Volltext Seite (XML)
M«. SS. -UM»«" .^>ik ^ ^rsch* *inl: Täglich früh 7 Uhr. Inserate wrrdm angenommen: bi« Avrndöv,Sonn tag« bi« Mittag» 12 Uhr: Marienfiraße I>. «irt Zehnter Jahrg. Nuzeig. in dies Blatte, da« jetzt in 11,000 Exemplare« erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Montag, «. Mär, 18SS. Tageblatt für Unterhaltung nnd Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Droblsch. Abonnement: Lierteljährlich rüNgv. bei uncntgeldlicherLi«; serung in'« Han». Durch die Kiinigl. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummer« 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeih: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile L Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Ntpslh §r Rklchardt. — Verantwortlicher Redacteur: JultUS Nclchardt. Dre-d«»^ den 6. Mär,. — Der Commandeur de« Hamburger ContingentS, Herr Oberst Best, hat vom Könige von Sachsen das Comthur-Kreuz des AlvrrchtS-Ordens erhalten. — Herr Geh. Rath, Abtheilungsdirector im König!. Ministerium des Innern, vr. Weinlig, wohnte am Freitag als Beauftragter der Regierung einer von dem Directorium der Leipzig-Dresdner Eisenbahn iü Leipzig gepflogenen Ver handlung wegen des von Letzterem beabsichtigten Baues einer Zweigbahn von Borsdorf über Grimma nach Meißen bei. — Dir Generaldirrction des Hostheaters arbeitet mit großer Strebsamkeit, dem Repertoire durch Einstudirung neuer Stucke Abwechselung zu verleihen. Noch diesen Monat wird das fünfactige Drama von Putlitz „Hans Lange" in Scene gehen, Hiera« wird sich die „Prinzessin von Montpensier" von Brachvogel schließen, worin dieser Dichter nach auswärtigen Berichten einen neuen Anlauf zu der Höhe genommen hat, die er seit seinem Narciß verlassen zu haben schien. Am 2. Oster friertage tvird das hier noch nie gesehene Shakespearesche Lust spiel „Der Sturm" in Dingelstedt - Bearbeitung mit Musik von Tauberth vorgeführt Verden. Nebm mehreren kleineren Piecen steht endlich noch eine Novität der unermüdlichen Virch- Pfeiffer in Aussicht. — Wie innig von dem bedeutenden Verluste, den die dramatische Kunst durch den Tod Otto Ludwigs erlitten, auch die maßgebenden Theaterkreise berührt worden sind, be zeugt nicht nur da- Kissen und die Lorbrrrkrone, die im Auf träge der Genrraldirection die beiden Herren Regisseure GerS- dorser und v. Stranz sowie Herr Koberstein der Wittwe des langjährigen Dulder- überreichten, sondern auch ein herzliches Beileidschreiben detz Hofrath Pabst, das von dem Freunde de- Dahingeschiedenen, Herrn Vr. Heidrich, beantwortet worden ist. Letzterer ha» S» Berit» «i» Hw« hervorragenden Vertretern der realistischen Richtung, welcher der entschlafene Dichter an gehörte, den Herren Frehtqa »nd Berthold Auerbach, sich mit dankenswerther BereitwilliAeit der Ordnung des Nachlasses seine- Freundes unterzogen. , — Da die Extra-Concerte des Herrn Stabstrompeter Wagner auf dem König!. Belvedere stets zahlreich besucht waren und viel Beifall fanden, so findet heute wieder rin dergleichen Loncert statt. — In einem größeren hiesigen Herren - Bekleidungsge schäft sahen sich sämmtliche Arbeiter dieser Tage veranlaßt, ihrem Chef eine Adresse zu überreichen, welche das Gesuch enthielt, es möge den Arbeitern in Folge erhöhter Ansprüche an die Arbeit eme Lohnerhöhung gewährt werden. Da dieß Seiten des Chefs nicht acceptirt wurde, so haben sämmtliche Arbeiter vom Ersten bis zum Letzten ihre Thätigkeit eingestellt und die Condition verlassen. — In der vorvergangenen Nacht hat sich der auf der Landhausstraße etckblirte Kaufmann Stübel in seiner dort be findlichen Wohnung erschossen. Der Grund des Selbstmords ist unbekannt.