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M.W kBö»n»1. «i-lich lftü» 7 IHr. ' A«ftrat« wrrdui «gt,»»m«o: vtrVwndSd,«»«». tag» bi« «ttt«g» 1« »Hr: Marwnstr«-e 1>. L«trtg, in bt«s Btattr. da« jetzt i, U.VVV U^mplar«» »rjchtiat, H»dea ri« «rsotg»»tch« Donnerstag, 9. März 18SL. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mttredacteur: Theodor Drobisch. ^ksunnnent: VtrtteljLhrllch 20 Nm. bei unentgeldlicherArq serung in'« Hauü- Durch die Kvnigl.Post vierteljährlich 22 Rgr. Einzelne Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile 2 Ngr. Druck und Eigenlhum der Herausgeber: likpsch Hl Reilhardt. — Verantwortlicher Redakteur: Julius Reichmdt. ^ Dresd««, den 9 März. — Ce. Maj. der König hat genehmigt, daß der Ober- lreremonienmeister V. GrrSdorfs und der Kammerherr v. Erd- »nannsdorf die von Sr. Maj dem Kaiser von Oesterreich !hnen verliehenen Orden, Elfterer das Commandeurkreuz des Leopold-Orden«, Letzterer den Orden der eisernen Krone II Klasse annehme und trage. — S«. Maj. der König hat die wider den Or. pbil. Arnold Nuge, früher in Leipzig, jetzt in Brighton, wegen Theilnahme an den hochverräterischen Unternehmungen des JahreS 1849 eingeleitete Untersuchung niedergeschlagen. — Bezüglich der Elbeisverhältnisse liegen folgende Mel dungen vor: Bodenbach, 8. März, früh 8 Uhr 2 Minuten: „Eisstand unverändert, Wasferstand 8 Fuß über Null, dem nach 4 Zoll gefallen, 1 Grad Wärme, Regen mit Schnee." — Meißen früh 9 Uhr 21 Min.: „Das Eis steht oberhalb Meißen beim Rehbocke und unterhalb an der Knorre im Schutz." — Riesa früh 8 Uhr 30 Min.: „Während der Nacht keine Ver änderungen im EiSstande. Wasserstand hier I" 12" über Null, Regen und Schnee; 1 Grad Wärme." — Durch das Gesetz vom 12. Juli vor. I. ist es den Landgemeinden sreigestrllt, ihre Gemeindevertreter selbst zu wählen. Im Leipziger KreiSdirectionsbezirk haben 401 Ge meinden auf fernere Leitung der Wahlen durch die Obrigkeit angetragen, können also noch nicht auf eigenen Füßen stehen; 265 Landgemeinden aber beschlossen, selbstständig zu wählen. — Ein gerechter Hilferuf ertönt aus der Schreibergasse, wo fast täglich eine wahre Wagenburg aufgepflanzt ist. Es ist wahrlich und namentlich in diesen Tagen soweit gekommen, daß Niemand mehr in sein Haus kommen kann, ohne vorher bei Kolter Voltigire» und Seiltänzer, gelernt zu haben. Merk würdiger Weise ist nicht weit davon an der Ecke durch einen Anschlag anbefohlen, es dürfe das Trottoir nicht mit Wasser kannen begangen werden. Wie sollen das aber die Dienst mädchen machen? Wenn ihre Herrschaften mitten in der Straße wohnen, so find sie gezwungen, gleich am Anfänge schon das Trottoir zu betreten, denn mit gefüllten Waffer- kannen läßt fich's keineswegs über dicht ineinander geschobene Last- und Bauerwagen hinwegklettern. Die Parterrebewohner müssen fast dm ganzen Tag Licht brennen, wenn sie wissen wollen, mit wem sie in ihrer eigenen Stube sprachen. Abhilfe thut also, nach jahrelangem, inbrünstigem Flehen, sehr Noth! — -f Auch das Dorf Blasewitz huldigt dem Fortschritt. Binnen Kurzem wird rS auch seine Abendbeleuchtung haben. Es sollen eine Anzahl Laternenstände angebracht werden, welche die Hauptstraße mit Oelflammen erhellen sollen. ^ — Am 25. Februar d. I. wurde auf einer mit grünem Reisig geschmückten Lowrh die hundertste eiserne Brücke, be stimmt für die voigtländische Bahn, hervorgegangen aus der Maschinenbauwerkstatt der Königin-Marienhütte bei Zwickau, versendet. AuS diesem Anlaß wurde den Arbeitern dieser Werkstatt rin Fest gegebm. — In rinigm hiesigen Restaurationen ist eine Unsitte eingrriflen, die schon zu manchem Aegerniß Anlaß gegeben hat. ES ist dies nämlich das Vorhandensein von den Kin dern der Wirthsleute in den Wirthsstuben selbst. Kinder von 1 bi« 10 Jahren gehören nicht