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Dre-de«, den 23. December. — Se. König!. Maj. hat dem Professor der höhern Mechanik und Astronomie, vr. pkil. August Ferdinand Möbius, bei Gelegenheit der Feier seines Jubiläums das Comthurkreuz 2. Clafse des Albrechtordens verliehen und genehmigt, daß der Oberzollinspector, Leutnant v. d. A., Albert Friedrich Keßler in Leipzig, den ihm von Sr. Majestät dem Könige von Preußen verliehenen rothen Adlerorden IV. Classe annehme und trage, auch Sich bewogen gefunden, den Professor der praktischen Staats- und Cameralwissenschaften, Iw. Wilhelm Roscher in Leipzig, in Anerkennung der uneigennützigen und loyalen Ge sinnung, welche derselbe bei Gelegenheit mehrerer an ihn er gangenen Berufungen ins Ausland bewährt hat, zum Gehei men Hofrath in der dritten Classe der Hofrangordnung tax frei zu ernennen. — Se. Maj. der König inspicirte in Begleitung Sr. kgl. Hoh. des Kronprinzen und des Kriegsministers in Anwesenheit des Gouverneurs und der Generalität gestern Nachmittag nach j2 Uhr im Leipziger Bahnhofe das zu dieser Stunde mit Zug 16 aus Holstein angekommene 3. Jnfanteriebataillon und das Sonntag Abend hier eingetroffene 13. Jnfanteriebataillon. Vorgestern Abend nach 8 Uhr ist in zwei Zügen die Muniti- onscolonne und Nachts H12 Uhr der Armecbrigadestab und der Artilleriestab zurückgekehrt. Gestern Nachmittag halb 5 Uhr kamen mit Zug 17 Generalleutnant v. Hake und Gene ralmajor v. Schimpfs, sowie der Divisionsstab und die Pio nierabtheilung, sodann in den Abendstunden (über Leipzig) Zug 18 mit der Proviantcolonne und gegen 9 Uhr Zug l9 mit den Feldhospitälern. Hiermit ist der Rücktransport der k. sächsischen Truppen aus Holstein beendigt. — Gestern beehrte Ihre König!. Hoheit die Frau Prin zessin Georg die Papierhandlung von Franz R. Naumann mit Ihrem Besuche. — Herr Geh. Rath und Ministerial-Tirector im Mini sterium des Innern vr. Kohlschütter ist von kr. Maj. dem Könige zum wirkt. Geheimen Rathe mit dem Prädicate „Ex- ceUnz" ernannt worden. — Infolge einmüthigen Beschlusses des Stadtraths und der Gemeindevertreter allhier wurde dem bisherigen Bundes- commissar, wirkl. Geh. Rath und Kreisdircctor v. Könneritz, Excellenz. gestern das Diplom des Ehrenöürgerrechts der Stadt Dresden überreicht. Zu dem Ende fand sich Mittags 12 Uhr eine städtische Deputation, bestehend Seiten des Stadtraths aus den Herren Oberbürgermeister Ritter Pfotenhauer, Bür germeister Neubert und Ritter vr. Hertel, seiten der Stadt verordneten aus den Herren Vorstand Hofrath Ackermann, stellvertretendem Vorstand Nedacteur Walther und Stadtv. Adv. Anger in der Behausung Sr. Excellenz ein. Herr Oberbürgermeister Psotenhauer überreichte das Diplom unter Kundgebung der ehrenden Anerkennung, die sciten der hiesigen Bürgerschaft den Verdiensten des Herrn Geheimen Raths in der ihm übertragen gewesenen schwierigen Function als Bun- dcscommissar gezollt werde, worauf Derselbe in dankender Er wiederung an einige der wichtiger» Begebenheiten in Schles wig-Holstein während des verflossenen Jahres erinnerte, und der Hoffnungen, die man unter allen Umständen für diese deutschen Länder hegen dürfe, theilnehmend gedachte. — Wie wir hören, wird der gestern zurückgekehrte bisherige Comman- dirende des Bundesexccutionscorps, Herr Generalleutnant v. Hake, bei seiner Ankunft ebenfalls von einer städtischen De putation begrüßt und ihm das Ehrenbürgerrccht verliehen werden. (D. I.) — Die K. Polizeidirection macht bekannt, baß in jüngster Zeit noch mehrere Falsifikate gefälschter Z-hnthalernoten der Weimkrischen Bank hier zum Vorschein gekommen find und daß dieselben vermuthlich in