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«r. 74. :' n.n ' »ir HM» Pß»r Me. Memt« ««w« 1»,, dt« «ttta«» 1» Uhr: ««rtinjtra-e t». «upig. in dies. Blatt«, da« jetzt i» UMV Eftemplarr» «rschriut, sind» rin« «rselgreich« B«rd«tt»n». Sehmer Jahrg. Mittwoch. IS. Mär, 186Z. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitr^acteur: Theodor Drobrsch. ^kouvement: Llerteljährlich 20Nge. d«i mikntzrldlicher AW« srrung in'« Han«. Durch di« Nönigl. Pag vi«rt«ljLdrlich 22 Rgr. Einzelne S!umm«r» t Ngr. Inseratenpreis«: Für den Raum «in«« grspallkntn Zrilrr 1 Ngr. Unter „Einge sandt" di« Ztilr L Ngr. Druck »nd Sigrnthum d«r Herau«g«btr: cp sch Nekchardt. — Bcrantwortlichtr Redakteur: Julius Reichardt. D«s»««, den 15 März. Sr. Maj. der König hat dem Leutnant a. D. und s««ali-rn Obergrenrcontroleur Wilhelm Theodor Kühn nach- dir Genrhnngung zum Tragen der Armee-Uniform sich in der siecher und — Gestern (den 13. März) beehrten Se. Maj. der König «md. Jhro Maj die Königin das Akustische Cabinet der Herren .Kaufmann L Sohn mit einem längeren Besuche, ließen sich die verschiedenen daselbst aufgestellten künstlichen Instrumente und Musikwerke zum Theil wiederholt producirrn und sprachen huldvollsten und' Gnädigsten Weise gegen die Er- Verfertiger derselben aus. — Den zahlreichen Freunden und Verehrern^ des Herrn Cantor und Musikdirektor Julius Otto ist es vielleicht er freulich zu hören, daß Er mit dem heutigen Tage sein fünf- «nddreißigjähriges AmtSjubiläum feiert. Mit welcher Kraft und Rüstigkeit waltet der Verehrte noch in seinem Amte, obgkcich das Schicksal ihm manche Dissonanz des Leben- empfinden ließ. Gewiß wünschen Alle, die ihn als Lieder- eomponift wie als Cantor ehren und schätzen, daß in die Harmonie seiner fernem Tage sich nie ein Mißton einschleiche, sondern ihm die Heiterkeit, Seelenruhe und Geistesfrifche be wahren möge, in deren Besitzthum es ihm gelang, der Ge- sangrswelt so schöne und willkommene Werke zu spenden. ' — >m vergangenen Sonntage feierte der Herr Geh. Hofrath Reichenbach in aller Stille sein goldenes Jubiläum als Dvetor der Philosophie. Er promovirte per ckiploma im Jahre 1815 zu Leipzig unter Wieland s Rectorat, seine Exa minatoren waren Llodius, Gilbert und Schwägrichen. Bald »«chher begann er seine Laufbahn als akademischer Lehrer, Doetor und Professor der Medicin und praktischer Arzt in Leipzig, worauf er seine Thätigkeit als Professor der Natur kunde »am Mär- 1820 an ununterbrochen in Dresden fort- i« Königreich Sachsen rr-^ Dicht inetrstv» der 134 Militärärzte 1108; die aller Heb ammen 1578, wovon auf den Regbz. Bautzen 283, Dresden 430, Leipzig 372 und Zwickau 553 kommen. Sftrch den Regierungsbezirken ergeben sich die Zahlen so: Regbz. Bautzen: 45 I. Cl. 45 II. Cl. 25 Civilä. 22 Apoth Dresden: 207 - 76 - 52 - 44 » Leipzig: 212 - 33 - 58 - 45 - Zwickau: 135 - 59 - 37 - 70 - in 8a. LSS I. Cl. 213 II. Cl. 172 Civilwundärzte u. 181 Apoth. — Einer neuen stadträthlichrn Anordnung zufolge dür- 'fen »an nächstem 1. April an die Jauchenabsälle der Dünger gruben nicht mehr, wie es bisher in vielen Grundstücken der Vorstädte der Fall war, in sogenannte Senkgruben geleitet werden, sondern müssen nunmehr regulativmäßig forttrans- port rt werden. Man hofft damit schon einen zweckmäßigen Schritt zur Verbesserung der Brunnen zu thun. — Der hiesige Thierschutz Verein sichert Demjenigen eine Belohnung von 5 Thalern zu, durch dessen Vermittelung zur Bestrafung de- Urbelthäters gelangt wird, welcher am vorigen Freitag Nachmittag in der Nähe des Hauses 0. im Großen Garten einen starke» Rohrstock an einem kleinen Hunde zer schlagen hat. — rg. Dresden, den 14. März. Gestern gab Fräulein BaleSca von Facius aus Königsberg, die bereits im Con- eert der Frau Schumann gesungen