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-WM Zehnter Jahrg. » ^ «Frfchsnü: ««ltch früh 7 Uhr. Inserate »«rd«N «igrnommen: »i« Abend» «,«l»nn- tag« bi« Mittag» IN Uhr: Martenfiraße IN. n ',,7' Mittwoch, 18. Januar 186L. " " ' ' ' «n-i ' ; - ^ösnnement: »iertrljShrlich LONgL bri unrntgeldlicheriiv» serung in'« Han». Durch dir König!. Post viertrljLhrlich 22 RgL ^- Einzelne Nummern 1 Ngr. Anzcig. in dies. Blatte, da« jetzt in 11,000 Exemplaren rrschrint» finden eine erfolgreiche Verbreitung. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Arabisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile r 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile 2 Rgr. Druck und Eigrnthum der Herausgeber: tlikpsch sk Rklchardt. — Verantwortlicher Redakteur: Julius Neichardt. Dresden, den 18. Januar. — Der Maskenball in Braun» Hotel, welcher heute Abend stattfindet, wird in Ausstattung de» Saales und der damit verbundenen Räume wahrhaft Treffliches bieten. Wir hatv/n schon gestern Abend Gelegenheit, die prächtige Aus schmückung und Drcorirung in Augenschein zu nehmen und noch immer warm reg« Hände bereit, die Vollendung zu bewerk stelligen. Der Saal bildet einen förmlichen Tropenwald, »an fühlt sich nach Brasilien versetzt, in einen Palmenhain, während oben die Galerieen mit rother Sammetdraperie ver sehen sind. Die beiden Kronleuchter, umgebm und verhüllt *on feinen Gazestoffen auf denen Gemälde prangen, verbreiten auf diese Art rin magisches Licht. Dicht vor der großen Riesche in der Mitte des Saales wirft ein Springbrunnen daS lebendige Element rauschend in die Höhe. Die zwei größeren an den Saal grenzende Räumen erscheinen im Schmuck des Winters und des Sommers. Kurz, Herr Braun hat Alles aufgeboten um das MaSkenfest in seinem Hotel zu ei nem wahrhaft nobeln zu gestalten. Wie wir hören, ist die Bethriligung eine höchst rege und nach solchen Vorbereitungen wird die Hoffnung auf einen edeln Genuß auch in Erfüllung gehen. — In einem auf der Bautznerstraße befindlichen Tanz lokale entspann sich in der vorvergangenen Nacht ein Wort wechsel zwischen zwei Soldaten, einem Infanterist und einem Reiter. Der Elftere hatte gegen einen Droschkenkutscher Schimpf- reden losgrlassen, der sich vorher in ihrer Gesellschaft befun den und mit dem sie beiderseits gezecht hatten. Der Reiter wollte die Beleidigung des Droschkenkutschers um so weniger ruhig hingehen lassen, weil dieser sein Landsmann und außer dem persönlich befreundet war. Nach der Entfernung der Eoldatm auS dem Wirthslokal wurde der Wortwechsä auf der Straße und zwar in einer die nächtliche Ruhe störenden Weise fortgesetzt und schließlich artete derselbe in die gröbsten Thätlichkeiten aus. Es hatte bereits blutige Köpfe gegeben, ehe es gelang, die streitenden Thrile zu trennen. — — Vorgestern früh brach in der Auzustusstraße plötzlich ein schwer mit Mehlsäcken beladmer Wagen zusammen. Es war die linke Hinterachse gebrochen. Glücklicherweise ging Niemand, wie das so häufig geschieht, nahe am Wagen vor bei, und sonach hatte dieser Unfall keine schlimmer» Folgen als die Zertrümmerung des Rades und der Rüstleisten. — In Betreff des gestern erwähnten Ehestandszwistes, welcher am Sonntage beim Omnibus an der Brücke in Scene ging, erfahren wir, daß der mit Recht erzürnte Ehemann zu erst die ganze Wucht seiner Fäuste gegen den im Omnibus sitzenden Galan und Begleiter seiner einstweilen unter den Arme« des Conducteurs durchgeschlüpften Ehegattin richtete. Dieser soll etliche blaue Flecke, eine dicke Nase und etwas starkes Nasenbluten davon getragen haben. — Wir theiltrn vor unlängst mit, daß sich ein hiesiger HandlungScommis aus seiner Wohnung entfernt und zugleich daS Geschäft seines Prinzipals heimlich und unter Umständen verlassen habe, die seine Absicht zu erkennen gegeben, sich