in dm Schwall der Gäste, ihr Geschrei, ihr Gequärgel incommodirt, noch mehr aber leidet das Kind selbst an seiner Seele. ES wird ver dorben in Grund und Boden, es hört dort Manches, was es nicht hören soll. Das Kind des Wirths gehört in die Wohn stube oder in die Schule, aber nicht an oder unter dm Bier tisch, wie dies in manchen Restaurationen vorkommt. Der Gast geht deshalb von Hause weg, um sein eigenes Kinder geschrei daheim nicht anhörm zu wollen, er fällt aber aus der Charhbdis in die Scylla, aus einem Strudel in den andern. — Am Abend des 22. Februar d. I. wurde einem Kaufmann in Pulsnitz die namhafte Summe von 235 Thlr. auS einem unverschlossenen Sccretär entwendet. ES lag au ßer Zweifel, daß der Diebstahl nur von einer mit dm Räum lichkeiten vertrauten Person auSgeführt worden sein konnte. Der Verdacht lenkte sich sofort auf einen Schlosserlehrling, dessen Vater Markthelser bei dem Kaufmann ist, und der dadurch Gelegenheit gehabt hatte, in dem gedachten Hause auS- und einzugehen. Der Schloflerlehrling war schlau ge nug, kurz nach verübtem Diebstahl auffällige Ausgaben zu vermeidm und suchte vielmehr durch Jnnehaltung seiner ge- wohnten Lebensweise sich von dem auf ihn geworfenen Ver dacht zu reinigm und die Behörde zu täuschen. Allein der Vigilanz de« in Pulsnitz ftationirtm GenSd'armm gelang eS, die nach Ansicht des SchlosserlehrlingS schlau angelegten Pläne zu durchkreuzen. Der Schloflerlehrling, der da- gestohlene Geld im Schubkasten der Werkstatt verborgen hatte, mochte doch bei dem Gedanken an dm brvorprhendm Dresdner Jahrmarkt ein heimliches Rufen verspürt haben. Unter dem Vorgeben, daß er seinen hier feilhaltenden Meister aufsuchen müsse, entfernte er sich aus Pulsnitz, trifft hier ein, amüsirt sich auf dem Jahrmarkt, kauft sich neue Kleider und will nach Leipzig reisen, jedenfalls um von dort auS sein unbe stimmtes Ziel weiter zu verfolgen. Da, als er bereits im Waggon sitzt, wird seinen Reiseplänen ein unerwünschtes Ziel gesetzt und er in dasjenige Wartezimmer gebracht, in welchem der Aufenthalt etwas länger zu dauern pflegt, als in denen der Bahnhöfe. Der Schlosserlehrling war während seines Aufmthaltes allhier unbemerkt fortwährend beobachtet gewe sen und seine nach seiner Ansicht geschickt angelegten Pläne zerschlugen sich an der Vigilanz der Polizei. — In einer Restauration auf der Neugasse versuchte sich vorgestern Nachmittag ein hiesiger Colorist mittelst eines Nafirmessers die eine Pulsader zu öffnen. Man bemerkte aber sein Vorhaben noch rechtzeitig und wußte ihn an der Ausführung seiner Absicht zu verhindern Wie man erfährt, soll ihn die Eifersucht gegen seine Geliebte zu diesem Schritt veranlaßt haben, die sich beiläufig in seiner Äegleitung be fand, als er die Ausführung in Angriff nahm. — — In der Nacht von vorgestern auf gestern ist in die Capelle auf dem Friedrichstädter katholischen Kirchhof einge brochen worden. Der Dieb hat darin aber vergeblich nach den geträumten Schätzen gesucht und mit leeren Taschen wie der abziehen müssen. — Je näher die Zeit heranrückt, wo Dresden der Fest gäste so viele in seinm Mauern sehen soll, um so mehr stei gert sich auch die Arbeit der Comitös, ,,die Erwartung der Bewohner unserer Stadt und deren Umgebung. Um so mehr schweigt aber auch schon der kleine philiströse Theil der Ein wohner, Jene, die nicht gern aus ihren Alltagsgleisrn gedrängt werden möchten und die gleichwoyk sich"früher Stein und Bern verschworen, nicht bei dem Feste sein zu wollen, nament lich nicht bei dem Sängerfeste, denn sie meinten, von sich schließend, alle Poesie sei im Bierseidel einzig zu finden. Die Dresdner ComitvS, unter einem so vorzüglichen Leiter stehend und voller Begeisterung werden schon allse»tig viele der ein schlägigen Nebenpunkte erwogen haben; doch halten wir auch dafür, daß Privaten, wenn auch nur andeutungsweise und vielleicht nur als Repetitoren schon gemachter Vorschläge, dem Comite zur Seite gehen und durch Rath und That gewisse Stellen andeuten, die besonderer Rücksicht bedürfen könnten. So zuerst die unmittelbare Verbindung vom Festplatz nach Anton's auf Altstädter Seite mittelst Schiffbrücke oder Dampf sähre. 