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Nr. SS. Jatr-<«.'S Täglich früh 7 Uhr. Auserat^ werden aagenowmenr bi» Abend» S,«onn- ta,» bi, Mittag» 1L Uhr: MartenfiraSe 1». . »nri '. -- ,: : 5! ' " ^ - !F. . ! » Donnerstag. L Februar 186Z., Ilnzeig. ill dies. Blatt«, ra, jetzt in 11,000 kxemplare« erscheint, linden eine ersolgreiche Verbreitung. < ' >1 Mouvement: vierteljährlich SONgk. bei unentgeldlicherÄ» serung in'» Han«. Durch dir «Lnigl.Past vierteljährlich SS Ngr. Einzelne Nummer« 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Arabisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile r Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: likpslh äl Neilhardt. — Verantwortlicher Redakteur: InlÜlS Relchardt. Dresden, dm 3. Februar. — Das neue bürgerliche Gesetzbuch für Sachsen wird am 1. März d. I. in Kraft treten. Wir heben daraus einige allgemein faßliche und wichtige Bestimmungen hervor. Zeit- Her erbte der in kinderloser Ehe überlebende Gatte nur den dritten Theil, die übrigen zwei Dritttheile des Vermögens fielen an die Eltern, Geschwister oder Geschwisterkinder der Verstorbenen zurück. Vom 1. März d. I. an erbt der über lebende Gatte die Hälfte, und wenn nur entfernte Seiten verwandte des Verstorbenen vorhanden sind, jederzeit Alles, während bisher diese Seitenverwandten bis zum sechsten Grade die Hälfte erbten. — Die Codicille enthalten in der Regel die sogenannte Codicille lause l, d. h. den Vorbehalt, daß der Testator später noch in einer Schrift, die der gerichtlichen Niederlegung nicht bedarf, anderweite, abändernde, zusetzende, letztwillige Verfügungen treffen kann. Diese Niederschriften gelten dann genau so, als stünden sie bereits im Testamente ES kann der Erblaffer allerlei Vorschriften zur Giltigkeit dieser Codicille treffen, z. B. bestimmen, daß diese Nieder schriften auf dem Recognitionsschein, den er über die Hinter legung des Testaments erhalten hat, vermerkt werden. Nur müssen derartige Codicille von ihm eigenhändig unterschrieben sein. Vom 1. März an müssen die Codicille nicht blos eigen händig unter-, sondern auch eigenhändig geschrieben sein. Mit diesem Tage verlieren daher alle Codicille noch lebender Testatoren, wenn solche nicht vollständig von ihnen geschtieben und unterschrieben sind, ihre Kraft und Wirksamkeit, gleichviel, ob im Testamente die bloße Unterschrift für ausreichend er klärt worden ist oder nicht. Da wahrscheinlich der größte Theil derartiger Codicille, wie die Testamente, von Advokaten aufgesetzt ist, so muß vom 1. März an der Testator diese Codicille selbst umschreiben. Diese Arbeit dürste freilich älte ren Personen lästig fallen, aber zur Vermeidung von Erb- schleichereien und Fälschungen sich sehr empfehlen. Eine Unter schrift zu fälschen ist leichter, als eine vollständige Niederschrift; ebenso dürfte es weniger schwierig sein, einen altersschwachen, kranken Menschen zur Unterschrift eines Akts, den er vielleicht nicht ganz versteht, oder der ihm blos vorgelesen ist, zu bewe gen, als zur vollständigen Niederschrift. UebrigenS kann vom 1. März an ein Notar mit nur zwei Zeugen, die aber 21 Jahr alt sein müssen, ein Testament abfassen. — — Wie verlautet, wird die auf 600,000 Thlr. Actien- Capital fundirte Thode'sche Papierfabrik bei Dresden, die größte in Deutschland, die per Woche 1000 Ctr. Papier liefert, wie derum eine sehr gute, steigende Dividende gewähren. Es be fugen Dividende: Abschreibung: im Jahre 1861 3 Procent 18,152 Thlr. - - l862 51 - 27,368 - - - 1863 8 - 38,433 - - - 1864 11—11^ - über 40,000 - Diese und ähnliche Thalsachen werden dazu beitragen, in Sachsen allmälig das ungerechtfertigte Mißtrauen gegen Actien- unternehmungen wieder zu beseitigen, das