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Rr. 3S. oSrschrmt: rsglich srüh 7 Uhr. Inserate werden angenommen: bi« Abend-v,Sonn tags bi» Mittag» ' 12 Uhr: Marienfiraße 18. Jahrg. > Mittwoch, 1. Februar 1888. Anzeig, in dies. Blatte, das jetzt in ll.ttVtt Exemplaren erscheint, finden eine ersolg reiche Verbreitung. Monuemeul: VietttljLhrlich 2üNgL bei unentgeldlicherAsq strunz in's Hau«. Durch die Aöuigl. Post vierteljährlich 22 NgL Einzelne Nummer» 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile 2 Rgr. Druck uitt> Cigenthum der Herausgeber: Elkpslh ät Neilhardt. — Verantwortlicher Redacteur: Julius Neilhardt. Dresden, den I. Februar. — Se. Maj. der König hat dem zeitherigen Actuar beim Gerichtsamte Lengenfeld Ernst Gottschald zum Gcrichts- amtmann bei dem Gerichtsamte Geringswalde, sowie den Ba taillonsarzt 1. Clafse Nr. Hauck vom Sanitätscorps zum Bri gade-Stabsarzt und den Bataillonsarzt 2 Clafse Niebergall Vom gedachten Corps zum Bataillonsarzt 1. Clafse ernannt, auch ,dem Asfiste»zarzt Vr. Lenk die wegen überkommener Dienstuntüchtigkeit beantragte Entlassung aus der Armee be willigt. — Das Dr. I. theilt ein allerhöchstes Schreiben mit, Ivelches Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich unterm 19. De zember v. I. an den vormaligen Obercommandirenden der Bundesexecutionstruppen in Holstein, Herrn Generalleutnant v. Hake, erlassen hat: „Lieber Generalleutnant v. Hake! Sie haben als Kommandant der Bundesexecutionstruppen in Hol stein durch Umsicht wie durch Bethäligung Ihrer bundes- sreundlichcn, acht militärischen Gesinnungen die Rücksichten Ihrer eignen schwierigen Stellung mit den Interessen für die Truppen Meines 6. Armeecorps, nicht nur in so lange eine Brigade desselben unter Ihren speciellen Befehlen stand, son dern im Laufe des ganzen Feldzuges bei jeder Gelegenheit zu vereinen gewußt. Ihre reelle, stets bereite Unterstützung erleichterte die Aufgabe Meiner Truppen und Ihr kamerad schaftliches Entgegenkommen belebte und stärkte jenen Geist der Eintracht welche Meinen und den Absichten Sei ner Majestät Ihres königlichen Herrn entspricht. In dem ich Ihnen daher, lieber Generalleutnant, hierfür Meine vollste Anerkennung zolle, fühle Ich Mich angenehm veran laßt. Ihnen zugleich Meinen Dank auszusprechen und ver bleibe Ihr wohlgewogener Franz Joseph. Wien, 19. De- cember 1864. — Ihre König!. Hoheiten der Kronprinz und Prinz Georg sind gestern früh Uhr mit d« Leipzig-Dresdner Bahn nach Oschatz gefahren, um dort zu jagen. Bekanntlich war gestern der letzte Tag, wo die Jagd offen war. Ihre König!. Hoheiten wurden Abends hier wieder zurückerwartet. — Nach der Bekanntmachung der hiesigen Wasserbau- direction, die am Einnehmerhäuschen an der Brücke ange schlagen ist, ist das Elbeis gestern Morgen 6 Uhr 43 Mi nuten gebrochen und in Gang gekommen. Unter den hiesigen Fischern und den Leuten, die über die vorherigen Anzeichen des Eisganges ein kompetentes Urthejl haben, hört man viel fach die Aeußerung, daß eines solchen Eisganges, wie diesmal, sich die ältesten Fischer nicht erinnern können. Vorgestern Nachmittag liefen noch Hunderte von Menschen auf der Elbe Schlittschuh, die Fußpassage über das Elbeis ging hier noch die ganze Nacht hindurch und erst Morgens gegen 4 Uhr haben die Fischer selbst das Elbeis, nachdem sie von der daselbst abgesteckten Schlittschuhbahn ihre Utensilien wegge räumt, verlassen. Der Eisgang scheint ganz ruhig vorüber zu gehen, denn schon im Lause des gestrigen Vormittags hörte man. daß in Tetschen das Wasser bereits wieder eine Elle gefallen sei und hier stand gestern Mittag das Wasser nur wenige Zoll über dem Nullpunkt, auch ging das Eis nicht in gedrängten Massen. In nicht zu langer Zeit rach dem hier