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Nr. 82. Zehnter Jahrg. »z cKrscheint: «glich früh 7 Uhr. Inserate wird«» angenommen: bi« Abend»«,«onn. tag» bi« Mittag» 12 Uhr: Martenfira-e 18. Sonntag, 88. Januar 1885. Abonnement: Vierteljährlich 20 Ngr, bei unentgeldlicher A». serung in'« Hau». Durch die KLnigl. Post vierteljährlich 22 Rgr. Einzelne Nummer» 1 Ngr. «nzetg. in dies. Blatte, da« jetzt in 11,000 Exemplare« erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. ^ 1 Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile L Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: tiiepslh 8k Neilhardt. — Beranttvortlicher Redakteur: IttliUS Nkichardt. Dresden, den. 22. Januar. — Nächsten Donnerstag, den 26. Januar 1865 tvieder- sährt dem Zweiten Theater eine besondere Auszeichnung. ES sind zum Besuch desselben angemeldet II. KK. HH. der Kron prinz, Prinz Georg nebst Gemahlin und Hofstaat, so wie das Königl. Sachs. Offiziercorps und eine große Anzahl chargirter Militärs. Zur Aufführung ist die 47. Wiederholung der Posse „Viel Vergnügen" gewählt worden. Ein Billetverkauf sowohl am Tage wie an der Abendkasse findet nicht statt, in dem sämmtliche Billets vergriffen sind. — Vom Ministerium des Innern wird jetzt wieder ein unentgeltlicher Cursus in der Gabelsbergerschen Stenographie veranstaltet. Bei der Wichtigkeit der Stenographie im alltäg lichen Leben verfehlen wir nicht darauf aufmerksam zu machen, daß Anmeldungen hierzu im Landhause 3. Etage anzu- bringrn find. — 8. Der große italienische Carneval, welcher am Frei tag im Lincke'schen Bade abgehalten wurde, erfreute sich, wie nach den großen Anstrengungen und Kostenaufwand des Un ternehmers, Herrn Gelhorn, zu erwarten stand, eines unge heueren Zuspruchs. Schon von 7 Uhr an wogte eine Menge Masken im bunten Gewühl durch die elegant und diesmal höchst zweckmäßig ausgestatteten Räume, die durch einen mit dem Haupt- und dem Gartensaal in Verbindung stehenden Tunnel an Ausdehnung bedeutend gewonnen hatten. Um 11 Uhr begann unter Vorantritt eines Musikchores der Auf zug des zu Pferde erscheinenden Sultans, umgeben von seinem Hofstaat, unter welchem sich die beliebten Tänzerinnen Misses Stafford besonders auszeichneten und für ihr schön ausge- führtespss.cko trois reichen Beifall erndeten. Mehrere andere Quadrillen und Maskenscherze trugen zur größeren Erheite rung bei und herrschte bis zum Ende des Festes eine frische frohe SarnevLlSlarme/ Unter den Masken war der Do mino vorherrschend, Charaktermasken seltener, obgleich einige sehr glänzende. An originellen und humoristischen Masken da gegen war wesentlicher Mangel und ist uns von allen nur eine ausgefallen, die den deutschen Winter vorstellte; ein sil berhaariger Greis mit der Eiszackenkrone auf dem Haupt, auf der Brust einen Barometer, auf dem Rücken einen Ther mometer tragend, auf welchen in witziger Weise die politischen Witterung-Verhältnisse Deutschlands treffend angegeben waren. Das Barometer zeigte z. B. bei der Angabe „beständig" auf Sachsen, „Veränderlich" Oesterreich, „Wind" Berlin, „Trocken" deutsche Flotte rc., während auf dem Thermometer neben dem Worte Siedepunkt ,preuß. Abgeordnetenhaus" und bei 30" Kälte „große Kälte zwischen den deutschen Groß- und Mittelstaaten- zu lesen war. Der ganze Anzug war aus Papier höchst sinnreich zusammen gestellt, wie wir hören aus der bekannten Handlung in der Kreuzstraße. Die Musikchöre der Herren Direktoren Laade und Kunze ließen unausgesetzt ihre munteren Weisen ertönen, auch der übrigens elegant in Es- carpinS gekleideten Bedienung, sowie dem ganzen Arrange ment können wir unser besonderes Lob nicht versagen und kann wohl angenommen werden, daß diese Redoute die be deutendste und großartigste dieses Carnevals sein und blei ben wird. — Zwei der größeren