lediglich durch leicht sinnige Speculation und liederliche Verwaltung hervorgerusen worden ist. — Der Eisgang der Elbe ist innerhalb der sächsischen Grenze nunmehr als glücklich vorübergegangen zu bezeich nen Der höchste Wasserstand war 19 Zoll über Null. Gestern Mittag stand daS Wasser der Elbe bereits wieder I Elle unter Null. Von der preußischen Grenze herein hat sich zwar ein Eisschutz bi« zum sogenannten Nickstein bei Strchla gebildet, doch droht auch dort keine Gefahr. — Das Eis der Weißeritz steht noch fest und ist ein Steigen des Wassers nicht zu bemerken. Das von uns gestern erwähnte Gerücht, daß in Niederpohritz ein Fährboot, aus dem sich Personen nur durch das Springen auf Eisschollen gerettet, fortgetrieben worden sei, reducirt sich sichern, Vernehmen nach darauf, daß dasselbe kein Fährboot, sondern ein einem Schiffs eigner aus Rathen gehörige« Rettungsboot war, wie solche an jedem Segelschiffe sich befinden, welches nicht genügend be festigt gewesen. Der Besitzer hat dasselbe auch bereits unter halb Dresden wiedererlangt. — Der am 8. December 1863 hier verstorbene pen- sionirte Oberförster, Herr Christian August Schuster, hat eine k. k. österreichsche National-Schuldverschreibung über 1000 Gulden dem hiesigen „Augenkrankenheilvereine" hinterlaffen, welche Schenkung von dm Erben dem gedachten Vereine aus gehändigt worden ist. — Eine drollige Scene beobachtete Einsender vorgestern Abend I I Uhr auf dem Neumarkt Ein kugelrunder fringe- Neideter Herr, total betrunken, hatte sich daselbst unter Gottes freien Himmel auf das Pflaster gebettet. Zwei gemüthliche Urbeiter gaben sich alle erdenkliche Mühe, den Dicken auf die Beine zu helfen, was er aber stets mit dem ausdrücklichen «unsche.ablehnte: „Ich will hier schlafen!" Arbeiter: „Komm nur Fritzchen, wir wollen Dich zu Hause bringen!" Dicker: „Laßt mich hier, ich will ausruhm!" Endlich kam eine mitleidige Droschke, die durch Aufnahme des Letzteren dm, Zwiegespräch ein Ende machte. — Das Pferd eines Reiters, welcher einen Transport von 16 Hengsten von Moritzburg kommend gestern Morgen die Leipziger Straße entlang geleitete, wurde wild, stürzte, der Reiter fiel herunter und wurde ein Stück geschleppt. Der wilde Hmgst lief bis zur Heinrichstraße, von da zurück, machte einm 8s»o morwlo über zwei Männer und verlor dabei den Sattel, wurde aber bald darauf von einem Eisenbahnarbeiter im Leipziger Bahnho e aufgehalten. Die ganze Affaire ging ohne weiteren Schaden ab, nur der heruntergestürzte Reiter erhielt einm Schlag an den Arm. — Das vor einen Wagen gespannte Pferd eines Landmannes benutzte gestern Morgen auf de.n Dippoldiswal- daer Platze den günstigen Moment, wo es allein gelaffen, neben einem Milchwagen stand, in letzterem herumzuwühlen, ein zwischen Gemüse und Milchkannen verstecktes Vierpfundbrod sich herauszulangen und dasselbe ohne weitere Umstände von allen Seiten anzubeißen. Das gute Thier hatte freilich die Milchtöpfe etwas unsanft ausgehoben und bei Seite gerückt, so daß die beiden später hinzugckommenest Geschirrinhaber sich in ein langes Entschädigungsgespräch vertieften — Vorgestern gegen Abend ist der 5 Jahre alte Knabe eines in Mustadt wohnhaften Schuhmachers in der Nähe der neuen Brücke, woselbst er am Elbufer mit Eisschollen gespielt, in die Elbe gefallen. Mittelst mehrerer Stangen gelang es zwei Realschülern und einem dortigen Trocknenplatzpachter, den Knaben noch lebend an das Ufer zu ziehen. Er wurde in die elterliche Wohnung gebracht und befand sich schon gestern Vormittag außer aller Gefahr. — — Gestern Morgen wurd Htzrr Kohlenhändler Dietrich von hier in seinem unweit des Tharandter Bahnhofs befind lichen Comptoir der Poffendorfer Steinkohlen-Niedcrlage todt