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Druck und Eigenthum der Herausgeber: Nepsch A Reichardt. — Verantwortlicher Redacteur: ÄllliUS Reichardt» Dresden, dm 1i. Februar. — Se. Majestät der König hat den zeithengen Forstin spector zu Grünthsl, Ferdinand Heinrich Rüling, zum Ober forstmeister im Forstbezirke Bärenfels ernannt. — Das Dresdner Journ. enthält folgende Hofnachrichten vom gestrigen Tage: Se. K. Hoheit der Kronprinz hat sich Nachmittags j 3 Ühr nach Bodenbach begeben, um daselbst Ihre Waj. die Kaiserin von Oesterreich, Allerhöchstwelche gestern in Wien abgereist ist und in Prag das Nachtlager gehaltm hat, zu empfangen und nach Dresden zu geleiten. Der hiesige k. k. Gesandte Frhr. v. Werner, hat sich ebenfalls fnach Bodenbach begeben. Auch die zur Dienstleistung bei Ihrer kaiserlichen Majestät beorderten Cavaliere, der königl. Oberschenk Graf v. Einsiedel-Reibersdorf und Kanktnerherr v. Erdmannsdorff, sind nach Bodenbach abgegangen. Dm Extrazug, welcher Ihre Majestät die Kaiserin von Bodenbach nach Dresden führt, leitet der Vorsitzende der hiesigm k. Staatseisenbahndirection, geh. Finanzrath v. Tschirschky-Bögendorff. Jedm officiellcn Empfang in Dresden hat Ihre kaiserliche Majestät ausdrücklich verbeten. Se. Durchlaucht der Erbprinz von Thum und Taxis, sowie besten Frau Gemahlin und die Herzogin Charlotte Sophie in Bayern königliche Hoheiten (Schwestern der Kaiserin und des Herzogs Karl Theodor in Baiern), sind bereits Nach mittags drei Uhr (über Prag kommend) hier eingetroffen. In Bezug auf das Programm der Vermählungsfeierlichkeiten ist zu bemerken, daß die Ordnung des Zuges nach und aus der k. Kapelle insofern eine Abänderung erleidet, als Se. königl. Hoheit der Herzog Ludwig in Bayern (Bruder des, hohen Bräutigams) durch Unwohlsein verhindert ist, der Vermählung beizuwohnen und andererseits Se. königl. Hoheit der seit einigen Tagen auf Schloß Albrechts-erg anwesende Prinz Albrecht v. Preußen in den Zug eintreten wird.« — Bei Sr. königlichen Hoheit dem Prinzen Albrecht von Preußen hat vorgestern Abend auf dessem nahem Schlosse Albrechtsberg ein glänzendes Ballfest stattgefunden, welchem Ihre königlichen Hoheiten der Kronprinz und Prinz Georg, sowie Se. k. k. Hoheit der Großherzog von Toscana beiwohnten. (Dr. I.) — Herrn PauicuUer Commissionsrath Gerstkamp ist von Sr. Maj. dem Könige das Ritterkreuz des Albrechtsordens Verliehen worden. — Während der Abhaltung des Io Oeum in der katho lischen Hoskirche, morgm Vormittag nach >1 Uhr, werden dreimal 12 Kanonenschüsse und dreimal 3 Bat.-Salven ge geben werden. Nach Aushören des Lautens wergen 101 Ka nonenschüsse abgefruert werden. — — s- Schon um 4 Uhr Nachmittags umstand gestern dm böhmischen Bahnhof eine zahllose Menge um die Ankunft der Kaiserin von Oesterreich zu erwarten. Alle Stände waren vertreten, selbst der Dörfler war nach der Stadt ge kommen, um in seinen Erwartungen getäuscht zu werden. Nur Einigen, die durch stundenlanges Warten sich den Platz am Eckportale erkauft hatten, war es vergönnt, flüchtige Um riffe der kaiserlichen Frau auf' einen Augenblick zu sehen. Tausende gingen so heim, wie sie gekommen waren, sie sahen nichts, als Wagen und Menschen, aus welchen manchmal eine königliche Livree hervorragte. Zwar waren die Gas- candalaber mit allen Flammen illuminirt, aber der scharfe Wind drückte das ohnehin spärliche Licht darnieder. Eine lange Reihe von Hofequipagen und Privatchaisen war aufge fahren, die Polizei in Galauniform stand am Portal, der Menge wurde der Zutritt in das Innere des Bahnhofes aus natürlichen Gründen zwar nicht gestattet, aber die Stehplätze