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Nr. 67. Zehnter Jahrg. -Erscheint: Läglich früh 7 Uhr. Inserate »erden migenonimrn: bt,LbendS ü,Sonn tag- bi« Mittags 12 Uhr: «ariensdraße 18. Anzeig- in dies. Blatt«, da« jetzt in It.E Exemplaren erscheint, Hunden eine «rsolgretchr Verbreitung. Mittwoch, 8. Mär, 186». Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Abonnement: Vierteljährlich 20NgD> bei unentgeldkicherLisq serung in'« HanS. Durch die KSnigl.Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzeln« Nummern 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltene» Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" dir Zell, > 2 Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Diepsch Nelchardt. — Verantwortlicher Redacteur: Julius Reilhardt. Dr«»d-«, den 8. März. — be. Mas. der König hat dem Senior der Universität And der medicinischen Facultät zu Leipzig. Professor der Ano.- lomie Ur. Ernst Heinrich Weber, das Prädicat eines Geheimen MedieinalrathS in der dritten Classe der Hofrangordnung <,ax- frei verliehen und dem Hauptmann von der Pforte vom ssuß- Artillerie-Negimente das Annehmen und Tragen des ihm ver- kchenen Ritterkreuzes 1. Classe des Großhcrzoglich So.chsen- Weimarischen weißen FalkenordenS genehmigt, ingleichen dem Assistenzarzt Hentschel vom Sanitäts-Corps die nach gesuchte Entlastung aus der Armee bewilligt. — Die Tiedgestiftung hat am 3. März, dem Todestag des entschlafenen Serre, über ihre Wirksamkeit im Vorjahre berichtet. 1863 betrug das Vermögen der Stillung ein schließlich der in den Vorjahren verfügbar gebliebe nen Zinsen- beträge 168,287 Thlr. 8 Ngr. 1 Pf. Hiervon sind im Jahre 1864 vereinnahmt worden: 6865 Thlr. und nach Abzug der Verwaltungskosten verblieben 6555 Thlr. Davon waren 2185 Thlr. als H nach Vorschrift der Statuten zu Vermeh rung des StammcapitalS zurückzulcgen. wogegen 4370 Thlr. als Z verfügbar verblieben. Außer diesen 4370 Thlrn. sind von den im Jahre 1863 übrig gebliebenen, unter dem oben erwähnten VernvögrnSbestande begriffenen disponibel» Zinsen 660 Thlr., mithin zusammen 5030 Thlr. im Jahre 1864 zur Verwendung gekommen. ES find davon verausgabt wor den: 30 Thlr. zur Unterhaltung des Denkmals für Tiedge und seiner Grabstätte, 5000 Thlr. zur Gewährung verschie dener Ehrengaben, di« nach vielen Gegenden Deutschlands geflossen sind, außer Sachsen, nach Wien und sonst nach Oester deich, nach Berlin und Düsseldorf, nach München und Nürn- TH«,«„tz«, Ha«lw»er,Wt<tuNschwrig'u; kC. Z.) — Auf eine an Se. Maj. den König bezüglich des kor rekten Vorgehens in der Schleswig-Holstein'schen Angelegen heit gelangte Beistimmungs Adresse aus dem Voigtlande ist dem Herrn Vorsitzenden der voigtländischen Kreisstände Fol gendes zur Veröffentlichung zugegangen: „Die Adresse, welche von den Kreisständen und Stadt- und Landgemeinden des Voigtlandes an Seine Majestät den König aus Anlaß be kannter, einer nahen Vergangenheit angehöriger Ereignisse gerichtet und abgegeben worden ist, hat Se Majestät als eine Kundgebung angesehen, welche nicht allein Ihr landes- väterliches Herz in hohem Grade zu erfreuen, sondern auch eine werthvolle Bürgschaft dafür zu bieten geeignet ist, daß Se. Majestät, so oft an Sie die Notwendigkeit herantritt, unter schwierigen und gefahrdrohenden Umständen unerschüt terlich Ihre Pflicht zu erfüllen, auf das Vertrauen und die Hingebung deS Landes zählen kann. Den Ausdruck dieser Gesinnungen zur Kenntniß des gesammten Voigtlandes, daher der Kreisstände sowie der Stadt- und Landgemeinden öffent lich zu bringen, bin ich mit hohem Aufträge versehen, dessen ich mich freudig und pflichtschuldigst entledige Kröstau, den 12. Februar 1865 Der Vorsitzende der Stände des voigt- ländischen Kreise-. Kasten." — Die der Jnvalidenstiftung für das Königreich Sachsen