Volltext Seite (XML)
Rr. 17S. Zehnter Jahrg. 4-- Donnerstag 88. J«Mi 1865. ^rscheiut: «glich stütz 7 Uhr. Juserüte Verde» «,gen»mmeu: bi»Sö««d»C,Eoun- tag» bi» Mittag» 1« Uhr: Wkarienstraße 18. Mounemeul: vicrtrljLhrlich?0 NgL bei uaentgeldlicherLie-t serung in'« HauS- Durch di» LSnigl. Pof vierteljLtzrlich 82 Ngr Einzel«» Nummer» 1 Ngr. De^ig. in dies. Blatt», da» sttzt in 11,060 Errmplarra erscheint, stndru ein» erfolgreich« Brrbreituug. Tageblatt für Unterhaltung und Gefchäftsverlehr. Mrtredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum ein« gespaltenen ^ Zeile: 1 Ngr. Unter „Eing»- sandt" die Zeil« L Ngr. Druck und Bigenthum der Hemuigebrr: Alkpsch 6k Netchardt« — Verantwortlicher Rebacteur: ÄtlUllS Ukllhardt. den LS Juni — Fürst Gregor Npsilantil ist vorgestern Abend nebst Ge mahlin, (Fürstin Helena, Tochter de» Freiherrn Simon von Sina) und Kindern, sowie mit Dienerschaft von Frankfurt a. M. hier eingetroffen. — Nächsten Sonntag unternimmt der hiesige Gewerbe- Verein einen Ausflug auf dir Festung Königstoin und geschieht die Abfahrt Mittags 1 Uhr 15 Minuten vom böhmischen Bahnhof aus. Die Ankunft in Königstein, nachdem man zwischen Pötschau und Rathen der Futtermauer der Bahn strecke eine Besichtigung gewidmet, geschieht gegen 2 Uhr 30 Minuten, wo sofort nach der Ankunst die Besteigung des FestungsbergcS beginnt. Durch die Güte des Commandanten ist dem Verein ausnahmsweise gestattet, daß je 20 Personen eine Abtheilunz bilden, denen am Thor ein Führer beigegeben wird. Nach dem Besuch versammeln sich die einzelnen Ab theilungen auf der neuen Schänke und es soll dann noch in Bildung von zwei Abtheilungen die Holzschleifer« des Herrn vr. Rudel und die Schneidemühle des Herrn Pflugbeil be sucht werden, wobei jedoch aus Mangel an Raum hie sich im Zug befindlichen Fraurn von einer Theilnahme hierbei gefäl ligst absehen müssen. Später Versammlung auf dem Schuß hause und dem Bahnhöfe. Zurückfahrt nach Dresden Abend» 8 Uhr 30 Minuten. Wie wir hören, beträgt der Preis eines Billels für Hin- und Netourfahrt 18 Ngr. So weiß der Gewerbe-Verein das Angenehme mit dem Nützlichen in Einklang zu bringen, und den Vorstehern gebührt dafür be sonderer Dank. — Schon vielfach sind Beispiele in Gemeinden und Be zirken vorgtkommen, daß die Nachricht von einer angeblichen großen,.in Ostindien zu erhebenden Erbschaft in Köpfen und Köpfchen rumort. Der Erblasser — heißt es da immer — ist im Jahre so und so al» armer Handwerker zur See ge gangen, hat sich später in Ostindien so und so viel Tonnen Goldes erworben und seine im Vaterland« zurückgelassenen Verwandten hätten nun Ansprüche auf Erhebung dieser Schätze. Die Sage erbt auf Kind und KindeSkind fort und es ^vergehen oft achtzig bis hundert Jahre ehe eine solche Nachricht gänzlich entkräftet wird und auSstirbt. Ein Bei spiel dieser Art zeigt sich wiederum in diesen Tagen, wo «in gewisser Morgenstern seine im sächsischen Erzgebirge zer streuten Verwandten ausfordert, die große Erbschaft eines zu Holland verstorbenen Schifftcapitäns, Namens Johann Chri stoph Morgenstern zu erheben. Schon früher einmal haben wir in diesen Blättern auf diese hohle Sache hingedcutet. Es ist dies die alte Geschichte, welche mit dem 21. Januar 1763 beginnt, wo in der Leipziger Zeitung eine Ankündigung dieser Art zu lesen war. Es kam damals das ganze Erzgebirge in Aufruhr und schon damals ergab es sich, daß ein Notar in Amsterdam — so ein Schwindelsritze — dergleichen Annoncen in autwärtige Zeitungen ergehen ließ, die Verwandten auf- fordcrte, ihm eine gewisse Summe Geldes zur Bestreitung der Kosten zu schicken, um dann gehörig vorzugehen. Die armen Leute suchten das Geld zusammenzubringen, sie schrieben Briefe über Briefe bis der Notar nicht» mehr von sich hören ließ. Die Morgenstern'sche ErbschaftSgrschichte wurde 