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Nr. U4. Zehnter Jahrg. lUL» Montag. 84 April 18SS. MßeiM: ^ «glich früh r Uhr- Kpsttatr Mrdtn «gearmmr«: »WA»en»» ».«««— tag» »»« Mittag» 1» Uhr: «attenstra,» IS. ASonnemntt: «rttrljührlich rON-p. bei umntgcldlicherLir-« Irrung in'« Hane. Durch dir Kknigl.Post »iertrljLdrtich S2 Rgr Siurrkir Nummer» I Rgr. «nrrig. in dies. Blatt«, »a, jehtt, U.E Irrmptarr» erscheint, Gabe» riur rrs«l-rrtch« Brrdrritnng. Tageblatt für Unterhaltung nnb Geschiistsverlehr. Mitredatteur: Theodor Arabisch. Inseratenpreise: Für dru Raum riuer gespaltenen Zrilr: 1 Ngr- Unter „Singe- saudt" dir Zril« r Kgr. Druck uud Sigeuthum drr HrraoSgrbrr: Mkpsch Hk Nelchardt. — Verantwortlicher Rrdactrur: JullNS Rrichsr-t. Dresden, den 24 April. — Im hiesigen Hosthrater wird morgen, Dienstag, Mrherbrrr « große Oper: „Der Prophet' in Scene gehen, jene» musikalische Werk, wo Meherbeer eine ganze geschicht lich« Periode mit seinem Geiste neu in'» Leben zurückrief. Wen» in „Robert der Teufel" die romantische Poesie des Mittelalter» noch einmal heraufbeschworen wird, wenn dort Sie christliche Fabrlwelt de» Aridst mit ihren Dämonen in Heroldgytalt, ihren Talismanen, mit ihrem Teüfel in Menschen- htille, tmS Aug' und Ohr erfüllt, wenn dort vor dem auf erhabenenHrgrlkküiigen getragenen christlichem Sinne der Geist de» BöseMveichen muß; wmn in den Hugenotten der Sieg einer neum, kräftigenden Weltidee über starre ausgelebte For men, da» ewige Recht de» Protestieren» verherrlicht ist, so tritt uns im Propheten da» stets'nach Freiheit und Gleich berechtigung ringende Volk und der Mann aus dem Volke entgegen, der eS seinem Ziele entgegenführen möchte, wie es stets durch den Egoismus Einzelner wieder zurückgeschleudert wird. Und diese großen Gebilde der Vorzeit werden getragen von Wirklichen Charakteren, nicht von Schablonenfiguren, zärt- licheiwWätern und Müttern, verabschcuungswürdizen Jntri- guanten, von überseligen oder überelenden Liebenden, sondern von solchen Gestalten, die eine innere Nothwendigkeit in sich tragen, die eben nur sie selbst sind, und nicht anders sein können, von einem Bertram, einem Marcel, einer Fides. Was im Propheten noch schärfer hervortritt, als in früheren Opern, ist da» bei drr Sache Bleiben, der große einheitliche Gang der Handlung, die sich rasch und folgerichtig entwickelt. Alle musikalisch» Gelegenheitsmacherci hört hier auf. Mitten im Recitativ läßt Meherbeer seinen Helden ohne Applaus scheiden, um ihn in da» meuterische Lager eilen zu lassen. Da» furz» Skiös»- vertritt die Stelle drr langen Arie, da» Recitativ wird mannigfaltig und interessant durch charakte- rifirende Stellen und in den großen Volks scenen de» ersten und vierten Akte» übertrifft Meherbeer Alles, was er ge schrieben. Aber auch an äußerlichen sinnenberauschenden Mitteln bittet die Oper mehr al» die früheren, eine Oper aher, die wie der Prophet durch da» reine, heilige Gefühl der Mutterliebe getragen wird, welcher der Componist aus tiefer Seele verklärende und erhebende Töne lieh, eine solche Oper bedarf keiner aufgehenden Sonne, keiner Schlittschuh- tänze, um auf das Publikum zu wirken. — DaS Interesse für das erste deutsche Sängerbundes fest ist sichtlich im Zunehmen. Nachdem der WohnungSaus- schuß für da» Eängrrfest in Folge des von ihm erlassenen öffentlichen Aufrufe» bereit- verhältnißmäßig sehr bedeutende Anerbietungen zur Aufnahme von Sängergästen hat cntgegen- nehmen können, wird jetzt sicherem Vernehmen nach in den allernächsten Tagen eine Reihe von öffentlichen Sammelstellen in bequem gelegenen leicht zugänglichen Geschästslokalien be kannt gemacht werden, wodurch rS einem Jeden noch mehr erleichtert wird, sich mit Wohnungsanerbietungen oder Geld beiträgen zu beteiligen. Man kann diese