Volltext Seite (XML)
Rr. ISS. Zehnter Jahrg. Mittwoch. S. Mai L86S. >n loccs k»0 get. G. !'k. — m wirk. r?». M^IN« borst' Ücklich «r und Mit. rsteir» kv. b. vtl-k ng. auon c 4. ) aa- chrrm er zu drei» G». Erscheint: LSglich früh 7 Uhr. Inserate werden angenommen: bi« Abends V.Sonn- tags bis Mittag» 12 Ulir: Marienfiraße IS. Nnzeig. in dies. Blatte, da» jetzt in Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. i Abonnement: vierteljährlich SONgk. bet unentgeldlicher Lbx- ferung in's Hau«. Durch die Königl. Post vierteljährlich 22 Rg« Einzelne Nummer» 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung nnd Geschästsverkehr. Milredacteur: Theodor Drobrsch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: I Ngr. Unter „Einge sandt" dir Zeile 2 firgr. Druck und Stgenthum der Herausgeber: Oiepsch H Reichardt. — Verantwortlicher Rcdacteur: IttlittS Reichardt. Dresden, den 8 Mai ^— Infolge der erschütternden Nachricht von der Ennor" düng des Präsidenten Lincoln hat sich der Staatsminister Freiherr v. Beust zu dein hiesigen Consul der Bereinigten Staaten von Nordamerika, Herrn William S. Campell Esq., begeben, um deinselben im Aufträge Sr. Majestät des Königs die Gefühle inniger Theilnahme und tiefer Entrüstung auszu drücken. Da aber Herr Campell zur Zeit in Dresden nicht anwesend war, so hat der Herr Staatsminister dieselbe Auf merksamkeit dem hiesigen amerikanischen Biceconsul, Herrn Knoop, zu erweisen nicht unterlassen. H." — Die Frequenz der k. polytechnischen Schule zu Dresden im CursuS 1864—1865 beträgt 290, unter denen sich 74 Ausländer befinden. Bon diesen sind 118 Studirendö in den Fachschulen (und zwar 81 in der mechanisch-technischen Schube, 58 in der Ingenieurschule, 18 in der chenüsch-techni schen Schule und 11 in der Abtheilung für Lehrer), 124 Schü ler im allgemeinen CursuS (nämlich 6l im dritten und 68 im ersten Semester); 19 Schüler in der Abtheilung für Modelliren, Ornament- uno Musterzeichnen; 39 betheiligen sich nur an -einzelnen Lehrzweigen. Bon den 290 sind 83 zu Michaelis 1861 und 75 zu Ostern 1865 eingetreten. Der LchrcursuS für Zoll- und Steucrbeamte wird von 19 besucht. - Ueber die am hiesigen Hoftheater engagirte Sängerin, Fräulein Hönisch, berichten sämmtliche in Hannover er scheinende Blätter höchst erfreulich, und das von derselben am dortigen Hoftheater stattgefundene Gastspiel hat sich durch gängig als ein sehr glänzendes.bewährt. So sagt unter An dern, der Hannöversche Courier: „Die junge Künstlerin hat sich unserem Publikum noch im besten Andenken erhalten und wurde bei ihrem ersten Auftreten v»n demselben auf das Herzlichste willkommen geheißen. Sie sang bi» jetzt in der Nachtwandlerin, Postillon und Martha, und mit jedem wei teren Auftreten hat sich der ihre Leistungen begleitende Beifall gesteigert. Für die Spieloper bringt Fräul. Hänisch in der Thal ausgezeichnete Requisiten mit: schöne Erscheinung, ge wandtes und verständiges Spiel, eine ungemein ansprechende, trefflich geschulte Stimme und einen gewinnenden Bortrag. Nach den vielen Entbehrungen und Enttäuschungen, welche uns die Saison bisher gebracht, bildet die, wenn auch nur kurze Wirksamkeit einer so wackeren Künstlerin ein höchst er freuliches Intermezzo. Uebrigens hat Fräul. Hänisch in dem Jahre, welches zwischen ihrem erste» und jetzigen Auftreten an hiesiger Bühne liegt, wesentliche Fortschritte g'macht und sie gehört jetzt unbedingt zu den besten Vertreterinnen ihres Rollenfachs." — Dieser Tage pasfirten Dresden in zwei verschiedene» Zügen 78 böhmische Auswanderer, die nach Amerika reisten. — (Für Touristen.) Wenn auch gar Manchem schou bekannt, so dürfte doch nach beschriebene, reichen Naturgenuß bietende Tour noch vielen Fußreisenden neu und insonders Denen zu empfehlen sein, welche einmal gern in andern Bah nen als den von der großen Menge