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Nr. 206. Neunter Jahrg. Sonnabend, W. Octbr. 1864. rMHeint: Täglich sttth V Uhr. Inftrate nxrbkn angenommen: bisAötndsV,Sonn tags bis Mittag» 12 Uhr: Marienfiraße 13. Anzeig, in dies. Blatte, da- jetzt in 10,000 Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. ^ 1 Molluemtnl: Vierteljährlich 2VNgr. bei unentgeldlicher Lie ferung in'S HauS. Durch die KSnigl. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern l Ngr. Tageblatt siir Unterhaltung nnd Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: t Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile L Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Oiepsch ök Rttcharbt. — Leraniwortlicher Redacteur: ÄUllUS Neichardt. Dre-de», den 22. October. — Allerhöchstem Befehle gemäß ist wegen erfolgten Ablebens Sr. Hoheit des Prinzen Wilhelm Waldemar zu Anhalt rc. am König!. Hofe eine Trauer auf drei Tage bis mit Sonntag den 23- October, angelegt worden. — Nächsten 2. November feiert der dermalige Präsident der k. Leopold. Akademie, Geh. Nath l)r. Carus, sein 50jäh- riges Professoren-Jubliäum. — Einer Bekanntmachung des Schatzmeisters der Jnva- lidenstiftung, Herrn Kammerherrn v. Lindenau Hierselbst, (ab gedruckt im „Kamerad," dem Organe der gedachten Stiftung) zufolge sind bis zum 19- October 6106 Thlr. baar eingegan gen und in k. sächs. Staatspapiercn angelegt worden. — Vorige Mittwoch, den 19., feierte in den Abend stunden der hiesige Männergesangverein „Liederkreis" den Tag seines 20jährigen Bestehens durch ein Vocal- und Jnstru- mentalconcert in den Sälen von Brau'ns Hotel, die zur Be deutung dieser Feier mit Blumen und Fahnen festlich ge schmückt waren. Die von dem Stadtmufikchore unter Leitung seines Direktors brillant vorgetragene Ouvertüre zur „Weihe de- Hauses" von L. v. Beethoven «röffnete den I. Theil der musikalischen Feier. Ihr folgte der vom VereinSdirector Herrmann componirte Wahlspruch des Verein-: „Prächtig ari der goldnen Saat der Lieder entfalte sich die Frucht der That", dem sich unmittelbar ein von August LanSky gedichteter, ver deutsche Lied behandelnder, von einem Vereinsyritgliede ge sprochener Prolog anschloß. Leider gelang e- dem Vortragen den nicht ganz der schwungvollen Dichtung.-her, rechten Aus druck zu verleihen. Hauptstück war da- nun folgende melo dramatische Tongemälde: „Eine Nacht auf de« Meere", Ge dicht von Erdmann Stiller, gekrönte PreiScompositron von Wilh. Tschirch, sürstl Hofkapellmeister in Gera. Während das im Allge meinen guteGedicht Wünsche übrig läßt, enthält dieMusik werthvolle Schönheiten und wurden unter der sicheren Direktion Herrmann's insbesondere die Chöre zur wirkungsvollen Geltung gebracht. Der 2. Th il bot Chor und Triumphzug aus „Conradin" von Hiller, das Schwertlicd von Th. Körner und v. Weber, die Wacht am Rhein von Müller von Königswinter und C. Wil helm und deutsche Hymne von vr. Karl Mayer, componirt von Kapellmeister Lux in Mainz. Dieser Theil prunkte ins besondere dadutch, daß er der Feier des 18. und 19. October sinnig gewühlt war. Die Zuhörer lohnten wiederholt durch reichen Applaus die gelungenen musikalischen Vorträge und dadurch die wackeren Bestrebungen und brachtenSwerthen Lei- stungen de- Vereins. Den Schluß de- Abend- bildete ein frohes Mahl und Ball. — Das Dr. I. schreibt: In der „Weser-Zeitung" er wähnt ein Berliner Corrcspondent in einer Mittheilung vom 18. October auch den bekannten traurigen Vorfall in Glo- gau, ist aber dabei so freundlich, als Schauplatz desselben eine sächsische Stadt zu bezeichnen. Derselbe schreibt nämlich: „Am 6. October wurde in Glauchau eine Bürgerstochter todt aus der Wohnung eines Offiziers getragen." — Sollten die geographischen Kenntnisse dieses werthen Berliners wirk lich