das Leben zu nehmen Nachträglich erfahren wir, daß der Grund seiner Entfernung auf Seiten des Commis ein ganz anderer gewesen und darin bestanden hat, daß er sich einiger nicht unbedeutenden Unterschlagungen zum Nachtheil seines Prinzi pals schuldig gemacht hat. Auch ist es ihm nicht eingefallen, sich d -halb das Leben zu nehmen. Er hat das unterschla gene Geld in Sau» und Braus verlebt, bis es endlich gestern der Behörde gelungen, sich seiner Person zu versichern. — — Die von den sämmtlichen Kirchnern Dresdens soeben hrrauSgegebene Urbersicht der in Dresden und dazu gehörigen Parochialdörfern im Jahre 1864 Getrauten. Gebornkn, Mom- munioanten und Gestorbenen ergirbt folgendes Resultat: Getraute 1331, Geborene 5788 (darunter 1359 Uneheliche), Communicantrn 57778 (im Jahre 1733 zählte Dresden 93466 Communicantrn), Gestorben 4508 (152 Wittwer, 370 Wittwrn, 575 Ehemänner, 412 Ehefrauen, 290 Jung gesellen, L63 Jungfrauen, 2446 Kinder). — Es sind in die sem Jahre 244 Geborene und 145 Gestorbene mehr, dagegen 25 Paare Getraute und 445 Communicanten weniger als im (Jahre 1863. — -j- Am vergangenen Donnerstage bot sich den Passa gieren in der Nähe de» Felsenkellers eine seltene Scene dar. Ein AmtSdiener des Landgerichts zu Dresden hatte eine Frau ru sistiven und mit ihrem Hundegeschirr nach der Stadt zu schaffen. Sie war wegen Thirrquälerei zur Verantwortung zu ziehe«. Es gelang wohl dem AmtSdiener, die Frau mit ihrem Fuhrwerk zu erwischen, aber sie nach Dresden zu schaffen, da» war unmöglich, da sowohl ihr Mann, als auch da« sich angesammrlte Publikum dem Diener die Arbeit durch unbefugte« Einschreiten erschwerte. Namentlich verhinderte «in jung» Mensch, der sich angeblich Stein nannte und au« dem Plauenschen Grunde sein wollte, die Arretur und so kam es, daß, wenn er die Frau fest hatte, der Hund mit dem Wagen ausriß und umgekehrt, wenn er den Hund hatte, war die Frau nicht zu haben. So ging das fort bis der Abend kam und der GerichtSdirner sich unverrichteter Sache nach der Stadt zurückziehen mußte. Es bleibt immer traurig genug, wenn das Publikum es sich angelegen sein läßt, Personen, die zur gerechten Strafe gezogen werden sollen, derselben auf ungesetzliche Weise zu entziehen. — In dem nahe bri Dresden brlegenen Dorfe B. er eignete sich vor wenigen Tagen der traurige Fall, daß ein Pferd buchstäblich verhungert ist. Leider reißt die Pferde- und Hundeschinderei jetzt bedeutend rin. Es wäre wahrlich wünschenswerth, wenn hier das Publikum mit genauer Auf sicht der Behörde zur Seite stände und sie in ihren Bemühun gen, derartigen Frevel, solche rohe Unmenschlichkeitrn zur Be strafung zu ziehen, unterstützte. Den erbarmungswürdigsten Anblick bieten in den Straßen oft die alten, abgemagerten, abgehungerten, abgearbeiteten Pferde, die vor Kohlen- und Schuttwagen gespannt ein anders Sinnbild dafür sind, daß der Mensch ein Undankbarer, daß Alles Irdische vergänglich und daß Undank der Welt Lohn ist. — Am 14. d. Mts. früh gegen 3 Uhr wurde in Wer dau der dortige Tischlermeister Seifert im Mühlgraben todt aufgefunden. S. hatte sich in der 12 Stunde auf den Nachhauseweg begeben, wo er in Folge des starken Windes das Gleichgewicht verloren haben und vom Schlage getroffen sein mochte. Tags darauf brannten in Niederaffalter die sämmtlichen zum Reuther'schen Gute gehörigen Gebäude nieder. Bei dem schnellen Umsichgreifen des Feuers in Folge des heftigen Sturmes konnte nur das Vieh gerettet werden. - arn.1.