hatte, ein Concert, in wel chem sie den ganzen Liedercyclus: „Die schöne Müllerin", com- ponirt von Franz Schubert, unter Mitwirkung der K. Hos- schauspielerin Fräul. Löhn und de- Pianisten Herrn Friedrich Reichel, vortrug. Fräulein v. FaciuS hat einen gut ausge glichenen Mezzosopran von sympathischer Klangfarbe, reine Jnwnation und eine besonders schöne Aussprache. Die Vor führung dieser Folge von 20 Liedern hat zwar einen beson der» Reiz, aber auch etwas Einförmiges, das durch die ein gelegte Deklamation nicht beseitigt wurde. Desgleichen strebte die Sängerin darnach, durch ihren Vortrag eine größere Man- nichfaltigkrit in die einzelnen Nummern zu bringen, wie na- »entlich bei den Liedern: „Der Jäger, Eifersucht und Trockne Blumen" zu bemerken war; doch gewahrte man dann ander seits, daß ihr die Anlage zum Dramatischen und eine größere Biegsamkeit der Stimme mangelte. Den meisten Beifall fan - dm die Lieder: „Der Neugierige, Mit dem grünen Lauten- dand« und Der Müller und der Bach". In sinniger Weise sprach Fräulein Löhn sowohl den Prolog, in welchem die Per son (der Rüllerbursche) und die Scene der Handlung geschil- dert wurdr. al« auch die übrige Declamation. Ein Hauptan- tteil an diesem Conoert fiel dem Begleiter der Gesänge, Herrn Reishel zu, weicher durch angemessene und korrekte Begleitung die Sängerin wirksam unterstützte. — Ein Arzt meldet unS, daß ihm in diesen Tagen wie der zweimal hintereinander der Fall vorgekommm ist, daß ein junger und sonst gesunder, kräftiger Mann von 24 Jahren, an heftigem Kopfweh, Betäubung und Schwindel, und Tag und Nacht fortdauernder Schwäche und gänzlicher Abspan nung mit wahrer Todtenbläffe erkrankt war und für den Fall sich keine andere Ursache entdecken ließ, als das mäßige Rau chen virginischer Cigarren. Der schon seit mehreren Jahren an da- Rauchen gewöhnte Kranke hatte nichts weniger ver- muthet, als daß der Taback ihm schädlich werden könnte und dennoch war dieser auch hier ebenso die einzige Ursache ge wesen, wie in so vielen Fällen, wo der Leidende sagt: „ich weiß gar nicht, wovon ich krank bin.' Gewisse Gifte rächen sich bei gewissen individuellen Constitutionen immer und die Vorsicht, den Taback wieder so wie vor fünfzig Jahren aus den zierlichen, langen, Weißen, holländischen thönernen Pfeifen zu rauchen, ist bei dem gegenwärtigen Zustande des Cigarren wesens gar nicht genug zu empfehlen. Wenn der Taback be kanntlich dreierlei tödtlich wirkende Gifte enthält, so erfordert es die Klugheit, der intensiven Einwirkung derselben sich mög lichst entziehen zu müssen, was durch jene weißen holländischen Thonpfeifen zweckmäßig geschieht. Die drei Gifte sind 1) ein flüchtiges Oel, Schwindel und Erbrechen erregend; 2) das Nikotin, jenes furchtbare flüchtige Alkoloid, von dem ein ein ziger Tropfen Thiere und reizbare Menschen tödtet und dessen einziger Tropfen verdampft, die Lust eines Zimmers irre- spirabel macht. Mit dem Rauche von noch nicht einem halben Loth Taback, kann man nach Maßgabe der Sorte 2 bis 8 Gran des Giftes einziehen. Es mag wahr sein, daß manche Raucher sich daran gewöhnen, aber vielleicht 30 Procent gehen nach und nach daran zu Grunde und verstechen, sie wissen nicht aus welchem Anlaß dies geschehen; 3) ein brenzliches Oel, seine Vergiftungsweise ist der der Blausäure ähnlich. Virtuosen, im Cigarrenrauche», welche den ganzen Tag über ihre Kunst üben, bereiten sich immer eine traurige Zukunft. — Der kürzlich verstorbene Graf Luckner auf Altfrankrn hat durch testamentarische Verfügung i.ck«4.