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p irr. Achnter Jahr«. Montag, 1. Mat 1888. «Kfche«: «glich stich 7 M- Issersie »erd«» «mgeuemmeu: httAöendSS.Gonn- tag« bi, Mittag» 1» M«,ienstr»»» 1». »«zeig. i« dies. Blatt«, da, jetzt i» 11,000 Exemplar«» rrschrint» find«» eine rrsolgreichr Verbreitung. ZkaEnmntt: vtetteljLhrlich «»«gv. Lei mientgeldlicherAss serung in', Hau». Durch dir König!. Pos! vierteljährlich V «ge Einzelne Nummer» 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mttredacteur: Theodor Arabisch. Inseratenpreise: Für den Raum et»« gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Sing«, sandt" die Zeile L Rgr. Druck »ud Eigenthn» der Herau^ebrr: Elepsch 8k Vlrlchardt. — Berantwortkicher Redacteur: Julius Nelchardt. Dre-ben, dm 1. Mai Dom König!. Hofe wird eine Nachricht in allen Krei sen mit freudiger Theilnahme begrüßt: Ihrer König!. Hoheit Prinzessin Georg sind Hoffnungen auf neues Mutterglück er wachse. — Für nächsten Sonntag wird von dm Kanzeln der Landeskirchen Dank und Fürbitte ausgesprochen werden. — Zur Uebernahme der bei dm Aufführungen des Dresdner Ges angfestes vorkommenden Solis find, wie wir vernehmen, je 200 Sänger ausersehm wordm. Es werden am ersten Auf- fi-ihrungstage unter Direction von Faißt je 100 Sänger aus /Leipzig und Frankfurt a. M. und unter Direction von Krebs je 100 Sänger aus Würzburg und Nürnberg, am zweiten 'Aufführungstage je 100 Sänger aus Wien und Prag unter Leitung des Kapellmeisters Herbeck und wiederum j« 100 Sänger «u» Berlin und Hannover unter Leitung de» Kapellmeisters Rietz die SoliS ausführm. — — Von heute dm 1. Mai an findet die Fütterung de» Raubthiere im Zoologischen Garten Abend» j7 Uhr statt — Der zum „Oekonomierath" ernannte Devrient ist nicht der berühmte Schauspieler, welcher nur Emil heißt, sondern sein, das Rittergut Schmölln bei Bischofswerda bewirtschaften der, und wie es scheint auch als Besitzer desselben eingetragene» Sohn Philipp Emil. — De, Tod hält Ernte unter den Lehrern hiesiger Stadt Seit Neujahr sind schon neun vom Todessturme erfaßt wor dm, darunter nur 3 im höheren Lebensalter, die übrigen 6 in der Zeit ihrer besten RanneSkraft. Der letzte von diesm, der gestern unter großer Theilnahme zur stillen Gruft geleitet wurde, ist der Lehrer Müller am Tauistummeninstitute, der 27 Jahre mit ebm so großem Eifer als Erfolg da» schwierige Lehramt an genannter Anstalt verwaltet hat. — Die Weinbewirthung in de» Sängerhalle ist nunmehr Herrn Kleinhändler Verlach hier definitiv übertragen wordm. — Vom Prirßnitzschlage au» sah man gestern Mittag mach 12 Uhr in der Gegend von Pennrich eine große Feuer säule auffieigrn. , — Mit Beginn der warmm Jahreszeit macht sich in Dresden etwa» für Viele sehr Lästiges auch wieder bemerkbar; nämlich da« mitunter tolle Jagen der Fleischwagm »ach und von dm Eiskellern. Wer in einer nach einem solchen führen den Straße wohnt und nicht selbst eine lärmmachende Be schäftigung hat, m»ch1e des Rorgm», in der Zeit von 5 bis 8 Uhr, wenn di« Eiskeller geöffnet sind, fast auö der Haut fahren, denn eins dieser raffelnden Geschirre reiht sich au» andere; ja. es fahren flugs zwei nebeneinander her, deren Führer bestrebt sind, sich gegenseitig auSzustrchrn, in arger Rücksichtslosigkeit namentlich gegen Kranke, deren e» doch jeder zeit und allerwegen giebt, und die meistens erst mit dem an- brechenden Tage einige Ruhe finden. Ran sollte meinen, wenn die von Personen und die von einem Rind gezogenen und daher größtentheils im Schritt fahrmde» Wagen zurecht kommen, so könnten dies die mit Pferd bespannten auch, ohne «ine vielleicht versäumte Viertelstunde mit aller Gewalt wieder «»bringen zu müssen. Wenn das Schnrllfahren aber durch au» »öthig ist, so sollten die Geschirre