noch auf einer Stufe der Entwickelung sich befinden, welche einen derartigen „Schreibfehler" rechtfertigen könnte, so hätte doch wohl die Nedaction, resp. der Herr Corrector der „Weser-Zeitung" die Pflicht gehabt, hier eine „Verbesse rung" cintreten zu lassen. — Am 17. d. wurde die im Voraus vielbesprochene diesjährige Generalversammlung der Schillerstiftungsausschüsse zu Weimar eröffnet. Das Resultat der ersten Sitzung, war der Beschluß, daß dem Antrag des Verwaltungraths gemäß die unbedingte Veröffentlichung der Gaben der Schillerstiftung im Jahresbericht angenommen wurde. — Wie die Volkszeitung meldet, wird der Webermeister Rewitzer aus Chemnitz, früher Präsident der zweiten Kammer, in den nächsten Tagen als Angeklagter, vor dem Dresdner k. Bezirksgericht erscheinen. Es handelt sich dabei um eine Aeußerung, welche Herr Rewitzer in einer am 16. Sept. v. l. von dem hiesigen Nationalverein auf dem Lincke'schen Bade veranstalteten Versammlung gethan haben soll. — Nachdem die städtische Wasserleitungs-Deputation schon vor einigen Monaten auf Grund des vom Herrn In genieur Fölsch in Wien abgegebenen Gutachtens einen aus führlichen Bericht über die künftige Wasserversorgung Dresdens erstattet hat, ist diese hochwichtige Angelegenheit vor einigen Tagen in der Mitte des Stadtraths in eingehende Berathung gezogen worden, die voraussichtlich eine Reihe von Sitzungen in Anspruch nehmen wird. Nach Beendigung dieser Berathung steht eine Vorlage über diese Angelegenheit an die Stadtver ordneten zu erwarten. (S. Dfz) — Der zweite diesjährige Roß- und Viehmarkt in hie siger Friedrichstadt wird Montag und Dienstag, den 7- und November d. I. stattfinden. — Die Anzeige in Nr. 294 der Dresdner Nachrichten, überschrieben: Frauen Arbeit — Frauen Ehre — worin ein seit längern Jahren hier bekannter ehrenhafter Kaufmann das zeitgemäße Anerbieten macht, junge Mädchen aus den gebil deten Ständen für das praktische Leben vorzubereiten, giebt Eltern bei Erziehung ihrer Töchter Veranlassung zu ernsten Betrachtungen. Für die Erziehung der Töchter zu einer ge wissen praktischen Selbstständigkeit im Leben, wie es in Frank reich, Belgien und zum Theil in der Rheingegend wahrzuneh men ist, geschieht bei uns zu wenig. Erst seit 1j Jahre hat sich das bereits zur Berühmtheit gewordene Institut des Hrn. vr. Fiebig in Leipzig für Ausbildung von Töchtern in Han delswissenschaften gebildet und es sind diesem seitdem in Sach sen einige in kleinerem Maßstabe gefolgt. In Leipzig sind Töchter aus den ersten Familien des In- und Auslandes als Zöglinge eingetreten, die in einem 2- bis 3jährigen Cursus sich eine gediegene kaufmännische Ausbildung zum Ziele stel len, ein Beweis der Tüchtigkeit des Unternehmens. Wir können es deshalb nur willkommen heißen, daß auch hier eine neue Gelegenheit zur Fortbildung junger Mädchen für das praktische Leben geboten ist, die wenn sie auch nur ein fache allgemeine Belehrung zum Ziele hat, doch geeignet ist, den. Töchtern eine solide Lebensrichtung zu geben, ohne welche ihre Zukunst nur dem Spiele des Zufalls überlassen sein würde. — s. Nächsten Sonntag über acht Tage wird die Künst lergesellschaft von F. Rappo in einer bei der Pirnaischen Straße zu erbauenden Arena ihre erste Vorstellung geben. Dieselbe verweilt jetzt noch in Leipzig, wo sie wegen der Vor züglichkeit ihrer Leistungen und des reichen Zuspruchs die ausnahmsweise Erlaubnis erhalten hat, ihre Vorstellungen über die Zeit der Messe hinaus zu verlängern. — Ein hiesiger Bürger macht uns von einem Vorfall Mittheilung, welcher jedenfalls allgemeinerer Beachtung Werth ist. Die Frau des Einsenders entnahm allwöchentlich von einem auswärtigen Fleischer ihren Fleischbedarf, so auch am verflossenen Sonnabend eine Schweinskeule, die zwar frisch