ü. früh «egen halb 6 Uhr wurde der Maschinenputzer Sipfel aus Reuth oberhalb drS Bahnhofs von d» m lwn Hof kommenden Personenzuge überfahren und sofort gctöotct. Dem Verunglückten mochte infolge seiner Schwer Hörigkeit die Ankunft des Zuges entgangen sein. Er hinter läßt eine Frau mit mehrern Kindern, unter welchen letztem sich drei Taubstumme befinden. — Für Gasconsumenten. In Breslau sollen meh rere Inhaber großer Lokale ihre Gasuhren am möglichst käl testen Orte placirt, mit Glycerin füllen und sonst noch mit Eis umgeben haben lassen und seitdem bei besserer Beleuchtung wesentlich kleinere Gasrechnungen erhalten. Jedenfalls prak tisch und nachahmungswerth; namentlich wo Gas theuer ist. — -f Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 17. Januar. Im Gerichtssaale ist heut mehr das weibliche Ge schlecht vertreten; denn eine Näherin tritt auf die Anklage bank, die einer schweren Strafe entgegengeht und leider ihre Vergangenheit schon theilweise in den Straf- und Besserungs anstalten Sachsens zugebracht hat. Johanna Laura Peter mann wird vom Amtsdiener aus der Hast vorgeführt, vor sie hin setzt sich ihr heutiger Protektor, Herr Advocat Kuntzsch. Das Verbrechen, über welches der Gerichtshof unter Vorsitz des Herrn Gerichtsraths Einert aburtheilen soll, ist ausge zeichneter Diebstahl. Nur ein einziger Zeuge ist erschienen, der Verletzte, der Schneidermeister Wulfdeit. Die Angeklagte ist von angenehmem Aeußern und nett gekleidet. Ein nied liches Wolljäckchen umschließt den Körper und ein ebenso geschmackvolles Wollhäubchen trägt nicht wenig dazu bei, das Gesicht freundlich hervortreten zu lassen. Sie senkt bescheiden den Kopf, sie senkt ihn oft so tief hinter das Brett der An klagebank, daß sie nicht mehr zu sehen ist. Erst am Schluß des PlaidoyerS füllen sich die Augen mit Thränen. Die Pe termann ist zu Dresden vor 29 Jahren geboren. Nachdem sie in der evangelischen Religion confirmirt war, erlernte sie weibliche Arbeiten, ging kurze Zeit in Dienste und lebte dann vom „Nähen", das sie bis zuletzt trieb. Ihre Bestrafungen aus früherer Zeit sind folgende: Im Jahre 1859 erhielt sie zweimal wegen Diebstahls und Unterschlagung mehrtägige Ge- fängnißstrafe, I8n0 wegen Diebstahls 1 Jahr und 7 Monate Arbeitshaus und 1862 wegen Diebstahls sogar 2 Jahr und 3 Monate Zuchthaus, welche Strafen sie alle verbüßt. Außer dem ist sie noch mehrfach polizeilich bestraft worden. Am 27. August 1864 wurde sie in Freiheit gesetzt und zog wieder in ihre Heimath Dresden. Doch diese Freiheit genoß sie nicht lange — nur ein Vierteljahr und sie verlor sie wieder auf mehrere Jahre, wie wir am Schluß sehen werden. Schon im November 1864 beging sie einen neuen, schweren, aus gezeichneten Diebstahl und zwar wie der frechste Dieb — mit Nachschlüsseln. Auf der großen Schießgasse hat der Schnei dermeister Johann Heinrich Wulfdeit eure Damenmäntelnieder- lage. Dort will die Angeklagte einmal früher mit einem an dern Mädchen gewesen sein und sich in der Localität orien- tirt haben. Da ging sie eines RovembertageS vorigen Jahres, in den Morgenstunden zwischen 7 und 8 Uhr in das Hau», von welchem im Hausflur eine verschlossene Thüre in die Niederlage Wulfdeit's führt. Diese Thüre öffnete sie ver mittelst Nachschlüssel, die sie von einem Schloffergesellen vor Jahren schon geschenkt erhalten, und während der langen Zuchthausstrafe in ihren in Dresden zurückgelassenen Kleidern versteckt haben will. Bei ihrer letzten Arretur fand man sie im Besitz dieser Nachschlüssel, sie liegen heut auf dem Ge- richtStisch. Aus dieser Niederlage stahl nun die Petermann zwei Damenmäntel im Gesammtwerthe von 34 Thlr. 15 Ngr., welche sie sofort auf dem Leihhause versetzte. Das Leihhaus borgte ihr allerdings nur 5 Thaler darauf und zwar für beide Mäntel. Auch die beiden Scheine versetzte sie wieder für nur 50 Pfennige bei einem Bauunternehmer, Namen- Mai. Sie hatte schon früher Alles offen gestanden, heute wiederholt sie mit kaum zu verstehender Stimme diese Ge ständnisse. Die Damenmäntel sind vom Leihhaus ausgelöst und dem Verletzten Wulfdeit wieder überantwortet wordm. Freilich dürfte er wohl den Auslösungsschilling