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M. 119. Zehnter Jahrg. Sonnabend SS April 18S». ^ Erscheint: LSglich früh 7 Uhr. Inserate werden angenommen: bi« AbrndS «,Sonn« tag- bis Mittag» 12 Uhr: Marienstraße 18. Msnnemcn!: e Vietteljährlich LN Nx'.r b-i n> ^ngelilicher.! sernng iu's Haut. Durch die KLuigl. ij.r'.' vittteijährlich 2:! Ngr Einzelne iUunimer« I Ngr. «nzeig in dies. Blatte, da» jetzt in 11,900 Exemplare» erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Tageblatt für Unterhaltung und Mitredacteur: Theodor Droblsch. Inseralnipre-sc: , Für den Raum einer l gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile r Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Liepsch 5k Relchardt. — Verantwottlicher Redacteur: JullUS Reilhardt. Dresden, dm 29 April — Die Frau Kronprinzessin von Brasilien und derm Gemahl, der Graf von Eu, sind gestern Mittag nach Prag abgereist, i — Zwei Leichenbestattungen größerer Art sah man vor gestern und gestern in unserer Stadt. Die erstere betraf die irdische Hülle des zu einem höheren Leben eingegangenen Stifts-Administrators und Pfarrers an der katholischen Kirche zu Friedrichstadt, Herrn Bellermann Außer vielen, dem ka tholischen Clerus angehörigen Priestern, sah man an der Grabstätte auch protestantische Geistliche. — Das zweite, am gestrigen Tage vollzogene Begräbniß galt der Leiche des ge schiedenen Oberstleutnants und Stadtkommandanten Herrn Vitzthum von Cckslädt. In dem langen Zuge bewegten sich viele hohe Militairpersonen nach dem neustädter Kirchhofe, wo der im rüstigsten Mannesalter Verstorbene seine Ruhestätte fand. — Die Vorträge über Botanik, welche der Herr geh. Hofrath l)r. Reichenbach vergangenen Donnerstag Nachmittags von 4 bis 6 Uhr am botanischen Garten wieder begonnen, zeigten recht bündig, wie sehr man dieselben im verflossenen Jahre vermißt hat. Unerwartet hatten sich außer den Herren Lehrern, auf deren Wunsch die Vorträge begonnen, an 40 bis 50 Zuhörer, auch größtentheils Lehrer, aber auch prac- tische Aerzte eingefunden, welche dem Vortrage mit größter Aufmerksamkeit folgten. Selbiger umfaßte die Entwickelungs perioden der Vegetation nebst Vergleichung des gegenwärtigen Jahres mit andern Jahren und dann einer Analyse der jetzt schon ziemlich zahlreich blühenden Pflanzen mit Erläuterung ihrer morphologischen, physiologischen und systematischen Ver hältnisse. — Unsere Stadt wird zu Ehren der vom 25. Juni bis 1. Juli zur landwirthschastlichen Ausstellung und Versamm lung der Land- und Forstwirthe hier eintreffenden fremden Gäste ein großes Feuerwerk veranstalten, welches auf dem linken Elbufer, gegenüber dem Schillerschlößchen, abgebrannt werden soll. — In einer besonderen Beilage zum „Leipziger Tage blatt" wird die Arbeitseinstellung der Leipziger Buchdruckrr- gehilfen ausführlich besprochen. In dieser von der „Genoffen schaft der Buchdrucker zu Leipzig" ausgehenden und in deren Auftrag von den Vorstehern derselben, Herren R. Härtel, A. Th. Engelhardt und vr. E. BrockhauS, Unterzeichneten Dar stellung setzt dieselbe zur Rechtfertigung ihres Verhaltens gegen die Forderungen der Gehilfen auseinander, daß, wenn nicht nur das Druckereigeschäft, sondern auch der Buchhandel, die Buchbinder und die übrigen einschlagenden Gewerbe leiden sollen, unmöglich in den Lohnsätzen weiter gegangen werden könne, als sie, die Genoffenschaft, entgegengekommen. Sie veröffentlicht zugleich den neuen Tarif (28 und 27 Pfennige für das Tausend n), nach welchem seit dem 12. April in den Druckereien, welche zur Genoffenschaft gehören, gerechnet wird. Die Gehilfen sind bekanntlich auf ihrer ursprünglichen For derung von 50 Pfennigen unverrüök stehen geblieben, und darum dauert dort die Arbeitseinstellung immer noch fort. Bei den genannten Preisen ist genau darauf