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Rr. 186 ge-nter Jahvg. Mittwoch S IM IdüZ. ^rschriut: «glich früh 7 Uhr- Inserate »erden «mgenemme»: bi« Abend» v,Sonn tag» bi. Mittag» 12 Uhr: Marien ftro/e 18. Unzeü- in dies Blatt«, d<>, jetzt in Lxemplaren erscheint, staden «ine rrsoigreich« Verbreitung. Monnemmt: LierteljLhrlich 20Ngv bei unentgeldlicherLiri serung in'» Hau». Dnrch die Königs. Pof vierteljährlich 22 Ngr Einzeln« Nummer» 1 Ngr. Tageblatt für Nnterhaltmig and Gcschästsvcrlchr. Mitredacteur: Theodor Drokisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge-j sandt" die Zeile 2 Ngr. Druck nnd Eigenthum der Herausgeber: Oiepsch A Rklcharbt. — Berantwenlicher Redactenr: Julius Retlhardt. der 5 Juli — Se Majeßät der König hat dem Assistenzarzt Or. Brauer vom EaniiälEcorpS die wegen seiner Anstellung als Hofarzt nachgesuchte Entlastung auS der Armee, mit der Er- laubniß zum Tragen der Almieuniform, bewilligt, sodann ge nehmigt, daß der Lehrer am Conservatorium zu Leipzig, Or. Ptrjl. Franz Brendel, die ihm wn Sr. Hoheit dem Herzoge Don Anhalt verlieh»nen Nitter-Jnsignien II. Klaffe des herzog lich anhaltischen Hausordens Albrcchts des Bären annehme nnd trage und dem Vorstande -des Gerichtsamtcs Marienberg, Grrichtsamtmann Karl Immanuel August Kemp?, aus Anlaß seines fünfz gjährigen Diensljuoiläums in Anerkennung seiner pflichtget, eum verdienstlichen Wirksamkeit das Ritterkreuz des Verdienstordens verliehen j - Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und dis Frau Prinzessin Georg wollen die ossiciellcn Glückwünsche zu der Geburt Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Friedrich August von den ihnen vorgestellten Damen und Herren Sonnabend, den 8. Juli entgegennehmen. Anzug: Die Damen ou rvdv roncke. Die Herren in Uniform -- Ihre Königl. Hoheit die Frau Kronprinzessin und Se. Königl. Hoheit der Prinz von Wasa widmeten gestern der Kunstausstellung auf der Brühl'schen Terrasse einen län geren Besuch. — D.r Ministrrialdirector wirk! Geh. Rath Kohlschüt ter hat einen zunächst zum Gebrauche der Badekur in Nagaz ihm bewilligten scchswöchenllichen Urlaub angetrete«. — In der katholischen Hofkirche wurde bereits zum zweiten Male unter der Leitung des Herrn Hoskapellmeistcrs Krebs eine neue, Sr. Königl. Hoh dem Kronprinzen gewid mete Messe vom Hofgcsanglehrer Cavalier Angelo Ciccarelli in trkannter vorzüglichster Weise cxecutirt. — Vorgestern Nachmittag verunglückte auf dem Böh mischen Bahnhof ein Wagenreparaturist Namens Peitz von hier. Derselbe rutschte bei seiner Verrichtung aus, erhielt darnach eine nicht unbedeulende Quetschung des Oberschenkels und mußte deshalb in das Krankenhaus gebracht werden. — Im Anschluß an unseren neulichrn Artikel, das sog. Kümmelblättchen spiel betreffend, erfahren wir, daß man in Schandau zwei Berliner verhastet hat, die in einem dortigen Gasthofe einem Gutsbesitzer aus Hannover mittelst dieses Spieles recht ordentlich ausgebeutelt haben. Die Art und Weise, wie sie sich dum Verlustträger genähert, stimmt mit den von uns beschriebenen Manipulationen der Kümmelblätt chenspieler ganz und gar überein — — Vcr dem Schl sisch.n Bahnhof, geriethcn sich gestern Vormittag zwei Dienstlcute, ein grüner und rolher in die Haare. Letzterer sollte den Versuch gemacht haben, dem An deren eine Commission w.gzuschnappen; was dieser natürlich nicht dulden wollte. Darüber entspann sich ein Wortwechsel, der bald in Thätlichkeiten aukarttte, und zur Folge hatte, daß beide Excedenten von der Polizei abgeführt wurden. — Wo giebt's gutes Bier? Das ist eine Frage, die jeden biedern Deutschen angelegen sein muß, eine Frage, die Mit wichtiger ist, als es sich manche Leute träumen können atz die vor allen andern Dingen der Beantwortung bedarf. Dresden ist reich gesegnet an Bieren und Bierlokalen und darum ist es nicht lecht, einen