erfolgten Bruche und eingetretenen Gange des Eises kam ein kleiner Kahn, wie ihn die Fischer zur Ueberfahrt benutzen, im Eise geschwommen. In den Vormittagsstunden hörte man von Landleuten, die in die Stadt gekommen, erzählen, es sei dieser Kahn der Fährkahn aus Niederpoiritz. In Niederpoi- ritz ist an der Fährstelle die Elbe seither offen gewesen, so daß die Ueberfahrt per Kahn immer stattfinden konnte. Es hätten denn auch gestern Morgen 5 Uhr 2 bis 3 Personen überfahren wollen, sie seien auch bereits in den Kahn einge stiegen und vom Ufer abgestoßen gewesen, als plötzlich das nur in kurzer Distanz über der Fährstelle bis dahin festgestandene Eis gebrochen und so schnell in Gang gekommen sei, daß der Fährmann mit dem Kahne das Ufer nicht mehr habe erreichen können. Man habe gesehen, wie der Kahn schon von Eis schollen umgeben gewesen sei. Die Insassen des Kahnes hät ten aber Entschlossenheit genug gehabt, seien auf Eisschollen gesprungen — die bekanntlich nach dem ersten Aufbrechen immer ziemlich groß sind — und so in einiger Entfernung von der Fährstelle in die Nähe des Ufers fittrieben worden, wo sie sich alsdann gerettet hätten. Den Kahn hätten sie aber natürlich im Stich lassen müssen. — Gestern Nachmittag nach 5 Uhr entstand in dem Hause der Webergasse 31 ein Essenbrand Die Chaisenträger spritze kam herzu und bald war der Feuerlärm und die Ge fahr vorüber. Eine Stunde später wurde das Haus Nr. 34. auf selbiger Straße ebenfalls von einem leichten Brandunglück bedroht, indem daselbst zwei Kinder von drei und sieben Jahren mit einer brennenden Lampe den Kleidungsstücken der Dienst- lrute zu nahe gekommen. Die Kleider sind gröhtentheils ver» aber durch sofortigen Beistand ferneres Unheil brannt, sonst vermieden. — Zur Berichtigung der gestrigen Notiz über die Pos sendorfer Steinkohlenbau-Obligationen ist zu bemerken, daß jedes einzelne Stück mit 50 Thlr. verauctionirt wurde. — Gestern Mittag entstand plötzlich auf dem Altmarkt ein ungewöhnlicher Menschenauflauf. Man sah eine Zahl Chaisenträger eiligst die Richtung nach der Galeriestraße stür zen und erfuhr, daß nach der Meldung des Kreuzthürmers dort ein Feuer ausgebrochen sei. Die Bemühungen aber, dies Feuer zu entdecken, welches zu solchen Maßregeln bestimmen konnte, sind bis jetzt erfolglos geblieben. — — Wie wir aus Leipzig erfahren, ist das vor Kurzem mitgetheilte Verbot der Zulassung von Dienstmännern mit rothen Mützen auf dortigem Dresdner Bahnhof zurückgenom men worden. — Die Tirection des I. Dienstmann-Jnstituts geht mit dem Plane um, ihre beiden Hauptcomptoire in Alt- und Neustadt kelegraphisch zu verbinden. Vorerst ist an den Stadtrath die Anfrage gelangt, ob der Ausführung des Un ternehmens überhaupt Etwas entgegen stehe. Jedenfalls würde die Sache nicht blos dem geschäftlichen Verkehr des Instituts, sondern auch öffentlichen Interessen zu dienen be stimmt sein. — Nach einem uns übersendeten Zettel des mechanischen Figurentheaters unter Direction der Familie Lanisch aus Dresden, lies't man Folgendes: „Die Erstürmung der Schanze und Festung Altona in Schleswig". — Die dirigi- rende Familie Lanisch scheint in der Geographie und neuern Kriegsgeschichte nicht sehr zu Hause zu sein. — Diej Nachtwache der freiwilligen Turnerfeuerwehr ist aus ihrem zeitherigen Loeale — der Schmelzmühle — auf die Breitestraße in das Commungrundstück Nr. 7 verlegt worden. — P-arafstnkerzenitkven in diesem Jahre mit einen der bedeutendsten Handelsartikel, so daß es nicht uninteressant sein dürfte, Einiges über die Geschichte dieser Kerzen zu erfahren, damit Diejenigen, welche ihre Aufmerksamkeit denselben wid men, vor Täuschungen sich hüten können. In einem Land striche Thüringens, der vor 6—8 Jahren kaum einen erträg lichen