Volltext Seite (XML)
«r. 117. 8ed«ter Jahrs Erscheint: «glich früh 7 uh,. Inserate werden angenommen: -i« Abends ü,Sonn tags bis Mittags 12 Ubr: Varirnsirage 13. «„zeig, in dies. Blatte, da« jetzt in 11,000 Exemplare» erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Donnerstag. 27 Avril 18fiS. Tageblatt für Unterhaltung nnd Geschäftsverkehr Mitredacteur: Theodor Drobisch. Fbannement: «ierteljährlich A>Ngt. bei unentgeldlicherLbd-' serung in's HauS. Durch die KLnigl. Post vierteljährlich SS Ngr Einzelne Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Nzr. Unier „Einge sandt" die Zeile L Ngr. Druck und Eigrnthnm der Herausgeber: Mepslh Nelchardt. — Verantwortlicher Redacteur: IuUllS Netlhardt. Dr-Sden. dm 27 April " Allerhöchster Anordnung zu Folge wird wegm erfolg- tm Ablebens Seiner Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten-Thron- folgeri Nicolaus von Rußland am Königlichen Hofe eine Trauer auf zwei Wochen, bis mit Dienstag den 9. Mai, an gelegt. — Gestern Abend m>t Ankunft des nach 10 Ubr von Leipzig hier eintreffenden Pcrsoncnzuges wurde Se. kais. Ho heit der Kronprinz von Brasilien nebst Gemahlin hier er wartet. Wie wir hörten, treffen die hohen Herrschaften zum Besuch bei Se. k. Hoheit dem Prinz Georg nebst Gemah lin eia. — — Auf besondere Einladung des K Cultusministeriumö, veno eilte dieser Tage Professor Friedrich Schmidt, Oberbaurath Und Dombaumeister von St. Stephan in Wien in Dresden, um auf Wunsch Cr. Majestät des Königs seine Ideen und An sichten über die in Angriff zu nehmende Restauration des Domes uni» der Albrechtsburg in Meißen kund zu geben. Dm als Autorität mittelalterlicher Baukunst bekannte Meister ivurde von Sr. Majestät in zwei Audienzen empfangen und sprach si/ine Begeisterung über die herrliche Lage der Meißner Vau- kjwppe aus. — Das Ministerium des Innern hat an die Handels- irnd Gewerbekammenr des Landes folgende Verordnung er laffen: „Die Kaiserlich französische Negierung hat in diesen Tagen die amtliche Mittheilurig anher gelangen lassen, daß am 1. Mai 1807 in Paris eine große internationale In dustrieausstellung eröffnet werden solle, und zur Betheiligung -an derselben ringelnden. Das Ministerium des Innern beeilt sich, die Handels- und Gewerbckammcrn davon in Kenntniß -u setzen. Da diese Ausstellung mit Absicht auf das dem Inkrafttreten aller Handelsverträge folgende Jahr verlegt ist, so hat dieselbe unzweifelhaft eine nicht unbedeutende Wichtig keit, und es wird für die sächsische Industrie nöthig, bei Zeiten wit sich darüber einig zu werden, ob und in welchen Zweigen sie sich zu betheiligen habe. Daß diese Betheiligung, wo sie Pattfindet, dann auch eine entsprechende sein müsse, wmn man Ehre einlegen will, ist selbstverständlich. Dm Handelskammern st durch frühere Erfahrungen bekannt, wie schwer es ist, unter den Industriellen in diesen Veziehungm gemeinsame Entschlüsse herbeizusühren und selbst die Angehörigen derselben Branche zu übereinstimmender Ausführung und zu den für eine würdige Repräsentation erforderlichen Opfern zu bestim men. Vielleicht hat dies zum Theil daran gelegen, daß bei mangelnder Organisation Alles in die Hände der Negierung gelegt werden mußte Man ist deshalb der Meinung, nun mehr, nachdem die Handelskammern in Thätigkeit sind, die Ausführung wesentlich in die Hände einer aus den Handels kammern und beziehentlich durch dieselben zu bildenden Com mission zu legen, welche in einem Negierungscommifsar nur ihren Mittelpunkt findet. Man fordert daher die Handels kammern auf, zunächst im Bereiche der ihrem Bezirke ange- hörigen Industriezweige sich vorläufig darüber zu unterrichten, ob und welche Betheiligung an der Pariser Ausstellung zu erwarten sei, damit Man Sich eine Idee über dm Raum bilden könne, welcher für Sachsen