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Nr. L8. Zehnter Jahrg. ToMabend,L8. Januar 186!. Mcheiitt: Täglich stütz 7 Utzr. Inserate Verden angenommen: bis «beud» «.Sonn- tag» bi» Mittag» 1« Uhr: Marienftraße 18. ')!< Anzrig in dies Blatte, da« jetzt in 11,000 Exemplaren erscheint, finden eine ersolgreichr Verbreitung. < 1 Lkounemmt: vierteljährlich LON-K bei mieutgeldlicherArq serung in'« Hau». Durch die «önigl. Post vierteljährlich LS Ngr. Einzelne Nummer» 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Ra»m einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" dir Zeile ? Rgr. Druck und Eigrnthum der Herausgeber: Akpsch A Nelchardt. — Verantwortlicher Rrdactrur: InllUS Uelchürdt. Dresden, den 28. Januar. — Zu Ehren des hohen Geburtsfestes Ihrer Maj. der Königin Marie fand gestern Nachmittag bei Ihren k. Maj. Familientafel statt. Früh war große Neveille Seiten der Musikchöre der Garnison und gestern Abend wurden die öffentliäen Plätze durch Pyramidslammen der Gascandelaber festlich beleuchtet. — Bekanntlich hat der hiesige Herr Architekt Eduard Müller für die Errichtung der Sänger-Festhalle ein durch Zeichnung und Modell erläutertes Projekt vorgelegt, nach welchem mittels eines Drahtseilsystems eine außergewöhnlich freie Dachspannung unter gleichzeitiger Sicherheit der Kon struktion erzielt wurde. Die in ihrer Anwendung für die prvjectirten Zwecke neue Idee wurde mit großer Liebe und Wärme von der eigens zur Prüfung der eingegangenen Pro spekte niedergesetzten Specialcommission, namentlich von dem ihr ungehörigen Betriebsoberinspector der östlichen Staatsbahn Herrn Tauberth bevorwortet, und hatte auf besonderes Er- uchen Herr Bergrath Weißbach von Freiberg die Güte, nicht' nur die vorgelegten statischen Berechnungen zu prüfen, son dern auch selbstständige Berechnungen von hier in Frage kom menden Widerständen aufzustellen. Unter Festhaltung des vorgeschlagenen Systems mit einigen praktisch erscheinenden Modifikationen, von welchen namentlich auch die von Herrn Oberlandbaumeister Hänel angeregte hervorzuheben ist, daß zu Verminderung der Drahtseilstärken die Zunahme der Pfeil- Höhen gewünscht werden müsse, und demgemäß die Drahtseile durch die Dachconstruction hindurchzuführen seien, wurde nun mehr den Herren Architekten Giese und Eduard Müller der Auftrag ertheilt, einen Grundriß einzureichen, um damit durch unmittelbare Anschauung ein Bild wenigstens im Allgemeinen über die Wirkung de» Ganzem zu erhalten. Diesen mit großem Fleiß und großer Schnelligkeit ausgeführten Arbeiten hatte Herr Architekt Müller noch ein sauber in Holz ausge- sührtes, den Maßstab 1 : 24 festhaltendes Modell beige fügt. Beides, Zeichnung und Modell, zeigte die Großartig keit de» Ganzen, die in der That enorme Spannweite der Halle, und zerstreute die hier und da geäußerten Bedenken vollständig, es möchten die Drahtseile der Schönheit des Ganzen in dekorativer Beziehung Eintrag thun. Auf Vor trag des Vorsitzenden im Bauausschusse, des Herrn Stadt rath Teucher, wurde vom engeren Ausschuss« am vorigen Sonnabend den Vorschlägen des Bauausschusses allenthalben beigetreten und wurden nunmehr die Herren Architekten Müller und Giese beauftragt, die Detailszeichnungen und Kostenanschläge zu liefern. Die Halle wird eine lichte Spann weite von 160 Fuß, eine Höhe von ca. 76 Fuß und eine Länge von ca. 470 Fuß erhalten.