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1-» «L ttL. * ru', s >)> MWü: 7 M - K»sera1t , > »«Pen »ng«n»»m«nr »tt«»r«d» »,«-»«- t«,» »i« Mittag» . 1L»hr« «—ienftra»« 1». dies. Blatt«, d.» jetzt 1, U.tXXt «krmpian» erscheint, fiutzruelneersetgreichr verdreitnng : nc. tg.- okymrr lml. Jitsttzst. Freitag S1. April 1885 Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredactenr: Theodor Drolnsch. Druck und Sigenthum der Herausgeber: Llkpsch Nelchardt. — BerantwvttUcher Redacteur: Julius Ntilhardt» Movnemnü: «krteljätzrüch 2a«gr. bei mieutgeidiicher Lös» serung iu's Hau». Durch di» gönigl.Past virrteljLtzrlich 22 Ngr Sinzetn« Rümmer» 1 Ngr. Anseratenpretse: Für den Raum ela« gespaltenen Zelle: 1 Rgr. Unter „Tinge- sankt" die Zeile r Rgr. D*«sd<«, de» 21. April. — Orffentlichr Sitzung der Stadtverordneten am 19. April. DaS Finanzministerium ist gewillt, gegen eine -ewiffe Entschädigung, der Stadt den bisher fiscalischen Bi- schos-weg sowie die KönigSbrücker Straße zu überlassen und hat dies dem Stadtrath miigetheilt. Letzterer will hierüber erst die Ansicht der Stadtverordneten hören, deren VerfassungS deputation die Angelegenheit prüfen wird — Dem zum Di rektor an der 7- Bezirk»- und 5. Armenschule destgnirten Herrn Lehrer Fischer, der bereits seit 1851 als städtischer Lehrer Hierselbst wirkt, wird die AnftrllungSprobe auf Vor schlag der VerfafsungSdeputation zu erlassen beschlossen. — Unterm 14. Oktober 1863 richtete das Stadtverordneten Col legium eine Anfrage an den Stadtrath, warum er den gün stigen Wafserfland diese- Jahre- nicht zur Reparatur der Augupusbrücke benutzt. Im Juli 1884 antwortete der Stadt rath hierauf, daß er über diese Angelegenheit dem Collegium einen ausführlichen gedruckten Bericht deS Stadtbauamtes zu kommen lassen werde. Dies ist auch geschehen; diesen Bericht hat die Versassungsdeputation nun geprüft und sie schlägt dem Collegium vor: in der Erwartung, daß der Stadtrath künftighin dir Brückenbautrn mehr beschleunigen und auf recht lichem Wege die fiScalischen Behörden zur Beschleunigung an hallen würde, bei der Mittheilung es bewenden zu lassen. Ebenso beschließt das Collegium auf Vorschlag der Versassungs deputation, mit der Nückä«'ßerung des Stadtrathes auf die wegen Beschaffung der.Mittel zum «v. Umbau der Augustus- brücke ergangene Ministnialverordnung sich einverstanden zu erklären. - Zur Ausführung der Behufs Shflematisirung der Schlrußenanlagrn auf dem linken Elbufer erforderlichen Nivelleptentsarbeiten werden 600 Thlr., zur Verbreiterung eines TrarteS der Blumenstraße 123 Thlr. bewilligt. Nach Bortrag einiger Petitionen waren die Gegenstände der Ta gesordnung für di« öffentliche Sitzung schon erledigt und eS folgte noch eine geheime Sitzung, für welche drei Berathungs- gegrnflände Vorlagen. — In der Zeit vom 7. Juni d. I an bis mit dem 27. desselben Monats bleibt das Königliche Hostheater laut Bekanntmachung der K. Generaldirectin geschloffen. — Herrn Hofkapellmeifter C. Krebs hat die k. schwedische Akademie der Musik, „welche rS sich — laut dem betreffenden Diplom — zur Pflicht und als einen Gewinn anrechnet, diejenigen Personen, welche die Tonkunst mit Er folg ausüben oder auf eine ausgezeichnete Art hegen, zu be rücksichtigen und sich zuzueignrn", zum Mitgliede erwählt. — Am 18. April versammelte sich in Meinhold'S Saale der hiesige Kampfgenoffen. Verein zur Gedenk- und Siegesfeier au die Erstürmung der Düppler Schanzen am 13. April 1819. Die Frier vereinte die Veteranen, um iy würd'g-ernster Stim- viung der gefallenen Kameraden und der unter ihnen weilen den Invaliden in liebevoller Hingebung zu gedenken. An ein Paffendes Musik-Programm, von dem Musikchor der Infanterie- Brigade Prinz Georg gut auSgesührt, schloß sich eine Festrede, von einem der Veteranen gesprochen, welche hauptsächlich de» FeldzugS gedachte. Kräftige