1777, 1791 und zu Anfang diese» Jahrhunderts wieder aufgerührt. Sie ruhte bis 182S, wo Etliche de« Namens Morgenstern im sächsischen Erzgebirge auf's Neue anrückten, bi» sich im Jahre 1826 die kömgl. sächsische Regierung veranlaßt fühlte, amtlich die Sache zu erörtern. DaS Resultat war kein ergiebiges. Die niederländischen Behörden fanden keine Spur von einem in Holland verstorbenen Capitän Morgenster», noch von einem so kolossalen Nachlaß, wie behauptet wurde. Die angeblichen Erben glaubten aber nicht daran; man munkelte von Unter schlagung der Tonnen Golde»; man habe so einem „Grüßen" in „Drüsen" ein paar Ducaten in die Hand gedrückt, dir Ad- vocaten in Amsterdam hätten mit dm sächsischen unter einer Decke gestecken, eine Krähe hacke der andern die Augen nicht aus u. s. w. So glühte die Sache wie ein unterirdisches Feuer im Herzen der Erzgebirge» Morgensterne, fort, bis im Imit Jahre 1832 plötzlich von der Leipziger Me birgischer Blechlöffrlmann »der Echw--felfade Nachricht zurückkehrte: rr habe zu Leipzig ini Straße ein Gewölbe mit lauter goldnen Sa habe Alles geblitzt und gestrahlt wie Karfun loch und Besitzer diesrr^Hanhlung wären die steinreiH leute: „Christian Morgenstern L Comp." Die g- im AutÄänMastm waren aber nur Vorhang-, Züge u. siw, denn r» war eine Kurzwaarenhandlung, berühmt durch Messer» Schreien, Knöpfe, vorzüglich aber Nähnadeln. «Sofort vereinigten sich zehn bi» zwölf Mann. Die Reise nach Leipzig wurde zu^suß ang,treten und an einem schönen Som mer abend zog e,V Dutzend Morgensterne im Gafihof „zum halben Mond" in lrrr Halle'sche» Gaff« rin. Am andern Tag rückten tze sämmtliich dem Herrn Christian MMenstera vor'S erzge- der ischen , das Ofen- Kauf- Mätze Imgel- Quartier. Sie hatten sich einen Sprecher auserwählt und wollten wissen, wie er zu dem Reichthume gekommen sei. Herr Morgenstern, einer der liebevollsten Menschen, ein edler Cha rakter, wie er selten zu finden, hörte sic ruhig an und erklärte ihnen, daß ihre angebliche Erbschaft ein Luftgebild sei, was er ja schon vielfach schriftlich auf ihre Anfragen mitgetheilt habe. Die Leutchen aber beruhigten sich nicht und Herr Mor genstern sah sich genöthigt, die Schlichtung dieser Angelegenheit seinem Bruder, dem jetzigen Universitätsrichter, zu übergeben. Dieser, ebenfalls sehr human, mußte seine ganze Veredtsamkeit aufbieten, um die Verblendeten zur Ruhe zu bringen, die um Leinen Preis die angeblich große Erbschaft aus dem Jahre 1763 wollten fahren lassen. — Das ist die wundersame Hi- storia, die neuerdings abermals aufgewärmt wird. Der SchiffScapitän Morgenstern kann, wie der „fliegende Hollän der" im Seemärchen, nicht Ruhe und Rast finden, seine Hin terlassenschaft schwimmt wiederum als große „Ente" durch die Zeitungsblätter. Wir aber geben Allen, die sich hierbei aus's Reue beiheiligen wollen, den wohlgemeinten Nath, alle Schritte in dieser unerquicklichen Angelegenheit zu unterlassen, damit zu abermals getäuschter Hoffnung nicht noch — Geldkosten kommen. — Reisen ist Leben, wer reist lebt doppelt. Nicht immer Jeden ist jedoch dieß Glück beschicdcn und so müssen sich Tau sende nur mit Hörensagen begnügen, lesen die Beschreibungen ferner Städte und Länder oder gewinnen davon eine Anschau ung durch, geeignete Abbildungen. Eine solche Gelegenheit wird uns jetzt in schönster Art durch die in „Stadt Rom" ausge stellte Glas - Photographien - Kunst-Ausstellung des Herrn Oscar Jann geboten. Es umfaßt diese Ausstellung über 1800 geordnete Reisen durch alle Länder der Erde. Das Ganze, ein Panorma in 60 Mahagonykasten, stellt alle die schönen und merkwürdigen Gegenden in Photographien durch sichtig auf Glas in Gasbeleuchtung dar, wo Alles bis in das kleinste Detail denp Auge vorgeführt wird. Der Umstand, daß die Bilder all' die Tinten von Licht und Schatten