Absicht des Woh- nung»au»schuss«r wohl nur mit Freuden begrüßen; es läßt sich erwarten, daß durch diese Maaßregel den Wünschen des Publikums nach leichterer Bethätigung ihres Interesses an der Suche begegnet wird. — Bekanntlich hat der Wirthschafts-Ausschuß vom Sän> gerfest die Idee: Münzmarken im Preis von 1j und 2^ Ngr. ausgeben zu lassen, welche man sich rinwechseln und statt baaren Geldes auSgeben kann. Auf die Ausführung dieser -Idee rinzugehen, trug da» Finanzministerium Bedenken, weil hie Nennung: 15 Pfennige und 24 Nrugroschen ein Eingriff in da» Münzrecht sei und zu Conflicten führen könne. Diesem gegenüber hat der Ausschuß nun einen Ausweg darin gefun den, daß «an den Grldwerth auf der Marke durch halbe und ganze Musiknoten andeutet und diese inzwischen der fünf No tenlinien zu stehe« kommen. Mithin eine noch nie dagewesrne musikalische Münze, die sich gewiß viele Theilnehmer am Vängerfest «l» Andenken mitnehmrn werden. — Wie wir aus sichrer Quelle erfahren, beabsichtigt ein «vernehmender Spekulant da» von dem hiesigen Zimmermeister und Architekten Herrn Eduard Müller angefertigte und jetzt «pf dem böhmischen Bahnhofe aufgestellte Modell zur Sänger- Hölle zu« Zweck der weitern öffentlichen Ausstellung an sich ^» bringen, und hat derselbe dem Comitö bereits einen Kauf preis von Eintausend Thalrrn geboten. — Wie der Augenschein lehrt, sind wie Bauarbeiten in dem alten Galleriegebäude am Jüdenhof in» Stocken gerathen. Verläßliche Quelle« melden, daß die in diesem Gebäude zur Aufnahme de» historisch,« Museum» und der Porzellansamm- luyg bepimmtn» Räume al» völlig unzureichend sich erwiesen habe», und daß man an. kompetenter Stelle darüber, ob und wie dem Raummangel ^geholfen werden könne, noch zu keiner Entschließung gekommen ist Aehnliche und augenscheinlich «"besiegbare Schwierig»«, ten pellen sich der Ueberfirdelung der Königlichen Meißner Porzellanniederlage aus dem Brühl'schen Palais in das neue bereits mit Wappen und Inschrift ver sehene Lokal auf der Schloßstraße entgegm. Unbestreitbar hat man also Weber in dem einen noch in dem anderen Falle vor Beginn der Bauten über die Raumerfordernisse sich verge wissert, und die Hoffnung, das alte Galleriegebäude auch von Außen restaurirt zu sehen, dürfte sich in nächster Zeit wenig stens noch nicht erfüllen. — AuS Hannover schreibt man uns: „Unter mehreren Gastspielen in den letztvergangenen Monaten wurde uns neuer ding» ein solches von Fräulein Hänisch vom Dresdner Hof theater zu Theil. Fräulein Hänisch gehörte früher unserer Hofbühne als Mitglied an. Sie trat am 19. April in der Nachtwandlerin auf. Das Publikum bewies sich jedoch über aus kalt und unempfänglich für diese Leistung der sonst so schätzbarm und lirbenSwürdigm Künstlerin. Dagegen wurde Herr Gunz, der nach seiner Rückkehr von Dresden am 20. April in der Zauberflöte hier wieder auftrat, für seine Leistung mit stürmischem Applaus und wiederholtem Hervorruf ausge zeichnet." — Immer weiter greif,« die Erfolge, welche die durch die „Expreß-Compagnie" vereinigten Dienstmann-Jnstitute in der Ausbildung des von ihnen g-fördeiten wichtigen Verkehrs mittels erzielm Die eben erschienene neueste Nummer des „Corresponden.blatteS d. D-J." giebt hiervon Witterum die sprechendsten Beweise durch einige Verordnungen von Behör den, durch Artikel über innere Institut-Angelegenheiten und eine reichhaltige Corresponden, au« nahezu 30 Städten. Be- mrrkenswerth ist, daß da» Princip der festen Löhne immer mehr zur Geltung gelangt und wo irgend «in D.-Jnst. er richtet wird, ist es diese Grundlage, auf welcher sich ein Damm gegen da» keinen Zusammenhalt bittende Abgabesystem erhebt. Ferner berichtet das C.-Bl über mehrfache Engage ments der D.