2) Wie unterstützen uns die umwohnenden Landbe wohner der großen und reichen Dörfer um die Residenz, da jene — die Landbewohner — auch jederzeit gern Etwas sehen und hören? 3) Bei solchen Festen öffnen andere Städte un ter leichteren Bedingungen ihre Kunsthallen, ihre Sammlun gen re Was ist zu thun, um den Stolz Dresdens, die Zier den seiner Museen unsren lieben Gästen leichter zu öffnen? Werden ein paar Tage freien Eintritts mehr angesetzt? Wird das Treiben etwa auftauchender Fremdenführer im Schloß hofe, vor dem grünen Gewölbe re. einer strengen Controle unterworfen werden? Wird man überhaupt gewisse weibliche Klassen strengstens beaufsichtigen, daß.das herrliche Elbslorenz nicht in einen üblen Geruch koinme? 4) Wird man, vielleicht mittelst des Volksliedes, Mittel finden, das schauende Pu blikum etwa nach den Concertaufsührungen mit in die leben dige und thätige Mitfreude zu ziehen? Oder werden alle Nichtsänger nur die Athener sein, die da gern Neues sehen? 5) Nürnberg zierte jeden geschichtlich denkwürdigen Ort in und an seinen Mauern. Wer ziert die Thore, die Bahnhöfe? Wer kennt hier die Häuser, wo Dresdens Hoheiten, wo Weber und Homilius, Naumann und Tiedge, die Elise von der Recke und Numohr re wohnten? Des Körner — Schiller- hauseS hat ein edler Dichter der Stadt gedacht; Sollen solche Bestrebungen sioxuls sein? Gab's in Nürnberg nicht ein Co mit» für den Schmuck? Eiferten nicht Nürnberg's Künstler darum? Hat man hier Rath und Arme von der so tüchtigen und rührigen Dresdner Academie erbeten? Doch was fragen wir? Sicher ist mehr als dieß schon längst b-dacht und ein geleitet. Man verzeihe einem alten, aber doch noch frischen SangeSfreunde, daß er diesen Weg wählte, in der sichern Er wartung, auch Andere für alle die Mittel zu interessiren, die einen würdigen Verlauf des Festes sichern können. — Im Local des Photographen E. unweit des Oslo lrsnysw versuchte gestern Morgen der daselbst in Diensten stehende Aufwärtrr den Geschäftsführer des Ateliers zu er würgen, indem er selbigen plötzlich am Halse packte und zwi schen Beiden ein Ringkampf entstand. Der so unverhofft Angegriffene gewann die Thür und rief, auf der Straße an gelangt, nach Hülfe. Mehre in der Nähe befindliche Dienst männer eilten herzu, versicherten sich der Person de« Wüthen- den und führten ihn, nachdem sie ihm dir Hände gebunden, —»M« nach dem Polizei-Amt ab. Was den Auswärter zu diese plötzlichen That bewogen, ist bis jetzt nicht mit Bestimmth« anzugeben. Der Angegriffene selbst vermuthet: daß entweder bei dem Mann eine Geistesstörung eingetreten oder die Un ruhe seines Gewissens wegen eines begangenen Vergehens hierzu Veranlassung gewesen sei. — Am Sonnabend wurde in den Buchhandlungen Ber lins die vielbesprochene Schrift von Röckel: „Sachsens Erhe bung im Jahre 1848 und das Zuchthaus Waldheim" gesucht und resp. polizeilich in Beschlag genommen. — Am 2. und 3. d. M. verhandelte das Bezirksgericht Chemnitz gegen 5 Angeklagte, 1) den Mühlenbesitzer August Friedr. Franke zu Niederdorf, 2) den 72jährigen Handarbei ter Christian Friedrich Hiemer zu Ursprung, 3) und 4- die Webermeister Johann August und Karl David, Brüder Hof mann aus Ernstthal und 5) den Webermeister Karl Heinrich Ferdinand Wolf zu Ernstthal, Elfterer der Anstiftung zum Meineid, die Uebrigen des Meineids angeklagt; Franke wurde zu 6 Jahr 6 Mon., I. A. Hosmann zu 5 Jahr 6 Mo«., Chr. Fr. Hiemer zu 5 Jahr, Karl