in Anspruch zu nehmen ist, sodann aber einige Deputirte zu wählen, mit welchen in einer in Dresden abzuhaltenden Versammlung über die Hauptgrund züge des ganzen Verfahrens bei Vorbereitung und Ausführung dieser Ausstellung verhandelt werden kann, in beiden Bezieh ungen aber über den Erfolg Anzeige zu erstatten. Dresden, dm 22. März 1k65. Ministerium des Innern. Brust." — An hiesiger Gewerbeschule beginnt nächsten Dienstag wieder rin Buchhaltungskurs lür Frauen und erwachsene Töchter Gewerbtreibender. (s. Inserat.) — Auf der Schloßstraße siel vorgestern das Bogen- schribenfenster über der Eingangsthür »um Geschäft des Bäcker meister Braun herunter und traf emm Bäckergesellen, der grade im Begriff stand als Gast in das Local hinrinzugehm. Das Imster zerriß ihm die Beinkleider und verletzte ihn un bedeutend an der einen Hand und an einem Fuße. — — -s Auf der Schöffergaffe ertönte gestern d« Ruf „Halt auf!" Einem Reisenden aus Görlitz war es eingefallen, beim Täschner Brickner auf der Schöffergaffe mehrere Portemouairs zu stehlen und Reißaus zu nehmen. Ein grüner Packträger erwischte ihn in dem wilden Lauf, der mit einem ruhigen Spaziergange hinter die Frauenkirche endete. — In dem Walde hinter den, Waldschlößchen und de, dortigen Militärschießständen wurde gestern Morgen wieder einmal ein seit 8 Tagen herbergloses Ehepaar aufgcjagt, das sich daselbst häuslich eingerichtet hatte. Das Aussehen dieser Leute ließ darauf schließen, daß sie die Nacht zuvor nicht grade von Hitze zu leiden gehabt hatten. — — Vorgestern rückten die Rccrutm des 15. und 16. Jn- fanteriebataillons, das in Bautzen garnisonirt, behufs ihrer Ausbildung von hier in das dortige Cantonnrmmt aus. Die I Recrutm der hier garnisonirendm Brigade Kronprinz trafen ^ gestern hier ein und werden sich demnächst in das Cantonne- ment bei NaLeberg begeben. — — Auf der Ostra-Allee veranlaßte vorgestern Abend 6 Uhr ein widerhaariger Ochse abermals einen gewaltigen Zusammenlauf von Menschen. Derselbe widersetzte sich seinem Fußtransport nach dem Schlachthof und mußte schließlich da hin zu Wagen gebracht werden. — — Die von uns angesagten österreichischen Soldaten trafen vorgestern Mittag 1 Uhr m't dein regelmäßigen Zuge aus Prag hier ein. Sie wurden auf dem Leipng-Dresdner Bahnhof gespeist und fuhren Nachmittags 3 Uhr mit dem gewöhnlichen Zuge nach Berlin. Sie bestanden zumeist aus Jägern und bemerkte man unter ihnen viele Leute, die, wie nach ihren Medaillen anzunehmen war, an dem letzten Feld zug in Schleswig bereits Theil genommen hatten. — — Bei dem vorgestern Nachmittag von hier nach Berlin abgegangenen Personenzug, auf dem sich die für Schleswig bestimmten österreichischen Ersatzt. uppen befanden, brach eine Station vor Berlin an einem Wagen dritter Classe die Hinter achse. Ein Soldat, der in diesem Wagen Platz genommen hatte, öffnete aus Veranlassung dieses Vorfalls die Wagen- thüre und sprang heraus Leider fiel er dabei mit dem Kopfe so unglücklich auf, daß er in Folge der erhaltenen Verletzung alsbald darauf starb. — — 8. Das anthropologische Museum wird nächsten Sonntag geschlossen. — 8 Auf dem Alaunplatze nimmt man bereits die zur bevorstehenden landwirthschaftlichen Ausstellung bestimmten Bau lichkeiten in Angriff. — Seit dem Beginn des Buchdrucker-Conflictcs in Leip zig find von den 435 feiernden Gchülfen der zur Genossen schaft gehörenden Prinzipale 70 von dort abgereist; die Un terstützungen sollen bis jetzt noch reichlich genug geflossen sein, um den Bedarf zu decken. — Der rühmlichst bekannte junge Herkules und Equi librist Herr Lion Vcith producirte sich am verflossenen Sonn tage im Garten der Pölbitzcr Brauerei zu Zwickau zuvörderst am schwebenden Neck und später copirte derselbe den Ameri kaner Blondin, indem er auf einem, gegen 