aufgefundm. Die näheren Umstände lassen keinen Zweifel darüber übrig, daß er an Koh'cndämpfcn erstickt ist. Dian hat auch später gefunden, daß der im Comptoir stehende Ofen an mehreren Stellen defcct ist. — — Die königl. Polizeidirection hat einen hiesigen Ex pedienten verhaftet, der mehrere hiesige Pfandleiher auf be sonders raffinirte Weise um bedeutende Geldbeträge betrogen hat. Der Betrüger hat sich nämlich auf Bücher einer aus wärtigen Sparcasse, in der er früher als Copist gearbeitet, und die auf große Summen gelautet, Geldvorschüffe ausge wirkt und später hat sich herausgestellt, daß die in den Büchern als eingezahlt notirten Geldbeträge sammt und son ders gefälscht sind. — — Am Montag Abend verließ der ehemalige Advocat Tzschirner, Mitglied der provisorischen Negierung in den Mai tagen 1849, welcher sich seit seiner Begnadigung in Leipzig aufgehalten und in großer Zurückgezogenheit gelebt hatte, Leipzig und Sachsen, um sich über Hamburg nach Amerika zu begeben. — Wie wir erfahren ist die in dem Besitz der Buch- und Antiquarhandlung des Herrn Otto August Schulz in Leip zig sich befindliche Gcfängnißbibel des Freiherrn Fr. v. d. Trenck, worüber die Gartenlaube einen ausführlichen, höchst interessanten Artikel geliefert hatte, in diesen Tagen in den Be sitz Sr. Maj. des Königs übergegangen. — Wenn ein deutscher Philosoph einmal schrieb: „Man muß den Menschen in seiner Heiterkeit und fröhlichen Stim mung betrachten!" so hatte der Beobachter vorgestern Abend in der Loirov mumonle des Herrn Hofopernsänger und Liedercom- positeurs Hölzel aus Wien, vollkommen Gelegenheit, dieß zu thun. Der Concertgeber glänzte vorzüglich in den Licdervor- trägen rvo Humor und Gemüthlichkeit in trauter Bereinigung standen und somit den Hörern eine heitere musikalische Unter haltung zu Theil. wurde. Wie das Schöne und Treffliche immer Anerkennung und Beifall findet, so war es auch hier und wer des Genusses nicht theilhaftig war, kann sich solchen nächsten Sonnabend Abend verschaffen, indem Herr Hölzel noch eine gleiche Soiree im Hotel de Saxe veranstaltet. Auch hierin wird wieder Fräulein Mary Krebs Mitwirken, die an jenem Abend ihr großes Talent wahrhaft glänzend zur Geltung brachte. — Am 16. vor. Mts. Vormittags kam in der Hcmpcl- schen Färberei in Reichenbach der 36 Jahre alte Färber Keg ler, Vater von vier unerzogenen Kindern, beim Putzen einer Welle des Dampfmaschinenzuges durch seine Lederschürze, die er zum Abwischen benutzte, in das Getriebe und wurde da durch dergestalt verletzt, daß er trotz der ärztlichen Hilfe im Stadtkrankenhause am 25. d. Mts. verstarb. — Am 30. d. MtS. früh H6 Uhr entstand auf dem Futterboden des Guts besitzer Schuhmann in Machern Feuer, welches in kurzer Zeit dessen au« drei mit Stroh gedeckten Gebäuden bestandenes Geböfte in Asche legte. Das Schuhmann'sche Ehepaar be merkte das Feuer erst ziemlich spät und vermochte, da die Treppe an dem vom Feuer bereits ergriffenen Raum herab führte, sich nur mit genauer Noth zu retten; die verehelichte Schuhmann erlitt bedeutende Brandwunden an den Händen und im Gesicht. Vom Mobiliar konnte nur ein geringer Theil gerettet werden. — Der k. preußische außerordentliche Gesandte und be vollmächtigte Minister in Dresden. Kammerherr von der Schu- lenburg-Priemern ist in derselben Eigenschaft auch am her zoglich sachsen-altenburgischen Hofe sowie an beiden fürstlich reußischen Höfen ernannt worden. — Die gestern gebrachte Notiz von einer „böswilligen Verleumdung" des Theaterdirectors Herrn v. Rekowsky in ' Gera durch den Nedacteur der Dresdner Theaterzeitung, Herrn C. Stein hier, will letztgenannter Herr dahin berichtigt wissen, daß in der betreffenden Erzählung nicht gesagt worden ist, daß