— lieber den Verlauf dieses traurigen Vorfalles hören wir noch Folgendes: Der Getödtete erbat sich kurz vor her den Besuch eines seiner Freunde, um mit demselben gemein schaftlich Pianoforte zu spielen. Hierauf holte er einen kleinen Revolver herzu, machte mit demselben in der Stube scherzhafter Weite Schießversuche, indem er in eine Kommode und in den Ofen schoß. Darauf setzte er sich dicht neben seinen Freund an das Clavier, stemmte die Füße auf die Kante des Clavicrs und bat den Freund, ihm den von letzterem componirten Träuer- marsch vorzuspielen. Dies« that dieß ahnungslos, als ihn plötz lich ein dumpfer Knall unterbrach und der nebm ihm sitzende St. vom Stuhle sank. Der Freund glaubte noch gär nicht an die Wahrheit der schrecklichen That, besprengte den Sterbenden mit kaltem Wasser, rief hierauf die Wirthin und später dm nebenan wohnenden vr. Schurig herzu, der aber dm Unglück lichen bereits todt vorfand. Man kann sich die Situation und Gemüthsstimmung des Freundes denken, der so unerwartet Zeuge eines so traurigen Vorfalles sein mußte. — Vorgestern Vormittag wurde der Bremser Müller auf dem Bahnhof Riesa von einer Locomotive umgerissen, überfahren und dadurch so erheblich am Unterleibe verletzt, daß er alsbald darauf verstarb. Müller hinterläßt eine Frau und drei Kind«. — — I« Bezug auf dm gestern gebrachten Artikel des deutschen SängerbundfestrS können wir heute noch mittheile», daß inzwischen der zwei Tage noch so viel feste Anmeldungen, darunter auch von Lyon, «„gegangen, daß bis jetzt die Zahl der Sänger sich auf 18,000 beläuft Urberhaupt sind im Ganzen 54 Sängerbünde und 22 Vereine zur Anmeldung gekommen und eS ist sicher anzunehmen, daß mit Einschluß der Städte, welche ohne Angabe der Zahl sich angemeldet, die Gesammt- masse der Sänger bereits die Summe von 20,000 erreicht hat. — Die Rose, das Sinnbild jugendlicher Anmuth, d«e stille Deutung der Liebe, sie ist in allen ihren Gattungen jetzt wahrhaft prächtig in Lüdickes Wintergarten zu schauen und mit stillem Wohlgefallen ruht das Auge des Beschauers auf dies« Königin d« Blumen, die hier zu Tausenden aus dem Grün hervortritt Ueberhaupt ist jetzt „Elisens Ruh" der Sammelort der feinen Welt und die meisten Equipagen sieht man von der Mittagszeit bis gegen vier Uhr nach dem Win tergarten fahren, wo Freunde der Blumen- und Pflanzenwelt einem Genüsse huldigen, der das menschliche Gemüth mit wahr haft reiner Freude erquickt. — Nachdem der Neiseprediger des Nationalvereins, Herr Abg. Metz aus Darmstadt bereits in Glauchau und Leipzig für die Zwecke dieses Vereins gewirkt und gesprochen, versammelte er am Abend des 4. dieses in Brauns Hotel eine zahlreiche Menschenmenge, Auf Vorschlag des Herrn Schnerdermflr. Linnemann wählte man Herrn Prof. Wigard zum Vorsitzenden, der nach wenigen einleitenden Worten Herrn Metz das Wort gab zum Berichterstatten über die politische Lage Deutschlands. Herr Metz wurde beim Betreten der Rednerbühne mit Beifall begrüßt und es gelang ihm auch während seines Inständigen Vortrags sowohl Applaus wie Heiterkeit zu erregen. Er kündigte sich offen als Werber für den vielgeschmähten Nationalverein an und seine ganze Rede war wenig« ein Bild über die Lage unsres geliebten großen Vaterlands — selbst die wichtige Schleswig - Holsteinsche Frage wurde nur eo passant erwähnt — als die unausge setzte Mahnung, dem Nationalverein, der Deutschland vor den Franzosen retten würde, beizutrrten. Auf diese Wcise schien uns Herr Metz dasselbe Thema, so zu sagen, das « seinen Gästen bereits in Leipzig und Glauchau vorgesetzt hatte, hier wieder auszuschlachten. D« Redner gab zunächst einen soge nannten geschichtlichen Rückblick, « lobte die Reichsverfassung vor 1806 gegenüber der jetzigen Derfaffungslosigkeit, be mäkelte den deutschen vmrd, wa» ihm um so. leichter wurde, als in dessen Verurtheilung der Kaiser von Oeflreich mit dem geringsten Arbeiter des Volkes einig ist, ging dann zum Parlamente