Dresden ihren Ursprung haben. Dieselben find hauptsächlich daran zu erkennen, daß sie eine schlechte, mit chinesisch r Tusche ausgeführte Federzeichnung sind, daß das d»,u verwendete Papier in Maschinenpop er und der Druck in Tyondruck besteht, sowie, daß ein Wasserzeichen auf denselben nicht vorhanden ist. Zugleich wird bemerkt, daß daS Direktorium der We manschen Bank Demjenigen, welcher ,ur Habhaftwerdung des Fälschers das Meiste beitrage, eine Belohnung von Ein Hundert Thalern zugesichert hat. — Die Königliche Ober-Post-Dire:tion hat mittelst an öffentlichen Orten ausgelegtcr Bekanntmachung dem Publikum anempfohlen: Für das Weihnachtsfest bestimmte und durch die Post zu befördernde Sendungen möglichst zeitig der Postan stalt zu übergeben. — Diese Aufforderung liegt mehr noch im Interesse des Publikums als der Postanstalt. Gewiß ein Jeder wünscht, daß die der Post übergebene Sendung recht zeitig in die Hände des Empfängers gelangt; aber das größte Geschäft hat seine Grenzen und so auch die Mittel der Post anstalt — Raum, Kraft und Zeit. — Unser deutsches Weih nachtsfest überragt hoch an humaner, sittlicher Bedeutung die Feier dieses Festes anderer Rationalitäten und die Einrich tungen des deutschen Postwestns haben diese schöne Entwicke lung mächtig befördert. Die Möglichkeit, unsere in der Ferne weilenden Lieben am Feste mit theilnehmen zu lasten, ist uns durch die Post mit Leichtigkeit und Sicherheit gegeben. Der Ausdruck unserer Zuneigung, unserer Sorge, sei derselbe gei stig oder materiell, die Post übernimmt die Vermittelung und sichert die allgemeine Feier. — England's Post, deren Ein richtungen so oft der deutschen Post zum Muster empfohlen worden, vermittelt blos dm Gedanken-Austausch durch Briefe und Zeitungen. — Die Packetpost liegt nicht in den Händen des Staates sondern ist durch Privat-Unternehmer ins Leben gerufen und bietet bei weitem nicht die Schnelligkeit und Bil ligkeit wie die Post in Deutschland, namentlich aber fehlt die innige Verbindung und Aufnahme der, seitwärts der Haupt- Routen gelegenen Ortschaften. — Fasten wir diese deutsche allseitige Postbesörderung ins Auge, so wird gewiß jeder Cor- respondent auch die Sehnsucht, nach einem Portosatz von 1 Ngr. für ganz Deutschland mäßigen, und die Vortheile, welche hier für Packet- und-Geld-Sendungen gegeben sind mit in Veranschlagung bringen. — r. Die Wirrniste im Schooße der Verwaltung der deutschen Schillerstiftung haben die vorläufige Maaß- regel zur Folge gehabt, daß die Functionen* eines Vororts bei Weimar noch ein Vierteljahr lang verbleiben. Damit ist keineswegs die Beschlußfassung der letzten Generalversammlung als gültig anerkannt, vielmehr nur, weil ein neuer, statuten mäßig gewählter Vorort zur Zeit nicht existirt, die Leitung der Stiftungsangelegenheitrn Weimar, als dem alten Vororte, vorläufig noch belasten. Man hat Hem. v. Dingelstedt ohne Zweifel di« groß« Demüthigung ersparen wollen, sofort eine neue Gmeralversamrnlußtz rinzuSrrufrn. Dirses Interimistikum darf aber keinesfalls länger als 3 Monate dauern, binnen welchen die neue Generalversammlung zusammentreten muß. Inzwischen werden selbstverständlich von Dresden aus keine Geldbeiträge weiter nach Weimar abgeliefcrt, da das vom König!. Cultusministerium verfügte Inhibitorium fortbesteht. Welche Aufregung übrigens dieses Letztere in Weimar'schen Kreisen hervorgerufen, beweist der Umstand, daß bald nach Er laß desselben der Weimar'sche Staatsanwalt Genast durch Herrn v. Dingelstedt nach Dresden entsendet wurde, um Hrn. Advocat Kohlschütter Hierselbst zu Anstellung einer Klage gegen das König!. Cultusministerium auf Ausantwortung der