getretenen, wandeln. — Früh 6 Uhr ab Dresden per Bahn nach Langebrück; von da zu Fuß über Schönborn, quer durch's Seisersdorfer Thal nach Srisersdorf; wer das schöne Thal noch nicht kennt, kurch- wandre es bis zum freundlich gelegenen Augustusbade, und gehe von da nach Seifersdorf, was im Ganzen eine gute Stunde mehr erfordern würde; sodann weiter über Lomnitz nach Großnaundorf, von wo man auf „Söhnel's Weg" den Keulenberg ersteigt, auf besten nördlicher Koppe vor Kurzem ein Holzgerüst erbaut worden ist, welches sich über den Wald erhebt und eine ferne, schöne Rundsicht gewährt. Es schweift der Blick vom Kolmberge (bei Oschatz) über die Freibergrr Höhen, de» ganzen Gebirgskamm, auf welchem das Mücken- thürmchen thront, über verschiedene Schweizfelsen und Berge, die Lausche und die nach Nord sich weithindehnende Ebene mit ihren weißglänzenden Ortschaften. Vom Keulenberge suche man auf die von Königsbrück nach Kamenz führende Straße zu gelangen, welche man von oben sah, und gehe auf der selben nach Reichenbach; von hier über Häslich und Schwos dorf nach Lückersdorf, von wo man den «amenzer Hutberg ersteigt, auf besten Spitze sich jetzt ein steinerner Thur« und gute Restauration befinden. Bon hier zeigt sich das Bild wieder anders; denn wenn auch die Aussicht nach West durch den Keulen- und den Waldberg geschmälert worden, so ist fi, doch um so reizender in der Richtung nach Ost; von de» freundlichen Kamenz am Fuße des Berges bi» zur ferne» Landskrone (bei Görlitz) zeigt sich ein intereffante- Stück Welt; von Bautzen sieht man nur eine Thurmspitze (auch mit blosem Auge); in entgegengesetzter Richtung erscheint gerade vor dem Kolmberge Großenhain. Wenn diesen ersten Tag über nicht zu viel Zeit verloren ging, kann man ganz bequem in Kamenz Nachtquartier nehmen. Ein rüstiger Fußgänge» marschirt am andern Morgen über Rebelschütz, Wendisch BaS- litz nach „Bad Marienbad" in Schmrckwitz (zwei Stunden), welches indessen nichts Besonderes bietet; von hier nach Klo ster Marienstern (4 Stunden), woselbst das brillante Innere der Kirche wirklich sehenswerth ist; von hier geht« nach Elstra (eine Stunde); wer jedoch Bad und Kloster nicht be suchen will, gehe gleich von Kamenz nach Elstra (zwei Stun- den) und weiter bis Nauschwitz (1 Stunde). Von hier er steigt man in einer kleinen Stunde, begleitet von einem des Weges kundigen Knaben, den Hochstein, die bedeutendste Höhe des Pulsnitz-Elstraischen Gebirges, welche sich noch um 200 Fuß über den Keulenberg erhebt; aber leider wird der er habene, mit eisernem Geländer begrenzte Standpunkt da oben von dem umgebenden Walde jetzt so bedeutend überragt, daß es kaum noch der Mühe des Ersteigens lohnt; nur von einem nahen Waldrande aus ist der Blick nach Ost und Süd frei; die Landskrone, der Czerneboh (bei Bautzen), der Kalten- und der Nosenberg in Böhmen, Winterberg, große Zschirnstein, Pabst- und Lilienstein, Stolpen, der Faltcnberg, Bischoffs- werda, Bautzen rc. zeigen sich hier dem Auge. Wenn später die Koppe des Hochsteins abgeholzt sein wird, bildet derselbe den Glanzpunkt dieses Gebirgszuges. Von hier kaffe man sich nach der Luchsenburg führen, einer Jägerstation auf großer Waldwiese, woselbst man einen Imbiß bekommt. Von da kann man direct nach Pulsnitz gehen, thut aber klug, noch den am Wege liegenden Ohorner Berg zu besteigen, welcher ein weithin sichtbares Haus trägt, woselbst ein freundlicher Jägersmann mit Mutter, Weib und Kind gemächlich „haust". Diese herzlichen, biedern, aus dem Erzgebirge hierher versetzten Leute zeigen von der Zinne des Hauses dem Fremden gern alle Reiche der Welt, die von hier aus zu erschauen sind; denn der Blick von diesem erhabenen Standpunkte ist immer wieder neu und wirklich reizend. Jeder wird die Mühe des Ersteigen« reich belohnt finden und es wäre nur zu wünschen, daß die nette Jägerin da oben