-J. für Eisenbahnverwaltungen; in Dresden ist das I. Dienstmann-Institut bekanntlich auch für die Dampf schifffahrt engagirt. Der Verband der Expreß-Compagnie zählt jetzt bereits 72 Städte, während die Anmeldung neuer Institute immer fortdauert. Der Anschluß der Schweizer Institute ist demnächst zu erwarten. Gleiches bereitet sich in sämmtlichen größeren Städten Hollands vor und wird schon am 1. Mai das «rste Expreß-Büreau in Rotterdam eröffnet werden. Selbst in Frankreich ist man auf das deutsche Dienst mannwesen, wie eS in würdiger Haltung durch die Expreß- Compagnie gefördert wird, aufmerksam geworden und hat sich von Marseille aus an das Dresdner I. D-J. gewendet, um Unterlagen für ein gleichartiges Unternehmen in der berühm ten Hafenstadt zu erhalten. Wir können nur wünschen, daß die Bestrebungen der vereinigten D.-J., welche durch das Correspondenzblatt zu allgemeinerer Kenntniß gelangen, von immer wachsenden Erfolgen begleitet sein möchten. — Gestern Vormittag um »1 Uhr jagte auf dem Bautz- ner Platz ein Hase herum. Wie Freund Lampe von seinem Brachfeld in die Residenz gekommen, das mag der Geier wissen. Als er die Aufmerksamkeit des Publikums immer mehr erregte, da zog er die Löffel ein und rannte stracks die Königstraße hinunter und grade auf das japanische Palais zu. Ob er hier der Bibliothek einen Besuch abstatten, oder sich im Por zellan- und Antikencabinet umsehen wollte, das war nicht zu erkennen, bis er sich in den Palaisgarten flüchtete, wohin ihn die Sch.ldwache rennen sah, vor welcher er großen Respekt zu haben schien. Königliche» Hoftheater. Am 23. April. Durch Wiederaufnahme von Shakes peares „Komödie der Irrungen," das in der Bearbeitung von Holtet neu einstudirt am Sonnabend in Scene ging, ist dem Repertoir rin schätzenswerther Gewinn zugeführt worden. Dieses wahrhaft lustige Lustspiel, das sich in einzelnen Scenen fast der Posse nährt, das dem blinden Zufall einen weiten Spielraum gewährt, ist einem Lustspiel des Plautus nachge bildet, aber von Shakespeare, zu dessen Erstlingswerken es zählt, in einem bunten Durcheinander von Zufällen noch be deutend verwickelter geworden. 2 Zwillingsknabenpaare, das eine Paar einem Kaufmann gehörend, das andere Paar von einer Sklavin geboren, werden auf einer Seereise so von ein ander getrennt, daß mit dem Vater der eine seiner eignen Zwillinge und ein Sclavenzwilling nach der Heimath Syra- kuS gelangt, mit der Mutter der andere eigne und der andere Sclavenzwilling noch Corinth verschlagen wird. Die Herren- jwillinge heißen beide AntipholuS, die Sclavenzwillinge beide vromio. Die Syrakuse AntipholuS und sein Sklave Dromio »«geben sich nun auf Reisen, um ihre Brüder zu suchen und kommen auch nach Ephesus, wo diese sich befinden. Da sie aber 7 Jahre lang nichts von sich hören lassen, geht ihr Vater auch auf die Suche, um wenigstens den einen Sohn zu haben. Nach Ephesu» darf aber wegen einer Feindschaft zwischen dm Städten bei Todesstrafe oder nur gegen hohes Lösegeld kein Syrakuse; drr alte Kaufmann wird als Syrakuse erkannt und zum Tode verurtheilt. Inzwischen aber ergeben sich, da beide Zwillingspaare einander täuschend ähnlich sind und von aller Welt, selbst von der Frau des einen verwechselt werden, die . drolligsten Mißverständnisse, sodaß schließlich Jedes an dem ^ Verstände des andern irre wird. Zum Schluß treffen die ! beiden Paare zusammen; allgemeines Erkennen und Wieder» >' finden, selbst die Mutter der AntipholuS taucht als Aebtisfin / eines Klosters auf, der alte Kaufmann wird gelöst und be freit. — Das eine Zwillingspaar wurde durch die Herren Koberstein und Deitmer vertreten. Wenn früher die Gebrü der Eduard und Emil Devrient in diesen Rollen zum Ver- I- wechseln ähnlich gewesen sind, so läßt sich von den dießmaligen',' Darstellern das Gleiche nicht behaupten. Zwar Kleidung. ,, Haar, Bart und Statur