300 Ellen langen, die Mulde mit überspanner.dcn, sogenannten Thurmseil vom westlichen Ufer der Mulde nach dem jenseits liegenden Brauerei gebäude spazierte. — 8. Circus Nenz. Nächsten Sonnabend gehen die Vorstellungen zu Ende, die von der ersten bis zur letzten das lebhafteste Interesse und im Allgemeinen einen frequenten Be such des Publikums fanden und den unumstößlichen Beweis lieferten, daß Herr Nenz mit seiner Gesellschaft wenigstens unter seinen deutschen College« unstreitig den ersten Platz ein nimmt. Keine andere Gesellschaft wird sich an Neichthum und Schönheit der Pferde, an Vorzüglichkeit des gesummten Künst lerpersonals, an Eleganz der Ausstattung, sowie an Vielseitig keit und interessanter Abwechselung der verschiedenen Leistun gen mit der Renz'schen zu vergleichen vermögen. Es liegt in dem ganzen Auftreten dieser Gesellschaft ein; gewisse Sicher heit und ein Selbstbewußtsein, das sich immer im Gefolge des Vorzüglichen zu befinden Pflegt. Es herrscht bei den Vor stellungen eine Ruhe und eine Präcision, die man nur findet, wo Einheit des Willens, Einheit des Befehls herrscht, hierzu kommt noch, daß dieser Wille, dieser Befehl zwar nirgends zu sehen und zu hören, überall aber in seinen heilsamen Wirk ungen zu spüren ist. Herr Nenz verläßt uns jetzt, um im Sommer wieder zurückzukehlen, wo man ihm gewiß ein freu diges „Willkommen" entgegenbringen trurd. — 8. Die allgemein beliebten Gartenconcerte des nun mehr wieder 60 Mann starken Musikchors der Brigade „Kron prinz", unter Leitung des Musikdirektors Herrn Pohle, haben wieder begonnen und fand das erste ain Dienstag in der großen Wirtschaft des köuigl. großen Gartens statt. Nächsten Sonnabend spielt dassilbe Chor — wie regelmäßig — rn den Räumen des Waldschiößchens, und wollen wir hoffen, daß dieser Sommer nicht wie der vorige böse Miene zum guten Spiele mache. — Mit seiner Mannschaft war den 24. d. Nachmittags der Schiffsherr S. in Schandau beschäftigt einen am User gelegenen Mastbaum hinab in die Elbe zu rollen. Während dieser Baum ins Rollen kam, lief das im vierten Jahre stehende Töchterchcn S's darauf zu, umklammerte denselben in der Angst und ward von ihm erdrückt, so daß es alsbald seinen Geist aufgab. — Als der Knecht des Gutsbesitzer Behrisch in Bernsdorf bei Moritzburg vorgestern Abend mit seinem Geschirre in das Gehöfte cinlcnkte, fuhr ihn: im Hofthür ein Kinderwagen zwischen >ie Pferde, welcher von diesem zertrümmert und das darin bc endliche Kind bis ans Jauchcloch geschleppt wurde. Wie ein Wunder blieb bas Kind unbeschädigt. — f Oefsentliche Gerichtsverhandlungen vom 26. April. Heute sehen wir leider eine alte Mutter mit ihren: Sohne auf der Anklagebank sitzen. Der Diebstahl, den sie begangen, ist einer der großartigsten, die wir seit I men gehabt; es handelt sich um ausgezeichnete Entwendung ve- mehr als 5000 Thlrn. in Staatspapieren, Cafflnscheinen uni baaren Münzen. Der Sohn, Friedrich August Claus, 31 Jahre alt, war als Oekonom bei seinem Bruder, dem heul ebenfalls als Zeugen anwesenden Gutsbesitzer Johann Gottlob Claus, wo er auf dessen Gute in Groß-Kautsch die Land wirthschast betrieb. Heute erscheint er ziemlich elegant geklei det Ganz anders erscheint uns die alte Mutter in ihren echt bäurischen Kostüm. Der Kopf, der altehrwürdig erschei ncnden Matrone ist dicht mit Tüchern umhüllt, so daß sü schwer hört. Sie schwankt langsam und schwach vor den Ge richtshof hin und bleibt während ihrer Vernehmung sitzen Sie spricht mit zitternder Stimme und bei ihrem Eintritt ir den Saal herrscht tiefes Schweigen, Aller Augen sind auf di« unglücklichen Zwei gerichtet. Mit ihrem Mann;, der 183l starb, hatte sic drei Kinder, von denen das eine, eine Tcchtei ebenfalls todt ist. Nach dein Tode ihres Mannes zog sie naci Groß-Kautsch