Dav. Hofmann zu 4 Jahr 6 Mon. Zuchthaus, K. H. F. Wolf zu 6 Mon. Arbeitshaus verurtheilt Zu diesen Strafen gaben zwei Fälle Veranlas sung. Der erste Fall war folgender: Franke hatte in seiner Mühle auch Spinnerei und zu deren Betrieb von dem Han delsmanne Joh. Gottlob Engert in Chemnitz diverse Partien Baumwolle erkauft. Anfangs pünktlicher Zahler, blieb Franke nach und nach mit dem Kaufpreise in Rückstand und wurde endlich von Engert wegen einer Anforderung von circa 3600 Thlr. verklagt. Im Termin zu Güte und Recht, am 17. Dec. 1863, zahlte Franke auf seine Schuld 618 Thlr. incl. Zinsen und behauptete, bereits am 26. Nov. 1863 3000 Thlr. baar an Engert bezahlt zu haben. An diesem Tage war nämlich der letzte und größte Theil der gesammten Schuld an circa 2970 Thlr. fällig geworden. Zum EtweiS dieser Ausflucht reichte Franke eine Beweisschrift ein und be nannte darin als Beweiszeugen die Brüder Hofmann und Hiemer, welche, vom Gerichtsamte eidlich abgehört, den Inhalt des Beweises bestätigten. Nach ihren Angaben waren sie am 26. Nov. 1863 zufällig in Engert's Geschäftslocal gekommen, um dort alte Leinwand zu kaufen, und hatten gesehen und gehört, daß der dort ebenfalls anwesende Franke auf dem Tische eine Summe Geldes in Gold, Silber und Papier auf gezählt gehabt und zu Engert gesagt: hier seien die 3000 Thlr, die er ihm schulde, Engert möge ihm nun Quittung geben, und daß Engert darauf das Geld in Empfang ge nommen und in einen Wandschrank gethan die Ausstellung der Quittung aber abgelehnt habe, weil sein Kleiner, der ihm Alles schreibe, nicht da sei, er auch nicht eher quittiren wolle, bis er vollständige Befriedigung erhalte». Engert habe da bei noch gesagt, er werde die Zahlung nicht abläugnen, cS seien ja Leute zugegen, welche sie bezeugen könnten. Diese ganze Erzählung erwies sich nun aber als eine wohlersonnene und feingesponnene Lüge, die von Franke nicht blos erdacht, son dern auch mit einem gewissen Scheine der Wahrheit in Scene gesetzt war. Allerdings waren am 26. November 1863 Aug. Hofmann und Hiemer in Engert's GcschäftS- local gewesen, aber Franke hatte sie ausdrücklich ange- stcllt, dorthin zu gehen und scheinbar um Leinwand zu handeln. Auch Franke war dort gewesen, aber nur, um seinen Gläubiger um Nachsicht zu bitten und ihm Hy pothek anzubieten. Alles Andere aber, was die Zeugen ausgcsagt hatten, war nichts als Lüge, welche Franke den Zeugen einstudirt hatte. Der dritte Zeuge, David Hof- mann, war erst am 24. Dccember 1863 nach Chemnitz ge schickt worden, nm sich Engerts Localität auch anzusehen. Auch er hatte sein Zeugniß dahin erstattet, als wenn er am 26. November mit anwesend gewesen und dasselbe wie die beiden Andern wahrgenommcn hätte. Noch mehr wurde Franke durch den zweiten Fall charakterisiert. Er führte auch mit dem Böttcher Neinhold zu Stollberg Prozeß wegen einer Forderung von etwa 348 Thlr. und hatte plötzlich im später» Verlaufe des Rechtsstreit- behauptet, er habe sich mit Rein- hold neuerdings verglichen auf 100 Thlr., die er demselben auch gezahlt. Die neuentstandenc Ausflucht war auf Beweis gestellt und in diesem über den Verlauf des Vergleiches und die Zahlung der 100 Thlr. eine plausible Erzählung gebracht worden. Als Zeugen zum Beweis der Ausflucht waren Aua. Hofmann und I. H. Ferd. Wolf benannt. Franke hatte mit Hofmann Wolfen ausgesucht, um ihn zum falschen Zeugniß zu dingen; später waren auch Hofmann und Wolf nach Nie derdorf zu Franke und dann nach Stollberg gefahren, um sich dort Neinholden zu besehen Franke behauptete, er habe nur den Prozeß verzögern, nicht aber Reinhold betrügen wollen. Hofmann und Wolf wollten sich bereits auf dem Wege nach Stollberg beredet haben, Franken nicht Zeugniß abzulegen, hatten hiervon aber nichts laut werden lassen. Es erfolgt«