wiedergeben, verstärkt dm Eindruck, der sich zu einem wahren "Reiz und Zauber gestaltet. Es geht an unserm Auge die Geschichte von 6000 Jahren vorüber. Plastisch steht das Bild vor unserm Auge das immer etwas Neues und Ueberraschendes' findet. Wir flaniren auf den Pariser Boulevards, blicken in die Museen, weidm uns an Denkmälern und Statuen, während die nächste Minute uns auf den Ocean führt. Von dm Alpen und Eis- gebirgm herab steigen wir in die Grabgewölbe der Westmin- ster-Abtei, schweifen in das bezopfte China, nach Italien, in Afrikas Wüsten, sowie durch das eigme Vaterland. Kurz, wir versäumen nicht, dieser Akademie optischer Reisen ein Paar Stunden zu widmen, man empfängt einm wahrhaft schönen Gmuß, indem jedes Bild an Ort und Stelle der betreffenden Länder auf Glas photographirt wordm ist. — Vorgestern Mittag wurde am linken Elbufer, in der Nähe der vormals Noak'schm Dampfschneidemühle der Leich vam eines Unbekannten, anscheinend dem Arbeiterstande an- gehörigen Mannes aus der Elbe gezogen. Seine Wäsche war 8. 6. gezeichnet, sein Alter ungefähr dreißig und einige Jahre. — Wie wir hören sind auch im Laufe des nunmehr be endeten Jahrmarkts wieder mehrerm Damen die Portemon naies aus ihren Kleidertaschm von unbekannten Dieben ge stohlen worden. — Die „Mitteld. Volksz." meldet, daß Otto Heubner von der sächs. Hhpothckenverficherungsbank in Dresden, bei welcher er schon mehrere Jahre angestellt, zum ersten Direktor der gedachten Anstalt erwählt worden sei. — Die Dresdner Liedertafel läßt in Herrn Hieiels Ma- nufaclur in Leipzig eine neue, sehr kostbare Fahne fertigen, die nach dem Vorbild der Nürnberger Sängerfestfahne von 1861 eine theils gemalte, theils gestickte weibliche Figur, den Gmius des Gesanges, umgeben von gothischcn Orna menten zeigt. — Wie wir hören wird Herr Lüdicke für die Dauer des Säugcrfestes den Sängergästen sein herrliches Etablissement unentgeldlich öffnen. — 8. „Da unten aber ist'S fürchterlich!" sagt der Dich ter und in Prosa könnten die Worte wirklich auf jene» ver lassene Plätzchen angewendet werden, da» in Neustadt drüben „im Grunde" liegt. Jener Grund ist im Grunde genom men wirklich von aller Hilfe verlassen, so oft auch dessen Bewohner ihren Hilferuf ertönen ließen. Schon der zierliche Brunnen aus alten Ritterzeiten ohne Wasser steht so verein amt da. wenn er nicht manchmal noch aus der angrenzen- >en Seifensiederei «inen sonderbaren Zufluß erhielte. Das Pflaster ist wie auf der kl. Frohngafse, von der wir neulich erst schrieben und die armen Pferde, die ihre schweren List- Wagen dahinüberwürgr« müssen, spüren dies am besten. Ein mal fanden sich schon Steine ein zum Verpflast-ru, sie sind aber wieder in alle Welt gezogen — und Alle- ist wie zu vor — ein Bild trauriger Verwüstung. Die Miether schie ben dies den Hauswirthen auf die Achsel, diese haben aber schon vielfach betreffenden Orts um Abhilfe gebeten und hof fentlich dürfte sie wohl auch bald kommen; denn schon vm einer Feueregesahr willen müßte sie bald kommen, da w«t und breit das Wasser mangelt. — Herr Photograph Brockmann hat soeben zwei neue Ausgaben der Sängcrhalle nach der Zeichnung des Herrn E. Giese erscheinen lassen, welche das herrliche Bauwerk in sei nen kleinsten Details darstellen. Die größere Ausgabe zeigt ein 104" und 18" großes photographisches Bild auf feinem Cartonpapier mit breitem Rand; bei der kleineren Ausgabe mißt die ebenfalls auf Cartonpapier mit breitem Rand aufgr» zogenen Photographie 5" und 81^- Beide Ausgaben sind mitj malerischer Perspektive der Loschwitzcr Weinberge, zur Linken mit der Ansicht des Waldschlößchens, in der vomBrock- mannschen Atelier gewohnten Sauberkeit und Schärfe ausge führt und bilden in der That ein höchst schätzbares dau erndes Gedenkblatt an das große Fest. Der Preis der grö ßeren Photographie ist 1 Thlr. 15 Ngr., der der kleinere« 15 Ngr. , . 