im I. 1848 über, zur Neactionszeit (auch in Sachse« möchte man sich um den eignen Balken im Auge etwa- bekümmern) und besprach dann die Gründung des Nationalvereins. Das, was er demselben als Erfolg anrech nete, schien uns übertrieben, wenigstens ist der Abschluß des Zollvereins mit Frankreich durchaus nicht das Werk der Freunde des Herrn Metz und die SchleSwig-Holsteinsche Be wegung nicht die Frucht ihrer Bemühungen, im Gegentheil ging der Nationalverein vor dies« nationalen Ausgabe in die Brüche. Mit vielem Scharfsinn suchte Herr Metz die bei den Befürchtungen zu widerlegen, die im deutschen Volke ge gen den Nationalverein wurzeln: De.preußische Spitze und der Ausschluß Oestreichs. Redner meinte, man solle sich nicht in fruchtlosen Zänkereien über die Spitze ergehen und sich lieber dem Nationalverein in die Arme werfen, um ein ein heitliches Deutschland zu bilden. Zwar werde es auch nicht anders kommen, als daß der preußische König einmal Erb kaiser von Deutschland werde, denn man könne doch nicht den Landgrafen von Hessen-Homburg oder den Bürgermeister von Frankfurt wählen, (Heiterkeit) doch solle man sich jetzt noch nicht um die Spitze kümmern. Schließlich mahnte er zum sofortigen und energischen Beitritt und zur Beisteuer von Jahresbeiträgen, „denn die Agitation kostet Geld, viel Geld, während wir nur sehr wenig haben." Darin schien uns Herr Metz einen unglücklichen Vergleich zu z ehen, daß er die Summe, die d« Nationalverein vom deutschen Volke ver lange, mit derjenigen Brandschatzung verglich, die im Betrag von 2 t Millionen Thal« der corsikanische Advokatensohn, womit er Napoleon I. meinte, der Stadt Berlin auferlegt habe. Die Ausfälle auf Herrn von Bismark, den „allerbe- scheidensten", wurden lebhaft beklatscht, wie denn auch der Redner unter großem Beifall die Tribüne verließ. Die Ver sammlung nahm nach kurzer Entgegnung eines Herrn, und da sich kein Wildau« in der Versammlung befand, der wie beim Schützenfest in Frankfurt Herrn Metz energisch geant wortet hätte, gegen 2 Stimmen eine Resolution an, dis das Festhalten an der deutschen Reichsverfaflung aussprach. Mit einem Hoch auf Deutschland trennte man sich. Daß sich Viele als Mitglieder des NationalvcreinS gemeldet hätten, haben wir nicht bemerkt. — tz Es ist schon manchmal in diesen Blättern und zwar i» den Berichten über öffentliche Gerichtsverhandlungen üb« jenen Unfug gesprochen worden, der im Gcrichtssaale und namentlich auf der Galerie theils während der Sitzungen, theilS dann, wenn sich der Gerichtshof zur Verathung zurück gezogen hat, ausgeübt wird. Es sitzt dort oben mitunter, Referent kann behaupten, fast immer eine Klasse der mensch lichen Gesellschaft» die dort blos ihre Studien macht und schon eine traurige Vergangenheit zumeist hinter sich hat. Sie amüsirt sich in dem warmen Saale, die ihnen die Kalte da draußen vergessen läßt. Aus Langeweile pfeifen sie, tram peln mit den Füßen, trinken ihren Schnaps, quietschen ittit dem Pfropfen der Nordhäuserflasche und haben, wie eS am I. März der Fall war, auch sogar noch ihr Bräutchen mit, das auf einem Elitenballe allerdings nicht mittanzen dürfte. Total Betrunkene sind schonzuweilen vom Gerichtsdien« hinausgebracht worden, sie kamen wieder und die beaufsich tigenden Kräfte sind zu schwach, um solche Subjecte zu ent fernen. Vom Gerichtsdiener zur Ruhe vermahnt, schaaren sie sich auf den Treppen zusammen und vertheidigen sich in solcher Weise, daß man glaubt, sie seien Engel vom reinsten Wass«. Dem Referenten, der das Unglück hat. fast unter der Galerie zu sitzen, sind nicht blos schon Glasscherben, Schnapsflaschenpfröpfe und kiorribile «licln — Ungeziefer auf den Hals geworfen Word«, nein, er ist bekanntlich schon be stohlen worden. Von was leben die Leule, die dort obm tagtäglich arbeitslos von