Maskenbälle in unserer Stadt find vorüber. Was den Ersteren in Brauns Hotel betrifft, so war solcher ein sehr feiner und patenter zu nennen, denn es bewegte sich in denn Sälen ein Publikum von feinem Takt bis in die frühesten Morgenstunden. Küche, Keller und Be dienung an jenem Abend ließen Nichts zu wünschen übrig. Der zu diesem Fest decorirte Saal ist für das heute statt findende Concert noch in demselben Stand. — Die Böhmischen Biere erringen sich bei uns, trotz der jetzt noch so hohen Steuer, immer mehr Beliebtheit und stehen an Güte und Wohlgeschmack dem hiesigen Felsenkellerbier wür dig zur Seite. Nur der durch die Steuer bedingte verhält- nißmäßig hohe Preis pro Glas 2 s Ngr. will nicht Jeder mann gefallen, doch girbt es Leute genug, die, wie man es bei Renner auf der Marienstraße bemerken kann, mit Ver gnügen das kleine Opfer übersehen, in Anbetracht, daß sie ein gesundes, stärkendes Getränk finden, daß selbst bei Maffen- genuß ohne nachtheilige Folgen ist. Ein zweiter sehr beliebter Ort, wo feines Böhmisches Bier a Glas zu 2 Ngr. zu finden ist, hat sich in der Rampischen Straße in der sogenannten „Bodenbacher Bier-Niederlage" aufgethan, dessen übrigens be scheidene Räume der Sammelplatz aller Stände sind — der Bürger und der Beamte, der Negierungsrath und der Kauf mann, der Künstler und der Oeconom sitzen dort beim glän zenden Goldstoff des durch geschliffene Gläser wesentlich im effektvollen Aussehen gehobenen reinen Getränkes — Eine neue Unternehmung wird hier angekündigt: die Gründung einer Elb-Schlrppdampfschifffahrts-Actiengesellschaft zum Transport von Kohlen und Rohprodukten zwischen Außig und Magdeburg. Schon fetzt ist nicht nur der Güterverkehr auf der Wasserstraße von Hamburg und Magdeburg berg wärts sehr bedeutend und wird in Folge der Aufhebung und Herabsetzung der Elbzölle sich noch mehr heben, sondern es findet auch zwischen Böhmen und der Niederelbe ein starker Verkehr statt, der nur durch den Mangel an Transportmitteln auf der Elbe und durch die theure Eisenbahnfracht begrenzt wurde. Ein großer Theil dieser Güter, wie namentlich Braun- und Steinkohlen und verschiedene andere Rohprodukte sind wegen der v«rhältnißmäßig hohen Eisenbahnfrachtsätze indeß grade auf die Benutzung der Elbe angewiesen. Die Be schaffung neuer Verkehrsmittel sowie die Beschleunigung des Transports werden dem Elbverkehr eine immer größere Aus dehnung verleihen. Ein Unternehmen, wie das obengenannte, hat daher nicht nur günstige Chancen für die Betheiligten, sondern es ist auch in volkswirthschaftlicher Beziehung von großer Wichtigkeit. Die Gesellschaft, an deren Spitze der hiesige bekannte Partikulier John Souchay, das Bankhaus Robert Thode u Co.hier, das Haus Ruston u. Co. in Prag, sowie die Herren F. A. Janssen und Ernest Suffert stehen, begründet sich mit einem Actienkapital von 300,000 Thlrn, wovon indeß jetzt nur die Hälfte emittirt wird. Die Aktien lauten auf 100 Thlr. und su porteur. Bei der am 24. bis 26. Januar bei den Bankhäusern N. Thode u. Co. und M. Schie stattfindendm Zeichnung sind 20 P- Ct. einzuzahlen. Nach dem Prospekt sollen zunächst 3 eiserne Remorqueurs und 20 hölzerne Schleppkähne angeschafft werden und sind bereits bei vorzüglichen Schiffsbauern bestellt, welche zugleich die Garantie dafür übernommen haben, daß die Dampfer den Bedürfnissen und Stromverhältniffen entsprechend hergestellt werden. Das Comitee besitzt bereits Offerten von böhmischen Kohlenwerken, wonach dieselben der Gesellschaft jährlich min desten» 750,000 Centner Braunkohlen zum Transport nach Magdeburg und zwar zu deck FrachyiHT'vvkk S"Rgr. p- Ctr. zu übergeben bereit sind. Hierdurch würde selbst bei un günstigem Wafferfiand eine Einnahme von 75,000 Thalern gesichert, während durch den Transport von Rohmateria lien stromaufwärts