v. Rekowsky sich — in Folge pecuniärer Verlegenheiten—> das Leben genommen habe und daß der Vorwurf „böswilliger Verläumdung" nur den Opernsänger Henri Lovies, z. Z. in - Berlin, treffen kann, welcher, wie bereits an geeigneter Stelle, sowie in der Dresdner Theaterzeitung dargethan ward, der Redaktion diese Erfindung als eigenes Erlebniß und zur wei teren Verbreitung mitgetheilt hat. TageSgefchitdle. Berlin. Die Zahl der prostituirten Frauenzimmer, welche sich zur Nachtzeit auf den Straßen bewegen, hatte in letzter Zeit so sehr zugenommen, die Frechheit und Scham losigkeit vieler derselben einen so hohen Grad erreicht, daß man einzelne Straßen nicht passiren konnte, ohne von ihnen förmlich angehalten, unter Umständen auch von deren Louis' angegriffen zu werden. Es wurde deshalb am Sonnabend Nacht von der Criminalpolizei eine Razzia unternommen, wo bei nicht weniger als 187 solcher Frauenzimmer aufgegriffen und zum Polizeigewahrsam gebracht wurden, von denen am andern Morgen drei Wagen voll nach der Charitv abgeführt werden mußten. Die Zeitschrift Nation Argentina vom 26. November druckt eine Verordnung des Präsidenten ab, nach welcher der Schutzheilige des Staates wegen grober Vernach ässigung sei ner Pflicht abgesetzt und durch einen andern Heiligen ersetzt wird. Dieser Schutzheilige ist kein andrer, als der heilige Martin, der weder dem Scharlachfieber, noch der Trockenheit, noch den verheerenden Ueberschwemmungen gesteuert, der an-' geklagt ist. daß er sich auch nicht um die Blatternkrankheit bekümmert, so daß diese erst nach Einführung der Impfung verschwunden sei. Dian habe, heißt es ferner, der räuberi schen Indianer nur durch Anrufung der heiligen Jungfrau von Eujan und der heiligen Klara Meister werden können» indessen der erwähnte Schutzheilige ruhig im Himmel geblie ben sei und keine Hilfe geleistet habe. Es sei die Au gäbe des Präsidenten, die Verwaltung von schlechten Beamten zu reinigen, darum verfüge er, daß der heilige Martin, welcher das Vertrauen des Volkes verloren habe, abgesetzt sei. In Anerkennung seiner früheren Verdienste solle er jedoch als jährliche Pension vier einpfündige Wachskerzen erhalten, solle an seinen: Namenstage ihm eine Messe gelesen werden. An seiner Stelle wird der heilige Ignaz von Lsyala, der mit ritterlicher Tapferkeit schon am 5. Januar 1807 gegen daS brittische Heer gute Dienste geleistet, mit dem Range eines Brigadegenerals bekleidet und seinen Jüngern eine Pension von 800 Piastern auf ewige Zeiten zugesichert, auch sei all jährlich in der Cathedrale ein vierstündiges Gebet für ihn abzuhalten und sein Namcnsfest durch dreitägige Festlichkeiten mit Feuerwerk, einem in der Haut gebratenen Ochsen und Nationaltänze zu feiern. Huworntische Betrachtungen auf einem Spa ziergange durch das Reich der Opern», Com- merS- und Tafeltieder. Die Poesie ist eine geborene Lügnerin und fast jedes Gedicht ein Münchhausen, ein löschpapierner Herr von Krack. Die Dichter sprechen von Liebe, Treue, Geld und Schönheit, alles Dinge, die sich um den Dichter oft eben so wenig beküm mern, als der Sultan um den Mäßigkeitsverein. Die Poeten schlürfen Wein, den sie nicht haben, und reden mit gekrönten Häuptern, von denen sie soweit entfernt stehen, wie der Ura nus von der Sonne. Dem Dichter des Liedes: ist mir Alle« ein», 's ist m r Alle» ei>«, Ol> ich »eid Kode et>>r lein»" möchte ich gleich fünfmalhunderttausend Executorcn auf de» Hals wünschen und dann mit ihm in Blausäure Brüderschaft trinken. Mir ist dies nicht einerlei, denn wenn ich kein Geld habe, bin ich der verdrießlichste Mensch von der Welt, wen» es aber in der Tasche klimpert, dann bin ich fähig, einen Engländer zu umarmen und rin Gedicht auf den BundeS-