Ort aufzufinden, welcher sei ner guten Eigenschaften hinsichtlich der trefflichen und preis- würdigen Bewirlhung wegen so besucht ist, wie die Medingcr Bierhalle auf der Eophienstraße. Tie Aktiengesellschaft hat neuerdings in Betracht der großen Frequenz, nicht nur die dortigen Locali eiten durch Ueberdachung des Hofes elegant erweitert, sondern auch ein mit vollem Comfort versehenes neue» Lokal auf der Landhausstraße errichtet. Hierzu kommt noch, daß mit bedeutenden Gelvopfern auch in Leipzig ein neues großes Local eröffnet worden ist in der festen Zuver sicht, daß auch bald die Medinger Bierstube w wie hier zu den besuchtsten gezählt werden wird. Das Medinger Bier ist nach dem Urthe.l strenger Sachkenner aber auch eins der gesündesten und wohlschmeckendsten, leicht wie Lichtenhainer, stärkend wie Bairisch und kühlend wie Gose — Die gestern über die Decorarion der Marienstraße gegebene Miltheilung ist dahin zu erläutern, daß die Herren Hausbesitzer und Adjacenten derselben nicht erst dazu aufge fordert werden sollen, sondern diese Angelegenheit bereits ge- meinschafilich in Erledigung gebracht worden ist. — Ein ungewöhnliche» Aufsehen machte vor einigen Tagen die Anhäufung einer großen Masse von Möbeln auf der Schöfsergasse. welche am Abend mit lSelat von 30 Dienst männern aus der zweiten Etage eines dortigen Hauses auf die Straße gesetzt wurden. Wie wir bör-n, ist die Veran lassung zu diesem Manöver in einer Differenz des betreffen den Abmielhers mit seinem Hauswirthe zu suchen, indem letz terer den Auszug des rrsteren so lange zu verhindern sich be strebte, bis dem Abmiethec durch zweitinstanzliches Erkenntniß de« Appellationsgerichts der unbeanstandete Auslug zuerkannt wurde. Der betr ffende > Abmiether benutzte noch selbigen Abends die ihm rechtlich zustehende Ziehfreiheit, um weiteren Beanstandungen überhoben z - sein. — In den vergangenen Wochen war in hies. Stadt wieder einmal ein unbekannter Dieb ausgelaucht, der sich in mehre ren Schlafstellen eingcmiethel, bei der ersten besten Gelegen heit aber aus der Wohnung seiner Vermiether unter Mit nahme verschiedener, denselben gehörigen Kleidungsstücke und Uhren, auch baaren Geldes, wcggeblieben und seitdem natür lich nicht wieder dahin zurückgekehrt war. Die auf diese Weise beschuldigten Vermiether wohnen aus der Landhaus straße, am Marktplatz, in Friedrichstadt und auf dem neuen Anbau. Wie wir hören ist der Dieb in einem hier vorüber gehend aufhältlichen Cigarrenmacher aus Preußen ermittelt und verhaftet worden. — — Der bekannte Schriftsteller Melchior Mehr aus Mün chen, dessen gemüthvolle Erzählungen Wohl auch in Dresden zahlreiche Verehrer haben, verweilt seit einigen Tagen in un serer Stadt. — Ein junger Mann, der sich für einen Kellner aus Deuben ausg geben, hat in den vergangenen Tagen zu einem Pfandleiher in Po'.schappel ejne angeblich goldene Cylinderuhr gebracht, und, weil er behauptet, daß sie im Einkaufspreise 40 Thaler gekostet darauf !2 Thaler geliehen erhalten Es hat sich nachträglich herausgestellt, daß die Uhr nur vergoldet ist. auch war der Kellner an dem von ihm angegebenen Orts nicht zu ermitteln. Für den Fall, daß dieser Schwindel viel leicht nochmals versucht werden sollte, wollen wir nicht Unter lasten, den betreffenden Geschäftsleuten Vorsicht bei Annahme solcher Uhren anzuempsehlcn. — — Unter dem Titel „Eine lute Canivre" erzählen die L. N. folgende Geschichte. Ein Genrrallierstenant außer Dienst v. K, jener preußischen F.'milie angehörig, die unter dem Könige Friedrich Wilhelm II. bei der zweiten Theilung Po lens besonders reich mit den eingezogenen Gütern der Geistlich keit und des Atcls dotirt wurde, machte im Frühjahr des vorigen Jahres einen Besuch bei seinen Verwandten in Zielen- zig. Es war ein alter Mann von sechsundscchzig Jahren, aber sehr reich und lebte meistentheils in