Getreideertrag lieferte, werden jetzt Tag und Nacht Hunderte von Dampfmaschinen in Thätigkeit gesetzt, die an der Gewinnung, Pressung und Bearbeitung des Paraffins rüstig arbeiten. Durch große hydraulische Pressen ist es ge lungen, dem reinen Paraffin eine solche Härte zu geben, daß man Kerzen so hart wie Stein daraus gewinnen kann. Diese Kerzen haben natürlich nicht verfehlt, den Stearinlichten eine derartige Concurrenz zu machen, daß solche fast auf die Hälfte des sonstigen Preises gesunken sind, so daß manche Fabri kanten, um nur einigermaßen der Concurrenz zu begegnen und das Licht billiger herzustellen, das Stearin mit Palmöl und schlechten Fettwaaren mischen, resp. dadurch zu ersetzen suchen. Man kaufte die schlechten weichen Paraffinmassen auf und machte daraus mit Zusätzen von Palmöl rc. eine den guten ächten Parassinlichtcn ähnliche Waare, welche man namentlich bemüht ist zu jeden Preisen in Auktionen zu verkaufen, um dem Publikum die Parasfinkerzen einentheils zu verleiden, an- derntheils für das Stearinlicht den verlorenen Boden wieder zu gewinnen. — -f Wie ein Dienstmädchen sich eine sonderbare Vor stellung von einem photographischen Atelier macht, beweist folgendes Curiosum. Bekanntlich stehen inmitten der Haupt straße zu beiden Seiten der Mittelallee zwei Wasserhäuser, an deren eine Seite Proben von Photozraphien, Porträts in Menge in Schaukästen eines Photographen von der Haupt straße aushängen. Vor Kurzem konnte man eines Nachmit tags an einem dieser genannten Schaukästen ein Dienstmäd chen stehen sehen, das emsig an die Thür des einen Wasser hauses klopfte und Einlaß begehrte. Irgend ein Festtag ihres Geliebten stand bevor und deshalb wollte sie sich pho- tographiren lassen, um ihn ein Festgeschenk mit ihrem Kon terfei zu machen. Sie klopfte und klopfte und wurde ihren Jrrthum erst gewahr, als die Vorübergehenden sic bedeuteten, daß der betreffende Photograph wo anders seine Kunst aus übe, als in den Wasserhäusern. Sie verschwand unter dem Lächeln ihrer Zurechtweiser. — Eine Erinnerung an das Dresdener Hof theater. Als am letztvergangenen Sonntag auf unserer Hofbühne Schillers „Cabale und Liebe" in Scene gegangen war, fanden wir Tags darauf ein altes Kunstblatt vom Jahre 1823 woraus zu ersehen, daß im Monat März dessel ben Jahres in gleichem Stück die Lady Milfort von einer Demoiselle Pfeiffer (jetzige Birch-P eiffer) als Gast g.spielt worden war. Nach dem Bericht muß damals das Belcuch- tungswesen sehr im Argen gelegen haben, denn es heißt da wörtlich: An jenem Abend ergab sich ein schlimmes Lampen- Malheur, es gingen nämlich mehrere aus und verbreiteten einen so erstickenden Qualm, daß der fast im Vergiften be griffene Ferdinand sich entschließen mußte, sie vollends mit dem Stiefel, und als dieß nicht wirken wollte, mit der Hand auszulöschen. Diese Contenance in dem so kritischen Augen blicke ward durch einen allgemeinen Applaus belohnt. Der gleichen Unglücksfälle, wenn auch nicht immer mit den Lam- " Pen, doch mit dem Maschinenwesen, sind sehr, sehr häufig und eine aus den Wolken hervorguckende Stubendecoration gehört nicht zu den Seltenheiten. — -f Vor einigen Tagen wurden die Bewohner der Schreibergasse durch einen bedeutenden Lärm des Nachts um 12 Uhr aus ihrem Schlafe geweckt. Ein dasiger Schänkwirth war mit der Familie in Zwist gerathen, der sich bis zum bedeutenden Streit erweiterte, sodaß einige Umwohner Nach sehen mußten, was es auf der Straße gebe. Die Kinder jammerten sehr, die geängstigte Frau hatte ihr kleines Kind auf dem Arm. Man schickte nach der Polizei. — f Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 31. Januar. Der Cigarrenmacher Heinrich Adolph Schmidt, 34 Jahr alt, aus Bischofswerda, wurde hereingeführt, um