von 5 Thalern nebst Zinsen verlieren, da Wohl die Verbrecherin nie in die Lage kommen wird, Ersatz zu leisten. Befragt, warum sie dm frechen Diebstahl begangen, antwortet sie: „In der äußersten Noch!" Von den 5 Thalern, die ihr das Leihhaus gab, lebte sie eine Zeit lang, kaufte sich eine wollene Jacke von Doppelstoff für die Kälte des Winters und ein Paar Zeug stiefeln. Heut sagt sie noch dazu, sie hätte auch Schulden damit bezahlt. Daß sie mit allem Raffinement die Thal be gangen und sie sich auf alle Fälle vorgesehm, beweist schon der Umstand, daß bei ihrer Arretur auch Stückchen von Stearinkerzen in ihren Taschen vorgefunden wurden. Herr Staatsanwalt Heinzs sagte nur das Eine: „Ich beantrage die Bestrafung der Angeklagten auf Grund ihrer Geständnisse!" Auch Herrn Advocaten Kuntzsch blieb nichts Anderes bei dieser Sachlage über, als sich sehr kurz zu fassen, so daß die ganze - --Verhandlung bis zum Schluß des Plajd.oyers nur 11 Minu ten dauerte. Johanna Laura Petermann geht heut auf 2 Jahre und 6 Monate in's Zuchthaus. — Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten den 18. Januar 1865, Nachmittags 5 Uhr. Tagesordnung: 1) Directorialvortrag aus der Registrande. 2) Vorträge der Verfassungs-Deputation über a) die baulichen Reparaturen an der Frauenkirche s. w. d. a.; t>) die Einrichtung und Ab legung der Kirchrechnungen rc.; o) die über Veräußerung einer Communparcrlle vorliegende Contractsurkunde. 3) Vorträge der Finanzdeputation über s) die Ausschreibung deS ersten Termins der diesjährigen Stadtanlage; t>) die Unterstützung eines invaliden Marstallkutschers; e) verschiedene Rechnungs angelegenheiten. 4) Vortrag der vereinigten Verfassung--und Finanzdeputation über die Frage wegen Abänderung des Re gulativs über die Stadtanlagen vom IGrundwerthc rc. 5) Vorträge der Petitionsdeputation. Zum Schluffe geheime Sitzung. TageSgeschicht«. Dresden, 17. Januar. Von dem Präses des hiesigen kathol. Gesellenvereins erhalten wir folgende Zuschrift: In Nr. 8 der Dresdener Nachrichten las ich eine Notiz aus Pas- sau, welche, wenn sie wahr wäre, den Präses des kath. Ge- sellen-Vereins in Passau lächerlich zu machen geeignet wäre. Meine Vermuthung, daß es sich indeß hierin anders verhaltm dürfte, sehe ich durch eine an mich ergangene Zuschrift be stätigt. Die Wahrheit ist laut einer an mich gerichteten und hier wörtlich folgenden Zuschrift des Prof. llr. Anzrnberger folgende: „Es erschien, in den beiden Lokalblättern Paffaus (Passauer Zeitung und Donau-Zeitung, erster« protestantisch, letztere katholisch) die Ankündigung, daß, nach vorausgegangener kirchlicher Feier Abends des ReujahrstageS eine theatralische Vorstellung stattfinde: die gnadenreiche Geburt des Heilandes. Unmittelbar darauf erschien im Nürnberger Anzeiger in einer Correspondenz aus Passau die so ganz gemeine Lüge vom Bä ren u. s. w. Nicht die Donauzeitung, wie es scheinen könnte, hat sie gebracht. Es ist dies ein grob-malitiöser Witz, dm ich in der Donauzeitung alsbald in entsprechender Weise entge- gengetreten bin." Soweit Prof. llr. Anzenberger, aus dessen Briefe, den ich Ihnen jederzeit zur Verfügung stellen werde, wenn Sie es wünschen, ich Ihnen die betreffende Stelle mittheilte. Wien. 16. Januar, 11 Uhr Abends. Se. Maj. der Kaiser begnadigte dm jungm Kober; derselbe wird nach sechs Monaten Haft entlassen und bis dahin gleich Verbrechern unter vierzehn Jahren behandelt werden; zugleich wurde an geordnet, daß demselben während der Haft ein angemessener Unterricht rrtheilt werde. Stuttgart, 11. Januar. In unserer Kammer kom men auch heitere Episoden vor. So interpellirte der Abg. Hopf wegen der Postgebühr für Zeitungen, die er zu theuer fand, obgleich sie die wohlfeiste in Deutschland ist. Der Mi nister erwiderte, er habe eine milde Praxis ringeführt und I I