Dresden in einer fürstlich ausgcstatteten Villa. Auf einem einsamen Spazier gangs tiaf er eines Tages auf dem Felde ein junges Mäd chen, welches Schweine hütete. Es war eben sechzehn Jahr alt geworden, das Kind ganz armer Leute, aber es war hübsch, so hübsch, daß es vielleicht doch noch einmal einen wohlhabenden Bauernsohn hätte heirathen, oder nach der Stadt vermiedet, die glänzende Carriore einer von Alt und Jung poussirten Biermamscl hätte machen können. Die sie beschützende Fee wollte es aber anders. Die alte Excellenz war wie ge blendet durch die ländliche Schönheit, nachdem er sie, auf seinen Stock gestützt, lange genug angestarrt hatte, machte er ihr dm Vorschlag, m.t ihm nach Dresden zn zrehen und seine Wirtschaft zu führm. Bei Verhältnissen, wie di- waren, in denen das Mädchen und seine Eltern lebten, pflegen bei derartigen Vorschlägen Bedenken nicht aufzukommen. Der Vorschlag wurde ohne Weiteres angenommen und das war gut. Nach sechs Monaten reichte die alte Exc-llenz dem jungen Mäd chen seine Hand vor dem Altäre und wieder nach sechs Monaten legte er sich, um für ewig von den Lubcssreudcn, die sein letztes Lebensjahr verklärt, auszuruhcn. Sein Testament aber sicherte seiner Gemahlin die prachtdoll- Villa in Dresden und ein Kapital von 80,000 Thal-rn, während ihre Eltern und jedes ihrer Geschwister gleichfalls mit je 10,000 Thalern bedacht waren. Die Alten können sich noch immer nicht in ihr Glück finden, sie behaupten, es nicht eher glauben zu können, als 'bis das Geld baar ihnen ausgezahlt sein würde und dann wied-r nicht zu wissen, was man mit so viel Geld cigmtlich anfangen solle. Die Wittw- wird sich wohl mit jener Elasti- cität, die immer das weibliche Geschlecht auszeichnet, bester in ihren neuen Verhältnissen zurcchtfinden. Wenn die jetzt sieben- zehnjährige verwittwete Excellenz v. K., strahlend von Schön heit und Eleganz, diesen Sommer in Ems oder Baden-Baden die ganze Männerwelt bezaubern und zu den eifrigsten Be- werbungSvcrsuchm anreg-n wird, wer wird ihr dann ansehen, daß sie vor wenig mehr als einem Jahre noch im kurzen Röckchen die Schweine hütete. — Schandau, freundliche Stadtidhlle, wie ein Kind an Multerbrust, an den grünen AusmündungS-Hängen des lieb lichen Kirnitschgrundes ruhend, wie schön bist du im Sonnen schein! aber im Regen ... im Regen, wenn Deine grünen Thalwände und die Berge de« .Elbhochlandes eingchüllt von schwerem Regcndunst unsichtbar werden, als hätten sie die Mitgliedschaft beim sächsischen Central-Pfeifenclubb erworben, der sich'» zur Aufgabe macht, so viel Qualm um sich zu ver breiten, daß kein Alexanderschwert ihn durchhauen kann, wie graulich weilt sich's da in dir und in deiner Nähe! Ge waltsam sind wir oft in der kurzen Monatsdauer unsres Aufenthalts in Schandau an die tiefe Weisheit in der Ant wort des schlesischen Bauernjungens auf die Frage ''eines Leh rers: wenn das Wasser der Sündfluth fünfzehn Ellen ' ber die Berge der Erde ging, was wurde da aus den Mensch..r? gemahnt worden. „Se wur'n naaß", hatte der geistreiche Bengel gesagt, und er hatte recht, wahrhaftig und unbestreit bar recht. An uns selbst hat sich dieser weise Ausspruch auf's Fühlbarste bestätigt, wir haben die ganze Conjugatiorr vom „Raßwerden" durchgemacht. Puh, schauerliche Erinnere ung! weg mit Dir! ein anderes Bild, schnell! Schandau hat einen gutmüthigen Menschenschlag aufzuweisen, die Leute hier sind lcbelustig und freundlich und mit der großen Welt irr so weit vertraut, als Badegäste aus aller Herren Länder sich hier für Monate (im Sommer) ansiedeln. Daß Freitag- Roman „Sollen und Haben" von Manchen, W-Iche Wohnun gen an Fremde vermiethen, nicht ganz verstanden worden ist, indem sie das Haben begreiflich finden, aber das „Sollen" als naturwidrig ansehen, kann nicht wundern, das findet sich in Badeorten häufig und gehört zu der Ben Akika'schen