dem Wandrer eine Erfrischung verabreichen könnte. Die ganze Tour von Rauschwitz bis zum Ohorner Berge ist lauter herrliche Waldpartie. Vom Ohorner Berge erreicht man in einer Stunde Pulsnitz, von wo man zu Fuß in zwei Stunden, oder per Post in einer Stunde nach Nadeberg zum letzten halb zehn Uhr nach Dres den gehenden Zuge gelangen kann. — Wer einmal ein paar Tage mit bescheidenen Ansprüchen zu leben vermag, wird mit hoher Befriedigung, ob der gehabten Naturgenüffe, heimkehren; wer aber ernsten Anstoß nehmen könnte, wenn in irgend einer Dorfschenke die sonst ganz adrette, hemdärmelige Frau Mi thin, beim Serviren einer Eierspeise, in ländlicher Unschuld die dazu nöthigen Brodschnitten unter den Arm geklemmt, daherbringt, weil sie alle Hände voll zu tragen hat, der be suche lieber Punkte, woselbst bis in den Nacken gescheitelte, speckglänzende Kellner schwitzend sich durch den bunlen Flitter staat einer zahllosen Menge drängen und nach der Größe des vom Gaste empfangenen Zrchbetragüberschusses ihre Höflichkeit bemessen. — Am SO. April feierte die Maurer-Innung zu Frei berg in den Kämpf'schen Lokalitäten das sünfundzwanzig- jährige Meisterjubiläum des dasigen Amtsmaurermeisters Franz Ferdinand Gersten. — Im Monat April wurden im Zoologischen Garten vereinnahmt für Billets 1878 Thlr. 21 Ngr., nämlich: 8771 Billets ä 5 Ngr., 2392 BilletS ü 3 Ngr., 2211 Billets s 2 Ngr., 868 Billets » 1 Ngr., in Summa 14,262 Billets. Eine dergl. Einnahme im Monat April ist seit Eröffnung des Gartens nicht vorgekommen, die höchste Einnahme im April 1862 war 1514 Thlr. 14 Ngr, voriges Jahr nur 827 Thlr. 2l Ngr. — Von dem Verein deutscher Strafanstalten find seine Mitglieder auf den 8. und 9. Juni zu einem Vereinstag nach Dresden ringeladen worden. Dieselben werden sich sehr zahlreich einfindrn und nicht nur auS Anstaltsdircctoren und Vorständen, sondern auch 'aus Anstaltsgeiftlichen und Sub alternenbeamteten bestehen. Das königl. Ministerium des Innern hat ihnen ein entsprechendes Local zu ihren Bera tungen eingeräumt. Bei letzteren werden die verschieden artigste» Systeme ihre Vertreter finden; es sollen aber die in Baden gesammelten Erfahrungen über „Zellenhaft" den Be schlüssen zu Grunde gelegt werden. — — Die schützende Hand der Vorsehung bewahrte vor gestern Abend in der fünften Stunde unfern verehrten Kron prinz Albert vor einem Ungemach, das sich betrübend äußern konnte, wen» nicht die Kraft und Entschlossenheit des ritter lichen Prinzen noch die Oberhand gewönne» hätte. Auf einem Ritt vom Weg des großen Gartens nach Strehlen zu wurde das Pferd des Prinze« durch einen austauchenden Gegenstand scheu und sprang mit einem kühnen Satz unverhofft zur Seite, daß der scnst so sattelfeste und mannhafte Reiter zur Seite des aufbäumenden Rosses herabfiel. Ruhig aber, als ob Nichts vorgefalm. faßte Se. k. Hoheit muthig wieder in die Züacl, saß auf und sprengte seiner in Strehlen gelegenen Villa zu. j — Bei der herrlichen Frühlingspracht welche sich in der Natur entfaltet, stehen vorzüglich die Gärten des Lustschlosses Pillnitz in wahrhafter Schöne und Herrlichkeit. Die Laub gänge und Rabatten, so wie der Park, der eine große Um änderung und Verschönerung erfahren, athmen einen Blüthen- duft, der zu den schönsten Genüssen gehört und dem Natur freunde einen wahren Reiz bietet. So können auch jetzt die Besucher vor Ankunft der hohen Herrschaften noch die Zimmer und Sehenswürdigkeiten des königlichen Schlosses in Augen schein nehmen, was später nicht mehr gestattet ist. — Gestern Morgen brach aus dem Postplatze die Achse und das Nad eines mit Langholz beladenen Wagens, wodurch derselbe umstürzte und abgeladen werden mußte. — Die Leipziger Glücks-Göttin schüttete gestern in die hiesigen Collectionen des Herrn Böhme die 30,000, des Herrn Preusche die 20,000 und in die des Herrn Barthold die 