Volltext Seite (XML)
Nr. 184. Zehnter Jahrg. Donnerstag, 4. Mai 1868. Erscheint: «l«6ch früh 7 Uht. Inserate Werden «>gcn»mmen: bi« Abends 6,Sonn tag« bis Mittag» ir Uhr: Marirnstra»e 18. I Fkonnewent: vierteljährlich 2üNgv. bei unentgeldlicher Lirq serung in'« Hanst- Durch die «Snigl. Pop vierteljährlich S2 Ngr Einzelne Nummer» 1 Ngr. »n,«ig- in dies. Blatte, da« jetzt in 11,VW Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreich« Verbreitung. Tageblatt für Unterhaltung und Mtredacteur: Theodor Arabisch. Inseratenpreise: Für den Raum ein« gespaltenen Zeile: I Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeil« 2 Ngr. Druck und Sigenthum der Herausgeber: Liepsch 6k Nkichardt. - Verantwortlicher Redakteur: Julius Nelchardt. Dresden, dm 4 Mai. — Der Thierschutzverrin sichert demjenigen eine Beloh Lung von 10 Thalern zu, durch dessen Anzeige man zur Be- prafung de» Ruchlosen gelangt, welcher der am letzten Mon tag auf der Bautzner Straße aufgefundmen Katze die Augen auigestochen hat. — f Der Löwenzwinger im Zoologischen Garten bietet in diesem Jahre wahrlich einen majestätischen Eindruck. Die vom Inspektor Schöpff groß gezogenen vier jungen Löwen, jetzt ein halbe» Jahr alt, drei männliche und ei» weiblicher, erfreuen sich der besten Gesundheit und mit der Mutter, der alten Patti, in einem Käfig vereinigt, incommodiren sie die- . selbe und necken sie in kindischer Spielerei fortwährend. Bald auf dem Rücken, bald aufeinander, bald zu einem Knäuel zu sammengewickelt daliegend, fletschen sie ihre scharfen Zähne dem Zuschauer entgegen oder strecken ihre ebenso scharfen, Ver derben drohenden Tatzen zum Gitter heran». Ihre Stimme ist schon tiefer Männerbaß und in dm lustigsten Sprüngm jagen sie sich um die Mutter herum, welche sie mit aller Zärt lichkeit liebt. Freilich benehmen sie sich schon mit einer ge wissen Majorennität. Der Ruf der Mutter, ein dumpfer Ton, der fast wie „komm I" klingt, stört sie nicht mehr, wie früher, sie fühlen sich über die Flegeljahre hinaus und wenn ihnen außerhalb ein interessanter Gegmstand, eine fette Hirschkuh u. s. w. auffält, dann bleiben sie ruhig am Gitter sitzen und kümmern sich um dm Ruf der Alten nicht. Diese aber weiß die Häupter ihrer Lieben zu zählen, wenn ein Junges fehlt, dann erwacht die mütterliche Sorgfalt im Löwenherzen und sie ruht nicht eher, bis das vierblätterige Kleeblatt wieder voll ist. Der Vater, der alte Löwe Nero, darf freilich nicht in ihre Nähe kommen, er würde sonst die Krallen seiner Frau kennen lernen; dmn auch er steht — unter dem Pantoffel. Er begnügt sich in seiner Zelle, die Zähne zu fletschen und sich die Morgensonne in dm furchtbarm Rachen hineinscheinm . »u lassen. Referent hatte neulich Morgen» da» Vergnügen, vie Familie (natürlich ohne da« Oberhaupt) im Smtralzwinger zusammen zu beobachte». Da» war ein Springen und Brül len vor Freude, writ auf flog der Sand, ein kleines Conter- fei der afrikanischen Wüste. Die Klemm klrttertm die Felsen hinan und wenn auch einmal einer von ihnen stolpert und herabkugelt, das stört ihn nicht, er versucht'» immer wieder. So treiben sie das Spiel weiter, bis de» Jnspectors Macht wort sie wieder in ihre eigme Familienwohnung vereint. Wer dieses groteske Schauspiel ungestört genießen will, der besuche den Zoologischen Garten in dm Morgenstunden. In das Wilde der Naubthierstimmen mischen sich die reizenden Melo diken der gefiederten Sänger. — Der Geschäftsbetrieb beider Expeditionen hiesiger Spar kasse erstreckte sich im Monat März d. I. auf 58,898 Thlr. Einzahlung von 2768 Parteien und 57,860 Thlr. Rückzah lung an 2322 Parteien, wobei 580 neue Bücher ausgestellt und 398 erloschene zurückgeliefert worden sind. — Beim hie sigen Leihhause