vor dem Hause waren gewährt. Die Speculation hatte Stühle hingesetzt, die für theures Geld weggingen. Alle Hofequipagen waren zweispännig, nur der königliche Möbel wagen, bestimmt, daS Gepäck der Kaiserin aufzunehmen, war mit vier Rappen bespannt Die liebe Jugend ließ sich nicht hindern, über das eiserne Geländer des Bahnhofs zu volti- giren, um irgend einen dankbaren Schneehaufen zu erklim men. Punkt 6' Uhr nahte der Zug mit zwei Locomotiven bespannt. Dunkle Schatten sah man plötzlich an den verhan genen Fenstern des Lahnhofes schnell vorbeihuschen, die kö niglichen Bedienten zündeten ihre Fackeln an, die Kutscher setzten sich in Positur — das war Alles was die Ankunft der Kaiserin verkündete. Ohne Glockenzeichen, ohne Locomo- tivenpsiff nahte der Zug, eine lautlose Stille herrschte, das Publikum blieb selbst still. Schnell füllten sich die Wagen, sie fuhren ab, die Fackeln flammten durch die Nacht — und in 5 Minuten war Alle- vorbei. — Der Feldwebel Schwarzbach von der 7. Fußbatterie, der, wie wir gemeldet, vor einigen Tagen auf dem Hospital platze mit dem Pferde stürzte, ist vorgestern an den Folgen der dadurch erlittenen Gehirnerschütterung gestorben und wird heute Nachmittag begraben. — — Zu morgen, Sonntag, wird Herr Marschnrr auf dem Belvedöre der Brühl'schen Terrasse ein großes Fest-Coneert veranstalten und zu diesem Zwecke die Säle mit geeignetem Schmucke versehen. Das verstärkte Orchester unter Leitung des Herrn Stadtmusikdiregor Puffhold und unter Mitwirkung des Herrn Garde-Stabst^nHeter Wagner wird zur Feier des Tages ein auserwählte- Programm bieten. — Dem Vernehmen WH ist vorgestern das hiesige Hotel Stadt Nom an Herrn,-.Bücher, früher Geschäftsführer im Römischen Kaiser in Cöltz'/Verkauft worden. Derselbe wird das Hotel im Monat April auf eigne Rechnung übernehmen. — — f- Heute beginnt der Ausschank des Bockbieres im Hofbrauhause auf der Amalienstraße und das Schlachten der 6 Centner Nettige. Das Lokal ist sinnig decorirt. Alles rüstet sich zum Bockfeste. Das Bier soll diesmal vortrefflich sein. — -f In diesen Tagen wird wiederum ein ausländischer Tambourmajor sich hier mit seiner Kunst auf 10 Trommeln hören lasten. Er ist für St. Petersburg engagirt und hier nur auf der Durchreise begriffen. Er trägt eine eigene Uni form. — Wie Alles, was einem Bedürfniß entgegenkommt und wirklich praktisch zu nennen ist, auch Beifall und schnellen Eingang findet, zeigt u. A. wieder das Unternehmen des l. rothen Dienstmann-Jnstituts: das Holz gesägt und gespal ten ins Haus zu liefern. Anfang September vorigen Jahres hiermit begonnen, hat genanntes Institut bis Ende Januar nicht weniger als 986 Achtelklaftern, 1433 Vicrtelklaftern. 792 halbe Klaftern, 141 ganze Klaftern und 19mal je 2 Klaf tern Brennholz sägen, spalten und Verfahren lasten. Das sind in Summa 3341 einzelne Posten und mehr als 1000 Klaftern Holz, welche, die Lieferungen aus der Kinderbeschäf tigungsanstalt abgerechnet, zum größten Theil sonst wohl auf den Straßen klein gemacht worden wären. Es leuchtet dem nach «irr, dich mit der Einrichtung des I. Dtenstmann-JnstilutS unserm Straßenverkehr manch s Hemmniß aus dem Wege ge räumt wurde, und für die Arbeit, die es seiner Mannschaft damit geschaffen hat, wird diese ihm am meisten danken. —? Am 8. d. M. Mittags gegen 12 Uhr ist auf der Hannöversch-Vraunschweigschen Bahn in der Nähe der Station Schöppenstedt ein Eisenbahnunfall vorgekommen. Der mittel deutsche Verbandsgüterzug wurde durch eine Reservemaschine, die von Braunschweig nach Oschersleben beordert worden war, in der Nähe von Schöppenstädt eingeholt, die mit solcher Ge walt an