war, aber doch eigenthümlich weich erschien. Dieselbe wurde am Sonntag gebraten und gegessen, worauf sich schon Un wohlsein einstcllte. Montags darauf wurde das Fleisch auf gebraten und wieder davon gegessen, wornach sia) aber bei Allen welche davon genossen, Leibschneiden, Diarrhöe und merkli ches Unwohlsein einstellte. Um sich genauer zu überzeugen, erbot sich der Geselle davon zum Frühstück zu genießen, worauf bei diesem Er brechen, Leibschneiden und Kopfweh erfolgte. Dienstag früh war das Fleisch förmlich stinkend, das magere davon in eine Art Fäulniß übergcgangen und ein herbeigerufener Arzt meinte, das Schwein müsse krank gewesen sein. Möge dieser Vorfall also ein Fingerzeig für Fleischer und Publikum sein, selbst frisch geschlachtetes Fleisch einer gewissen Prüfung zu unter werfen. — In einem Kohlenwerke zu Berzdorf bei Vernstadt ist am 18. d. M. der 34 Jahre alte Bergarbeiter Ferdinand Hammler aus Leuba durch Herabstürzen eines Kohlenflötzes ge- tödtet worden. — Der Kettenhund des Gutsbesitzers Ludwig in Pappen dorf hatte sich am 14. d. M. Abends losgerisscn und war fortgelaufen. Nachmittags darauf nach erfolgter Rückkehr wollte Ludwig den Hund wieder an die Kette legen, ward aber dabei in die Hand gebissen; ebenso wurde dessen Ehe frau, welche ihm ein Stück Brod vorhielt, an einem Finger verletzt. Hierauf wurde dieser Hund von dem herbeigerufenen Erbrichter Günther erschossen, vom Arzte aber das L.'sche Ehe paar in Behandlung genommen. Bedenkliche Symptome hatten sich bisher bei diesem Hunde nicht gezeigt. Nach der gestern vom Bezirks-Thierarzte Ebersbach vorgenommenen Section hat sich die vermuthliche Tollwuth des Hundes bestätigt. Jn Gos- berg. Schmalbach und Pappendorf hatte dieses Thier mehrere Hunde gebissen, welche auf Anordnung des Gendarmericbriga- diers getödtet wurden. — Ein Tischlergeselle Herrmann Weitz aus Lobsdorf, der in Leipzig als Packträger fungirte und in Volkmarsdorf wohnhaft war, kam am Dienstag Abends spät nach Hause und wurde von seiner Ehefrau, die mit einem Umzug in eine andere Wohnung am Tage beschäftigt gewesen war und des halb die Unterstützung ihres Mannes erwartet hatte, nicht eben freundlich empfangen. Ein Wort gab das andere und endlich steigerte sich der Zorn des Mannes so sehr, daß er seine Frau, die sich in anderen Umständen befindet, an die Wand schleuderte und auf seinen Stiefsohn mit einem Messer eindrang. Um den Mann abzuhalten, warf sich die Frau zwischen Beide, wurde jedoch in demselben Augenblicke von dem Rasende» ergriffen und nochmals und zwar mit solcher Heftigkeit an die Wand geworfen, daß sie ohnmächtig zu Boden sank. Jetzt schien der Mann andern Sinnes zu werden, er glaubte wahrscheinlich seine Frau getödtet zu haben, und stieß sich das Messer mit solcher Vehemenz in die Brust, daß er die Lunge durchbohrte und kurz darauf seinen Geist ausgab. — Heilung des Keuchhustens. Vor einiger Zeit wurde darauf aufmerksam gemacht, daß das Einathmen der bei Leuchtgaserzeugung sich entwickelnden Gasarten sich als heil sam gegen den Keuchhusten erweisen soll. Jetzt berichten Pariser Blätter von zahlreichen Erfolgen, die auf diesem Wege erzielt wurden. In der Regel läßt man die kranken Kinder durch vierzehn Tage täglich 2 Stunden lang in dm Räumen verweilen, deren Atmosphäre mit den erwähnten Gas arten gesättigt ist. Die Krankheit schwindet jedoch oft nach zehntägiger Anwendung dieser Kurmethode. Die Beamten der Pariser Gasanstalten constatiren, daß unter 20 Kindern 18 bis 19 in der angezcigtcn Weise vollkommen hergestellt wurden. — Es rückt wieder eine Zeit heran, zu welcher die Da men Dresdens aufmerksam gemacht werden müssen, während ihrer Ausgänge auf ihre Gcldtäschen ein besonders wachsames Auge zu haben. Wir meinen die bevorstehende Jahrmarktszeit, die