zu achten, daß alles nach sächsischen Pfennigen gerechnet ist, deren nur 10 auf einen Silbergroschen gehen. Es sind demnach 23 sächsische Pfennige — 27,preußische Pfennige, 25 - - - 30 27 - - - 322 - Für Nichtbuchdrucker, welche sich vielleicht wundern dürsten, daß hier nur von Lohnerhöhungen nach Pfennigen die Rede ist, sei bemerkt, daß bei 800 Gehilfen, welche durchschnittlich in Leipzig arbeiten, jeder Pfennig Lohn mehr den jährlichen Gesammtlohn um circa 7000 Thaler steigert, die Gehilfen also, wenn sie jetzt gegen (durchschnittlich gezahlte) 24 Pfen nige deren 80 fordern, damit zugleich jährlich 42,000 Thaler mehr an Lohn verlangen. — Bereits mehrfach ist in unserem Blatte der Festlich keiten und Versammlungen Erwähnung geschehen, welche in diesem Sommer in Dresden abgehalten werden sollen. Er öffnet wird die Reih, der Versammlungen durch die am 26. Juni stattsindende Zusammenkunft der deutschen Forst- und Landwirthe, mit welcher gleichzeitig rin« Ausstellung von Vieh, landwirthschastlichen Maschinen und Geräthschafte», sowie Pro dukten verbunden sein und die bi- 2. Juli dauern wird. Die Versammlung Deutscher Land- und Forstwirthe hält ihre erste Plenarsitzung am 26. Juni in der hierzu überlassenen König!. Reitbahn; in derselben werden sich die einzelnen Sektionen für Berathung der verschiedenen landwirthschastlichen Fächer bilden; als Versammlungsorte für die einzelne» Sektionen sind, wie wir hören, in Aussicht genommen: der Stadtver ordnetensaal auf der Landhausstraße, der große und kleine Lwinger-Pavillon, der Saal in Helbig's Restauration, der jvaal in Strasser's Restauration am Jüdenhof unv ein Theil des König!. Orangeriegebäudes. In das Letztere soll auch das Bureau für Anmeldung der Thcilnehmer, Vcrtheilung der Schriften, Nachweisung von Wohnungen u. s. w. verlegt werden. Die mit dieser Versammlung verbundene, bereits erwähnte Ausstellung wird von gleicher Dauer sein und auf dem Alaunplatz stattsinden. Während die Ausstellung von landwirthschastlichen Maschinen bereits am 26. Juni beginnen und bis 28. dauern wird, wird die Viehausstellung erst am 29. Juni ihren Anfang nehmen und bis 2. Juli dauern. Die Viehausstellung erstreckt sich auf Pferde, Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen, Kaninchen, Federvieh. Der zum Zwecke der Ausstellung eingezäumte Alaunplatz wird nicht weniger als 10 Eingänge haben, von denen jedoch in den ersten 3 Tagen nur 4, und zwar die zwischen der Waldgaffe und Camenzer Straße gelegenen zugänglich sein werden, um das Publikum von dem für die Aufstellung des Viehes bestimmten Raum fern zu halten und die nöthigen Vorbereitungen ohne Störung bewirken zu können. Auf dem Platz selbst werden 5 Restau rationen die Bedürfnisse der Besucher befriedigen und ein Mu sikchor wird in lieblichen Weisen die Naturlaute der zur Schau gestellten gehörnten Vierfüßler zu übertöncn suchen. Wir wer den nicht unterlassen, das Publikum seiner Zeit aus etwa be sonders herzustellende Merkwürdigkeiten auf der Ausstellung aufmerksam zu machen. — An Stelle des verstorbenen Oberstleutnants Vitzthum von Eckstädt ist die Funktion des Platzmajors dem zweiten Stabsoffizier des dritten Jägerbataillons Major von Scydlitz interimistisch übertragen worden. — Zum ersten Male hat die Brauerei zum Felsenkeller ein Salvator-Bier gebraut, das jetzt zum Ausschank gelangt. Allgemein ist man auf die Probe gespannt, die man zunächst in Lamm's Restauration, Sporergaffe, anstelle» kann. Felßner in Leipzig hat sich von den im Ganzen gebrauten 200 Eimern bereits 90 Eimer kommen lassen. — Das Modell der Sängerfesthalle ist von heute an für den billigeren Preis von 2j Ngr. L Person im Saale des Böhmischen Bahnhofes aufgestellt. — Am Donnerstag kamen zwei sogenannte Slovalen und eine Slovakin in Begleitung zweier