5000 Thaler. — Dem Vernehmen nach ist in diesen Tagen ein Wa gen vor dem Ziegelschlage ganz plötzlich so auseinander ge borsten, daß der Hintere Theil mit dem Fahrgast zurückgeblie ben, der vordere Theil aber sammt dem Kutscher noch eine weite Strecke vom Pferde fortgezogen worden ist. Der zurück gebliebene Wagentheil ist alsbald darauf nach rückwärts um geschlagen und der Fahrgast hierdurch in eine so bedenkliche Lage gerathen, daß er mit den Beinen ganz komische Luft turnübungen gemacht haben soll. Glücklicher Weise war der Fahrgast ein Herr und hat er einen Schaden durch den Vor fall nicht erlitten. — — In Sachsdorf bei Wilsdruff hat vorgestern ein Feuer stattgesunden, bei welchem vier Baurrgüter verbrannt sind. — — Das anthropologische Museum wird sich bis zum 7. Mai noch in der untern Etage des Gewandhauses befinden, dann aber, mit Unterbrechung von drei Tagen, in die obere Etage übersiedeln. — Vergangenen Montag Mittag sah man auf dem Bautzner Platze eine Katze umherirren, welcher ruchlose Hände beide Augen ausgestochen hatten. Auf polizeiliche Anordnung wurde sie eingefangen und durch einen blauen Dienstmann nach der Thierarzneischule gebracht, wo sie von ihren Leiden erlöst wurde. Gewiß wäre es wünschenswerth, diesen Nichtswürdi gen, welcher sich herbeiläßt, ein hilfloses Thier auf die schau derhafteste Weise zu martern, zu ermitteln und der wohlver dienten Strafe zuzuführen. — In der vorvergangenen Nacht ist auf dem Altmarkt eine dort gestandene und mit Strohhüten gefüllte Kiste von unbekannten Dieben erbrochen worden. Die darin befindlichen Maaren haben den Spitzbuben nicht angestanden, weil sie dieselben jedenfalls nicht zu verwerthen gewußt, deshalb haben sie die Maaren unberührt gelassen. Um aber doch nicht ganz leer abzuziehen, haben sie von der Bude, in der die Kiste gestanden, die Leinwand, die beiläufig 14 Ellen lang und ) ganz neu war, abgerissen und mitgenommen. — — -f Oeffentliche Gerichtsverhandlungen vom ' 2. Mai. Der heutige Angeklagte Carl August Peschcl ist des Diebstahls beschuldigt. Auf dem Gerichtstischc liegen ein paar alte Verbrecherstiefel und ein Papierpaquet, in welchem sich verschiedene Kleinigkeiten, z. B. Haarölflacons, Taschen messer und ein Fünffrankenstück befinden. Peschel ist darum schwer verständlich, weil er>siottert und durch die Nase spricht. Er ist zu Eckarsdorf geboren, 21 Jahre alt, bisher Dienst- knccht. Seine Vorbestrafungen werfen schon von vornherein rin schlechtes Licht auf ihn. Im Januar dieses Jahres diente er bei einem gewissen Hossmann in Possendorf. Dort stahl er dem Dienstknecht Gerber eine zweigehäusige Spindeluhr. Auch dem Dienstknecht Gärtner nahm er 10 Ncugroschen und zwar jedesmal 50 Pfennige. Am 10. Januar ging er von Hoffmann ohne dessen Wissen fort, und suchte durch Diebstähle sein weiteres Fortkommen. Beim Wirthschafts- besitzer Schröter in Wendischkarsdorf stieg er in's Gut ein. Vermittelst eines angelegten Brettes gelangte er auf den Backofen, der ans Wohnhaus angebaut ist. Dort nahm er das Fenster heraus, das nicht in Angeln sich drehte, sondern bloS vermittelst krummgebogener Nägel befestigt war. So kam er in die Knechtsstube, kroch dort unt rs Bett, in welchem die heut anwesende Zeugin, die 19 jährige Dienfi- magd Schröter's, Sophie Emilie Holfert schlief. Er lag schon darunter, als das Mädchen noch gar nicht an's Schlafengehen dachte. Dort blieb er liegen und schlief dort, bis Morgen- die Holfert geweckt wurde Da wachte auch er auf Seine alten Stiefeln, die heut vor uns paradiren, batte er schon vor . dem Besteigen des Wendischkarsdorfers Backofens ausge-ogen und unten stehen lassen. In der Kammer standen ein Paar neue Stiefeln, die zog er an, nahm auch der Magd ein Porte monnaie mit, in welchem sich ein Thaler und 15 Ngr. be fanden. Von da wagte sich Peschel in eine Nebenlammer, l