mindestens eine Einnahme von noch 25,000 Thaler sich erwarten läßt. Das Comitee sichert eine möglichst einfache und billige Organisation des Betriebs zu und berechnet die Jahresausgaben für das Personal der Dampfer und Kähne, Verbrauch von Kohlen, Ocl und Talg, Lootsengelder, Comptoir- und Bureauaufwand auf 50,800 Thaler, wogegen es jährliche Abschreibungen auf die Dam pfer und Schleppkähne, Reparaturen, unvorhergesehene Aus gaben von circa 29,450 Thlr. auswirst, so daß daher für die Gesellschaft ein sehr ansehnlicher Saldogewinn verbleiben würde. Zu den wenigen Aktien-Gesellschaften, welche in Dresden reuffirt haben, hat man immer die Dampfschifffahrts- Gesellschaft mit Recht zählen können, deren Aktien noch jetzt 128—129 Thlr. stehen. Diese Gesellschaft besorgt haupt sächlich den Personentransport auf einer verhältnißmäßig klei nen Elbstrecke. Bei einer umsichtigen Verwaltung lassen sich gleich günstige Resultate sicher auch bei einem Unternehmen erwarten, dessen Zweck der Gütertransport ist, der einer bei weitern größer» Ausdehnung fähig ist, während eine Kon kurrenz der Eisenbahnen mit dem billiger« Wasserweg für solche Rohprodukte, die sich durch ihre Maffenhaftigkeit aus zeichnen, nicht bevorsteht. — Eine LehrerSwittwe, die in der Altstadt ein kleines Parterrelogis bewohnt, verließ vorgestern gegen Abend ihre Wohnung, um sich außerhalb derselben Etwas zu besorgen. Vor ihrem Weggang schloß sie die Vorhausthüre richtig zu. Als sie nach Verlauf einiger Stunden in ihr Logis zurück kehrte, fand sie zwar die Vorhausthüre verschlossen, allein den in der Stube befindlichen Sekretär mittelst Nachschlüssels geöffnet und daraus den Betrag von ca. 30 Thalern ge stohlen. Der unbekannte Dieb hat sich zun, Oeffncn der Vor hausthüre jedenfalls auch eines Nachschlüssels bedient. Wir benutzen diese Mittheilung, um unseren Lesern größtmöglichste Vorsicht in Obachtnahme auf ihre Wohnungen anzuempfeh. len, da Einbrüche und Nachschlüffeldiebstähle in der letzten Zeit sich häufig wiederholt haben. — — Auf einem hiesigen Caffee wurden seit einiger Zeit Zeitungsblätter und andere Monatsschriften ausgeführt. Man hatte einen bestimmten Gast in Verdacht, daß dieser sich mit der Annectirung der Blätter befasse. Der Besitzer des Caffee s ließ ihn vorgestern, wo er sich wieder eingefundcn, durch einen hierzu besonders angestellten Kellner vorsichtig beobach ten. Seine Wahrnehmungen bestätigten den Wider ihn vor liegenden Verdacht, denn er ließ eine Monatsschrift, in der er vorher gelesen, plötzlich in seine Rocktasche verschwinden und entfernte sich darauf. Man schickte ihm sofort einige Kellner nach, die ihn in das Caffee zurückbrachten. Hier mußte er sich dazu bequemen, das corpus ckvliolt herauszuge ben. Der Vorfall, der natürlich nicht ohne eine gewisse Ostentation vorüberging, erregte nicht geringes Aufsehen insbesondere nachdem die Persönlichkeit, der eS passirt, be kannt geworden war. Uebrigens ist es sehr erfreulich, ein mal einen solchen Zeitungstiger erwischt zu sehen, welcher oft Unschuldige längere Zeit in bösen Verdacht bringt. — — Sicherm Vernehmen nach wird am königl. Hofe aus Anlaß der bevorstehenden Vermählung Ihrer königl. Hoheit der Prinzessin Sophie mit Sr. lönigl. Hoheit dem Herzoge Karl Theodor in Bayern, am 2. Februar Vermählungs und Glückwunschcour stattfinden und die Vermählung Sonn abend, den 11. Februar Abends hier vollzogen werden. Am 12. Februar wird Abends Festspiel im königl. Hoftheater (Ilieätro parö), am 13. Februar großer Hofball und am 14. Februar eine Wiederholung des Festspiels im Hoftheater statt finden. (Dr. I.) — Ein Rennthier-Braten ist gewiß hier zu Lande etwas Seltenes und selbst die verwöhntesten Feinschmecker dürften nicht oft in die Lage kommen, derartiges Fleisch vorgesetzt zu