*) Die einzige, im In nern um die ganze Halle herumlaufende, ca. 18 Fuß vor springende Galerie wird ihre Zugänglichkeit durch große, außerhalb des Gebäudes angebrachte Freitreppen erhalten. Die Dachfläche wird durch hölzerne Gitterträger, welche zu gleich im Innern eine Deckendecoration zu bilden berufen sind, gestützt. Diese Gitterträger sind in Zwischenräumen von ca. 36 Fuß auf die Länge des ganzen Bauwerks vertheilt und an die darüber gespannten Drahtseile oufgehängt. Wir werden, hoffen wir, später noch einmal Gelegenheit nehmen können, auf dieses höchst interessante Bauwerk zurückzukom men und über die Details, die jetzt noch der Bearbeitung unterliegen, das Nähere zu berichten. Die Nabilitätsberech- nungen werden mit äußerster Sorgfalt fcstgestellt und der Prüfung der Specialcommission, der Herr Bergrath Weißbach seine Mitwirkung zugesagt hat, unterbreitet werden. — Ein Auditorium, wie es wohl noch nie bei einer Bühnenvorstellung in Dresden sichtbar, ergab sich vorgestern Abend in den Räumen des Nesmüller'schen zweiten Thea ters, wo die bekannte Posse „Viel Vergnügen" zum 48. Male in Scene ging. Wie wir hören, war vom Kriegsmi nisterium aus eine Subscriptionsliste an Militärs höheren Grades zur Betheiligung an der Billetabnahme ergangen, wo das Resultat so günstig war, daß anderweitigem Verlangen von Civilpersonen nach Billets nicht gewillfahrt werden konnte. Welche eine reiche Versammlung. Oben in den dccorirten Logen sah man II KK. HH. den Kronprinz Albert und Prinz Georg, gegenüber der Herr Staatsminister von Neust und im Parquet, Parterre und Logen Generäle und Offiziere aller Waffengattungen, während die Gallerten meist ein rei cher Damenflor eingenommen batte. Die Vorstellung, welche ohne Souffleur geschah, geful ausnehmend; am Schluß der Acte Applaus und Hervorruf des Direktors Nrsmüller, des Herrn Stein und Fräulein Weihrauch. Ein Schlußtableau in Buntfeuer mit Namenszügcn aus dem Familienkreis unse re- verehrten Königshauses verfehlte nicht, der diesmal ganz , Elk dürste dann ein« S7,»00 Menschen fassen. vortrefflich ausgeführten Vorstellung einen besonder« Effect zu verleihen. Vor einer so seltenen Versammlung spielten Alle so recht con amore; es fehlte im Gesang wie Dialog trotz der Abwesenheit des unterirdischen Flüsterleis nicht ein Wörtchen. Direktor Nesmüller kann wie weiland Vater Tanne ausrufen: „Dieser Abend ist der schönste Tag meines Lebens!" In den Annalen seiner Bühne kann er diese Vor stellung mit goldenen Buchstaben cintragcn, es war für ihn und seine Mitglieder ein Abend, der Ehre und Beifall in den Kranz des nicht immer lichtfreudigen Bühnenlebens einwob. — Am Dienstag hat bei der Leipziger königl. Telegra- phen-Jnspection eine Prüfung von Telegraphistenaspiranten stattgefunden, aus welcher noch besondere Erwähnung ver dient, daß an derselben auch eine junge Dame, die sich dem Telegraphendienste zu widmen gedenkt, theilgenommen hat. Es ist dies unsers Wissens der erste derartige Fall in Sach sen. Die Dame, eine Tochter eioes dasigen Buchhalters, hat die Prüfung in ganz vorzüglicher Weise bestanden und nicht allein die ihr gestellten schriftlichen Aufgaben überraschend schnell und gut gelöst, sondern auch die an sie gerichteten mündlichen Fragen sicher und richtig beantwortet, so daß es den sie examinirenden Beamten zur ganz besonderen Genug- thuung gereichte, ihr ein vorzügliches Zcugniß über ihre Be fähigung zu dem von ihr erstrebten Amte auszustcllen. — Durch öffentliche Bekanntmachungen der königl. Po- lizeidirection sowie durch mehrfache in diesem Blatte ent haltenen Mittheilungen ist dem Publikum bekannt geworden, daß in den vcrwichenen Wochen und Monaten die Laden- thüren mehrerer Geschäftslocale hiesiger Stadt, mittelst eines Centrumbohrers angebohrt worden sind. Ein Fall ist von der Behörde veröffentlicht worden, in welchem es dem Diebe gelungen, durch Ausbohren eines Thürseldes sich in ein auf der Wilsdrufferstraße gelegenes Gelchäftslocal einzuschleichen und daraus einen ganz nanchaftrn Geldbetrag zu entwenden. Der Beschädigte hatte damals eine Belohnung von 20 Thlrn. für die Entdeckung des Diebes und Herbeischaffung des ge