R de-- florkil: cs gübt nichts Neues unter der Sonne. Jeder lebt hier solo und spielt seine G-ige für sich, das ist immer noch ein Vorzug Schandau's als Badeort, und darum derselbe Jedem zu empfehlen, den« Erholung und Noturgcnuß die Hauptsache ist. An Ausflugs-Zielen fehlr's hier nicht, nur Eines dieser Ziele, sonst das Rendez vous aller Fremden und Einheimischen, die Lstrau-Schcibe-Restauration, zu Vollraths Z;it,n so besucht, daß es oft schwer hielt, einen Stuhl noch zu bekommen, gleicht jetzt einer stark gealterten Schönen, deren Anbeter sich „verzogen" haben. DaS ist traurig, aber wahr. — Der König kommt! Dies Gerücht hat die hrestge Mensche heit schon einige Male allarmirt, man schwatzte von Lämp chen, Transparents, Blumengewinden u. s. w., und hinterher erwies es sich, daß auch diese Hoffnung nur auf dem Flug sands eines eitlen Geredes sich basirte, denn eigentlich wußte keine Menschenseele anzugeben, wer das Gerücht oder vielmehr die schöne Sage aufgebracht. Zu den neuesten Vorgängen in Schandau gehört die Auferstehung eines zweiten Hamlet, der gleich seinem Urbilde, dem Dänenprinzen, herausgefunden hat, daß etwas faul im Staate Dänemark sei, e>n Ausspruch, der der hiesigen Bürgerschaft hart an Herz und Nieren gegriffen hat. Doch wer wollte sich mit Grillen Plagen! mögen's die Schandauer Guelfen und Ghibellinen unter sich ausmachen; wir für unfern Theil freuen uns der Schandauer Laternen, die ein ganz hübsches Licht spenden, wenn sie einmal brennen, was jedoch nicht der Fall ist, wenn Mondenschein im Kalen der steht, wenn gleich vom Monde am Himmel nicht die Spur zu bemerken ist. Diese Nachahmung unserer Dresdner Spar samkeit mag dem Stadtseckel und den Laternenwärtern zu Gute kommen, aber nicht uns Fremden bei abendlichem Nach« hausegange, wenn der Himmel schwere Thränen weint. — Nach neuester Badeliste leben jetzt 386 Fremde hier, theil« wirklich Badende, theils Luftschnapper, zu welcher letzterer Kategorie auch Schreiber Dieses gehört. „Auf den Bergen wohnt die Freiheit!" Auch hier bestätigt sich dies Wort Schil lers, nur in anderer Weise, denn wenn hier im Grunde der Bode» jene elastische Weiche unter der Einwirkung eines an dauernden Regens erhalten hat, die dem Fußgänger als be denkliches Omen erscheint, so trocknet es auf d.n Höhen so rasch, daß man getrost den erfrischenden Hauch einzuathmen, hinauf steigen darf, ohne Furcht sich ge:äuscht zu sih-n. Und das ist sicher ein großer Vorzug, den alle hiesigen Fremden erprobt haben. Doch genug des Geschreibsels. Wir hier wünschen uns warmes, gutes Wetter, um die „Prü'ungslage" zu vergessen, die der Himmel uns hier zudictirt hatte, dann sind wir befriedigt, nur keine Novazembla'schen Lüfte mehr, nur die nicht, denn wir haben ja die Pelze beim Kürschner, um sie vor Motten zu wahren. Wenn wir zu Eiszapfen ge froren sind, was nutzt uns da die mottenfreie Kyreh? F L. — 1' Ocffentliche Gerichtsverhandlung vom 4. Juni Friedrich Gustav Kaiser, 42 Jahre alt, geboren zn Zwenkau, Privatmann, der Sohn des bereits verstorbenen Schneidermeisters Ernst Friedrich Kaiser, verheirathet, Vater von 3 Kindern, ist eines Vergehens beschuldigt, über daS Referent durchaus nicht ins Klare kommen konnte. Es han delt sich um eine Wechselgeschichte, um eine un ntercfsante, traurige Sache, die allerdings für den Angeklagten günstig e idrt. Schon v»r mehr als einem Jahre stand in Betreff dicies Falles eine Hauptverhandlung an, sie wurde damals vertagt, weil ein Zeuge fehlte. D-r Zeuge fehlt auch heute noch, er war nicht aufzufinden, trotzdem daß er öffentlich aus gesucht wurde. Im Einverständniß mit der k Staatsanwalt schaft wurde von Seiten des Gerichts von diesem Zeugen abgesehen und die Verhandlung rahm ihren Fortgang. Es waren 3 Zeugen erschienen, von denen nur einer vereidet wurde. Das Urtel lautete, nachdem Herr Siaatsanwalt Held