behörde hat sich ihre Vermuthung bestätigt. Die gestohlenen Effecten waren durch Vermittelung einer anderen Frau auf das Leihhaus gewandert. Der Letzteren hatte die Diebin vorgespiegelt, daß sie die Sachen geerbt habe. — — Vorgestern kamen von Neichenberg in Böhmen zwei Käfige mit 50 Stück Hübnern und 5l Stück Enten mit der Bahn hier an. Die Hühner befanden sich in einem be dauerlichen Zustande. Nicht weniger als 19 Stück waren während der Fahrt krepirt In ihrem Käfig, in dem sie eng zusammengeschichtet waren, befand sih weder ein Tropfen Wasser, noch ein Körnchen Futter Es ist der hiesigen Poli zei von dem Vorfall Anzüge gemacht worden. — Das amerikanische Consulat, Ecke der Wilsdruffer- flraße, hat vorgestern aus ihrem Fenster über der Löwen apotheke da- Sternenbanner der Vereinigten Staaten entfaltet, leider ein etwas verschossenes Exemplar. Bekanntlich feiert ganz Amerika den 4. Juli als den Tag der Unabhängigkeits- Erklärung der Vereinigten Staaten von England, welche Feier sonach auch hier öffentlichen Ausdruck fand. — Nach dreiwöchentlichem Aufenthalt in Hamburg sind die zur Einrichtung des das,gen Dienstmann-Instituts von Dresden beorderten rothen Dienstmänner hierher zurückgckchit. Ihr ganzes Auftreten hat beim Hamburger Publikum die vollste Befriedigung hervorgerusen, so daß daS neue Institut schnell einen günstigen Boden fand und die Mannschaft bereits täglich vermehrt wird. Al- Anerkennung für die geleisteten guten Dienste ließ der Unternehmer die Dresdner Leute kurz vor ihrer Abreise photographisch in Gruppe aufnehmen und hat Jedem ein Bild als Andenken an die Hamburger Expedi tion hierher gesandt. - Gestern Nachmittag um 2 Uhr wurde im Großen Garten die Leiche eines herrschaftlichen Diener- aufgefunden, der hier in Condition gestanden und sein Leben durch einen Pistol-uschuß beendet hatte. Was den jungen 20jährigen Menschen zu dieser That bewogen, ist unbekannt. — In den Verhandlungen der versammelten Land- und Forstwirthe wurde die Mitteilung gemacht, daß in Sachsen von 1830 — 63 die Steinkohlenproduction von 4 auf 38 Milk Ctr. und die Braunkohlensöcderung von 1 bi- 4 Mill. Ctr. gestiegen ist, trotzdem aber auch die Holzpreise nicht fielen, im Gegenthcil die Nutzholzpreise um 40 — 80 Proc. stiegen. — Die für Beamte aller Clasien in Dresden constituirte Nentenbank, hat mit dem 1. Juli rhre Wirksamkeit begonnen: Der Zweck derselben besteht bekanntlich darin, den Hinterlas- senen seiner Mitglieder durch fortlaufende Pensionen, die sich nach der Betheiligung des Mitgliedes richten, eine Unterstütz ung zu gewähren. Insbesondere finden Beamte der Staats verwaltung, Beamte der Privatindustrie und Gewerbe, Com mis und Expeditionspersonal Aufnahme. Die Beiträge sind so billig als möglich gestellt. — — Unter dem decorativen Element, das die Sängrrhalle empfangen wird, nehmen die Fenster mit ihren symbolische« und allegorischen Darstellungen einen hervorragenden Platz ein. Die 38 Fenster der Halle werden Figuren erhalten, die mit Oelfarben transparent gemalt sind, eine Höhe von fünf Ellen haben und auf einer Basis stehen oder sitzen, die eine darauf bezügliche Inschrift trägt. Die Figuren der Fenster theilen sich in zwei Rubriken: die eine stellt die Meister yr der Dicht- und Tontunst, sowie Gegenstände in Poesie-und Musik dar, die andere zeigt die bedeutendsten Landschaften und die Flüsse Deutschlands. Ihre Anfertigung ist mehreren hie sigen jungen Künstlern und Schülern des Herrn Direktor Schnorr übertragen, denen hierzu ein Theil des Orangerie gebäudes auf der Ostraallee eingeräumt ist, und geht ihrer nahen Vollendung entgegen. — — Drr Geist der Spekulation nimmt zu dem bevor stehenden Gesangfkst gar Vielfaches unter seine Schwingen und so auch einen deutschen Sänger-Liqueur, der, von F. Hagedorn aus den feinsten Gewürzen bereitet, in Neustadt an der Kirche Nr. 3 zu habe« ist. Kenner haben uns ver sichert, daß dieser Liqueur in der That etwas Feines ist und sich durch inneren Werth empfiehlt. Die nette, versiegelte Flasche mit dieser würzigen Spende kostet 6 Ngr. — Angekündigte Gerichtsverhandlung: Mor gen den 7. d. M. finden folgende Verhandlungstermine patt: Vormittag 9 Uhr Wider den Laufburschen Herrmann Theodor Uhlig hier, wegen Diebstahls. I I Uhr Gerichtsamt Tharandt Wider die Zimmerg ftllen Carl August Wetzlich in Coßmanns- dorf und Ernst Julius Heber in Hintergersdorf wegen Unter schlagung. llj Uhr wider Marie Elisabeth Scheibe hier, wegen Diebstahls und Unterschlagung. 12 Uhr Gerichtsamt Nadeberg, Prioatanklazesache Carl Gottfried Philipp in Lem nitz wider Johann Gottlirb Fillig daselbst. Vorsitzender: Ge richts-Rath Ebert. Lage-gefchichte. Berlin. So haben wir denn nu« also auch gesehen den Mstr. Blondin, den tiomus ssdolse von jenseits des Oceans. Er gab am Sonnabend den I. Juli angekündigter , Maßen bei zweifelhaftem Wetter seine erste Vorstellung auf dem Königsplatze, vor dem Kroll'schen Etablissement, und vor z einem zahlreichen Publikum, daS jedenfalls noch viel zahlrei cher gewesen wäre, wenn es nicht noch eine Stunde vor der , Kaffeneröffnung geplatzregnet hätte. Blondin ist ein Mann von mittler Größe, gedrungener Gestalt und muskulösem Bau. Sein stark hervortretender Kopf ist von einem dicken Barte eingerahmt. Die Länge des ausgespannten Seils (ca. 500 , Fuß) durchmaß er sechs Mal, vorwärts, rückwärts, langsamen Schrittes, im Polkaschritt, im schnellen Lauf, mit verbundenen Augen und einen Sack über dem Kopfe, und einen erwachse nen Mann (den schon erwähnten Italiener) hockepacke tragend. In all' diesen Evolutionen zeigte Blondin neben Eleganz die bewundernswertheste Sicherheit. Dres zur Beruhigung für Nervenschwache, von denen wir Viele um uns her im Begriff sahen, vor lauter Angst verhimmeln zu wollen. Freilich that der Mann vom Niagaraflrom auch seinerseits, offenbar zum eigenen Kitzel, mancherlei, um die Nerven der Zuschauer auf zuregen. DaS geschah namentlich beim Beginn seines Sack- lauses. Er that einige Male so, als rutsche er mit einem Beine aus, was dann ein Unisono von „Herrgott!" und „Herrsch!" besonders auS weiblichen Kehlen, richtig zuwege brachte. Gleichmäßig interessant und grausig ist das Auf» >