noch nie vorüber gegangen ist, ohne das; nicht mehreren Damen ihre oft sehr vollwichtigen Portemonnaies entwendet worden sind. Namentlich wollen wir nicht unterlasse», auf diejenigen Eta blissements aufmerksam zu machen, in denen Leinenwaaren und Putzgegcnstände oft zu Spottpreisen ausgeboten werden, denn grade dort versammelt sich in der Regel eine große Anzahl von Damen in einer Weise an, daß daselbst ein stetes Ge dränge stattfindet, das die Ausführung von Taschendiebstählen begünstigt. — Große Städte haben u. A. bekanntlich den Vorzug vor kleinen Städten, daß in denselben alle Stände mit gei stigen, insbesondere musikalischen Genüssen reichlich bedacht werden. Vor wenigen Tagei» fand das bereits mit Lob über schüttete Concert des bekannten Dresdner Wunderkindes statt, das natürlich nur von der bemittelten Classe unseres Publikums besucht werden konnte. In den allernächsten Tagen wird uns aus den vereinigten Staaten Nordamerikas ein neues, wenn auch etwas älteres Wunderkind vorgeführt, auf welches wir schon seit einigen Tagen in der den Amerikaner charakterisi- rcndcn bescheidenen Weise, durch kleine niedliche Anschlagszettel an den Straßenecken aufmerksam gemacht worden sind. Das selbe bietet aber wiederum nur einen Genuß für die vorneh men und reichen Familien unserer Stadt. Dafür nun) daß auch der ärmere Theil seinen Antheil an musikalischen Genüs sen erhalte, wird der bevorstehende Jahrmarkt sorgen. Nach althergebrachter Sitte werden wir an allen Straßenecken fahrende Musiker antrcffen) die aber leider immer nur auf einem Instrument Virtuosen sind. Diesen schließen sich wie der kleinere oder größere herumziehende Chöre an, die aber angesichts der Exccutirung ihrer Sätze, die sie vortragen, ebenfalls nur auf ein kleines, beschränktes Publicum berechnet sind. Denn man hat von Sachverständigen wiederholt äußern hören, daß trotz der größten Aufmerksamkeit auf das zum Vortrag gelangte Stück, cs unmöglich sei, eine Melodie oder nur einen vernünftigen Jdecngang aus "den zu Gehör ge brachten Tönen herauszufinden. Der letzte und vorletzte Jahr markt hat aber auch nach dieser Richtung etwas Vollendeteres gebracht. Es durchzog die Straßen Dresdens' ein größeres, stärkeres Chor von 16 Personen in fantastischer Uniform. Freilich war damit der Uebelstand verbunden, daß, da die große Trommel ein zu großes Uebergewicht über die anderen Instrumente äußerte, und in den Straßen weit hörbar war, auch jederzeit die Straße, in der das Chor spielte, von Zu hörern tatsächlich vollgestopft und deshalb für Wagen und Fußgänger kaum passirbar war. — In Meißen brannte am verflossenen Dienstag das Hintergebäude des historisch bekannten Geburtshauses Hahne- manns, des Begründers der Homöopathie, nieder. Viele Möbel eines daselbst wohnenden Tischlers gingen in Flammen auf. — In dem Gehöfte des Herrn Holzhändler Otto Fröde auf der großen Zicgelgasse steht jetzt ein Birnbaum in voller üppigster Blüthe. — Gestern Morgen wurden einem Bäckergesellen aus dem Rosenweg aus einer Kammer seine Uhr und sämmtliche Gar derobe gestohlen. — Man beabsichtigt östcrreichischerscits eine Eisenbahn linie von Tetschcn über Kamnitz, Warnsdorf nach Zittau her- zustelleo. — Ein neuer Gedächtniß-Hofrath. Einen ganz besonderen Genuß darf sich Mancher heute Abend von zwei Knaben und zwei Mädchen versprechen, welche nach kaum acht tägigem Unterricht, den sie bei Herrn Mauersbergcr genossen haben, ihr Examm bestehen werden. Der Lehrer dieser Kin der ist ein neuer Apostel der Ncdcntlow-Kothe'schen Gedächt- nißkunst, der durch seine Schüler einen glänzenden Beweis von der Ucbertragungsfähigkeit seiner Methode liefert, mit deren Hilfe er selbst der untergeordnetsten Capacität in wenig Stunden ein künstliches Gcdächtniß einprägt, das jedes na-