1 — Aecht südamerikanische Cigarren, eine neue, den im- portirten Havanah's höchstähnliche Qualität werden jetzt mit großem Erfolg von Herrn Ferd. Elb hier verkauft. Da der Preis dieses empfehlenswerthen Fabrikates dem inländischen gleichsteht, die aromatischen Vorzüge desselben aber auffallend mit der eleganten Form übereinstimmen, so dürste dieser be liebte Verkaufsartikel manchen eigensinnigen Raucher auf'- Beste befriedigen. — Ä Die Preise der meisten Nahrungsmittel, nament lich des Fleisches, Obstes, re., gehen gegenwärtig immer mehr in die Höhe und es wird für Familienväter von Tag zn Tag schwerer, einer zahlreichen Familie eine angemessene und kräftige Kost zu beschaffen. Gegen diese zunehmende Teu erung giebt es nur ein einziges Mittel und dies besteht in „Association zum Ankäufe von Lebensmitteln in großen Quantitäten". Je mehr Familien sich zu solchem Zwecke vereinigen, desto billiger sind die Lebensmittel zu beschaffer und desto gründlicher ist dem Unwesen betrügerischer Höken und der uns wegen des Sängerfestes bevorstehenden „Höker- theuerung" entgegenzuarbeiten. — Möchte ein unternehmen der Mann durch einen öffentlichen Aufruf eine vorberathende Versammlung hierzu anberaumen: Tausende von Familien vätern, arm und reich, würden sich gewiß betheiligen! — Schandau, den 20. Juni. Das Hauptfest der Schandauer, das Königschießen, dessen erster Tag, der Sonn tag, durch einen von Sonnabend Mittag bis Montag Nacht ununterbrochener Neg nguß verloren ging, ist vorüber. Den noch aber rückte die Schandauer Schützencompagnie, dem Un wetter trotzend gegen Mittag ein Uhr aus, um nach dem Fest orte, dem Schützenhause zu ziehen, und wir hatten dadurch Gelegenheit die verschiedenen Waffengattungen derselben ge nauer in Augenschein zu nehmen. Unter dem Vertritt bär tiger Zimmerleute, Trommler und Janitscharmusik kam di« erste Compagnie, Grenadiere mit den Bärmützen der im Jahre 1849 aufgelösten Kgl. sächsischen Leibgarde, dann eine Com pagnie Nationalgarde, und dann die dritte Compagnie, Schützen mit Vannerhüten und in grauer Uniform, während die ersten beiden Abteilungen blaue Waffenröcke trugen. Der diese« Truppen voranschreitendc Adjutant (Kaufmann Nösler) sowie der Höchstcommandirende (Hotelier Streubel) imponirten durch ihre militärische Haltung, sowie überhaupt sämmtliche Com pagnien sich als gut eincxcrcirt erwiesen, der Exerciermstr. der- ^ selben aber unbemerkt in Civilkleidung sich zwischen den ver schiedenen Zügen sich bewegte, und deren Haltung durch stille Winke corrigirte, wenn cs nötbig wurde; — auffallend aber waren uns die Masse der mit Ordenszcichen dccorirten Schützen, die man anfänglich für gediente Militärs hielt, aber dann er fuhr, daß dieses Ausznchnen für zehn- und fünfundzwanzig jährige Dienstzeit der Schützen erthcilt worden waren und in versilberten und vergoldeten Medaillen bestanden. — Gestern» Montag, wo zum ersten Male wieder ein blauer sonniger Himmel über den Kirnitzschthal sich zeigte, war der Auszug . ein weit zahlreicherer und wesentlich wurde die frohe Stim mung der Schützen und der zahlreichen Zuschauer dadurch ge hoben, daß, als der Zug sich gegen 1 Uhr Mittag dem Bade ' näherte, um durch dessen RestaurationSgarten nach dem > Schützenhause sich zu bewegen, die Trompeter deS Gardereiter- > regiments, welche in den NachmitlagSstunden dort rin Concert ! gaben, wie die großen Placate verkündeten und die bis zu« Beginn desselben vereinzelt im Garten umhergingen, sich rasch sammelten, ihre Instrumente ergriffen, und während die Schützen vorüberdesilirten, einen herrlichen Marsch anstimm ten, wodurch die Haltung der Schandancr Armee eine «och weit kriegerische ward, und die Bärmützen der seligen Leib garde noch stolzer sich emporzurichte» schienen. Abend» Ein-