zugewendeten milden Beiträge belaufen sich bis zum 25. Frbr. auf die Summe von 7377 Thlr. 12 Ngr. S Pf. — Der BermögenSbrstand genannter Stiftung ist laut Cassen-Abschluß vom 20. Februar 6755 Thlr. 6 Ngr. 6 Pf. — Herr Haupt mann v. Mrerheimb hat die Summe von 400 Thalern als SubscriptionS Ertrag seine- Werkes „Von Palermo bis Gaeta" dem Jnvaliden-Fond mit der Bedingung überwiesen, daß die Zinsen zur Erinnerung an den i. I 1812 bei Mozaisk von sächsischen Reiter-Regimentern erkämpften Waffenruhm alljähr lich am 7. September an würdige ältere und hilfsbedürftige Soldaten der sächsischen Armee unter Mitwirkung des vorge nannten Herrn zur Vertheilung kommen. — Den Elbeisstand betr. Nach amtlichen Nach richten auS Prag vom 4. März 1865 ist in Folge des ein getretenen ThauwetterS das Wasser in der Moldau und deren Nebenflüssen «ur allmählig gestiegen, ohne jedoch an irgend einer Stelle die Eisdecke zu brechen. Dasselbe fand unmittel bar in Prag statt Während nämlich am 2. März der Pegel an den Altstädtrr Mühlen zu Prag einen Wasserstand von 54 Zoll unter dem Normale zeigte, beobachtete man am 3. d. M 54 Zoll über dem Nullpunkte, und bis zum heutigen Tage erhob sich der Moldauspiegel auf 1l Zoll über dem Normale. In Budwris stand die Moldau am 3. d. M. um 7 Uhr früh 7 Zoll über dem Nullpunkte und fiel trotz Regen und Schneegestöber bi- 3 Uhr Nachmittag- um 1 Zoll. In Pisek ist die Watawa bis zum 3. März auf 14 Zoll über Null gestiegen. Diese- Steigen, sowie eingetretener Regen und Schneesall bei einer Temperatur von 2 Grad Wärme ließ in der Nacht vom 3. zum 4. da« Eintreten des Eisganges erwarten, welchen jedoch der Nachtfrost wieder verhinderte und ein Sinken de« WaflrrstandeS auf 12 Zoll während deS heutigen Vormittags veranlaßte. Die Nadbuza erhob sich in Pilsen bis zum 3. März auf 6 Fuß über Null, während der Pegel an der Mies daselbst blos 2 Schuh über d m Normale zeigte. Der vom 3. auf den 4. d. M. eingetretene ziemlich starke Frost drückte den Wasserspiegel der Nadbuza auf 2 Schuh über den Nullpunkt und die Mies auf den normalen Stand wieder herab. Bis jetzt sind von keiner Seite Nachrichten über eine bedroh liche Gestaltung der Eisverhältnisse auf den Flüssen des Kronlandes eingelangt, das Thauwetter bei Tage abwechselnd mit den Nachtfrösten schwächt die Stärke der Eisdecke und zehrt an den noch in mehreren Gegenden befindlichen Schnee massen, die sich bereits bedeutend vermindert haben. — Gleiche Verhältnisse sind bis gestern (7.) auch in Sachsen beobachtet worden, und kann sonach für das sächsische Gebiet durch den Eisgang kaum besondere Gefahr erwachsen. Unter- deß ist die Eisdecke bei unS in voriger Nacht nach 12 Uhr gebrochen und der Strom nimmt wieder seinen Lauf ohne wesentliche Waffersteigerung. Die Elbe ist von Pirna bis ober halb Meißen eisfrei. — Ein Eisenbahnkind. Vorgestern früh um acht Uhr fuhr die hochschwangere Frau eines Jahrmarktsmusikers aus Elterlein mit dem Dampfzuge nach Freiberg, aber schon zwischen Klingenberg und Boberitzsch kam ein munteres Knäb- lein zur Welt. Die inzwischen telegraphisch berufene Heb amme erwartete die Frau am Perron und nahm dieselbe in weitere Pflege. Unter dm Beamtetm der Bahn entspann sich in Folge dieses Ereignisses eine außerordentliche Tätig keit. Die Wöchnerin fand bei der Frau eines Weichenstellers ein freundliches Unterkommen, alle die nöthigen Sachen wur den in Hülle und Fülle herbeigeschafft und da sich Mutter und Kind wohl befanden, wurde schon Nachmittags um 5 Uhr die Taufe vollzogen, wo sAmnmiche Beamte, die früh bei dem Zuge in Thätigkeit waren, Pathenstelle bei dem Kindlein vertraten. Vorzüglich hat sich hierbei der Frauen verein zu Freiberg verdient gemacht und noch stündlich wer den der armm Mutter nicht nur Wäsche und Kleidungsstücke, sondern auch Geldgeschenke zu