waren genau dieselben, aber schon , die Gesichtsähnlichkeit ließ vieles zu wünschen übrig. Hätte Herr Koberstein neben einem Maler gesessen und dieser das Ge sicht des Herrn Deitmer auf Leinwand gebracht oder umge- / kehrt, so würde man am Maler alles Andere, nur nicht.j das Talent zum Treffen loben. Was nun aber gar Gesten, , Ton und Sprache anlangt, so vereitelten die beiden Darsteller , durch die Verschiedenheit desselben die Möglichkeit zu glauben »> daß ein großer Theil dieser Irrungen geschehen kann, weil dies' , auf der Gleichheit von Bewegung, Ton und Sprechweise beruhen z Anerkennung aber sei ihrem Spiel gezollt, namentlich spickt f' Herr Koberstein mit vieler Wärme. Eine frappante Aehnlich , keit hingegen brachte das Sclavenzwillingspaar, die Herr« » Kramer und Räder, hervor. Hier gelang die Täuschung voll j 1 ständig, auch im Publikum herrschte minutenlanger Zweifel - ob man Herrn Kramer oder Herrn Näder vor sich sähe, uni die Worte des einen Zwillings: „Ich verwechsele mich selber ,' entsprachen ganz der Stimmung der Zuhörer. Es scheint, al z § ob das häufige Zusammenspiel beider Herren in Possen ein solche Uebereinstimmung derselben hervorgebracht habe. Nimm ,4 man dazu, daß ihr Spiel ein höchst gelungenes war, so wa f- der Beifall, den sie fanden, nur ein wohlverdienter. Ei würdiger Kaufmann war Herr Winger, ein stattlicher Herzo ^ s Herr Walther, auch Herr Meister als Goldschmied und Her Seiß als Doctor Zwick waren nicht übel. Frl. Langenhau würde ihrer Nolle gerechter geworden sein, wenn sie dari ^ die keifende Frau mehr hätte durchführen wollen; die Fr,. Berg und Guinand spielten zufriedenstellend. — Vorher gin - das lermoyante, überaus ermüdende Dramolet von Hahn „Ji - Vorzimmer", das sich nur durch eine so fleißige und saub« , durchgeführte Partie, wie dieser Ehregott Jeremias Knal x'ä des Herrn Jaffo war, halten konnte. Den specifisch preußische Dialekt gab Herr Jaffs nicht ganz rein, es lief viel „Mri< )>, ner Hochdeutsch" unter. , e' * In Hamburg wird die öffentliche Aufmerksamkeit so - ausschließlich durch das großartige Bauprojekt einer Priva, gesellschaft in Anspruch genommen, an deren Spitze der dur - seine Bestrebungen für die dortige demokratische Partei b , kannte junge Advokat vr. zur. Wex steht. Diese Gesellscho x beabsichtigt, das berüchtigte Gänge-Quartier in der Neustak das ein wahres Labyrinth von kleinen, oft nur 6—8 Fr - breiten Straßen mit himmelhohen Häusern, den Sitz der g meinsten Prostitution, voller Schmutz und Elend bildet, dur ^ eine 50 Fuß breite Hauptstraße mit einigen Nebenstraßen durchbrechen. E * Sonst und jetzt. Da fällt uns eine Nummer d » Leipziger Zeitung vom 13. August 1767 in die Hand, »z ^ aus Paris als große Merkwürdigkeit angekündigt wird, d ein Pariser Künstler eine Schnupftabaksdose verfertigt ha! in deren Deckel ein Glockenspiel angebracht sei, welches fü st'. Melodien spiele. — Wenn dieser Künstler und die damalig Bewunderer hätten alles Das hören und sehen können, w st^ jetzt zu Dresdm die Herren Kauffmann u. Sohn in solch.»/'' Dingen liefern; nicht nur einzelne Dosen, sondern ganz selbst' spielende Musikwerke, bewegt vom gehcimnißvollsten Mechan,,, mus, ein ganzes vollstimmiges Orchester! M * Die Pariser Omnibus-Gesellschaft hat eine Dividen-->1 von 70 Fr. per Actie (gegen 7l Fr. 1863) declarirt. V st/! den erwähnten 70 Fr. sind bereits 25 Fr. abschläglich beza! 1 und der Rest wird am l. Juli ausgetheilt. Die befördert Passagiere im Jahre 1864 ergaben die enorme Anzahl v' 99 Millionen Personen. Die Gesellschaft beabsichtigt, i Capital zu vergrößern und will zu dem Zweck eine Anlk' j, ' aufnehmen. v. Or. »4. HU «Rt«r «vu., Warst 4RULT-UNIIUKN Hausstr8,l.,1ägl V.9-11U.3—4 Ag , ^ Bodenbacher Bier * Ramprschestraße Nr. 6. (Töpfchen 2 Ngr.)