den Zug anfuhr, daß die hintersten 4 Wagen sofort zertrümmert und aus dem Gleise geworfen wurden. In einem dieser 4 Wagen befand sich auch das Dienstcoupö für den Verbandspackmeister, welcher, erheblich verletzt, mit vieler Mühe aus den Wagentrümmern herausgeholt werten mußte. — j- Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 10. Februar. Heute sind vier Einspruchsverhandlungen angesetzt, von denen zwei geheime sind. In der ersten öffentlichen Verhandlung handelt sichs um Forstdiebstahl. Die Ange klagten sind die Steinbrecher Friedrich Wilhel*? Sieber zu Hartha, Ernst Friedrich Strohbach aus Spechthausen und Friedrich Wilhelm Wetzig in Hintergersdorf. Sieber erhielt 3 Tage Gefängniß, Strohdach ebenfalls und Wetzig 6 Tage Arrest. Sieber, 44 Jahre alt und schon in den Jahren 1854 und 1856 zweimal wegen Forstdiebstahls bestraft, ge stand, daß er im Frühjahr 1864 vier Kiefern, 2 Zoll dick und 4 bis 5 Ellen lang in der Nähe des ortsrichterlich Opitzschen Steinbruchs in der Staatswaldung abgeschnitteu und dann in den Steinbruch getragen. Er behauptet, der Ortsrichter Opitz, dem der Steinbruch gehört, habe ihn be auftragt dazu. Strohdach, 24 Jahre alt, noch unbestraft, gestand ebenfalls zu, eine Kiefer geholt zu haben. Erst wei gerte er sich, in den Wald zu gehen, Wetzig aber sagte, er solle sie nur holen, der Ortsrichter habe den Auftrag dazu gegeben. Wetzig, 49 Jahr alt, im Jahre 1850 und 1856 ebenfalls schon wegen Forstdiebstahls bestraft, gesteht zu, die Andern ausgefordcrt zu haben, Kiefern zu stehlen. Es sollten aus den Kiefernstengeln Dachlatten zum Bedecken des Stein bruchhäuschens geschnitten werden Eine Kiefer soll 1 Ngr. Werth sein. Wetzig meint, wenn ihn der Ortsrichter zu einer solchen Sache beauftrage, da denke er, er muffe <S auch thun und deshalb that ers auch. Herr Staatsanwalt Held ist vcn der Schuld der Angeklagten überzeugt, hält die Strafe für entsprechend und beantragt die Bestätigung des ersten Urtheils. Zum Schluß erklärt Wetzig noch einmal: „Ich kann's be schwören, daß der Ortsrichter Opitz mich geheißen hat, Kie fern aus der Staatswaltung zu holen!" Sieber sagt: „Was mein Herr befiehlt, muß ich thun!" Auch Strohbach erinnert an dasselbe. Es bleibt aber beim Alten. — Die Privatan klagesache der verehelichten Siegelt Wider ihren Ehemann, den Privatexpedrenten Franz Robert Siegelt und Marie Emilie Rassig allhier wurde in geheimer Sitzung abgemacht. Auch die nächste Sitzung war eine geheime. ES betrifft eine Untersuchung-- beziehendlich Privatanklagcsache des Carl Gu stav Nobe wider Paul Drößler zu Dresden. Das frühere Erkenntniß, welches den Kaufmann Paul Drößler zu 25 Thaler Geldbuße oder 4 Wochen Gefängniß und einen Theil der Kosten verurtheilte, wurde bestätigt. — In der letzten Privatanklagesache hat Friederike Wilhelmine, verehelichte Plier den Friedrich Robert Wendig nebst Fra« verklagt^ Zur Klägerin, die eine Nätherin ist, kam vor der Oster- meffe 1864 das Wendig'sche Ehepaar und bat sie mit Kleidungs stücken auszuhelfen. Sie that's. Die Sachen sind 5 Thlr. Werth. Nach der Messe wollten sie bezahlten. Außerdem warm die Eheleute ihr noch 2 Thaler baar schuldig. Es erfolgte keine Zahlung. Die Plier mahnte man drohte ihr, sie die Treppe hinunter zu werfen. Man vertröstete sie auf's Copitzer Vogel schießen, da wollten sich die Beklagten durch Gesang in den Zelten Geld verdienen. Die Plier ging nach Copitz und er hielt nur 10 Neugroschen. Auch auf's Kötzschenbrodaer Vo gelschießen ging sie, dort sangen die Leute auch. Sie ging vergebens hin, sie erhielt kein Geld und wurde sogar geprü gelt. DaS Gesicht schwoll an, das