Theil. — Vorgestern Abend gegen 12 Uhr kam eine Dienst person mit blutendem Arm auf den Tanzsaal des auf der Camenzerstraße gelegenen sogmannten Gebirg'schen Gartens gestürzt und zeigte dm dort anwesenden Gästen an, daß sie soeben in ihrem auf der Schönfelder Straße gelegenen Logis von ihrem Geliebten mittelst eines Rasirmcssers in den Arm geschnitten worden sei, jedenfalls in der Absicht, sie zu tödten. Die Dienstperson heißt Handrück aus Kleinbraga bei Bautzen, ihr Geliebter aber ist der Handarbeiter Michan aus Gröditz. Die Handrück ist seit einiger Zeit dienstlos und hält sich seit dem hier auf. Vorgestern Abend hatte sie mit ihrem Ge liebten dm Tanzsaal des Gebirg'schen Gartens besucht gehabt und jedenfalls seine Eifersucht dadurch rege gemacht, daß sic wiederholt mit einem Droschkenkutscher getanzt hatte. Als sie mit ihrem Geliebten, der, zur Zeit gleichfalls dienstlos, sich inzwischen bei der Handrück ausgehalten zu haben scheint, in ihre Wohnung gekommen, habe derselbe sie mit dem Nasir- rnrsser geschnitten. Natürlich begab sich auf diese Anzeige hin «in zahlreiches Publikum in das Logis der Handrück. Dort wurde Richen in einem Zustande angelroffen, der deutlich .«kennen ließ, daß er außer einem Morde euch noch einen Selbstmord ur verüben beabsichtigt hatte. Er hatte sich ver schiedene Schnitte in dm Arm beigebracht nebenbei aber auch noch den Versuch gemacht, sich «m Treppengeländer zu er hängen, ohne auf die eine oder die andere Weise dm beab sichtigten Zweck zu erreichen. Er wurde mit seiner Geliebten in die Diaconissenanstalt gebracht; beide sollen sich den Ver hältnissen angemessen leidlich befinden. — s- In Bezug auf die gestrige Einspruchsverhandlung Werner und Genossen" ist zu erwähnen, bcß der darin ge nannte Eduard Wagner nicht aus Leus«, sondern aus der Lausitz ist. — -j Der diesmalige Jahrmarkt war von dem herr lichsten Wetter begünstigt. Die reine, goldene Swnnc schien auf die altersschwachen Buden herab, welche eine kleine Stadt in der großen Residenz bildeten. Aus allen G egenden des deutschen Vaterlandes sind die Verkäufer Hera, ,gerückt und haben ihre Maaren aufgestapelt in buntem Gew irr. Fried lich liegen da auswärtige und einheimische Erzcu znisse neben einander. Der Pulsnitzer Pfefferkuchen paradirt neben der erzgebirgischen Spitzmklöppclei, die Bratwurst neben dem wollenen Strumpfe, der SechserhanSwurst nebe, > dem Pir naische» Kalender. Wie lang ist nicht die Bu »enoeihe der Schuhmacher auf der Wallstraße, so leicht und gebrechlich gebaut, daß schon ein einziger Windstoß genügt, u m olle Ver sohlten zum Falle zu bringen. Wo nur der lie be Gott ein Plätzchen freigelaflen und der HauSwirth einen Winkel im Hausflur für schwere« Geld hergegeben hat, da kauern und hocken die Verkäufer, sich fröstelnd in die krebSro chen Finger blasend oder mit dem Gesicht im dampfenden Familienkaffee topfe verschwindend. Aus der dichtwogmden Menge ragen die Helme der Gensdarmm hervor, das wachsame Auge über sieht die Tausende und findet manch theures Haupt heraus, obgleich an diesem Jahrmärkte die Herren Langfinger wenig „gearbeitet" haben. Aengstlich fahren die Vierfüßler mit ih ren Maulkörben durch die Beine der Pilger und reiben sich an den plattgedrückten Crinolinen die vom Maulkorbe ewig gekitzelte Nase. Equipagen der Patrizier schweben stattlich durch das Getümmel, die blonde Tochter Albions oder der bartumwaldcte Krakuse vom Ufer der Newa sieht gnädig und herablassend auf die prosaische Droschke hernieder, aus welcher der „Mittelstand" wieder herausguckt auf den Korbwagen deS Proletariers, der aus den Heu- und Strohgebunden nur mit den Schultern hervorragt und an einem mächtigen Kuchen rande kaut, den er von einem fliegenden Conditor an der Ecke des Altmarkts mit Lebensgefahr für 6 Pfennige erobert; Durch die