schlechterdings ganz anders beschaffen sein, al» die» de» Fall ist. Leitern, Ketten, Spanmiegel, Bodenbrett, Sritenbrrtter, »ft »och ein Brett extra, eine leere Molde, ein oder zwei leere Fässer uud wa» sonst noch zu einem Dresdner Fleischwagm gehört, i« Lar- , riere über da« Pflaster dahingeriffrn, »uß natürlich dm ent setzlichsten Lärm machen. Die Berliner Fleischwagm z. v. sind compakte, auf Federn ruhmde Geschirre, an dmm nicht« raffeln kann und darf; sogar die dasigen langen Bierwagen sind mit Federn versehe», und obgleich man beide Lrtm Fuhr- Werk fast stet» schnell fahren sieht, so vernimmt man davon doch nicht», als das Klappern der Räder auf dem Pflaster; ja, sie dröhnen nicht einmal wie die Droschken. Eö dürft» in Dresden wohl guter Wille zu einer Besserung in vorer wähnter, für gar Manchen recht drückenden Angelegenheit — «nd allermindestens von Seite der Kleischermeister einig» billige Rücksicht zu erwarten sein! AEgemettte W,ch-«sch«i. 'lSinberufimg der Schics,vig-^lsteinschen^ Stände. — Ermordung von Unter allen Fragen, die seit «ehr als eine« Jahrzehnt Re Vemüther der deutschen Patrioten ergriffen, den Dipl»- wate« die «eiste Gelegenheit gebotm, ihren Scharfsinn zu -eigen, die etlichen derselbe» auch nicht geringe Verlegenheit »«reitet haben, steht die Schleswig-Holsteinsche Frage obenan. GS ist ein» Frage, die selbst Denjenigen, der sich nie »m Politik bekümmert, zum Nachdenken «ufserdert über da», was uSrdlich von der Elb« »orgeht «nd über deff« Rückwirkungen auf die staatliche Entwickelung Deutschland» üb-rh«upt. In in MNs MSP MM V)'» der Thal ist der Zusammenhang der Herzogthümerfrage mit dem Fortgang der Freiheit-- und EinheitSbeprebungm in Deutschland unverkennbar. Die Verhältnisse von heute zeigen eine frappante Ähnlichkeit mit der Zeit von 1848, als das deutsche Parlament in Frankfurt tagte. Damals hatte Preußen einseitig den unseligen Waffenstillstand von Malmö abge schloffen, der Deutschlands Hoffnungen vernichtete und die Herzogthümer auf 15 Jahre dänischer Gewaltthat Preis gab. ES war am 5. September 1848, es herrschte ein tiefes Schwei gen in der Paulkkirche, cs lagerte sich wie eine unheimliche Stille auf Aller Häupter, als Profeffor Dahlmann, den man den Vater der Schlrswig-Holsteinschen Frage nannte, die in haltschweren, von der Geschichte als nur zu wahr bestätigten Worte aussprach: daß, wenn die National-Versapimlung nicht die Schleswig-Holsteinsche Frage in einer für Deutschland ehrenvollen Weise zu lösen vermöchte, sie sich ihr eignes To- deSurtheil schrieb. Die Herzogthümer wurden dänisch und in Stuttgart nahmen die Bestrebungen jener Männer aus der Paulskirche den bekannten traurigen AuSgang. Und wenn eS heute nicht dem deutschen Volke gelingt, den Elbherzog- thümern zu ihren unveräußerlichen Rechten zu verhelfen, wenn die gewaltige Begeisterung Deutschlands wie ein Rausch ver fliegt und nur dazu gedient hat, daß das biedersinnige Volk die«- und jenseits der Eider die erst roth-weißen Grenzpfähle und Schilderhäuser schwarz-weiß anstreichen, daß es statt rothen Uniformen mit plumpen Zschackos und schwerfälligen Flinten nunmehr propres blaues Tuch unter zierlichen Pickel hauben und mit Zündnadelgewehren auf die Wachtparade ziehen sieht, dann mögen nur die Politiker von Fach, welche sonst da- Gras wachsen hören, aber nicht fühlen, wenn ihnen der Boden unter den Fü-en weggezogen wird, ihr Testament machen. Man verschachert heutzutage nicht mehr die Völker wie eine Heerde Vieh», die Völker haben das Recht, über ihr Geschick mit zu bestimmen. Wenn daher heute gegen den Willen der Bevölkerung - dis Herzogthümer preußisch würden, wenn auch an ihnen die Schmach de» Länderraubes wie 1815 an Sachsen geschehen kann, dann mögen die Regierungen, die