Stiftungsgelder Auftrag zu ertheilen. Herr von Dingel stedt wollte also seinen Ausschreitungen noch damit die Krone aufsetzen, daß er die letzten ihm zu Gebote stehenden pccuniären Mittel der Stiftung in einem Proteste verschleuderte! Sicherem Vernehmen nach hat aber Herr Advocat Kohlschütter das ihm zugedachte Mandat abgelchnt. Wir fügen diesen, unseren Lesern gewiß nicht unwillkommenen Notizen über den weiteren Verlauf der Stiftungsangelegenheit noch die Nachricht hinzu, daß Frau Johanne Helmcke auf ihre früher von uns erwähnte Eingabe eine ebenso wohlwollende, als verbindliche Antwort von dem König!. Cultusministerium erhalten hat, worin ihr Einspruch gegen die versuchte Abänderung oder Aus dehnung des Zweckes der Schillerstiftung als voll kommen begründet anerkannt und sie von den zur Sicherung des Stiftungsvermögens von oberaufsichtswegen getroffenen Maaß- regeln in Kenntniß gesetzt worden ist. — Es ist bekannt, daß in Dresden eine Menge Schrift stellerinnen leben, weit mehr im Vcrhältniß, als in andern Städten Deutschlands. Eine mit den literarischen Verhält nissen vertraute Dame hat sie zusammen gezählt und die Zahl 48, schreibe Achrundvierzig herausgebracht. Liegt dieß in der Luft oder sonst wo? Herr lw. Scheve hat in einem neuen vor uns liegenden Buche „ Phrenologische Frauenbilder", neunzehn der interessantesten Schriftstellerinnen Dresdens nach ihrem Charakter und ihren Talenten geschildert und den höchst anziehenden Stoff mit der ihm eigenen Klarheit behan delt Das Buch, welches sich auch durch eine schöne Aus stattung empfiehlt, wird ohne Zweifel zahlreiche Leser finden. — Eine allerliebste Neuigkeit sind die zinnernen Christ baumdillen, welche Herr Teicher, Landhausstr. 15 das Dutzend zu 9 Ngr. verkauft. Dieselben können aix jedem Zweige des Christbaums ohne die geringste Mühe aufgesetzt werden; sic halten sich selbst durchs Gegengewicht. — Im Rampischcn Holzhofe auf der Pillnitzcrstraße entspann sich vorgestern Nachmittag ein bedeutender Exceß zwischen mehreren dortigen Arbeitern, der u. A. auch zur Folge hatte, daß einem der Mitbetheiligten in der Hitze des Gefechts der kleine Finger der linken Hand gebrochen wurde. — Auf der Palmstraße ist in der vorvergangencn Nacht von einem unbekannten Diebe der Versuch gemacht worden, von der Straße aus in ein dort befindliches kaufmännisches Geschäft einzubrechcn. Der Spitzbube hat sich hierzu eines CentrumbohrcrS bedient und mittelst desselben das Schloß in der Ladenthüre auszubohren versucht. Wahrscheinlich ist er dabei gestört worden, oder cs sind ihm andere Schwierigkei ten in der Vollendung seiner Arbeit entgegcngetreten — denn die Ausführung seiner diebischen Absicht ist zum Glück unter blieben. > — In den letztvergangenen Nächten hat sich ein Markt helfer aus der Wohnung seines Dienstherrn, eines hiesigen Kaufmanns, heimlich und unter Mitnahme des dem Letzterm gehörenden Jagdgewehrs, des Jagdhundes, der Jagdtasche und der Jagdkarte, sowie diverser Victualien entfernt und ist bis gestern Abend noch nicht wieder zum Vorschein gekommen, un geachtet der Dienstherr den Telegraph nach allen Richtungen hin in Bewegung gesetzt hat, um den Deserteur einzufangm und damit sein Eigenthum wieder zu erhalten. Derselbe ist aus der Gegend von Bautzen gebürtig und dürfte vielleicht dort oder in der Nähe Dresdens irgendwo Wilddieben. — Gestern Vormittag sprang in der Gegend von Pie schen eine junge, weibliche Person, dem Anschein nach rin Dienstmädchen, in den Elbstrom. Bei Uebigau angelangt, wurde sie vielfach von herbeigccilten Menschen gesehen, wor unter sich auch der Herr Assistenzarzt Brauer von der Artillerie befand. Selbiger