Hochs auf Se Majestät den Känig. Kronprinz Albert und Prinz Georg, General v. Heinz, Generalleutnant v. Hake und auf das grsammte Olfizier-Chor der Armee folgte die Sachken-Hhmne und das Lied Schleswig- Holstein. Hierauf wurde der Ball eröffnet, gegen 11 Uhr begann die Tafel, bei welcher einer der anwesenden Invaliden im Namen seiner Leidensgefährten den Dank aussprach für die liebevolle, kameradschaftliche und gastliche Aufnahme. Am Schluß der Tafel wurde von der Frau eines Invaliden eine Sammlung für dir Gräber.der gefallenen Kameraden veran staltet, und mit biederem Herzen opferte ein Jeder nach sei nen Kräften. Der weitere Ball verlief in heiterer und gesel liger Stimmung, auch hatte die Damenwelt ihr schönstes Con- tingent gepellt. — Kaum ist der Schnee aus den Straßen verschwun den, so tritt die leidige Plage des Sommerstaubes ein. Mit Dank muß e» daher anerkannt werden, daß die Verwaltung der Leipzig-DreSdner Eisenbahn in ihrem Terrain und d.n benachbarten Straßen schon fleißig mit eigens hierzu gebauten und ihr rigenlhi'imlich zugehörigen Wagen sprengen und somit dm Staub möglichst unschädlich machen läßt. Leider vermißt man noch andere Sprengwagen auf den staubigen Straße» der Vorstädte. Dort legt der lästige Staub den in den An lagen mit Gewalt hervortretenden Alüthen des Frühlings schon Mieder den Todrikrim in da- Herztzind macht sich als Plage für Menschen und Thiere geltend. 4- — Der Herr Staatsanwalt H«mze wird, wie wir hören, schon in den nächsten Tagen Dressen verlassen und nach Leipzig überstrdeln, um daselbst die ihn übertragene Professur anzutreten. Er wird in dem bereits begonnenen Semester über Criminalrecht und Criminalprozß Vorlesungen halten. I» Betreff seines Nachfolger» circuliren die verschiedensten, sich widersprechenden Gerüchte. Wir glauben versichern zu löanen, daß bis jetzt hierüber noch keine definitive Entschlie ßung vorlirgt. — — Den Photographen hiesiger Stadt diene zur Warnung, daß auch ihre mit Photographie«» versehenen Schaukasten an sangen, vor den Blicken habgieriger Diebe Wohlgefallen zu finden. UnS ist der Fall miigetheilt worden, daß neulich bei einem hiesigen Korbmachergesellen verschiedene Photographieen vorgesunden worden sind, die aus einem Schaukasten herrühr ten, den er vor unlängst auf derselben Gaffe gestohlen hat. — — Ein komisches Intermezzo begab sich vorgestern vor dem Affenhaus im zoologischen Garten, wo sich rin kurzsich- tichcr Schullehrer aus dem Gebirge die kratzenden und kei fenden Insassen etwas näher betrachten wollte. Während die- geschah, hatte cs so ein langarmiger Pavian auf seine Brille abgesehen. Im Nu riß er ihm solche von der Nase, begab sich damit in eine Ecke seines Kastens und zerbrach mit großer Fingerfertigkeit die Brille in viele kleine Stücke. — Am 15. April feierte der hiesige Hofschneider-Meister Herr Carl Friedrich Schneider (Firma: C. F. Schneider L Sohn) im Kreise seiner Familie sein fünfzigjährige« Bürger-Jubiläum. Von Seiten des Nathek durch Herrn Oberbürgermeister Pfoten hauer beglückwünscht und mit einem Schreiben beehrt, wurde der Jubilar auch noch durch ein ehrendes Andenken erfreut, das ihm die Innung durch ihren Oberältesten spenden ließ. — Den 19. d. M. früh nach 4 Uhr, als sich die Be wohner noch im Schlaf befanden, brach in der Scheune des Gutsbesitzers Spanntig in Arstadt Feuer aus und legte die selbe nebst der des Gartenbesitzers Müller in Asche. Dem günstigen Winde und der schnellen Hilfe war es zu danken, daß weitere Gefahr abgewendet wurde. Sämmtliche Stroh- vorräthe, mit denen Ke Scheunen angefüllt waren, sowie mehrere Ackergeräthschaften gingen in Flammen auf. — De kürzlich hier in L. Wolf's Buchhandlung er schienene Broschüre „Preußische Politik der letzten hundert Jahre" wurde sofort nach ihrem Eintreffen in Preußen verboten und die ausgcfundenen Exemplare