lebendiger Bären hier an und quartierten sich in, Gasthaus zum schwarzen Bär am Elbberg ein, wo unter großem Menschenzulauf die gelehrigen Petze einige Kunstproductionen ausführten, die ihren Herren, wie schon auf dem Wege dahin, einige Groschen und Pfennige einbrachten. Diese Slovaken waren ächte schwarzäugige, braune Zigeunergesichter, vorzüglich das Weib, stammen aus dem Banat und haben bereits heute Dresden in der Richtung nach Großen hain wieder verlassen. — Der hiesige Omnibusverein wird vom 1. Mai an bis auf Weiteres einen Sommer-Fahrplan in's Leben treten kaffen, welcher auf den bereits bisher befahrenen Linien ver mehrte Fahrten enthält. Aus der Linie vom Schloßplatze nach dem Waldschlößchen werden nach Bedarf Reservewagen gestellt. Von Abends 8 Uhr an bis 10 Uhr findet auf allen Linien 5 Pfennige Preiserhöhung statt. — In Folge der hier eingetroffencn Nachricht von dem Tode Lincoln's hat das hiesige nordamerikanische Consulat seine Firma mit Trauerflor umhüllt. — Auch hier scheint schleunigst ein „Schleppentreter verein" im Stillen zusammengetreten zu sein. Referent sah gestern in der Moritzstraße auf dem Trottoir eine Dame mit allerdings wahrer Generalschleppe, wiederholt in der bekannten eigenthümlichen Weise rücklings das Compliment machen, dann aber endlich in eine Hausflur treten. Mit besonderer Fertig keit sondirte dieselbe hier nach etwaigen sichtbaren Folgen der „Auftritte" und wartete bis die vermeintlichen Mitglieder fürbaß getreten. Fast dasselbe Treten nahm man sogar gegen Abend in der Schloßstraße wahr. — Ein bedeutender Brand hat am 26 Abends in Dip poldiswalde stattgefunden. Fast ist Wohl Brandstiftung zu vermuthen, da das Feuer an drei Orten ausbrach, in der Vorstadt, auf der Altenbergerstraße und bei den Scheunen am Oberthor. Zuerst brannte es beim Lohgerber Arnold. Leider soll eine Frau mit verbrannt sein, während der Nacht wächter Loßncr beim Herausziehen seines Viehes durch den zusammenflürzenden brennenden Schuppen arg verletzt wurde. Der bedeutende Sturm gab zu der Befürchtung Anlaß, das Feuer werde sich über einen großen Theil der Stadt verbrei ten, es beschränkte sich jedoch auf 9 Häuser und 2 Scheunen, wodurch 25 Familien obdachlos wurden. — In der Nacht vom Dienstag zur Mittwoch entstand in dem Dorfe Moritz bei Riesa ein Feuer, welches mit solcher Gewalt um sich griff, daß nicht nur das Schänkgut, sondern auch noch ein Gut und im Ganzen fünf Gebäude dem wü- thenden Element zum Opfer fielen. Unter den zur Rettung Herbeigeeilten zeichnete sich besonders der Schiffszieher Carl Wilhelm Krügel aus Boritz aus. Muthig und entschlossen stürzte er sich mit wahrer Todesverachtung in eines der bren^ ncnden Gebäude und im Sinne der Worte: „Der Gerichte erbarmt sich seines Viehes" b achte Krügel zuerst eine Katze, dann einen Hund und zuletzt mehres Federvieh durchspalte Flammen und herniederstürzende Balken heraus. Sprr.r rettete der brave Mann auch noch mehre Werthsachen. - Bei dem Feuer, das am 26. d M. zu Zadel bei Meißen fünf Gebäude in Asche legte, sind bei einem Bauer 2 Kühe. 6 Kalben, 20 Ferkel und 8 Schweine mit verbrannt, welche der Besitzer, da das Seitengebäude einem Bau unter lag, in die Scheune geschafft hatte. Mit Feldarbeit beschäf tigt, das Feuer brach früh um 9 Uhr aus, hatte der Mann den Schlüssel zur Scheune mit sich genommen, was die Ret tung des Viehes erschwerte. So auch verlor ein armer Häus- s ler, Namens Brandt, nicht nur seine ganze Habe, die Flamme . entriß ihm auch seine alte gute Ziege, das einzige Stück Vieh, welches der arme Mann besaß und von allen Kleidungsstücken entblößt in wahrhafte Noch gerathen ist. ' — In Streitwald bei Zwönitz erlitt das zweijährige ^ Kind des Maurers Günther durch Verschlucken einer Härings gräte den Erstickungstod. — Aus Altenberg