«inem Legate von circa 7000 Thlr. bedacht. — Was wir gestern noch bezweifelten, bestätigt sich. Der Vorstand hiesigen König!. Bezirkgerichts, Herr Appellalions- rath von Criegern, ist sicherem Vernehmen zufolge als Ober- Appellationsrath zum Mitglied unseres höchsten Gerichtshofes berufen, und seine zeitherige Stelle beim hiesigen Bezirksge richte wird, wie gestern gedacht, durch den hierher zu ver setzenden bisherigen Bezirksgerichts-Direktor Neidhardt aus Zwickau wieder ausgefüllt werden. Gewiß verlieren Alle, welche mit dem Herrn von Criegern persönlich zu verkehren hatten, ihn nur sehr ungern aus seiner zeitherigen Stellung — In dem sächsischen Wochenblatte vom 15. Februar befindet sich in dem Verzeichnisse der im 1. amtshauptmann- schastlichen Bezirke der Leipziger Kreisd.rection eingelieferten vagabondirenden Bettler auch die zwanzigjährige Emmeiine Straube au- Scebergen. Ihr Signalement lautet: graublaue Haare und blonde Augen. Das ist wahrhaftig ein Wunder mädchen ! — Das „Dresdner Journal" bringt eine ca 10 lange Spalten umfassende ausführliche Widerlegung der in der Wochenschrift des Nationalvereins Nr 238 vorigen Jahres unter dem Titel: „Eine trockene Guillotine" erschienenen Schilderung älterer Vorgänge in der Strafanstalt zu Wald heim, namentlich in den Jahren 1853 bis 1856 unter der Direktion des damaligen Anstalts-Directors Heink. — Ueber den Stand des Elbeises sind gestern folgende Nachrichten eingegangcn: Riesa, 8 Uhr 15 Min. früh: Gestern Abend von 10—12j Uhr Durchgang des bei Diesbar in Schuh gelegenen Eises Höchster Wasserstand 2 Fuß 21 Zoll über Null. Aus Strehlen wird gemeldet: 12 Uhr 10 Min. Nachts, kein Eisgang mehr, vermuthlich nur bis zum Nixstein durchgebroche». In Bodenbach Eisstand unverändert — Ein ausgezeichnetes Gebäck, die sogenannten Kugel- lopfs, liefert jetzt Herr Bäckermeister Bernhard auf der Meiß- nerstraße 16. Das feingcwürzte Vanillenparsüm des Teiges, die Glasur der Außenseite in schönbraunem Colorit, lassen sicher de» leidenschaftlichen Fleischesser mit größtem Appetite auch in ein Stück Kugcllopf beißen, um cs auf seiner ver wöhnten Zunge schmunzelnd zerfließen zu lassen. — Zum Conditor Trepp am Altmarkt kam gestern ein Berliner Reisender und rief beim Einbeißen in ein Stück Sandkuchen ganz entzückt aus: „Ach! das ist herrlich, den beziehen Sie gewiß aus Berlin?" — „Nein," antwortete so fort ein anwesender Herr, „die Kuchen bäckt Herr Trepp selbst, aber die Windbeutel beziehen wir größtcntheils aus Berlin." — Am 12. ist in Zittau eine Kuh auf der Straße scheu geworden, hat sich ihres jugendlichen Führers trotz wackerer Gegenwehr desselben durch Werfen in dm Straßen graben entledigt und ist durch die Vorstadt in die vom be ginnenden JahnnarktStrubel bewegte Stadt gerannt. Hier hat das Thier einen jungen Mann, der es aufhalten wollte, mit den Hörnern niedergestoßen, daß dieser infolge der erhal tenen Verletzung gestorben sein soll, und weiterhin einen Reiter — Mann und Pferd — an eine Jahrmärkte bude an gerannt, wobei dieser bloS mit dem Schrecken davon gekom men ist, bis es durch einen Fleischer in geschickter Weise von der Seite her aufgehalten worden ist. — Eine Patrouille der Zeughaus-Caserne transportirte gestern Nachmittag zwei Civilrsten nach der Hauptwache und von da später nach der Neustadt in die dortige Militärstras- anstalt Man erzählte unS, es seien die Jnhaftatrn zwei wegen Wechselsachen aufgegriffene beurlaubte Corporale. — Für nächsten Montag früh 11 Uhr sind 600 Vsn Holstein ankommmde österreichische Soldaten hier «»gekündigt^ die vermuthlich als ausgedient in die Heimath tranSportirt werden. — s Oeffentliche Gerichtsverhandlung vorn 14. März. Nachdem der Gerichtsdiener einige Kinder von der Galerie heruntergebracht und fortgcwiesen, beginnt die heutige Hauptverhandlung gegen den Dienstknccht Friedrich August Gansauge, der zu Roßwein geboren ist, dessen Eltern aber jetzt in Garsebach wohnen. Gansauge ist eine traurige Gestalt, die Kleider, die er trägt, scheinen