confiscirt. —'Vorgestern Abend gegen 7 Uhr bemerkte man von vielen Orten aus die interessante Erscheinung einer Nebensonne, welche sich in nicht allzuweiter Entfernung von der wirklichen Sonne deutlich am Firmaments zeigte. — Gestern Nachmittag nach 4 Uhr hätte nahebei der neue Bassin am Näcknitzplatze schon ein Opfer gefordert, indem ein Knabe daselbst in's Wasser stürzte, rechtzeitig aber noch von zwei hcrbeieilenden jungen Kameraden gerettet und nach Hause gebracht wurde. — Gestern Morgen gegen 5 Uhr ist am Hier der Elbe, uuweit der ersten Landungsbrücke der Dampfschiffe ein Da menhut nebst Mantel von Elbschiffern aufgefunden worden. Plan vermuthet, daß die Besitzerin dieser Kleidungsstücke die selben dort abgelegt und nachher in der Elbe ihren Tod ge sucht hat — Vorgestern gingen auf der Magazinstrabe ein paar Pferde mit ihxein Wagen durch. Sie wurden auf dem Vautzner Platz von einem gelben Dicnstmann aufgcfangen. Abgesehen von einigen Beschädigungen der Promenaden und Anlagen ist ein Unglück dadurch nicht hcrbeigeführt worden. — Vorgestern wurde ein bekannter Bettler erwischt, als er am See mehrere an einem Verkaufsladen aushängende Gegenstände heimlich abriß, unter seinen Rock versteckte und darauf sich in ein Nachbarhaus flüchtete. Man zog ihn aus seinen: Versteck hervor und übergab ihn der Polizei. — In größter Thätigleit sieht man jetzt em paar mun tere Waldtauben auf einer Linde der Hauptstraße, gegenüber der Kirche, die sich vielleicht für immer — ihr Nest auf jener Linde aufbauen. Der große Schneefall, der jede Nahrung für Wild und Vögel deckte, hat gewiß die Thierchen gezwun gen, ihre Heimath zu verlassen. — -f Gestern überfuhr eine rasch fahrende Droschke auf dem Altmaikt eine alte Frau in der Nähe der Löwenapotheke. Anscheinend war die Frau Anfangs nicht beschädigt, mußte aber doch duich Dienstmänner in die Apotheke geschafft wer den. lieber ihr Befinden verlautet zwar noch nichts Weiteres, aber die Frage drängt sich auf: Wird den Kutschern das Verbot dos leichtsinnig schnelle Fahrens und UmbiegenS um die Ecken nicht einmal wieder ernstlich cingcschärst werden? — i Am Nachmittage des gestrigen Tages gegen 2 Uhr fand die Ostra-Allee entlang eine wilde Jagd statt. Das gehetzte Wild war ein Knabe, der einen Nock festhielt, den er jedenfalls gestohlen hatte. Er riß aus und die Menge lief ihm unter dem bekannten Rufe „Halt auf, halt aus!" nach. Er stürzte in ein HauS der Ostra-Allee, wurde dort erwischt und arretirt. Das Uebrige wird sich finden. — -s Ein seltsamer Ausverkauf, bei welchem ein ebenso seltsames Aushängeschild figurirte, fand gestern auf dem Neu markte statt. Ein Dörfler war mit seinen langen Vretwagen, einer wahren Arche Noah's nach der Residenz gekommen, hatte Kartoffeln geladen und di« Absicht, diese poprmes ckv terre an d» Residenzler zu verkaufen. Aber der Nordhäuser der Stadt hatte ihn zu sehr angelockt und da er diesen Lockungen wahr scheinlich nicht widerstehen konnte, hatte er seinen Wagen ver lassen. die Rößlein stehen kaffen und an die Brritieitr, etwa 6 Zoll unter Bord, stand mit Kreide angeschrieben: „Jetzt bi» ich besoffen Das Geschäft wird erst Nachmittags eröffnet. Der Scheffel Kartoffeln kostet 25 Ngr, die Metze 15 Pfennige!" — s vesfentliche Gerichtsverhandlungen vom 20. April. Auf die Anklagebank tritt der Handarbeiter Ju lius Ernst August Seidemann aus Dresden, 22 Jahr alt. unverheir >thet, mehrfach polizeilich bestraft. Seidemann ist ein kleiner, untersetzter, starker Mensch mit entschiedenem Cha rakter und bestimmten Anworten, die ihn womöglich noch tiefer in's Dilemma hineinreiten. Vier Zeugen sind erschienen, zwei CriminalgenSdarme, der Wachtmeister Johann Gottfried Schuster und der Criminal-Polizoicommisianus vr. Urban. Am 9. März dieses Jahres, Abends um 7 Uhr wurde Seide mann von einem der anwesenden Criminalgensdarmen, Namens