früh 0 Uhr bis Nachmittag 2 Uhr sitzen? Diese Frage taucht in jeder unbefangenen Brust un- willkührlich auf. Aber es steht noch eine andere Frage be vor: „Warum steht dort oben nicht ein Gcnsdarm?" Man hat dem Referenten von competenter Seite gesagt, das Be zirksgericht müßte für einen Aussichtsbeamten täglich 20 Ngr. bezahlen und dazu wäre kein Fond da. Der GerichtSsaal ist so gut, wie das Gotteshaus. In ihm kommen die Got- tesgesetze zur Anwendung durch den Menschen, sowie in der Kirche und wehe Dem, der es wagen wollte, im Tempel des Herrn zu freveln. Es wäre daher sehr wünschenswerth, wenn diesem Unfug in den Räumen des Gerichtsaales ge steuert und die Achtung vor dem Tempel der Gerechtigttit gesichert würde, die er verdient, die ihm gehört. In allen den GerichtSsälen and«« Land«, ja in den Gerichtssältn der sächsischen Provinzialstädte ist dafür in aller Weise gesorgt. — -s Am Sonnabend fingen sich plötzlich die steinernen Kegel auf der Landhausstraße vor dem Lanhhause an zuZbe- megen. Sie sielen um und verschwanden theiliveise, d. A sie wurden weggenommcn. Nur noch die Hälfte steht da, sie wird wohl bis morgen auch noch verschwunden sein. Königliches Hoftheater. ^ Am 5. März. „Ausreden lassen!" gehört zu den schwächsten Produetcn der Benedix'schen Muse. Es ist nicht ein Gedanke darin, der sich nur einen Zoll breit üb« das Niveau des Alltäglichen erhöbe. Die Idee, daß sich vor der Geschwätzigkeit einer Frau Alles versteckt, ist nicht neu, neu ist nur die Uebertreibung, das; es ihrem Schwätzen mög lich wird, binnen 5 Minuten die Verheirathung eines Paares 1 Stunde vor der Trauung zu verhindern, obwohl der Bräu tigam auf der Trauung besteht, und die Braut einem Andern zuzuführen. Wäre das Stück nicht so außerordentlich kurz und das Spiel des Frl. Allram so wacker, so würde die Er müdung im Publikum eher eintreten. Genannte Dame wußte mit großem Geschick Abwechselung in die Monotonie des Sü- jets zu bringen und cs fielen ihre Worte, dem Gedanken des Dichters zufolge, zwar einförmig, Regentropfen um Regen tropfen, aber manchmal gepeitscht durch einen kleinen Wirbel wind der Empfindung. Mchstdem verdienen Herr Meister und Seist in ihren kurzen Rollen lobende Erwähnung. Es folgte dann „Am Elavier", in dem Hrn. Jauners Streben zwar alle Anerkennung verdient, worin es ihn; aber doch nicht gelang, uns Hrn. Tevrient vergessen zu machen. Im „Rechnungsrath und seine Töchter" that die Komit des Hrn. Räder das Ihrige vollständig, um das Publilum in die beste Laune zu versetzen. Das Stück selbst haben wir schon besprochen. * In Preußen ist die für das Publikum äußerst bequeme und billige Einrichtung getroffen, daß man zur Vermeidung von Geldbriefcn auf der Post einen Betrag bis zur Höhe von 50 Thalern einzahlen kann, und daß die Post die Auszah lung de« Betrags an die betreffende Adresse übernimmt, ohne einen dazu gehörigen Brief (wie bei uns» zu fordern; diese ganze Prozedur kostet nur 1 Sgr. Im Monat Januar d. I. wurden nun 390.272 Stück Postanweisungen ausgegeben, mittelst welcher die kolossale Summe von 5,033,024 Thlr. zur Ein- und Auszahlung gelangt ist. * Der in Paris beliebte Sänger Grango kommt eines Abends beim Nachhausegehen durch eine dunkle Straße und wird Plötzlich von einem Betrunkenen angehalte-. „Können Sie pfeifen?" fragt ihn der Mann. „Was geht Sie das an?" — „Entschuldigen Sie; ich wohne hier oben und habe keinen Hausschlüssel. Wenn ich pfeife, wirft mir meine,Frau den Schlüssel herunter!" — „Gut. so pfeifen Sic!" —„Ich' kann nicht pfeifen, ich habe so viel getrunken!" — „Ah so!" sagte Grange, welch« ein natürliches Mitleid mit dem Be trunkenen fühlt. Cr sängt an zu pfeifen, und in wenigen Augenblicken wird ein weiblicher Kopf am Fenster sichtbar. Dasselbe öffnet sich, ein Schlüssel fällt lärmend auf das