erhalten. Jetzt hat nun Herr Wildhändlcr Bringkmann in der Webergasse zwei solcher Thiere von Petersburg kommen lassen, zwei Prachtkerle von über 300 Pfund Gewicht, von ihrer 10-tägigen Hierherreise noch eisig fest gefroren, aber junge schöne Thiere, die gewiß sehr bald die Parade herr schaftlicher Küchen und Tafeln passiren werden. — Auf der Seminarstraße Nr. 9 legte vorgestern die Bewohnerin eines in der zweiten Etage befindlichen Logis einen durchnäßten Nock auf den Ofen, indem sie vorher stark eingeheizt hatte und entfernte sich darauf aus der Stube, während ihrer Abwesenheit war jedenfalls eine glühende Kohle zum offenen Ofenloche heraus und auf den Rock ge fallen. Dadurch war derselbe in Brand gerathen. Der Vor fall wurde noch rechtzeitig von Nachbarsleuten entdeckt, die in Abwesenheit der Logisbesitzeiin die verschlossene Thüre der Stube einschlugen und das Feuer, bevor es weiteren Schaden anrichtete, löschten. — — Bei Uebigau ist vorgestern ein Unbekannter todt aus der Elbe gezogen worden. Derselbe kann vielleicht 70 Jahre alt sein; er hatte weißes Haar, schien den gebildeteren Stän den anzugehören und trug ein kurzes Beinkleid, graue lange Strümpfe und Schuhe mit Schnallen. Seine Wäsche war 1. 6. 1. gezeichnet — Um dahin zu wirken, daß bei der Ausstellung, welche von Seiten der deutschen Ackerbau-Gesellschaft mit der dies jährigen XXV. Versammlung der deutschen Land- und Forst- wirthe zu Dresden verbunden werden soll, die sächsische Land- wirthschaft würdig vertreten sei, sind die Vorsitzenden der dem landw. Kreisverein zu Dresden beigetretenen Vereine ersucht, in ihren Vereinsbezirkcn auf eine rege Theilnahme bei dieser Ausstellung hinzuwirken. Hierüber ist zugleich bestimmt wor den, daß diejenigen Persönlichkeiten, welche Thiere zu dieser Ausstellung zu bringen beabsichtigen, dies spätestens bis zun« 15. März 1 865 bei dem Zweigvereins-Vorsitzenden, in dessen Bezirk dieselben wohnhaft sind, anzumelden haben. — In der Nacht des 18. d. M. früh gegen 3 Uhr hat ein Individuum, nachdem es eine Fensterscheibe eingedrückt und in die Wohnstube eingestiegen war, die 54 Jahre alte verw. Gutsbesitzerin Senf in Großzschepa bei Wurzen im Schlafe überfallen, geschlagen und ihr mit einem Messer drei nicht un erhebliche Wunden am Kopfe beigebracht Das Motiv der That ist unbekannt. — Zu Stadtverordneten sind aus der Klaffe der Ansässigen folgende Herren gewählt worden: Ritz, Turn- anstaltsdirector; Dr. Stübel, Advocat; Friedrich, Fleischermstr.; Walter,Kaufmann ; Becker, Privatus; Steyer, Seilermstr.; G.A. Müller, Direktor; Seyffarth. Hofgürtlermstr.; Anger, Advocat; Schmidt, Destillateur. Als Ersatzmänner: Schilling, Kaufmann; I. Hermann, Kaufmann; Schulze, Hotelier; Aulhorn, Kaufmann; Neichardt, Vuchdruckereibefitzer; Leu teritz, Kaufmann; Klepperbein, Kaufmann — Aus der Klaffe der Unai.sässigen die Herren Professor Sußdorf; Giese, Architekt; E. Lehmann, Advokat; Dr. Schaffrath, Advokat; Gerlach, Advokat; Kretzschmax, Advokat; Henkler, Buchdruckerei- besitzcr; Mörbe, Kaufmann; Linnemann, Schneidermeister; Brauer, Musikalienhändler. Als Ersatzmänner: Adler» Buchhändler; Lemcke, Kaufmann; Weiße, Uhrmacher; Mehlig, Tischler; Lehmann, Hntmacher; Birnbaum, Schuhmacher. — Die Thüren der Altstädter Sparkasse sind seit deren Wiedereröffnung täglich von solchen Menschenmaffen be lagert, daß Personen, welche den besseren Ständen angehören und nicht mit Hülfe von Faust und Ellbogen sich zur Thür drängen wollen bis auf Weiteres auf die beabsichtigte Ein zahlung oder Gelderhaltung verzichten, oder, wie dies immer häufiger geschieht, der Vermittelung von Dienstmännern sich bedienen müssen. Leider aber giebt es fast keinen Tag im Jahre, an welchem nicht das die Altstädter Sparkasse auf suchende Publikum längere Zeit vor der Thür auf Ein-