Walter in dem Kaskel'schen Hause aus der Wils drufferstraße betroffen. Er war eigentlich damals Inwohner der städtischen Arbeilsanstalt, hatte Urlaub genommen, aber keineswegs mehr die Absicht, in dieselbe zurückzukehren. Waller arretirte ihn. Natürlich war nun für ihn die Aussicht so fort vorhanden, daß sein Urlaub aus der städtischen ArbeitS- anstalt zu Ende gehe und er selbst dahin transportirt'werden würde. Aber das wollte er keineswegs und deshalb stieß er die Drohung aus, die ihm heut aus die Anklagebank und zu schwerer Strafe führt. Er sagte nehmlich: „Wenn ich in dir städtische Arbeilsanstalt zurückgebracht werde, brenne ich da» Nest an." Diese Drohung wiederholte er nicht bloS vor de» übrigen Beamten der Criminalpolizei, sondern auch heute noch vor den Richtern und der Staatsanwaltschaft. Seidemann, befragt vom Vorsitzenden, ob er das Alles gesagt habe, er klärt mit aller entschiedenen Offenheit: „Ja, das habe ich ge sagt!" Präs. „Hatten Sie denn wirklich ihre Drohung zur Ausführung gebracht?" Angekl. „Ja, das hätte ich gethan und das sage ich alleweile noch! da drinn in der ArbeitS- anstalt ist eine schreckliche Behandlung. Das soll ein Asyl für Obdachslose sein, das ist es nicht!" Nach diesen Worten ereignete sich seit dem Bestehen der Oesfentlichkeit des Ver fahrens im Bezirksgericht der eigcnthümliche Fall, daß rin Angeklagter auf's Neue sofort auf der Anklagebank von der König!. Staatsanwaltschaft eines neuen Verbrechens bezüchtigt K urse und sich der Herr Staatsanwalt dieserhalb die Erhe bung einer neuen Anklage gegen Seidemann vorbehielt Herr Staatsanwalt Hcinze strafte ihn sofort mit bestimmten und energischen Worten und sagte: „Sind Sie denn wirklich ein so ganz verwahrloster Mensch, haben Sie denn gar keine Scheu vor Gesetz und Recht, daß Sie sich Angesichts des Gerichts hofes so frecher Redensarten bedienen?" Der Angeklagte blieb bei seiner Ansicht fest stehen. Er hatte damals sogar ein Päck chen Streichhölzchen eigends zu dem Zweck gekauft, um „da- Nest (die städtische Arbeilsanstalt nämlrch) in Brand zu stecken". Er zeigte es sogar de» Criminalbeamten und erklärte ihnen den Zweck desselben offen. „Ja, die Streichhölzchen habe ich deshalb gekauft!" Dabei bleibt er. Herr Staatsanwalt Heinze hält den Thalbestand durch die Geständnisse für fest gestellt. Er sagt, es sei kaum je vorgckommen, daß ein Mensch, nachdem er ein schweres Verbrechen begangen, dasselbe Verbreche« vor dem versammelten Gerichtshof noch einmal begehe. >Sr hebt die Festigkeit, die Hartnäckigkeit deS Verbrechers hervor und beantragt, die schwerste Strafe, die das Gesetz kennt, dafür zu erkennen. Herr Abvocat Robert Fränzel hält den heutigen Fall für einen neuen Beweis, wie wenig die städtische Ar- beits nstalt ihrem Zweck entspreche. Da drin sei kärglicher Verdienst, kärgliche, klägliche Behandlung und Beköstigung. Diese Anstalt sei die Ursache, daß Wehl alle Vierteljahre Einer aus dieser Anstalt hier auf der Anklagebank des obigen Ver brechens wegen stehe. So Mancher habe schon gesagt, er wolle lieber „die Bude anbrennen", che er wieder hineingehe. Herr Advocat Fränzel hebt schließlich noch die zeitherige ziem liche Unbescholtenheit seines Schütz'ings hervor und ist nicht für Erhebung einer neuen Anklage gegen Seidemann wegen der heutigen Worte: „Ja ich hätte das Nest angebrannt, da» sage ich allcweite noch!" Nachdem Herr Heinze und Herr Fränzel noch einmal gesprochen, verkündet der Gerichtshof um 12 Uhr das Urtel, das auf 18 Monate Arbeitshaus lautetes Als Motiv zur Thal gab Seidemann an, er habe arretirt sein wollen, um endlich einmal zu Kleidern zu kommen. — Angek indigte Gerichtsverhandlungen. Heute Vormittag« finden folgende Verhandlungstermine statt: 9 Uhr Wider Christiane Concordie verehr! Buschbcck wegen betrügerischen Bankerotts; halb II Uhr Gerichtsamt Tharandt wider den