Thore zieht der Blajewitzer, der Bewohner der Drescherhäuser, der Limbacher, der Strießner, der Laubegaster lustig herein, um nach einer Razzia bei Haubold oder im Hofbrauhause noch lustiger in das Weichbild seiner Ahnen wieder zurückzukehren. Stramm mit dem Ellenbogen rudernd, ein zweiter Merrimac, steuert der Städter durch den Men schenwall, Bahn brechend der theuren Gattin und orgelpfei- senartig folgenden Nachkommenschaft, bewundernd die Kost barkeiten des fernen Auslandes, die Schätze Alba Mirza'S, die da aufgespeichert sind in unendlicher Fülle, bis auch er im Börsenkellcr oder im Feldschlößchen sich durch einen fri schen Trunk zum Heimwegs stärkt. Dazu ertönen die man nigfaltigsten Melodien aus den Holzkasten der Leier und der Harmonika. Die Violine bearbeitet den „lieben Augustin^, die Klarinette den „guten Mond", die Guitarre in Begleitung der Posaune „wenn ich ein Vöglein wär'!" Ganze Musil banden durchwandern die Residenz, thcils in Uniform, thefls „ohne Form". Schon um 6 Uhr früh lullen sie den träu menden Bewohner der Pillnitzer Straße mit einem Choral: „Nicht daß ich's ganz ergriffen hätte" aus dem Schlafe, bis endlich der Paukenschläger den festen Klöpfel ergreift und den Radetzky-Marsch abpaukt, daß die Kissen des Langschläfer- unter dem Kopfe zittern. So geht's vom ersten Morgenroth bis zum späten Abend, und wenn längst der einsame Sper ling sich in sein luftiges Chambre garnie an irgend eine Seite des Kreuzthurmes zurückgezogen, da jubelt die Menge weiter und erholt sich beim Glase Bier von den Strapazen des vergangenen Tages. Die Buden schließen sich, der Pfefferküchler zählt die bemehlten Ncugroschen und lächelt oder seufzt, je nachdem ihm die Jahrmarktsgöttin günstig ge wesen ist oder nicht. Der gute Mond da oben aber geht still in seinen Abendwolken hin und lächelt auf die Guten und Bösen, die Fröhlichen und Traurigen mild herr.iedvr. Er winkt durch die Spiegelscheiben der Neichen wie durch das papierbeklebte Fensterlein des Armen still seinen Gruß „Gute Nacht" hinein. — Nach der „D. A. Z ' will Hofgerichtsadvocat Metz aus Darmstadt auch noch Zwickau und Crimmitzschau, auf besondere von diesm Orten aus an ihn ergangene Ersuchen, zu gleichem Zwecke wie Dresden besuchen. — Am 6. d. Mittags erschoß sich in Leipzig der Bür ger und Conditor Ulrich Denis Ferdinand Elermont, Besitzer des Oslo 6« I'kurope in der Thomasmühle, in seiner Wohn stube mittelst eines großen Doppelterzerols, dessen beide Läufe er auf seine linke Brust abgedrückt hatte. Er wurde in einer Ecke des Sophas sitzend mit einer thalergroßen Wunde in der Herzgegend von seinen in Folge des Schusses herbeieilen- den Hausgenossen aufgefundcn. Elermont, im 25. Lebers- jahrc stehend, ist derselbe, welcher bekanntlich am 25. Sep tember 1859 seinen Stiefvater, den Conditor Krüger, im hie sigen Oul's rnz'al erschoß, deshalb zu einer achtjährigen Ar beitshausstrafe vcrurthcilt, dem später aber nach Berbüßung von 4 Jahren der Nest der Strafe durch die Gnade hö- Königs erlassen worden war. Man spricht davon, daß ihn die Nichtrealisirung verschiedener Heirathsprojecte zu dem ver zweifelten Schritte bewogen habe. — In der Werkstatt des Tischlermeisters Reimer in Briesnitz entstand gestern Morgen ein Schadenfeuer, das als bald wieder gelöscht wurde. — Die Thode'sche Papierfabrik in HainSberg wird in diesem Jahre ihren Actionären I l 4 Proc. Dividende (8 Pro«, im Vorjahr) gewähren. — Eine Handarbciterswittwc aus der Gegend von Bau» tzen kaufte sich vorgestern am Verkaufsstande eine« fremden Leinwandhändlers einig« Ellen Leinwand und ließ dabei meh rere andere Ellen, die abgeschnitten dalagcn, unter ihre Schürze verschwinden. Da der Budrnbcsifer die« bemerkt hatte «nv deshalb Lärm schlug, so wurden auch andere Leute daraüf aufmerksam und dir Diebin arrrtirt.