ärztliche Zeugniß bekundet es. Die Frau Wendig sagt: „Die Plier verlangte von mir, ich solle den Rock auSziehen. Sie packte mich an, riß mir die Blouse vom Halse, das Retz aus den Haaren und schrie: „Ihr Spitzbuben, Lumpenpack, wenn Ihr zur Stadt kommt! will ich Euch hinausbringen lassen." Auch er kam hinzuH schlug auf die Plier los und brachte sie zur Thür hinaus^ Es wurden viel Zeugen vernommen. Der Mann erhielt drei Thaler Strafe in Geld oder 8 Tage Haft, sie fünf Thaler Strafe oder 2 Wochen Gefängniß. Beide Eheleute erhoben Einspruch, der aber nichts half, da das erste Urtel bestätigt wurde. — Angekündigte Gerichtsverhandlung: Heute Vormittag 8 Uhr wider dm Lackirer Carl Moritz TheophiluS Hofmann von hier wegen Diebstahl und Unterschlagung, Vorsitzender: Gerichtsrath Jungnickel. — In Stollberg hat am Montag sin der Nacht eine Fabrikarbeiterin ihr uneheliches neugeborenes Kind in den Düngerhaufen ihres Hauses noch lebend eingescharrt. Eine im Hause wohnende Frau hörte in der Nacht das Schreien einer zarten Kinderstimme, steht auf, sucht nach und findet daS Kind, obwohl erstarrt und ohne Lebenszeichen. Durch da von der Frau angewandte Bad kam das Kind wieder zum Lebm, und die unnatürliche Mutier ist auch in derselben Nacht noch ermittelt worden und sitzt nun verhaftet mit ihrem Kinde hinter Schloß und Riegel, der gerechten Strafe entgegensehend. — Am 5. d. M. Abends in der 9. Stunde brannte das Wohnhaus, Scheune und Stall der verw. Seurig in Bieberach total nieder, wobei auch das ganze Mobiliar nebst Futkervor- räthcn ein Raub der Flammen wurde. Das Thieme'sche Gut wurde trotzdem, daß die Gluth sich nach demselben richtete, durch die anerkennenswerthe Umsicht und Thätigkeit der zur Hülssleistung herbeigeeiltcn Personen gerettet. Anscheinend ist das Feuer durch ruchlose Hand angelegt worden — Tags darauf früh zwischen 2 und 3 Uhr ward das Wohnhaus des Gartennahrungsbesitzers Richter in Niechberg eingeäschert. Die Scheune daneben konnte gerettet werden, dagegen mußte man fast das ganze Mobiliar den Flammen überlassen. — Am 7. d. M. Nachmittag kam auf der Bockwacr Kohlenbahn beim Zusammenhängen von Wagen der Weichensteller Baumann zwischen die Puffer und erhielt hierbei solche Verletzungen, daß er alsbald starb. Der Verunglückte hinterläßt eine Frau und sechs Kinder. — An demselben Tage erhing sich der Berg- arbeter F, Vater von vier unerzogenen Kindern, auf dem Berglustschacht zu Wilmsdorf, wo er seit elf Jahren in Ar beit stand. TageSgeschichte. Schleswig-Holstein. Aus Flensburg vom 4. Febr. schreibt man den „H. N.": Das seit mehreren Tagen ununter brochen fortdauernde Schneetreiben hat ungeheure Quantitäten Schnee zusammengcbracht, und ist die Communication mit dem Norden sowohl per Eisenbahn, als per Fahrpost zeitweilig vollständig unterbrochen. Auf der nordschteswigschen Eisen bahn stecken noch immer zwei Locomotiven und ein Schnee- ,flug im Schnee, und ist es bisher, obgleich Hunderte von Schauflern dabei beschäftigt sein sollen, nicht gelungen, die- ilbea herauszubringen. Französische Blätter berichten über die VerWrung von 27 jungen Mädchen in einem Madrider Frauenrioster, dem wir Folgendes entnehmen: Die Nonnen dieses Klosters ge hören den höchsten castilianischen Adelsfamilien an und widmen 'ich, ihren Ordensregeln gemäß, der Erziehung und klnterwei- üng junger Töchter aus den ersten Häusern Spaniens. Seit ängerer Zeit schon waren die Zeitungen das. Echo seltsamer Gerüchte, welche allmälig mit solcher Bestimmtheit und Deut- ichkeit austratcn, daß sich die Regierung gcnöchigt sah, zur Aufklärung des Sachverhalts eine Enquöte anzuordnen. Nach i