sich wegen mehrerer Verbrechen zu verantworten. Auf dem Ge richtstische liegen zwar nur ein Paar braune Hosen und noch ein unerkennbares Kleidungsstück, es sind aber der corpvr» delicti mehrere, die bereits noch vorläufig in einigen Dörfern zerstreut liegen. Die ausgelegten Beinkleider sind besonders gefärbt, wahrscheinlich, um sie unkenntlich zu machen. Sein verbrecherischer Weg führte Schmidt sehr oft in's Gesängniß, meist wegen Diebstahls, dann auch längere Zeit in's Arbeits haus und sogar in's Zuchthaus. Am 16. Mai 1864 wurde er zuletzt aus der Haft entlassen. Er nahm Arbeit bei dem Cigarrenfabrikanten Carl Gottlob Philipp in Groß-Röhrsdorf. Der Lohn der Woche war nicht groß, je nachdem Schmidt arbeitete und dieser Umstand ist nicht unwichtig für den Aus gang- der Verhandlung. Der Wochenlohn Schmidt'- überstieg in der ganzen Zeit nur einmal 3 Thaler, sonst hören wir nur von 2 Thalern, ja von 1^ Thaler, von 29 Rgr., end lich auch sogar von 18 Ngr. 1 Pf. Aber wie billig lebte er auch! Philipp sagt, bei ihm hätte er für das Logis wö chentlich nur 6 Ngr. bezahlt und dazu noch früh und Abend- Kaffee bekommen. Wollte er einmal ausnahmsweise auch Mittags dort essen, da zahlte er für die Portion fünf Pfen nige! Vor Allem liegt ein Diebstahl vor, der ihm zur Last gelegt wird. Dieser Diebstahl soll in der Waldmühle zu Kleinwolmsdorf verübt worden sein. Die corpors delicti sind zumeist Männerkleider. Wie sich der Verdacht auf Schmidten lenkte, hören wir besonders durch die Aussagen der verehe lichten Johanne Eleonore Philipp aus Großröhrsdorf, bei der der Angeklagte wohnte. Sie fand eines Tages in einem zicgenstallartigen Anbau ihres Wohnhauses früh in der 7. oder 8. Stunde ein Paqoet männliche Kleidungsstücke. Die Frau ließ das Packet liegen und erzählte den Vorfall ihrer siebenzchnjährigen Tochter. Abends sah sie, wie Schmidt das Packet später aufmachte und die Sachen in den Schrank hing. Auch ein Schauspieler Ulbrich von irgend einem Theater wohnte damals in demselben Hause, und sah, wie Schmidt am Abende eine Hucke in's Haus schleppte. Als Schmidt ver haftet wurde, blieben bei Philipps noch liegen: eine alte Hose, 2 Schürzen und ein alter brauner oder blauer Rock. Die I7jährigc Marie Philipp sah bei Schmidten zu jener Zeit einmal sechs bis acht blanke Thaler. Die Frage taucht auf: „Wo ist Schmidt in der Nacht vom 20. zum .1. September 1864, in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch gewesen?" Leider können die Zeugen nichts bestimmtes angeben. Ein Tischler Carl Friedrich Schade kam um jene Zeit eines Abends zu einer gewissen Ernst in Rammenau, der Mutter der hier anwesenden Braut Schmidt's, Namens Hofmann. Er holte eine Art Medizin bei ihr, weil sein Kmd krank geworden war. Da sah er den Schmidt gegen 10 Uhr Nachts auf dem Ka napee liegen. Dreiviertel Stunden später kam er noch einmal hin, da war Schmidt ganz allein, lag noch auf dem Sopha, stand aber schlaftrunken auf und sagte: „Ihr habt mich aber lange liegen lassen!" Jedoch den bestimmten Tag, die be stimmte Nacht kann Schade nicht angeben. Es soll um den Camcnzcr Jahrmarkt, der am 26. September 1864 stattfand, herum gewesen sein. Als die Zeit der Hauptverhandlung bis gegen Mittag vorgeschritten war. beantra„te Herr Staatsan walt Held die Vertagung der Verhandlung, er verlangt neue, öftere, gründlichere Beweismittel, die ja noch nicht ganz ab geschnitten seien; namentlich müsse der Schneidermeister als Sachverständiger vorgeladen werden, der die Kleider umgeän dert. Ein Sachkenner habe ja stets ein besseres Urtheil, kl ein Laie, außerdem wäre cs gut, wenn auch noch ein Paar der heut erschienenen Zeugm wieder citirt würden. Der Ge richtshof vertagt heute die Sitzung bis Freitag Nachmittag 4 Uhr.