sind in gleicher Zeit 25,782j Thlr. auf 7517 Pfandscheine ausgeliehen und 24,9474 Thlr. auf 7380 ein gelöste Pfänder zurückbezahlt worden. Bei beiden Kaffen zeigte sich sonach nur eine sehr geringe Differenz zwischen Einnahme und Ausgabe, und zwar bei der Sparkasse 1036 Thlr. Mehr- rinnahme, bei« Leihhause aber 835 Thlr. Mehrauszahlung. — s Auf der Scheffelgafse No. 28 ist nun auch ein Hotel zum „Brüsseler Hof" entstanden, da» ein früherer Restau rateur aus Neustadt angekauft und sehr komfortable eingerich tet hat. — Gestern Nachmittag in der fünften Stunde fiel rin Kind unweit der Schiffmühle am Elbschlkßchm in die Elbe. Ein Soldat vom ersten Regiment sprang herbei und eS ge lang ihm, das Kind noch zu retten. — Au» zuverlässiger Quelle erfahren wir, daß das stattge fundene Gastspiel vo» Fräulein Hänisch i« Hannover zum Ab schluß eines Engagements am dortigm königlichen Hoftheater geführt hat. Fräulein Hänisch ist vom 1. April 1867 an auf sieben Jahre unter den brillantesten Bedingungen dort engagirt worden und wird sonach zu dieser Zeit die hiesige Bühne verlassen. — — Der Lokomotivführer de» am Dienstag früh 10 Uhr in Leipzig ringetroffmm Dresdner Zuge« bemerkte in der Gegend von Paunsdorf schon von Weitem, wie ein junger gutgekleidetrr Mann den Kopf über die Schimen legre und so de» Tod erwartete. Schnell wurden alle Mittel angewendet um dm Zug zu h-mmen, doch trotz alledem näherte er sich unaufhaltsam dem regungslos Daliegenden Da auf einmal, als die mörderischen Räder nur noch wenige Schritte vom Halse desselben entfernt waren, mochte diesem «in Grausen ankommen: er raffte sich blitzschnell auf und lief quer über'S Feld. Später ist er aber doch ermittelt worden und man hat «»fahren, daß er ein Strumpfwirkergesell aus einem Dorfe im Altmburg'schen ist; daß er eine intime Liebschaft mit einem 2ljährigen Mädchen habe (er selbst ist erst 18 Jahre alt), daß sein Vater, gleichfalls ein Strumpswi'ker, die Ver bindung verbiete und er darum den Tod gebucht habe — Die Buchdruckerangelegenheit zu Leipzig hat sich auch nach dem Verlauf der vierten Woche seit Beginn de» Conflict» noch nicht wesentlich geändert; doch haben sich die davon betroffenen Druckereien einzurichten gewußt, und ihr Stand ist jetzt ein viel günstigerer als im Ansange. So sind z. B. in der Buchdruckerei von F A. Brockhaus jetzt wieder 49 Setzer (ohne die Lehrlinge) beschäftigt, während bei Be ginn des Conflicts nur 22 geblieben waren. Darunter be- finden sich 13 von auswärts grkommme, woraus hervorgeht, daß die Hoffnung der feiernden Gehilfen, es würden auch jetzt keine Setzer von auswärts kommen, sich nicht erfüllt hat; im Gegentheil wird die entstandene Lücke auf diese Weise wohl bald ausgefüllt sein, wenn nicht jetzt immer mehr hiesige Setzer ihre Arbeit wieder aufnehmen. — Ehre dem Ehre gebühret! Die Rettung einer Frauens person, Natalie Werner mit Namen, bei dem in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag in Chemnitz auSgebrochenen Feuer bewerkstelligte zunächst der dortige Spritzenmeister der 12. Sektion, Klempnermeister Hühner, der die bereits Ohn mächtige unter großer Anstrengung und Gefahr durch das Fenster einer im oberen Stockwerke gelegenen Kammer trug und dem auf der Leiter zur Hilfe heraufgestiegenen Steiger der Turnerfeuerwehr Robert Turni» und einem unbekannten Bürger zur weiteren Rettung übergab. — 8. Nächsten Sonntag wird auf dem Kindertheater ein lieblicher Frühlingstraum „Elfenliebr und Kindertreue", von Bertha Braun, eine tiefsinnige Poesie, in glänzender Ausstattung in Scene gehen. Die glänzenden, originellen und poesiereichen Dekorationen und Kostüme sind aus der kunst fertigen Hand jener Dame (Kreuzstrahe Nr. 6) hervorgegan gen, die unS im