solchem Beginnen nicht mit allen Kräften entgegentreten, nur versichert sein, daß bei erster paffender oder vom Zaune ge brochener Gelegenheit ihre Länder zur Abrundung der hohen- zollerschen HauSmacht dienen werden. In jüngster Zeit ist nun, Dank der Beharrlichkeit, welche der unglückliche Bruderstam« in Norden bewiesen, Dank den bundestreuen Regierungen, welche dm Rechtsstandpunkt un erschütterlich wahren. Dank dem deutschen Volke, welches diese Regierungen moralisch unterstützt, diese Frage ihrer Lösung um einen Schritt näher gerückt. Von jeher wurde eS von mittelstaatlicher Seite als wünschenSwerth bezeichnet, die Her zogthümer selbst in ihrem gesetzlichen Organe, dem Landtage, zu hören. Es ist bekannt, daß Preußen einen solchen Antrag am Bunde vereitelte. Jetzt sind aber die Verhältnisse im Norden so unleidlich geworden, das Provisorium, welches Herr von Bismarck in'S Unendliche auszudehnen hoffte, um die wackere Bevölkerung endlich mürbe zu machen, erweist sich al» ein verfehlte» Manöver, der österreichische und preußische Eivilcommiffar chicaniren sich gegenseitig so, daß dieses fruchp lose Hin- und Herzerrm in Wien wie in Berlin gleichmäßig als unerträglich empfunden wird. Nun hat noch dazu Preußen eine derbe Schlappe erlitten, indem Oesterreich eS gehindert hat, die von ihm beabsichtigten großartigen Marine-Etabliffe mmtS im Kieler Hafen anzulegm, da beschließt jetzt Preußen — die schleSwig-holsteinschen Stände einzuberufen. Ja! sogar nach dem verhaßten Wahlgesetz von 1648 oder sonst auf breiter Bast». Aber nicht zu früh gejubelt! Der Pferdefuß guckt schon durch seine Umhüllung hindurch. Warum sollen die Stände rinberufen werden? Etwa um die bündige Erklärung abzu- t«bm: wir «kennen Friedrich VIII. als unseren Herzog an? Da» weiß Preußen schon längst. Nein! Blos um Geld zu bewilligen und um die Annexion, auf die sich Preußen freut, wie ein Kind auf's Ehristfest, mit einem Schein von Gesetz mäßigkeit zu umgeben. Aa hat Preußen so und so viele KrirgSkosten gehabt, da ist ein Lanal projectirt, der Nord- und Ostsee verbinden soll, da soll zu Kiel eine Schiffrstation ersten Range- mit den »öthigen Werften etablirt werden, da find noch Entschädigungen nach Kopenhagen zu zahlen, da sind Invaliden zu unterstützen, da sind — Du lieber Gott! Wer kann sich da» Alle« merken. „Thu' Geld in Deinen Beutel!" sagt Bismarck zu dem Schleswig-Holsteinschen Landtage; „Thu' Geld in Deinen Beutel und wenn Dir da» zu viel wird und eS ist wahrhaftig viel, komm' da lieber nach Preußen, da brauchst Du nicht das Heidengeld aufzutreiben, dann trägt'- der große Staat von Preußen und 18 Millionen Menschen, >ie Deine Last übernehmen, sind auch nicht zu verachten!" SS werden den Herzogthümer» soviel« Bewilligungen z«go- muthet, daß sie die Annexion als da« kleinere Urbel wählen werden. Mar' der Gedanke nicht verflucht gescheidt — man wär' versucht, ihn herzlich dumm zu nennen! Als hätten die Herzogthümer nicht Jahre lang die härteste Schule durchge macht, als wären sie nun so simpel, ihre Erstgeburt um eir Linsengericht zu verkaufen. Nein! Haltet aus, ihr Schwer geprüften, das Recht bricht sich langsam Bahn — aoer e' kommt zum Durchbruch! Die erschütterndste Nachricht, die seit langer Zeit rin getroffen ist, war die Ermordung des Präsidenten der nord amerikanischen Freistaaten. Abraham Lincoln, und die tödtlich Verwundung des Staatssecretair Seward. Wenn irgenl etwas geeignet ist, die enormen Schwierigkeiten zu vermehre« die an das Genie der Staatslenker Nordamerika'- nunmrh herangetreten sind, wo die Rebellion in ihren letzten Zuckun gen liegt, so ist es dieser Doppelmord. Die Bereinigtet Staaten sind nun ihrer Führer beraubt, gerade jetzt, wo ei zu organisiren, in den verwüsteten Ländern