und wurde Wirthschastenn bei Johann Gottliel Patzig, dem Verletzten, der, nachdem er sein Grundstück der kauft hatte, mit der Wirthschastenn Claus in ein Auszügler HauS zog. Zum heutigen Terrrzm sind 10 Zeugen erschienen eigentlich sollten eilf erscheinen; der Eilfte, der Verletzte eben konnte aus natürlichen Gründen nicht kommen, da er schor im Grabe liegt Wie schon gesagt, wohnte der Gutsbesitze Johann Gottlieb Patzig in einem Auszüglerhause zu Groß Kautsch, allein mit der alten Johanna Christiane Claus D> er noch ein Gut in Wittgendorf hatte, so begab er sich an 7. November 1864 dahin, um dort zum Rechten einmal zr sehen und blieb dort bis zum 12. November. Während die ser Zeit wurden ihm aus seiner Gcldkammer, die neben eine Vorrathskammer im Auszüglerhause in Groß Kautsch lag, meh als 5000 Thalrr gestohlen. Der Verdacht fiel auf den eber zu jener Zeit außer Beschäftigung stehenden Friedrich Augus Claus, der oft zu seiner Mutter in das Patzig'sche Auszügler Haus kam, der dort im Hause bekannt war, der dort in dei Schlafstube seiner Mutter einmal ein halbes Jahr geschlafen der wußte, daß Patzig Geld hatte, ja daß Patzig im Apri l864 erst von seinem Bruder, Samuel Patzig in Wittgendors eine Erbschaft gemacht. Claus will nicht gehört haben, das Gottlieb Patzig von Samuel geerbt, will auch keine Idee da von gehabt haben, wo bas Geld des Auszüglers lüge. Un ter Len gestohlenen 5000 Thalern befanden sich auch 4 säch fische Staatsschuldscheine, deren Nummern alle mit 85 an fangen. Man fand nämlich eine Oeffnung in der Geldkamme Patzigs. Durch diese Oeffnung muß das Geld herausgehol worden sein. In die vor der Geldkamnrer lügende Voiralhs kammer konnte man leicht gelangen, da die alte Claus ja de, Schlüssel dazu hatte. Seit dem 25. Oktober 1864 war de junge Claus bei seine n Bruder Gottlob in Groß-Kautsch, wei er keine andere Beschäftigung hatte. Zur Nachtzeit hätte e wohl unbemerkt das Haus verlassen können, obgleich er be Hauptei, das hätte Wohl Jeder merken können, da der Schlüs sel sehr viel Geräusch beim Umdrehen mache. Claus wußt genau, daß Patzig die Zeit vom 7. bis zum 12. Novbr.in Wittgen dors zubring?, wenn er aber zurückkehren wollte, davon hatte e und seine Mutter gar keine Ahnung. Während der Abwesen heit Patzig'S kam der junge Claus öfters zu seiner Mutte in das Auszüglerhaus Patzig's auf Besuch. Er schien jzber Haupt dort mehr, als einheimisch zu sein; denn er gerirt sic heut sogar als Pflegesohn, als ßolchen hätte ihn Patzig gerade zu b,handelt, als solchen hätte sich Patzig mehr als einma mündlich Locumentirt. Ja, Herr Advocat Kuntzsch geht noc weiter, er spricht sogar von dem Umstände, daß der junge Clau wohl ein unehelicher Sohn der alten Claus sein könne, zu der Gottlob Patzig der Vater sei. Diese Ansicht wird aber naä und nach geschwächt. Der Verdacht des ausgezeichneten Dieb siahls fiel deshalb auf den jungen Claus, weil er sehr die Geld zeigte; denn es wurden bei ihm vorgefunden: 4 sächsisch Staatsschnldsche'ne, ä 400 Thlr., ein Sparkassenbuch, lauten! auf Leberccht Porsdorf, mit Einlagen von 55, 2) und 8t Thalern; ein Sparkassenbuch, lautend auf seinen Namen August Claus, selbst, mit Einlagen von 50 und 89 Thalern dann 25 Thaler in Caffeoanweisungen und 24 Thlr. 29 Ngr 9 Pf. baareS Geld. Der Betrag wird etwa die Höhe voi 7^0 Thalern erreichen. Claus befragt, ob er den D'ebstah icgangen, antwortet mit einem lauten kräftigen „Nein!' Uebcrhaupt stellt er durchweg Alles in Abrede vom Lnfan sis zu Ende und bringt oft so wahrscheinliche Erzählung?' deren Glaubwürdigkeit man fast gar nicht bezweifeln kan Ebenso hält sich die Mutter, sie will von nichts wissen ui antwortet ebenso rffen und furchtlos, wie ihr Sohn, trotzdei daß Beide nicht zusammen, sondern Jedes einzeln vernommei