ergriff sofort ein Bret und brachte solches mit Hülfe eines Schiffers aus Uebigau auf das Eis, wo es gelang, die heranschwimmende Person den stark mit Eis gehen den Wellen zu entreißen. Das Mädchen wurde durch ange wendete Mittel wieder in's Leben gebracht und dem Kranken hause übergeben. — Das seit einem Jahre in Holstein gestandene Mili- tär-Musikchor wird unter Direction deS Herrn Pohle den ersten Feiertag Abends 7 Uhr in Meinhold's Saale ein. gro ßes Extra-Concert veranstalten. Das Nähere zu diesem Eon- cert, Eintritt 5 Ngr., werden die Programme verkünden. ES ist von Herzen zu wünschen, daß dm zurückgekehrten Musiker« eine recht rege Theilnahme geschenkt werde. — Eine Erbschaft von 60 Millionen Gul? den!!! Am vergangenen Sonntag Nachmittag um 4 Uhr harrte eine ungewöhnliche Zahl Männer an der Elbfähre z« Herrnskretschen in der sächsischen Schweiz. In allen Gesich tern war Spannung und Erwartung zu sehen, die sich immer mehr steigerten, als das schwer mit Menschen besetzte Book von Schönau aus über die Elbe kam. Aller Blicke warm auf einen Mann gerichtet, der in Reisekleidern und mit einer großen Reisetasche versehen, jetzt an das Land sprang, wo er sofort von Vielen der harrenden Männer umarmt und herz lich geküßt wurde. Der Zudrang mehrte sich, Jubel und Freude, ängstliche, in Erwartung pochende Herzen. Der An gekommene war der Agent der Versammelten, welche sich al- Erben von weit und breit eingefunden, die Erben von 60 Millionen Gulden. (?- Triumphirend, Kopf über Kopf, wurde der Angekommcne in das Hintere Dorf nach dem Gasthof „Stadt Berlin" geführt, wo ebenfalls an hundert dieser Er ben versammelt waren. Jetzt sollte der Abgesandte nun be richten, wie es stehe und — Todtenstille trat ein, als der Agent seinen Vortrag begann, der sich etwas unklar gestaltete. Schreiber dieser Zeilen war zugegen und vernahm nun in Betreff des angeblichen Erblassers Folgendes. Derselbe, Na mens Johann Reinhard oder Rcinert sei zu Luxemburg.ge boren und habe noch fünf Geschwister gehabt. Seltsamer Weise hieß sein Vater Buzerus und seine Mutter Pfefferkorn, obgleich alle Kinder den Namen Reinhard oder Reinert führ ten. Im Jahre 1830 sei Johann Reinhard nach Ostindien ausgewandert, wo er unter den Namen Somru oder Sombar aufgetreten. Nachdem er dort ein kolossales Vermögen er worben und sich sogar die Provinz Siddam angekauft, welche acht Millionen Drachmen Renten gegeben, habe er sich mit einer Bajadere, einer Tänzerin vcrheirathet. Als er später kinderlos gestorben, habe seine Wittwe von dem Vermögen nur eine Leibrente bezogen. Ein Adoptivsohn dieser Wittwe, ein Oberst, habe nur die Ersparnisse seiner Mutter, 75,000 Franks geerbt und -als er gestorben, habe die nachgelassene Gattin desselben Erbansprüche erhoben und sich zur Erhebung des großen Vermögens mit einer anonymen Gesellschaft in Verbindung gesetzt. Letztere solle bei gutem Erfolg ein Drit tel des Geldes empfangen. Nun wären aber auch angebliche Erben in Luxemburg aufgetaucht, die ebenfalls agirten und sich mit einem Advokaten in Moskau, Namens Novini, in Verbindung gesetzt hätten. Wie aber nun die Erben an der sächsischen Grenze unter dem Namen Dünnebier zur An- thcilschaft gelangen, unterließ der Agent zu erörtern, obgleich er einen Stammbaum mitgebracht hatte. Sonst aber kein Beweis aus Kirchenbüchern oder sonstigen Dokumenten. Wo das Geld deponirt sei, wußte Keiner der angeblichen Erben, sie glauben: ein großer Thcil davon liege in der englischen Bank. — Ein kleiner Junge von zehn Jahren, der neben mir stand und den Vortrag gelauscht, zupfte seinen Vater am Rock und sagte: „'S Geld ist do, aber 's kümmt niche!" ^