neue Cultur her vorzubringen, die zerstörten Städte zu erbauen, Handel uni Industrie neu zu beleben gilt, wo ein Heller Kopf, eine ener gische Hand am nötigsten wären. Ist diese blutige That dr freie Wille einiger hirnverbrannter Fanatiker? Handelten dl Mörder, die Brüder Booth, im Aufträge oder wenigstens ii der Mitwiffenschaft der Leiter der conföderirten Staaten' Die nächste Zukunft wird dies Dunkel aushellen. Die Nach richten von jenseits des Oceans sind für die nächste Zeit di wichtigsten, die wir zu erwarten haben. Die Wechselbezieh ungen zwischen Amerika und Deutschland sind der Art, da jeder Umschwung drüben auf deutsche Handelsbeziehungen deutsches Capital, deutsche Auswanderung und die Sache de deutschen Freiheit unmittelbar einwirkt. Wenn z. B. eine der siegreichen Generäle, wie der dem Morde nur durch Zu fall entronnene General Grant, gegen die Verfassung an di Spitze gelangte, wenn eine Diktatur drüben eingeführt ode gar das Säbelregimrnt eine Zeitlang die herrschende Regier ungsform würde, so würde ein trauriger Rückschlag aas di Entwickelung der deutschen Freiheitsbestrebungen nicht aus bleiben. Wir behalten uns vor, hierauf zurückzuk^nmen. I * Variationen über Krebsgang, Krebsfang und Krebsnaturen. Heute beginnt der Monat Mai, der Anfang jener vir Monate ohne r und somit die Zeit, in der die Krebse m besten sind. Die Krebse sind gleich den Menschen über de ganzen Erdboden zerstreut, nur in Sibirien soll cs keine Kreb geben. Alle Landkrebse haben Neigung zum Wasser, ak Wafferkrebse gehen Nachts gern auf das Land. So sind auch die Menschen, sie thun gern das, wa ihrer Natur entgegen ist. Naturforscher haben bemerkt: wen mehre Krebse um eine Krebsin werben, so fallen oft so furch! bare Schlachten vor, daß das Schlachtfeld mit zerbrochene Scheeren und Füßen bedeckt wird. Wie so manche menschliös Krebsin war die Ursach trojanischer Kriege und zerstört: Ritterburgen. Wenn wir Menschen uns doch so manche Eiger schäften von den Krebsen aneignen könnten. Vor allen Dinge das jährliche Abwerfen ihrer hornartigen Schale und ihi Reproductionskraft. — Das menschliche Gemüth erhält dur« Leiden, Unglücksfälle und getäuschte Erwartungen allmälig eir Verhärtung, wodurch Viele zum Murrkopfe werden. Wie schö wenn man diese feindselige Kruste wieder abwerfen und wem; ' stenS bis zur neuen moralischen Hornhaut wieder weich «n menschenfreundlich werden könnte. Sodann hat noch der Flus krebs da« Vergnügen, bei der jährlichen Häutung einen gai neuen Magen zu bekommen, der den sich ablösenden alt, Magen verschlingt und verdaut. Schwerebrett! was wür' manch alter Schlemmer, so ein alter Grog-Pichler, daru geben, wenn er statt des alten verdorbenen MagenS ein: neuen bekommen könnte. Wrr spötteln und lachen über das Rückwärtsschrciten d Krebses und sehen doch so häufig, daß sehr viele Mensch: und Künstler, sobald sie ein gew ffeS Ziel glücklich und sam erreicht haben, ohne Weiteres den Krebsgang gehe Nahmen nicht schon ganze Literaturen und Völker den Kreb gang? Man lockt und fängt die Krebse in ihren Teichhöhl« am besten in der Nacht bei Fackelschein, auch die Mensche lassen sich im verwirrenden Dunkel und durch blendende Schein am besten fangen. * Paris, Sonnabend, 29. April, Morgens. Meyerbeer'' „Afrikanerin" hat bei ihrer gestrigen ersten Aufführung eins außerordentlichen Erfolg errungen. Die Begeisterung des Prch likums wuchs von Scene zu Scene. Nach Beendigung de Vorstellung wurde der Vorhang noch einmal aufgezogen un man erblickte auf der Bühne die Büste Meyerbeer's, umgebe von den, Schauspielern, welche dieselbe mit Lorbeerkränze schmückten; das ganze Publikum erhob sich. Der Kaiser un die Kaiserin wohnten der Vorstellung bis zum Schluffe bei. Wiesmthorstraße 11. Dresden.