Winter so manch' reizenden originellen Mas kenanzug zu Gesicht gebracht hat. Sinnig und originell in Erfindung wie Ausführung ist z. A der Einzug de» Früh lings, der in einem von Maikäfern und Schmetterlingen ge zogenen Wagen, umgeben von den Attributen des Lenzes, in reizend duftender Weise zur Darstellung kommt. Nicht minder lieblich sind die Costüme der Feen, der Blumen, Sträucher und Pflanzen und der geschmackvoll zusammengesetzte Blumen teppich. — Das neulich erzählte Cassen- Curissum beim Zoolo gischen Garten ist noch etwas anders. Der betreffende Be sucher des Gartens hat das Billet zu 3 Ngr. nicht mit diesem, erst l870 fälligen Coupon bezahlt, sondern von dem vielbeschäftigten Billeteur sich 1 Thlr. 27 Ngr. herauszahlen lassen. Eben darin liegt die merkwürdige Zumuthung an eine öffentliche Caffe, daß man Werthpapiere von 2 Thlr. (in 5 Jahren fällig) abgiebt. — An einem Neubau auf der großen Ziegelgaffe gingen vorgestern Nachmittag ein paar zusammengeschirrte Pferde durch, die vom Wagen abgesträngt waren Sie nahmen ihren Weg durch die Ziegelgaffe bis an die Neuegaffe. Dort stürzte daS eine Pferd, und wurde dadurch aufgefangen. Das an dere Pferd hatte sich dabei losgeriffen, wurde aber alsbald darauf von einem Dienstmann aufgehalten. Ein Unglück ist dadurch weiter nicht herbeigeführt worden. — — Der im gestrigen Referate über die hiesige Synagoge erwähnte Oberrabbiner Or. Frankel ist, wie wir hierdurch be richtigen wollen, noch in voller Thätiükeit als Direktor am Rabbiner-Seminar zu BreSlau und wird durch Gottes Gnade hoffentlich noch recht lange dort segensreich wirken — Vom ersten Juni an tritt der bekannte Lebensretter Lehrer Friedemann in Schmilkau in das Engagement eines ungarischen Grafen als Hauslehrer. Vom Kaiser von Oester reich soll derselbe das goldene Verdienstkreuz erhalten haben. — Wie wir hören, sind die angestrengtesten Verfolgun gen zur Verhaftung des vor Kurzem von hier unter Ent wendung einer namhaften Geldsumme durchgebrannten Expe dient Hartig bis jetzt erfolglos geblieben. Es scheint demsel ben demnach gelungen zu sein, seine Flucht glücklich in Aus führung zu bringen. Wie man sich erzählt, hat er vor seinem Weggang einmal davon gesprochen, daß Australien eine glück liche Zukunft für Einwanderer garantire. Möglicher Weise befindet sich Hartig jetzt auf dem Wege dahin. — — Von dem jetzt auch in Dresden beliebten Pilsener Bier wurden im Jahre 1863 139,600 Eimer gebraut; das städtische Brauhaus allein braute 85,580 und 1864 97,000 Eimer. — Am 2. Mai waren die Dächer in Wilsdruff mit Schnee bedeckt, der «ber in den Sonnenstrahlen bald zer- chmolz. — Auf dem Wege von der Ammonstraße nach der großen Dberseergaffe hat vorgestern der Bote eines hiesigen Privat- wohlthätigkeitverrineS seine Brieftasche mit 131 Thlr. ver- , lorrn. Er ist über den Verlust -er ihm bis jetzt noch »ich zurückerstatteten Summe um so mehr betreten, als dieselbe nicht ihm, sonder» dem Vereine gehört. — — Am vergangenen Montag gegen Abend wurde eine vornehme Dame auf dem Dippoldiswaldaer Platz von der Deichsel eines vorüberfahrenden Wagens in den Rücken ge stoßen und dadurch umgeriffen. Die Verletzungen, die sie sich dadurch an den Knieen zugezogen, waren nicht bedeutend, so daß sie ihren Nachhauseweg zu Fuß antreten konnte. Die Dame, beiläufig eine seit längerer Zeit hier aufhältliche Russin,, soll etwas schwerhörig sein und dm Kutscher des Wagen» deshalb keine Schuld treffen. — — Vor einiger Zeit fand in einem im Leipziger Regier-, ungsbezirk gelegenen Dorfe ein Feuer statt, das so schnell um, sich griff, daß die davon Betroffenen nur wenig von ihrer Haben retten konnten. Dieses Unglück sollte leider aber noch ' ein anderes größeres Unglück