stohlenen Geldbetrags öffentlich ausgesetzt. In einigen an deren, von der Behörde ebenfalls veröffentlichten Fällen war es dem Diebe nicht gelungen, seine auf Entwendung von Geld gerichtete Absicht zu erreichen, weil er entweder in sei ner Arbeit gestört oder ihm das Hinderniß in den Weg ge treten war, daß die Festigkeit der Thüren, die er angebohrt, allen seinen Anstrengungen, durch sie in die betreffenden Ge schäftslocale einzudringcn, widerstanden hatte. Wie wir hören, ist der Einbrecher gestern Morgen gegen 2 Uhr in einem Hause auf der Webergasse verhaftet worden. Ein dort wohn hafter Kaufmann, der um diese Zeit nach Hause gekommen, und in dem fraglichen Hause sein Geschäftslocal hat, war zufällig darauf aufmerksam geworden, daß die Thüre seines Ladens, die rtsch der Hausflur führt, angebohrt und ein Feld derselben auch bereits ausgebohrt war. Da dieser Einbruch erst in derselben Nacht verübt worden sein konnte und der Dieb sich präsumtiv noch in irgend einem Winkel im Hause ver borgen Hallen mußte, so requirirte er sofort mehrere Nacht wächter und Gensdarmen. Die Thüre des Hauses wurde besetzt, so daß der Dieb nicht entwischen konnte. Nach län gerem Suchen wurde er auch wirklich und zwar im Keller hinter einem großen Fasse versteckt, gefunden. Er ist ein hiesiger Tischlergeselle. In seinem Besitz wurden nicht we niger als fünf Centrumbohrcr angetroffen. — Concert. Donnerstag, den 26. d. M. gaben die Herren Nollsuß, Seelmann und Schlick im Saale des Hotel de Saxe ihre 3 und letzte diesjährige Ino Luiröe. In der selben kamen 3 Musikstücke zum Vortrage, zu Anfang ein erstes großes Trio (»p. 102. L-moll) von I. Raff, das in die Categorie der genialen, d. h. richtig ins Deutsche über setzt, der ganz und gar ungcnialen, wilden unmusikalischen Musik gehört, die fern von jeder innern sachlichen Einheit nur aus äußerlich bestechlichen Flicklappcn zu einem seelenlosen Ganzen zusammengeschneidert ist. Verstehe diese Art von Musik, wer da will, ich bekenne ganz offen: ich bin es nicht im Stande, und kann mich daher auch nicht auf Einzelnhciten einlassen. Herr Nollsuß trug als zweites Stück die bekannte Phantasie und Sonate für Clavier (op. 11) von Mozart vor. Herr Nollsuß hat eine hübsche, sichere und lobenswerthc Technik aber seine geistige Auffassunzswcise steht hin und wieder stark unter den Einflüssen des neuern Pianistenthums. Der harte, ncrvenerschrcckende Anschlag voller Accorde ist nicht im Sinne Mozarts, und auch nicht das allzugedehnte /täsxio oder das allzuüberstürzte .Vllogrv. Die Aufgabe reproduziren- der Künstler ist keine andere als die: die Auffassungsweise des Componisten gelten zu lassen, nicht ihre eigne. Was sollte werden, wenn die edelsten und besten Tonschöpfungen der Willkühr und der Mode preisgegeben würden? Im klebrigen haben sich die Herren Seelmann, Schlick und Nollsuß durch eine Reihe andrer gediegener Vorträge vielen Dank und reiche Anerkennung erworben. Dieses Concert schloß mit dem prächtigen Trio von Beethoven, op. 1. Nr. 2. — Es wurde ganz vorzüglich executirt. Armin Früh. — Die in Leipzig erscheinende „Neue Sängerhalle" ver öffentlicht in ihrer neuesten Nummer einen Bericht aus dem berühmten deutschen Gesangverein „Teutonia" in Paris, dessen Schlußsatz ankündigt, daß dieser Verein das deutsche Sänger- fest in Dresden besuchen wird. Der Schriftführer des Ver eins ist ein geborner Sachse, Namens Weißflog. — Gutem Vernehmen nach hat der Stadtrath in seiner Plenarsitzung am 24. d. M. über die Principfrage wegen der künftigen Wasser-Versorgung Dresdens Beschluß gefaßt und sich mit großer Majorität für die Verwendung des Elbwasn sers ausgesprochen. Es haben über diese Angelegenheit nicht weniger als 11 langandauernde Sitzungen stattgefunden, in denen die