nicht für ihn selbst gemacht zu sein, ein alter, leicht um den Hals geschlungener Shawl hängt fast bis auf die Kniee herab. Der Angeklagte ist 20 Jahre alt, evangelisch, Dienstknecht seiner BeschLstigun- nach, unverheirathet und schon zweimal bestraft; zuerst wegen Diebstahls vor zwei Jahren mit Gefängniß, das andere Mal ebenfalls mit Gefängniß in der Dauer von drei Woche», weil er einen Hund mit einem Steine todtgeworfm hatte Heute ist er deS Diebstahls, des Betrugs und der Unterschlagung beschuldigt. Er legt die offensten Geständnisse ab. Auf dem Gerichtstische liegt alte Wäsche, namentlich rin Paar Hemd«»« die gewiß lange nicht gewaschen und vom Leibe gezogen. Mitten darin liegt ein« sehr alte, groß«, dicke, tombakne, zwei« gehäusige Spindeluhr, die auf 1 Thlr. 5 Ngr. gewürdert worden ist. Drei Zeugen, aus verschiedenen Gegenden zw» sammengeholt, erschienen im Saale, sie find alle drei die Ver letzten. Im Herbst deS vorigen Jahres diente Gansauge bis zum November desselben Jahres bei dem heute als ZeugSn erschienenen 40jährigen Mühlenbesitzer Gottlieb August Früh sorge in Taubenheim. Er hatte da oft Mehl nach der Stadt zu fahren, das sollte er eines Tages auch thun, wollte aber dabei auch etwas für sich thun. Er ging in die Mühle, wo die Säcke mit Mehl gefüllt und zugcbunden dastanden. Au- einem dieser Säcke stahl er unbelauscht 3H Metzen Mehl, ver barg es erst in einem Fasse, ichüttete es dann in einen Sack, den er ebenfalls seinem Dienstherr» entwendete, und legte eS auf den Wagen. Jndeß, der Streich gelang ihm nicht. Der Dienstherr bemerkte es bald und so kam's zur Anzeige. Er hätte, wie er sagt, das M>hl in der Stadt verlauft. Ferner sollte Gansauge einmal Mahlgelder von zwei Kunden des Frühsorge einziehen. Er that es auch. Vom Gutsbesitzer Henker in Kesselsdorf holte er l 9 Ngr., und von einem Bäcker, Namens Weigelt, einen Thaler. Dies Geld behielt er für sich, ersetzte es aber später seinem Dienstherrn, indem er sich vom Lohne Abzüge machen ließ. Am 2. November 1864, als Gansauge schon aus den Dienstverbin:l>chkeiten gegen Frühsorge herausgetreten war, ging er nach Burkarlswalde, wo die heut ebenfalls anwesende Zeugin, die Händlerin Chri stiane Wilhelmine Hernsdorf wohnt. Dort wollte rr Sachen auf Credit kaufen und zwar hatte rr sich herauszesucht: rin Hemde, ein Paar kleinere Handschuhe, ein Paar Fausthand schuhe, ein Paar Unterhosen, ein Taschenluch und ein Shawl- tuch. Die Händlerin gab ihm aber nur drei Slück und zwar rin Hemde im W.rlhe von 1 Thlr. 5 Ngr, ein Paar Hand schuhe für 10 Ngr. und ein Paar Socken. Hätte Gansauge Geld gehabt, er hätte All.s sofort erhalten. Die drei erhal tenen Stücke wollte er den kommenden Sonntag bezahlen. Er ging und — kam nicht wieder, hatte aber auch bei diesem Kaufgeschäft der Frau Hernsdorf einen falschen Namen an gegeben. Er nannte sich bei ihr Kießling und sagte, er diene bei einem Gutsbesitzer Namens Fritsche in Neustadt. Er fügte ruhig hinzu: „Ich werde auch noch nach Weihnachten dort in Diensten bleiben!" Er war aber noch gar nicht hingezogen. Auch hier gesteht er Alles zu. Befragt, ob er denn damals Geld zum Ankauf der Sache» gehabt, erwiderte er: „Geld hatte ich wohl, aber es langte nicht zu, ich brauchte eS zum Leben, weil ich damals dienstlos war!" ES bleibt noch rin Verletzter übrig, bri welchem Gansauge einen ausgezeichneten Diebstahl verübte. Es ist dies der 36jährige Zeuge, der Echäfcrknccht Andreas Z'rmang, beim Gutsbesitzer Phrl'PP in Sorau (?) in Diensten Diesen Diebstahl, den der Angeklagte selbst bis in die kleinsten Details unumwunden zugesteht, ver übte er in der Nach: vom 4- zum 5 Dec.mbrr 1864. In einer verschlossenen Kammer stand des Schäferknecht» Lade, rn deren Schloß der Schlüssel steckte. Er nahm eine Hacke, di«