zur Folge haben. Die junge blühende Tochter eines der vom Feuer heimgesuchten Guts-' besitzer verlor aus Schreck darüber den Verstand, und dieser ^ Zustand ihrer Tochter nahm sich die snoch rüstige Mutter so. zu Herzen, daß auch sie dem Wahnsinn verfiel. Mutter und, Tochter wurden vorgestern nach einer Irrenanstalt gebracht' und passirten auf dem Wege dahin unsere Stadt. — — Wir werden um Aufnahme des Nachstehenden er sucht: „Sehr häufig werden auf dem hiesigen Zwingerteiche die dort am Ufer befindlichen Kähne gegen ein übliche» Fahr- l geld an Knaben verliehen, die noch dem KindeSalter ange-l W hören. Diese fahrm nun, des Nuderns oft ganz unkundig,« auf dem Teiche herum, und am Sonntag Nachmittag stürzte auf solche Art ein Knabe in die Fluth, der nur noch mit Mühe von einem der umstehenden Männer gerettet wurde.« Selbst bei einer Rettung kann dann noch der gehabte Schreck nachtheilige Folgen haben, deshalb ferner Vorsicht. , — Bekanntlich ist das „Zugeben" in Dresden abgeschafft. worden; auf dem Kreuzthurm aber scheint man sich noch nicht ^ daran zu erinnern, dmn am Dienstag Nachmittag Dreiviertel auf Drei geschähen vier Schläge, was viele Leute stutzig machte. — Auf dem Leipziger Stadttheater ging am 1. Mai eine neue Zauberpofse: „Ella, die Nymphe" von G. Räder in Scene, wozu Herr Dekorationsmaler Lehmann ganz vor zügliche Dekorationen geliefert, während die Regie durch Ballet, Volksscenen und sonstige Ausstattung Alles gethan, die Posse vortheilhaft in Scene zu setzen Ganz besonders gefiel eine Galerie von allbekannten Gemälden durch Darstellung leben-/ der Bilder, wo besonders die Orientalisch-Phantastische Halle im sechsten Bild zu allgemeinem Applaus hinriß. — Angek'indigte Gerichtsverhandlungen. Mor gen den 5. d. M. finden folgende Verhandlungstermine statt:! Vormittags 9 Uhr Privatanklagsache der Johanne verehel. g Rosenkranz wider den Fabrikarbeiter Johann Carl Gottlirb Haase und Gen. allhier. 10 Uhr Wider Gustav Hermann Mehnert und Gen. lOj Uhr Gerichtsamt Döhlen wider den Knecht Carl August Schröder daselbst wegen Betrugs 11 Uhr> unter Ausschluß der Oeffentlichkeit auf Antrag des Hausbe sitzers Friedrich August Sander in Laubegast wider den Klempnermeister Friedrich Traugott Kirsten daselbst. Vor sitzender: Gerichtsrath Ebrrt. ' LugeSgescbichte. Amerika. Der jetzige Präsident der Vereinigten Staa-1 len von Nordamerika, Hr. Andrew Johnson, wird mit einem Male von dem Vorwurf der Trunksucht rein gewaschen. Es soll im Gegentheil ein merkwürdig nüchterner Mann sein.f Den so vielfach commentirten Skandal am 4. März in Washing ton, wegen dessen Hr. Johnson von einem großen Theile der Presse als gemeiner Trunkenbold dargestellt worden ist. erklärt! die Brooklin Union in folgender Weise: „Andrew Johnson,! der Vicepräsident, war ernstlich krank gewesen, und als er! Tennessee verließ, war er nicht stark genug, die Mühsal der! Reise nach Washington zu ertragen. Er kam dort sehr an-! gegriffen an und hatte mehre Nächte nicht geschlafen, so daß' sein Arzt und seine Freunde am Morgen des vierten ihm den > Rath gaben, sich durch ein Glas Brandy zu stärken. Da er nicht zu trinken gewohnt ist, stieg es ihm zu Kopfe; aber man j, gab ihm ein zweites Glas ein und dies brachte ihn ganz um "st die Besinnung. Er ist ein nüchterner, zuverlässiger Mann, i! und verdient in jeder Beziehung die Achtung des amerikanischen j Volkes." Heir«then oder Vichtheirathen. Die Wienerin ist noch nicht widerlegt und diejenige»! Herren, die soviel Schuld auf die Frauen wegen HeirathSun» lust der Männer werfen, beweisen in der That nur, daß siel die rechten Mädchen nicht kennen, daß sie allzu partheiisch in! ihrer Selbstprüfung Verfahren und daß sie die, durch die nicht!