vorliegende Frage auf das Sorgfältigste erörtert worden ist. Ucber die Ausführung des Projekts und mehrere damit in Verbindung stehende wichtige Nebenfragen ist na türlich eine definitive Entschließung noch nicht gefaßt, es steht vielmehr in dieser Beziehung die Einholung weiterer Gutach ten zu erwarten. Für jetzt wird nun zunächst das Stadt- Verordneten-Collegium darüber zu hören sein, ob es sich dem stadträthlichen Beschlüsse, die Wahl des Elbwassers betreffend, anzuschließen gemeint ist. (S. Dfztg.) — Die geehrte Redaction wird ergebenst ersucht, Betreffs des unglücklichen Ereignisses im Droguengeschäft auf der An- nenstraße Folgendes zur Ergänzung des vorgestrigen Artikels im heutigen Blatte aufzunehmen. Gleich nach geschehener Katastrophe kam, wie wir hören, auch der rastlos thätige^ umsichtige Herr Prof. Or. Zeis zufällig dazu und war augen blicklich bereit, dem Unglücklichen mit seiner von allen Be dürftigen werthgeschätzten Hülse beizustehen. Da er jedoch den schwer Verletzten nicht mehr Vorsand, eilte er in die Wohnung seiner Eltern, fand ihn jedoch auch da nicht, da er in das Krankenhaus geschafft worden war. Dort nun ist die Hand des jungen Mannes nicht eigentlich amputirt, sondern da sie bereits völlig zerschmettert, nur vollends entfernt und die Wunde verbunden worden. — Das heute Abend in Brauns Hotel abzuhaltende Stiftungsfest des Dresdner Gewerbe-VereinS wird allem Anschein nach ein sehr besuchtes und belebtes sein. Ohne voreilig und indiscret zu werden, hören wir, daß den Fest- genoflen verschiedene Genüsse bevorstehen, deren Hauptpointe ein interessanter, komischer und zeitgemäßer Vortrag bil den wud. — Der wegen Betheiligung an dem Morde des Fürsten Lichnowsky zu mehrjährigem Zuchthaus vcrurtheilten Frau Zobel aus Offcnbach ist der Rest ihrer noch etwa 3 Jahre betragenden Strafzeit vom Frankfurter Senat in Gnaden er lassen worden. Sie darf jedoch das Frankfurter Gebiet nicht mehr betreten. (Dieses Weib hat bekanntlich dem Fürsten dm „Gnadenstoß" gegeben!) — Die Stadt Berlin will in das zum Gedächtniß der Leipziger Schlacht am Grimmaischen Thore zu Leipzig dem tapfern Friccius errichtete Denkmal ein Portraitmedaillon des Letzteren einfügen. Der Rath der Stadt Leipzig hat jetzt diese Gabe °ls eine „m Bezug auf den Geber hochwillkom mene" acceptirt, und es wird demgemäß nun mit dem Bronce- guß nach einem von Prof. Schievelbein entworfenen Modelle vorgegangen werden. — Zwei einem Leichenwagen vorgespannte Pferde gingm vorgestern Vormittag auf dem Pirna'schen Platze durch, wur den aber nach Zurücklcgung einer nur kurzen Wegstrecke von einem Gendarm aufgefangen. — Auf der Bergstraße wurde vorgestern eine unbe kannte Frau gesunden, die dort bewußtlos auf der Straße log. Man brachte sie zunächst in einen dort befindlichen Neubau und von dort später in das Krankenhaus. — Vorgestern Abend wurde einem Brezelträger sein leerer Korb nebst mehreren kleinen Körbchen und Decke, welche er einen kurzen Moment außer Acht gelassen, gestohlen und war spurlos verschwunden. Gestern Morgen ist der Korb im Wasser am Rechen der Dresdner Papierfabrik hängend auj- gefunden worden. — Zwölf jüngere Mitglieder unserer Fischer-Innung unternahmen gestern Mittag eine Schlittschuhparthie nach Meißen. Dem voranfahrenden und die Bahn untersuchenden Führer war eine Leine um den Leib gebunden, die von sei nen nachfolgenden Kameraden festgehalten wurde, für den Fall, daß er irgendwo in Gefahr käme. Die Gesellschaft beabsichtigte, gestern Abend mit dem Bahnzuge nach Dresden zurückzukehren.' — Am 18. d. M Nachmittags brannte die Scheune und das Seitengebäude des Gutsbesitzers Wachs in Wölkisch bis auf das Mauerwcrk nieder. Ein Mutterschwein, welches sich in einem in die Scheune eingebauten Stalle befand, muhte