schreibt man dem Dr. Journal ' vom 26. April. Gestern Abend gegen 7 Uhr entstand auf , dem Staatsreviere zwischen hier und Zaunhaus ein Wald- ^ brand, durch welchen ein Flächenraum von ca. einem Acker ( 5- bis ISjähriger Pflanzung fast gänzlich vernichtet, weiterm ^ Schaden aber durch herbeigeeilte Waldarbeiter und Forstbeamte e Einhalt gethan wurde. Nach den angestellten Erörterungen) ' ist dieser Brand nur infolge des Tabak- oder Cigarrenrauchens< j, resp. Wegwerfens hierzu benutzter Zündhölzer entstanden; «S, ^ wurden auch noch einige Ueberrester solcher Hölzchen auf dem i dicht angrenzenden Fußsteige vorgefunden. — si Oeffentliche Gerichtsverhandlungen vom ^ 28. April. Unter den heute angekündigten fünf Einspruchs- H Verhandlungen befinden sich 2 geheime und unter diesen ist gleich die erste eine solche. Der Bergarbeiter Johann Carl Ernst Franz in Golberoda hat die verehelichte Auguste Kaden» in Rippien verklagt. Die Kaden war zu 3 Thaler Geldbuße, in erster Instanz verurtheilt worden, wogegen sie Einspruch erhob. Dieser Einspruch nützte; denn ihre Geldbuße wurden um 2 Thaler vermindert. — Die nächste Sache spielt am Gerichtsamt Döhlen und hat das Vergehen des Hausfriedens bruchs zum Thema. Als Angeschuldigter figurirt der Drechsler meister Carl August Möser zu Deuben. Ein gewisser Pah- litzsch war ihm als Darlehn gegen 10 Thaler schuldig. Des-, halb ging Möser, um zu seinem Gelds zu kommen, öfter in' des Erst.ren Wohnung und mahnte ihn. Alles Mahnen aber blieb vergebens. So kam er unter Anderem auch einmal wieder in die Wohnung seines Schuldners, traf ihn nicht zu Hause, sondern nur die Frau, die freilich sich auf die Schul-, den ihres Mannes nicht einlasten wollte. Sie wußte auH vielleicht gar nichts davon. Sie war allein in ihrer Stub^, und da Möser auf Geldzahlungen drängte, ersuchte sie ihn§ die Stube zu verlassen und das that sie mehrere Male. Aber^ Möser veranlaß'«: eine unruhige Scene durch sein beharrliches), Verbleiben im Zimmer. Es kam zur Anzeige, die Frau Pah- litzsch beschwor ihre Aussage und Möser wurde tv gen Haus friedensbruchs zu 3 Thlr. Geldbuße oder 6 Tagen Gefängniß ^ verurtheilt. Dagegen erhob er Einspruch und hat heute dar Glück, wegen Mangels an vollständigem Beweise freigesprochen zu werden. — Die dritte Verhandlung betrifft Thierquälerei, verübt von dem Butterhändler Wilhelm Ernst Albrechr zo i Blasewitz, wofür er zu 5 Tagen Gefängniß und Tragung ! der Kosten verurtheilt wurde. Albrecht betreibt neben seinen > Blasewitzer Vutterhandel noch Kohlenfuhrwerl, das heißt mi? > einem Pferde, wie wir es ja oft in den Straßen Dresdens i zu sehen Gelegenheit haben. ES war am 8. Februar 1865" Da schwankte im tiefen Schnee der Omnibus von Plauen nack > Dresden. Der Schnee ballte sich, wie die Zeugen bekunden" an den Rädern und den Hufen der Pferde fest, so daß drz. Weg zähe und das Ziehen unendlich schwer war. Es war. Nachmittags 3 Uhr. Der Omnibusconducteur Carl FriedrW Theodor Müller sah von Weitem schon ein einspänniges Kohlenfnhrwerk dahinrädern. Als er näher kam, bemerkte erff daß der Wagen mit 7 Scheffeln Kohlen, also mit 7 Centneryt Gewicht beladen, der Kutscher, eben der Butterhändler Albrechsr ^ aus Blasewitz nicht ganz nüchtern und in bester Arbeit war- > in roher und unbarmherziger Weise auf das Pferd mit de» Peitsche unaufhörlich, eine halbe Stunde lang, loszuschlagen.- Ein anderer Zeuge, der im Omnibus saß, der Schneidermeister >'! Carl Heinrich Pahlitzsch, erzählt den Vorfall ebenso. DaA gemißhandclte Pferd mußte in dem tiefen Schnee und au^ jtz dem zähen Wege fortwährend im Trabe laufen und die . Centner Kohlen hinter sich herziehen. Zu bemerken ist hierbei !>! noch, daß auch ülbrecht sich selbst noch auf den Wagen gesetz: ! hatte, also die Summ» von 7 Centnern sich bis auf 8 und meA>